Mittwoch, 26. Juni 2019

Puffbohne, Teil 2 - Sommeranbau, Ernte, Zubereitung

Dicht geschlossener Bestand an dicken Bohnen
Im letzten Beitrag über Dicke Bohnen ging es um ihren möglichen Winteranbau. Die Bohnen haben Ende April zu blühen begonnen, die Blüte dauert folgernd bis Ende Mai an, dann setzen sie Schoten an wie immer und sind nun erntereif. Die Bestände der Wintersorte waren ab Anfang Mai dicht geschlossen. Von da an wurde jedes Unkraut sehr effektiv unterdrückt. Nach der Ernte ab Ende Juni erhält man einen unkrautarmen Boden, der mit Stickstoff angereichert ist. Für die Samengewinnung lasse ich immer einige Pflanzen noch länger stehen.

Sommeranbau


Guter Fruchtansatz im Bestand, Blick von oben
Für den Sommeranbau sät man sie ab Ende Februar, spätestens Mitte März. Wenn der Boden nirgends mehr gefroren ist, steckt man das Saatgut ca. 4-6cm tief in den Boden, also relativ tief. Der Aufgang dauert Wochen, nicht gleich ungeduldig werden. Laub und Kerne sind gut frostfest, -8°C werden noch vertragen. Einer ihrer Nachteile beim Sommeranbau ist ihr hoher Wasserbedarf. Puffbohnen wollen immer feuchten Boden, Hitze schätzen sie nicht. Im Mai aussäen und dann im Sommer ernten funktioniert nicht. An den Boden werden ansonsten wenig Ansprüche gestellt. Schwerer Boden ist für die Keimung nicht gut, aber wenn sie mal da gekeimt sind, wachsen sich auch dort. In feuchtkühlen aber milden Jahren bei früher Aussaat laufen sie zu Höchsterträgen auf. Man könnte deshalb auf die Idee kommen dass sie auch im Halbschatten gedeihen. Das tun sie tatsächlich, aber sie setzen dann kaum Schoten an. Leider wollen sie es auch hell für gute Erträge. Das merkt man auch dann, wenn man sie zu dicht gepflanzt hat. Wer stärker beschattet wurde, trägt weniger.

Erntereif, Kernfarbe wechselt
Ab Ende Juni wird geerntet. Die optimale Erntereife lässt sich an den geöffneten Bohnenschoten erkennen. Die Bohnen darin verändern sich in der Farbe, hellen an den Rändern auf. Der Nabel beginnt, sich leichter zu lösen. Wird der Nabel gelb, sind die Bohnenkerne für Saatgutgewinnung richtig, aber für die Küche sinkt die Qualität dann wieder. Sie werden vollreif zu hart, zu grob und die Samenschale wird zäh. Zu frühe Ernte zeigt sich daran, dass die Kerne noch zu weich sind, die Keimblätter darin zu wenig aufgebaut. Oft sind an den Pflanzen auch noch kleine Schoten. Es lohnt sich nicht, darauf zu hoffen dass die noch gross werden. Die Kerne darin bleiben klein. Mehr packt die Pflanze im Sommer nicht, das Laub vergilbt auch schon. Am Besten immer alles komplett abernten.

Wurzeln, Knöllchen mit Stickstoffsammlerbakterien drin
Geerntet wird, indem die Triebe bodennah abgeschnitten werden, dann die Schoten von den Trieben abgerissen und ausgehülst. Innerhalb eines Tages die Kerne verbrauchen, alle übrigen Kerne wie unten beschrieben behandeln. Alle Wurzelstöcke verbleiben im Boden, werden bei der Beetvorbereitung für die Nachkultur mit der Hacke zerteilt und dann ganz untergehackt. Nur so nutzt die Fähigkeit der Wurzeln, Luftstickstoff zu binden auch dem Boden und der Nachfolgekultur etwas.

Wer nur ein einzelnes reinsortiges Beet im Garten anlegt, kann Saatgut gewinnen, die Bohnen können sich dann nicht verkreuzen. Mit dem Ackerbohnenkäfer befallene Kerne sind gut zu trocken und dann für zwei Wochen einzufrieren. Das schadet ihnen nicht, aber dem Käfer. Saatgut zu haben ist wichtig, im Samenhandel sind Puffbohnen für eine uralte, lizenzfreie und problemlose Hülsenfrucht geradezu sündhaft teuer, denn man bekommt immer nur wenige Bohnen weil die Kerne so gross und schwer sind. Das Standardtütchen reicht nur für ein paar Pflanzen, eine kurze Einzelreihe.

Erträge


Ertrag einer mehrtriebigen Pflanze, Wintersorte Priamus

Die Erträge von Ackerbohnen sind oft frustrierend niedrig. Bei guter Kulturführung komme ich auf:

  • pro Pflanze, die mehrtriebig wächst auf 200g frische Bohnenkerne
  • 10 Quadratmeter bringen 12kg Schoten, darin sind 10kg frische Bohnenkerne
  • 10qm erbringen ausserdem 20-24kg grünes Bohnenstroh, die Trockenmasse habe ich nicht gemessen, vermutlich aber um die 3kg.
  • hinzu kommen die tiefen Wurzeln mit ihren Knöllchen, in denen die stickstoffixierenden Bakterien leben. Die Biomasseproduktion der Pflanzen ist also nicht schlecht.
Entscheidend für einen guten Ertrag ist eine durchgängige Wasserverfügbarkeit bis Mitte Juni und eine gute Belichtung von Einzelpflanzen. In der Mitte eines geschlossenen Bestandes ist nicht mit so guten Erträgen zu rechnen, weil sich die Pflanzen gegenseitig beschatten. Vom Ertragsstandpunkt aus ist eine Pflanzung in Einzelreihe ideal und bei Flächenpflanzung hohe Abstände von 40cm zwischen den Bohnenstauden. Man darf sich da nicht von Bohnenfeldern in der Landwirtschaft täuschen lassen, die es im Bioanbau gelegentlich gibt. Dort stehen die Pflanzen eng, es geht aber nicht um den Bohnenertrag sondern um den gebundenen Stickstoff, um die produzierte Biomasse der gesamten Pflanze und um die Unkrautunterdrückung.


Mehrtriebig wachsende Sorte

Sorten


Sommersorten für den Hobby-Nutzgärtner gibt es nicht wirklich viele, dafür aber mehr Namen, die auf dieselbe Sorte verweisen. So ist Witkiem die Sorte "Frühe Weisskeimige". Dann gibt es noch "Hangdown",  "Dreifach Weisse", "Piccola". Die Unterschiede im Anbau sind oft gering, ich konnte in Pflanzen, Ertrag und Reifezeit meist nur wenig Unterschiede feststellen. Daneben gibts noch ein paar wenige historische (z.B. "Sussex Wonder") und neuere Sorten und die mit roten Blüten ("Karmesin"). In meinem windböengeplagten Garten nehme ich gerne "Hangdown", die halbwegs standfest ist. "Karmesin" ist hübsch, hat mir aber zu niedrige Erträge. Der gute Blütenduft scheint überall gleich stark zu sein.

Krankheiten


Von Krankheiten und Problemen war bisher kaum die Rede. Das hat einen Grund: Es gibt fast Keine, die wirklich ärgerlich sind. Mit drei Ärgernissen hatte ich im langjährigen Anbau schon zu tun:
  1. Windböen reissen die Halme um. Heutzutage sind Gewitter bereits früh im Jahr normal und die Zahl der katastrophalen Böenwindlagen hat deutlich zugenommen. Viele Sorten halten Böen nicht aus und werden abgerissen. Sie sind nicht standfest genug. Puffbohnen anbinden wäre viel zu viel Mühe, die einzige Möglichkeit sind standfeste Sorten. Ganz standfest ist Keine, aber manche sind da unempfindlicher, z.B. "Eleonora" und auch der Klassiker "Hangdown" ist bei mir ganz gut. Auch die Wintersorte Priamus ist zwar hoch, aber hat recht fest dicke Halme, die Böen gut aushalten.
  2. Schwarze Bohnenlaus
    Die schwarze Bohnenlaus ist ein sehr häufiger Gast. Sie tritt meist auf, sobald die ersten kleinen Schoten da sind. Bevorzugt werden weiche, junge Blätter und der obere Teil des Triebs befallen. Es bringt aber überhaupt nichts, sich über diesen Befall aufzuregen. Natürlich kann man mit Seifenlösung, einem kräftigen Wasserstrahl oder sonstigen Mittelchen dagegen vorgehen, aber das ist verschwendete Zeit und hinausgeworfenes Geld. Die Läuse schaden kaum mehr und zudem kommen sehr bald massenhaft Läusevertilger. Das sind Marienkäfer, ihre Larven, Florfliegenlarven und anderes Getier. Meistens werden die Läuse nach wenigen Wochen so radikal weggefressen, dass sie ganz verschwinden.
  3. Der Ackerbohnenkäfer (Bruchus rufimanus) sticht die Körner an und legt Eier hinein. Das führt zu angefressenen Bohnenkernen. Nicht alle Käfer schlüpfen, manche bleiben in den Bohnen, werden im Folgejahr mit ausgesät und infizieren so den neuen Bestand. 
Gelber Nabel, reife Kerne. Und bereits angefressen von einer Ackerbohnenkäferlarve

 

 

Verwendung und Tricks in der Küche


Grundregeln für die Zubereitung von dicken Bohnen:
Geschälter Bohnenkern, zu sehen sind die Keimblätter
Samenhaut entfernt und gedünstet, grüne und gelbe Sorte.
Zart und edel.
  • Nicht salzen, während das Bohnengericht kocht! Auch nicht in geringen Mengen. Diese Regel verletzen erstaunlich viele Köche und wundern sich dann, dass die Bohnen hart werden. Der Effekt ist von einigen Hülsenfrüchten bekannt, aber keine Hülsenfrucht ist so empfindlich und reagiert so stark auf Salzgaben wie Puffbohnen. Sie beantworten Salz mit Härte, die ganze Konsistenz verändert sich, jede Zartheit ist dahin. Salz erst nach Abschalten der Hitze und dem Ende des Kochvorgangs zufügen. Bei kalten Gerichten wie einem Salat erst dann salzen, wenn die Bohnen abgekühlt sind.
  • Bohnen im richtigen Reifezustand ernten, dann sind sie am Besten. Der ist erreicht, wenn sich die ersten Kerne leicht vom Nabel brechen lassen. Wird der Nabel bereits gelb und löst sich von selbst, hat man zu lange gewartet. Sie werden dann härter, verlieren ihre Zartheit, die grüne Farbe leidet, sie schmecken grober. In diesem Zustand sind sie richtig, um sie zu trocknen und als Saatgut fürs nächste Jahr zu verwenden.
  • Hat man sie zu lange reifen lassen, gibt es noch eine Rettungsmöglichkeit, um sie zu essen, allerdings verursacht das Arbeit. Die Kerne können nämlich auch geschält werden, die zähe Samenhülle wird abgestreift, so dass die beiden grünen und zarten Keimblätter zum Vorschein kommen. Kurz in Butter gedünstet sind sie ein wirklicher Hochgenuss, aber viel Arbeit.
  • Puffbohnen sind erstklassig fürs einfrieren geeignet. Dazu die Kerne kurz in Wasser (ohne Salz!) blanchieren, wer hat kann es mit Bohnenkraut ansetzen, nach wenigen Minuten Kochzeit abgiessen, kalt abschrecken, gut abtropfen und portionsweise in Gefrierbeutel abfüllen. Auftauen geht genauso, einfach in sprudelnd kochendes Wasser werfen und dann verwenden wie frische Puffbohnen.
  • In Sardinien wahrscheinlich auch anderen Mittelmeergegenden gibt es erstaunlich leckere eingelegte Puffbohnen im Glas. Die Zutatenliste: Puffbohnen 63%, Sonnenblumenöl, natives Olivenöl extra, Petersilie, Fenchel, Knoblauch, schwarzer Pfeffer, Weinessig, Salz, Zucker, Säurekorrektor: Zitronensäure. Einfach und gut. Gegessen habe ich die schon oft, eine Eigenproduktion steht noch auf der Aufgabenliste.
Teil 1: Puffbohne, dicke Bohne im Winteranbau

Sonntag, 2. Juni 2019

Totalausfall beim Frühlingsblütenhonig

Der Honig tropft nur, Zeichnung meiner Tochter
Die wichtigste und beste Honigsorte unserer Region ist dieses Jahr komplett ausgefallen. Es gibt dieses Jahr keinen Frühlingsblütenhonig. Der wird hier ansonsten oft sehr, sehr gut, denn er enthält viel Nektar verschiedener früh blühender Steinobstarten: Vor allem Wildkirschen aus dem Wald, Schlehen, viele Wildpflaumen, Zwetschgen, Myrobalane. Das ergibt leckere, differenziert schmeckende Honige, hellgelb und auch ohne rühren nicht besonders hart, sondern meist noch streichfähig. Allerdings kristallisieren sie spät und dann etwas grob.

Ja, auch das gibt es, Jahre in denen man viel Mühe, Zeit und Energie investiert, aber einfach nichts dabei herauskommt. Zum Beispiel dieses Frühjahr. Wie kam es dazu? Wie so oft in den letzten Jahren hatten wir mit einem Donnerschlag Hochsommer ab März bis Ende April. Es war viel zu trocken und heiss, die Blüte rauschte rasend schnell durch wie ein Superschnellzug. Ehe die Bienenvölker auch nur annähernd stark genug waren um Nektarüberschüsse sammeln zu können, waren die Blüten schon verblüht. Normalerweise geht es aber im Mai noch zwei Wochen weiter, Raps, Quitte, Weissdorn und andere Blühpflanzen kommen dann noch. Anders dieses Jahr: Mit einem weiteren Donnerschlag folgte ein Winter im Mai. Bitterkalte Nächte mit kräftigem Bodenfrost und einmal sogar Luftfrost, auch immer wieder Regen, der vorher so dringend vermisst wurde. Im Obstbau gab es Schäden, Weinreben sind abgefroren, Blüten von spätem Kernobst wie Quitten geschädigt. Es gibt fast kein Jahr mehr ohne Frostschäden, weil lange Wärmeperioden ab Spätwinter für sehr frühen Austrieb sorgen und dann doch noch Frost kommt. In Jahren wie 2017 sogar mit Totalausfall aller Obstarten nach bis zu -8°C am 20. April. Die Kälte vernichtete viel junge Brut bei den Bienen, die Entwicklung wurde zurückgeworfen. Es war ausserdem zu kalt, um zu fliegen. Bienen können erst ab 15°C richtig fliegen, vorher kommen ihre Flugmuskeln nicht mit der Kälte klar.

Das war nicht alles. Ein paar wenige Völker schafften es, stark genug zu sein um etwas Honig einzulagern. Doch in den Kälteperioden wurde der nicht weiter getrocknet und weiterverarbeitet, sondern blieb halbreif in den Waben und wurde teilweise gleich wieder ausgefressen. Was überhaupt vorhanden war, hatte viel zu hohe Wassergehalte. Dieser Honig bekommt recht bald Probleme mit unerwünschter Gärung und hat auch nicht das Aromaniveau normaler Jahre. Man kann ihn eigentlich nur als Backhonig oder zum wieder Einfüttern im Spätsommer verwenden.

Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, fiel auch die Rapsblüte aus. So herrschte letztes Jahr eine Jahrhunderttrockenheit, die bis Ende November andauerte. Es war viel zu trocken, der im Herbst ausgesäte Raps konnte in der Staubwüste nicht keimen. Somit gibt es dieses Jahr auch fast keinen Raps, wohl die wichtigste Trachtpflanze die den Bienen die Landwirtschaft noch bietet.

Die Kälteperioden im Mai brachte auch noch Stress bei den Bienen selbst, die bei solchen Reizen gerne in Schwarmstimmung geraten. Schwärmt ein Volk ab, ist auch eine eventuelle spätere Sommertracht futsch, denn die meisten Bienen sind auf und davon.

Im Nachbarbezirk gab es dazu noch besonderen "Spass", dort brach die Faulbrut aus, kranke Bienenvölker mussten vernichtet und verbrannt werden, ein Sperrbezirk wurde eingerichtet. Damit sind so ziemlich alle denkbaren Katastrophen gleichzeitig auf Bienen und Imker herniedergeprasselt und ich hoffe, das Unglückskonto ist nun etwas geleert und abgearbeitet, so dass wir in einem Jahr "Neues Jahr, neues Glück" spielen können.

Honig gibts im Supermarkt, nicht beim Imker
An Honig herrscht trotzdem kein Mangel. Nicht von hier, aber importiert. In Deutschland gibts es sowieso fast kaum Honig, daran hat man sich gewöhnt. Gerade mal 20% des Bedarfs wird von heimischen Honigproduzenten gedeckt. Die Preise sind schlecht, Hobbyimker stecken generell mehr Geld hinein wie aus Honigverkauf erlösbar ist. In der EU sieht es etwas besser aus, aber auch dort kann der benötigte Bedarf nicht einmal annähernd gedeckt werden. Es wird also kräftig importiert. Fast 40 Prozent der gesamten EU-Importe kommen aus China. Wahrscheinlich noch viel mehr, denn Falschdeklarationen oder Umwege über Drittstaaten, um die Herkunft reinzuwaschen sind in diesem Geschäft Usus. Der letzte Importstopp aus China wegen antibiotikabelastetem Honig führte zu einer wundersamen schlagartigen Erhöhung der Ausfuhren Malaysias in Höhe des vorherigen chinesischen Exports. Und zu Honigimporten Malaysias aus China in derselben Höhe.

Gekauft wird einfach alles, Hauptsache billig. So ist es in China üblich, Honig unreif zu entnehmen, ihn zu erwärmen und in industriellen Vakuum-Trocknungs-Anlagen zu behandeln, in Deutschland ist das alles verboten. Damit fehlen die wertvollen bieneneigenen Enzyme. Über ausgefeilte weitere chinesische Tricks hatte ich schon einmal geschrieben, die ganz speziell für die gängigen Analyseverfahren der Labore massgeschneidert sind, um die Fälschung mit Zuckersirupen und Panscherei zu verdecken.

Chinesischen Importhonig etwa gibt es auf dem Weltmarkt bereits für 1,20 Euro pro Kilogramm. Kostendeckend in Deutschland bei kleinen Imkern sind 12 bis 15 EUR pro Kilo, also ab 6 EUR das Glas Honig. Die meisten Imker kalkulieren gar nicht erst und wenn, dann rechnen sie nicht alle tatsächlichen Kosten ein. Augenfällig sind nur Kosten fürs Material und Bienenfutter. Aber Fahrten zum Bienenstand incl. Fahrzeugnutzung, Kosten der Nachverarbeitung, Kosten für Lager und Platz, Kosten das ganze Handwerk überhaupt zu lernen und stetig weiterzulernen, Kosten der Vermarktung und die Zeit sowieso nicht. Es summiert sich gewaltig.

6 EUR bekomme ich natürlich auch nicht fürs Glas und über Preise zu jammern ist für Hobbyimker kein Thema, unsere Erfüllung finden wir bei den Bienen. Auch deshalb bereitet mir der Ausfall dieses Jahr wenig Sorgen. Das Hobby kostet sowieso immer Geld und für mich selber reicht der Honig vom letzten Jahr noch gut und lange. Und für die Anderen: Wohl bekomms und guten Appetit bei der Honigmischung "aus EU-Ländern und Nicht-EU-Ländern". Und schön billig ist Made in China ja immer, jedenfalls auf kurze Sicht.

Sonntag, 26. Mai 2019

Die Errettung der Kürbisse und Melonen vor dem Spätfrost

Kürbis nach der Auspflanzung
Der Anbau von Melonen und anspruchsvollen Kürbissorten, vor allem der Art C. moschata (Moschuskürbisse) ist oft ein Pokerspiel mit dem Frühlingsklima als Mitspieler. Wünschenswert wäre ein möglichst früher Vegetationsbeginn. Das wirkt sich wesentlich auf Erträge und Qualität aus. Melonen sollen normalerweise aber erst nach den Eisheiligen Mitte Mai ins Freiland, wenn die Nächte warm werden. Aber selbst frühe Sorten werden dann frühestens Ende Juli reif. Weniger frühe Sorten liefern erst im August erste reife Früchte. Da werden die Schatten schon länger, die Früchte weniger süss und das Risiko für Pflanzenkrankheiten steigt von hoch zu sehr hoch. Ein reifender zweiter Fruchtansatz ist dann auch nicht mehr zu erwarten, dafür reicht die Zeit nicht mehr. Ab Ende August lassen Aroma und Süsse der dann noch reifenden Melonenfrüchte immer weiter nach.

Melonen schon im April auspflanzen?


In den letzten Jahren war es aber oft schon ab Mitte April sommerlich warm und keine kühle Nacht störte das Wachstum. 2018 war auch so ein Jahr, im Prinzip herrschte ab Mitte April dauerhaft Hochsommer. Die Melonen wurden schon Anfang Juli reif und fruchteten danach noch viel länger, die gesamte Saison brachte eine herrliche Melonenschwemme.

Geringere Anforderungen bei Kartoffeln
Vlies einfach übergezogen
Aber das klappt eben nicht immer. Von Sorten, von denen das Saatgut nicht teuer ist ziehe ich deshalb in der Regel mehr Pflänzchen vor wie verfügbaren Pflanzplätze da sind. Die erste Serie wird früh ausgepflanzt. Kommt doch noch Frost, habe ich noch eine weitere Serie in der Hinterhand und ich pflanze nach. Kommt kein Frost und wächst die erste Serie gut, habe ich das Glücksspiel mit dem Wetter gewonnen. Und diverse Freunde ebenfalls, denn dann verschenke ich die überzählig gewordenen Pflänzchen der zweiten Serie an sie.

Richtig schwierig sind Jahre wie jetzt, 2019. Der April war sommerheiss mit warmen Nächten. Die Aussichten waren sehr gut. Ich pflanzte die erste Serie Melonen und Kürbisse aus. Gepflanzt wurde wie immer in sechs Monate altem Pferdemist, der mit schwarzem Vlies abgedeckt war und mit Schlitzen an der Pflanzstelle geöffnet. Doch ab Ende April kam der Winter unerwartet heftig wieder und das mit zwei je dreitägigen deftigen Bodenfrostserien, die Letzte erst Mitte Mai. Für einige schon weit in der Entwicklung befindlichen Obstsorten hatte das katastrophale Folgen, beispielsweise sind Quittenblüten erforen, der Wein ist entweder abgefroren oder schwer geschädigt. Und sämtliche Gurken, Melonen, Kürbisse wären ohne Schutz ebenfalls draufgegangen. Unter diesen schweren Bedingungen wollte ich ausprobieren, ob die ausgepflanzten Pflanzen trotzdem zu retten waren.

Die Sache mit dem Frostschutzvlies


Vlies über den sehr frostempfindlichen Kiwis
Oben trotzdem Frostschäden, unten Richtung Boden nicht.
Ein Vlies drüberziehen reicht dafür aber nicht aus. Direkt unter dem Vlies wird es zu kalt. Das Vlies verhindert nur, dass der Boden seine Wärme in den Himmel abstrahlen kann. Direkt am Boden bleibt es dann wärmer, während rauf zum Vlies hin die Temperatur in Richtung Umgebung absinkt. Und die ist kalt. Saukalt in dieser niedrigen Höhe. Wenn in zwei Metern noch 2°C herrschen, kann es am nackten Boden knackige -3°C haben. Dieses Jahr ging es laut Messung bis auf 0°C und am Boden -5°C herunter. Entweder, man hängt das Vlies höher, was aber von der Konstruktion her und bei Wind gar nicht möglich ist. Der Wind hört zwar nachts auf, aber um Mitternacht wird man im Dunklen nicht mehr loziehen wollen, um das Vlies aufzulegen, zudem ist dann der Boden schon zu stark abgekühlt. Alternative: Man isoliert das Vlies zusätzlich richtig gut.

Erst das Pflänzchen unters Vlies schieben...
Die Zusatzisolierung habe ich diesmal probiert und zwar durch Aufstreuen von billiger Gartenerde aus dem Gartenmarkt und wahlweise mit humusartigem, trockenen Pferdemist vom letzten Jahr. Unten die Pflanze, dann ein Vliesstück drübergelegt, 3cm Humus drübergestreut. Die jeweils drei Tage während der Frostperiode liegen gelassen, dann abgezogen. Die Kürbisse haben den dreitägigen Lichtmangel sehr gut weggestreckt, keine Ausfälle, keine vergilbten Blätter. die Melonen teils gut, teils mässig. Wassermelonen zeigten sich zickiger wie Zuckermelonen. Nur bei 10% der Pflänzchen habe ich nachgepflanzt aus Furcht vor eventuellen Schädigungen, die das Wachstum vielleicht noch wochenlang bremsen. Alles in allem ein guter Erfolg und dazu geeignet, die Pflanzen trotz unerwarteter Wetterstürze im Mai überleben zu lassen.

... dann mit Erde bestreuen. Das Brett, damit der Wind nichts hochhebt.

Eine Woche nach dem Frost - alles wächst prima weiter.

Melonen: Mehr Sorten und Schwemme trotz Kaltjahr
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Melonen, was brauchen sie?
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Sonntag, 19. Mai 2019

Gartenzone stirbt?

Vorsicht, es folgt teilweise eine Tirade. Wer nur die frohe bunte Gartenwelt im Frühling sucht, sollte den Beitrag nicht lesen. Aber immerhin: Es geht vorwiegend um Gärten.

Die Entwicklung der Gartenzonen


"Entwicklung" neuer Beton- und Schotterfelder auf vormals
bestem Boden - Platz ohne Ende?
Nüchtern betrachtet sterben Gartenzonen. Leute, die keine Zucchini kaufen, die vom LKW über 2000km Autobahn und über Lagerhallen aus Spanien hergekarrten wurden sondern selber neben der Haustür eine Zucchini pflanzen sind eine stark geschrumpfte Kleinstgruppe. Auch ihre Gärten sind stark schrumpfend, die Kleinflächen werden zu Kleinstflächen, die Kleingärten zu Baugebiet mit gar nichts mehr.

Leben in immer stärkerem Widerspruch


Öffentliches Vorbild: Das Freibad wurde "umgestaltet"
Auch der Bürger gestaltet um
Gestaltung von Natur und Seele
Nutzgärten sind von gestern oder sogar von vorgestern. Out. Man hat heute Schottergärten, gar keine Gärten, Sitzplatzgärten, Grillgärten, Gärten voller Bauwerke und Gartenhütten, erregt sich zwar über Pflanzenschutzmittel und Autoverkehr, kauft aber weit hergekarrtes Gemüse aus Intensivkultur und brettert dafür mit Hilfe von 1,5 Tonnen Blech mit -zig Pferdestärken in einen Supermarkt. Man mäht seinen Kleinrasen zehnmal im Jahr mit viel Energie und unter Motorengebrüll, aber die Obstwiese einmal im Jahr mähen ist "zu viel Arbeit" und der Apfelbaum am Haus macht ebenfalls zu viel Arbeit. Oder man zahlt für die "Gartenpflege" an der Mietswohnung, die im Rasen mähen und Müll aus dem Cotoneaster klauben besteht. Ganz unmöglich, dort einen Obstbaum zu pflanzen. "Hilfe, wer soll denn all die Früchte essen? Und dann kommen bloss die Wespen?" Man eröffnet mit viel Publikum und 20 Sponsoren wieder einen Schulgarten, der kaum 20 Quadratmeter an Beeten hat, ein halbes Jahr später ist er von einer "dekonstruktiv tätigen" Schülergruppe zerstört und den Sommer übersteht er auch nicht, weil sich niemand findet der in den Sommerferien gelegentlich danach sieht. Mallorca für den Verwaltungsangestellten / Toskana oder Neuseeland für den Studienrat und der neue Supergrill gehen vor. Das Obst kommt von weit her, auf dem Grill liegt Fleisch, für das die EU 80% der proteinreichen Futtermittel importiert - gentechnisch verändertes Soja von Flächen in Südamerika, die einmal Urwald waren. Praktischerweise werden auch gleich die Leiharbeiter des Fleischwerks importiert, die LKW-Fahrer, alles wofür möglichst wenig Lohn gezahlt wird. Sogar die Sozialleistungsempfängerkaste wird importiert. Welch ein Fortschritt, Hauptsache die Leute werden fetter und "der Ranzen spannt", also alles gut?

Garten?
Wer auf Nutzgarten und Selbstversorgung steht statt nur den Umweltschützer und Blumenfreund vorzuzeigen, ist noch viel mehr von gestern. Out. Der begriffsverwandte "Kleingärtner" ist ein Schimpfwort und vermittelt miefige Spiessigkeit. Ein Gartenzwerg. Jemand, der "nicht über den Gartenzaun sieht". Tagsüber Gift im Garten spritzen, die Nachbarn beobachten, abends mit dem blanken Bierbauch am Grill sitzen, das ist das Bild des Kleingärtners. Ich bin auch schon länger Imker. Imker sind dagegen momentan schwer modern, sie sind Umweltschützer, Tierfreunde, Helfer der Natur, sie schwimmen in den Medien und der Gesellschaft wie Fettaugen oben auf der Suppe. Wankelmütig ist die Gunst des Volkes und ganz besonders die der Medien.

Vor der eigenen Haustür keinen Deut besser


Ausgleichsflächen heute, die wegen anderen Beeinträchtigung
der Natur geschaffen werden müssen: Zusammengefahren
und verlottert in der Agrarwüste
Hier in der Kleinstadt Möckmühl ist das wie überall im Land dasselbe, manche Effekte sind sogar schlimmer und sichtbarer. Man hat an vielen Ecken den Eindruck, die Mehrheit der Leute lehnt Freiheit, Naturnähe, nicht zugemauerte Gegend, die eigene Lebensumgebung, Selbstbewusstsein und selbst Geschaffenes letztlich immer ab. Freiflächen scheinen überall geldscheingepflastert zu sein, auch in Möckmühl. Der Gebäudebauer, der Investor wartet schon und vergoldet das Grundstück, damit er darauf seinen Beton abkippen darf. Und der eigene Garten? Der ist auch hier Reservefläche für eine vergrösserte Garage, Kulissenrandstreifen für gepflasterte Grill- und Sitzplatzlandschaften, Aufmarschplatz für "Sichtschutz-Koniferen".
Erst Feld, dann Aussiedlerhof für die Landwirtschaft,
jetzt versiegelt, Beton, Paläste im Vorstadtstil hinter
Koniferenplantagen
Seit 50 Jahren mahnen in Deutschland tausende Organisationen einschliesslich einiger Parteien wegen anhaltend hoher Flächenversiegelung, Vernichtung und Entwertung von Lebensräumen. Fakt ist und bleibt jedoch: Die Bautätigkeit um gravierende Veränderung auf vorher un- oder wenig bebauten Flächen nimmt sogar noch zu. Auf allen Ebenen. Privat, öffentlich, kommerziell. Unbremsbar. Unabhängig davon, welche Parteien gerade das Sagen haben. In ehemals ländlichen Gemeinden wie Möckmühl so wie in Berlin. In Kleinstädten wie Möckmühl sogar weit schlimmer, weil man dort irrigerweise glaubt, man hätte ja den Platz, um sich auszutoben. Ein grandioser Irrtum. Nichts hat man. Fläche ist überall eine unveränderliche Konstante. Jede Wachstumskurve mit konstanter Wachstumsrate verläuft exponentiell, jede Kurve die gegen eine Konstante läuft, wird daran zerschellen. Der Zeitpunkt, wann der Aufprall auf diese Mauer in der Sackgasse stattfindet wird durch die Kurvensteigung bestimmt, aber nicht dass er stattfindet. Das tut er aber zwingend früher oder später.

Extreme Beispiele finden sich vor jeder Haustür. Wir haben hier unter anderem ein viele Hektar grosses gigantisches "Logistikzentrum" der Firma Kaufland, in dem auch Zucchini aus Spanien umgeladen werden. Ausgerechnet Zucchini sind vorher auch auf dieser Fläche gewachsen, ein grosser Hersteller von Fertigsalaten aus der Region hat sie verarbeitet. Zucchini waren das Beispiel oben und sie sind leider kein Witz, denn dort sind vorher tatsächlich öfter Zucchinifelder gewesen. Ich habe noch Fotos davon, in Diskussionen wird das nämlich gerne weggelogen. Der Boden ist tiefgründig und erstklassig, der Beste der ganzen Gemeinde mit einer Ackerzahl deutlich über 70. Gewesen. Kaufland statt lebendes Land, ein volltreffendes Wortspiel. Auf den (noch!) übrigen schrumpfenden Flächen wachsen häufig Salate, viele Radicchiosorten und Kürbisse aufgrund der hohen Bodengüte und Bewässerbarkeit.
Auch die grünen Gemeinderäte wollen dort weiterbauen und -zerstören. Ich würde sehr viel geben, so einen Boden im Garten zu haben. Der ist Geschichte, er wurde tief abgebaggert und landete teilweise in Oberkessach auf einer mir bekannten Privatwiese und hat dort noch einen Halbtrockenrasenlebensraum zerstört. Andere Flächen wurden aufgefüllt mit Baugrubenerde eines weiteren riesigen Projekts des selben Konzerns südlich von Heilbronn. Als ich mangels Fläche nach einem grösseren Garten gesucht habe und auch bei der Stadt anfragte, wurde ich (natürlich) ignoriert.
Aufmarschgebiete des "Fortschritts"
Das haben dann mehrere suchende Bürger ebenfalls getan, es gab einen halbherzigen Versuch Gartenland zu finden, der schnell versandet ist. Wir sind die lästigen Spinner. Wer Milliardär ist (Kaufland gehört zu Lidl & Schwarz, der Gründer wurde damit einer der reichsten Milliardäre des Kontinents), Bagger auffährt, einen der schönsten Plätze auf historisch bedeutsamen Grund auf weithin sichtbarer Aussichtslage mit hohen Blechhallen bebaut, wahnsinnigen LKW-Verkehr mit sich bringt, grösstenteils "sehr günstige" einfache Arbeiter aus Ländern Richtung Osten indirekt und direkt beschäftigt, deren üble Arbeitsbedingungen sogar die ansonsten handzahme Lokalzeitung mehrfach kritisiert hat, minimal Gewerbesteuer zahlt (Möckmühl ist nach wie vor steuerschwache Gemeinde trotz der wahnsinnigen Ressourcen, die man den LKW-Firmen beschert hat!), ist dagegen geachtet und normal. Die von der Gemeinde Möckmühl angesiedelten weiteren Betriebe sind fast ausnahmslos "Logistikdienstleister" mit riesigen asphaltierten LKW-Aufmarschplätzen. Diese plattmachende Gigantomanie hat in unserer Kleinstadtgemeinde Flächen grösser wie das Reichparteigelände in Nürnberg von Albert Speer zerstört - absolut irre. Die LKW-Fahrer beschafft man sich auch hier aus den Ländern, die gerade am allerbilligsten sind, es sind Sklaven der globalisierten Welt. Übernachtet wird in Containern, die Slums der heutigen Zeit, Bebauungsplan und Erlaubnis hin oder her, das interessiert nicht. Immer Sachzwänge. Was irgend möglich ist, wird auch einfach so durchgezogen, es bringt Geld und diese Rechtfertigung schlägt einfach absolut alles.

Vorher Garten auf Schwemmland, jetzt Schotterfläche
Im Kleinen läuft es genauso. Die letzten beiden traurigen und kleinen Reste der ortsnahen Krautgärten, die es früher in ausnahmslos jeder Gemeinde gab, sind nun auch unter Druck und weiter zerstört worden. Die Gier auf diese paar Quadratmeter ist so gross wie die Gier auf alles andere, das noch nicht zerstört ist und zu Geld gemacht werden kann. Nicht nur das Gebiet "Im Haag" weckt seit Jahren Begehrlichkeiten für "Umgestaltung" und weitere Bebauung, man hoffte erst auf einen fünften fetten Supermarkt. Die Restgärten auf Schwemmland "Im Waagerner Tal" sind ebenso unter Druck und kürzlich wurde wieder ein grosses Stück zugeschottert. Selbst solche kleine Reste führen zu unstillbarem Drang, mit ihrer endgültigen Zerstörung Umsätze zu machen. Daneben waren früher nur grosse Gärten, dann Totalüberbauung mit einem Autohaus, wahrscheinlich auch mit Bodenlastung, nun Ruine. Jeder kennt das, die Ortsnamen sind austauschbar, Möckmühl ist die bittere Regel und keine Ausnahme. Das Gebiet "Im Haag" hat nur eine Chance, wenn der dort nötige Hochwasserschutz teurer bleibt wie die mit der Fläche erzielbaren Gewinne. Oder sich irgendwelche Grundbesitzer mit der Gemeinde zerstreiten, sich mit zu wenig Geld abgespeist sehen.

Bald ist hier Kommunalwahl. Die Liste der Gemeinderatskandidaten ist ein einziges Trauerspiel. Antreten dürfen nur Listen und Parteien, keine unabhängigen Kandidaten. In den Listen stehen in die grosser Mehrheit die Zerstörungsgewinner, egal unter welcher Flagge sie segeln. Dazu gehören alle Parteien, auch die ebenso bigotten Grünen, die schon auf Landesebene vor der Wahl beispielsweise ausdrücklich weniger Flächenverbrauch versprochen haben, als sie gewählt waren verdoppelte sich Flächenverbrauch prompt von 2016 auf 2018 (Zahl: Statistisches Landesamt). Ihr Ministerpräsident besuchte die Region einmal, als die für den Hardhäuser Wald katastrophalen Windkraftanlagen eröffnet wurden, dabei führt er an den riesigen Lager- und LKW-Bechhallen vorbei. Für Strom aus 15x2000 Tonnen Beton quer durch grundwasserführende Schichten, Stahlmasten, Aufschotterung grosser Flächen, Abholzung, Insekten-, Vogel- und Fledermaustod erklären sich die Grünen für zuständig, für den Strom von den ohnehin schon bestehenden Blechhallendächern für unzuständig. Alle Parteien möchten die Gemeinde "voran" bringen und was das heisst, kann jeder an den vielfältigen Hinterlassenschaften der letzten Voranbringer live besichtigen: Schrott in immer grösserer Quantität unter stetigem Abbau der Qualität. Ich hatte Riesenmühe, die 20 Stimmen überhaupt unterzubringen (schon abgestimmt, da Briefwahl), weil mir viele Leute persönlich bekannt sind und ich aus der Nähe weiss, wie sie denken, handeln und abstimmen - und genau das stösst mich bei Vielen ab. Denn: Gut gemeint ist auch daneben, wenn dumm gemacht dabei herauskam, was bei Politikern die Regel ist.

Was kann man überhaupt tun?


Vorher schönste Obstwiese der Gemeinde, jetzt
Beerdigungsinstitut, Parkplatz, Cotoneaster. Man dankt.
Wer die Entwicklung hinterfragt, dem wird rückwärtsgerichtetes Jammern unterstellt, wir seien gestrige Gartenzwerge, denen paar Krautsköpfe wichtiger seien wie Menschen und "Entwicklung" (wohin eigentlich?). Aussagen diesen Stils zu widerlegen ist sinnlos, das fehlende grundlegende Verständnis über unsere Umwelt, der Grundlage unseres Lebens kann man nicht mit Argumenten erzeugen. Was also tun? Die Gartenzone rät:
  • Positiv und konstruktiv Beispiel geben, auch wenn es klein und irrelevant wirkt. Ich führe Leute durch den Garten, helfe bei Kursen mit, verschenke Pflanzen und Geerntetes, helfe wenn jemand etwas pflanzen will, versuche die Gemeinde (auch dort gibt es Leute mit breiterem Horizont, für die Blechhallen nicht alles sind!) zu unterstützen wenn es z.B. um Dinge wie Bepflanzungen geht. Sieht der Nachbar, wie mir leckere Weintrauben in den Mund wachsen, setzt er sich vielleicht selbst eine statt sich nur welche in Plastikschale zu kaufen, hergeschafft aus Chile und die Fläche für die nächste Garagenerweiterung zu nutzen.
  • Entwicklung bedeutet für Viele, grössere Parkhäuser zu bauen,
    damit das SUV endlich reinpasst.
    Politisch haben wir keine Heimat, schon gar nicht bei Parteien wie den Grünen, wie nicht nur kommunal, sondern auch die grüne Landesregierung in Baden-Württemberg eindrucksvoll in negativer Weise unter Beweis gestellt hat. Wer politisch agieren will, sollte vielmehr Parteien und ihre Lobbysteuerung entmachten und für mehr direkte Demokratie kämpfen. Viel, viel mehr. Es passiert zwar nicht oft wegen der hohen Hürden in Deutschland, aber Abstimmungen, insbesondere Bürgerentscheide auf Gemeindeebene sind der einzige  Machtfaktor, der Idiotenprojekte beenden kann. Nehmt den Parteien die Macht aus der Hand anstatt euch anlügen zu lassen, Parteien wären der Weg zu politischer Partizipation. Tatsächlich sind sie die Blockade für Partizipation, das Problem und nicht die Lösung. Oft bewirkt schon die Ankündigung eines Bürgerentscheids etwas, Planungen werden geändert weil die Planer das Projekt zustimmungsfähig machen wollen und erklären müssen. In Baden-Württemberg gibt es eng begrenzte Bürgerbegehren (§21 Gemeindeordnung), die die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses haben. Natürlich darf weder über Bauprojekte noch Geld entschieden werden. Der Bürger soll sich gefälligst von wichtigen Dingen fern halten und sich darauf beschränken, sich mit der Farbe des Werbe-Ortsschildes zu beschäftigen. Was mit seinem Geld passiert, hat ihn nichts anzugehen.
  • Organisiert euch. Ja, auch im popeligen Gartenbauverein. Die sind nicht immer so verstaubt wie ihr glaubt. Sie sind das, was ihr darin selbst macht. Publiziert, schreibt, redet, geht auf die Leute zu, die Gemeinderäte mit mehr Weitsicht. Verschwendet keine Energie auf die Kommunikation mit Idioten, die in ihrer Dummheit über euch grinsen, stärkt lieber die, die mit mehr Grips ausgestattet wurden.
Das ist nicht viel, aber besser als nichts. Genug der Tirade. Ab und zu sollte man eben auch eine Gartenzone grundsätzlicher betrachten

Dienstag, 7. Mai 2019

Indianerbanane Pawpaw Teil 4: Befruchtungsfragen

Pawpawblüten in drei Stadien
In den letzten drei Beiträgen zur Asiminia Triloba, der "Indianerbanane" Pawpaw ging es um viele Aspekte hinsichtlich ihres Anbaus im eigenen Nutzgarten. Einen bisher noch nicht ausführlich angesprochenen Punkt daraus möchte ich nun vertiefen: Die Befruchtung der Blüten, damit überhaupt Früchte entstehen können. Dazu werden oft Fragen gestellt, weil man weder Bienen noch Hummeln an den Blüten sieht und trotz grosser Blütenzahl die Pflanzen fast alle abgeblühten Blüten sang- und klanglos abwerfen, anstatt Früchte zu bilden. Stimmte etwas mit der Befruchtung nicht?

Aufbau der Blüte


Junge Blüte, Pollenstände noch geschlossen (gelb)
Narbe (grün) bereits klebrig, wartet auf Pollen
Alle Pawpawblüten haben einen männlichen Teil, der die Pollen liefert und einen weiblichen Teil, auf dem Pollen keimen können und aus dem sich dann der Fruchtcluster entwickelt. Der weibliche Teil kann bereits Pollen aufnehmen, während der männliche Teil noch keine Pollen liefert. So wird verhindert, dass die Pollen innerhalb der Blüte von den Pollenständen auf die Narbe stauben. Selbstbefruchtung ist bei der grossen Mehrheit aller Pflanzenarten unerwünscht, nur der Pflanzensex zwischen verschiedenen Sorten einer Art kann neue Genkombinationen bringen. Die Entwicklung einer sexuellen Fortpflanzung mit zwei Geschlechtern hat die Evolution bei Pflanze und Tier stark beschleunigt und die Anpassungsfähigkeit an veränderte Umweltbedingungen enorm erhöht. Um Selbstbefruchtung zu verhindern, können deshalb häufig auch keine Pollen der eigenen Pflanze auf der Narbe keimen. Sie kann sich nicht selbst befruchten, es müssen genetische Unterschiede vorhanden sein. Auch die Pawpaw gilt als selbstunfruchtbar.

Befruchtung hat geklappt
Das ist aber nur teilweise richtig. Total selbstunfruchtbar sind sie nicht. Aber die Befruchtung zwischen den Blüten einer Pflanze gelingt schlecht, so dass nur wenige Früchte entstehen. Bei zwei Sorten klappt das aber deutlich besser, sie gelten deshalb als selbstfruchtbar: Die Sorten "Prima 1216" und "Sunflower". Es existiert also kein Schalter, der von selbstunfruchtbar auf selbstfruchtbar schaltet, sondern die Sorten sind mal weniger, mal mehr für Selbstbefruchtung geeignet. Auch Prima 1216 trägt besser, wenn eine blühende zweite Sorte vorhanden ist.

Optimalerweise muss man deshalb die Monokultur aus vielen Pflanzen einer Sorte vermeiden, sondern mehrere Pawpawsorten nebeneinander setzen, Sorten in der Pflanzung mischen.

Befruchtung misslungen
Fruchtknoten klein und weitgehend braun
Gelingt die Befruchtung, verdickt sich der Fruchtknoten und fängt zu wachsen an. Bei jungen Bäumen fallen sie dann in der Regel trotzdem bald ab. Erst ab einem Baumalter von einigen Jahren (sieben Jahre und mehr sind keine Seltenheit) sind die Bäume in der Lage, die Früchte zu ernähren und zur Reife zu bringen. Aber auch bei abfallenden Fruchtknoten kann man erkennen, ob die Befruchtung nicht geklappt hat oder ob der Baum noch zu jung war.

 

Wer befruchtet die Blüten? 



Blütenknospe am aufbrechen
Jetzt gerade Anfang Mai haben alle meine Bäume die Vollblüte beendet, in der sie zwei Wochen lang standen. Das ist relativ früh, eine Blüte ganz im Mai wäre auch normal gewesen. Eben hat sich entscheiden, ob es dieses Jahr mit der Befruchtung der Blüten geklappt hat. Den Pollentransport von Blüte zu Blüte übernehmen Insekten. Oft wird gesagt, die aus Nordamerika stammenden Pawpaws würden dort von Befruchterinsekten beflogen, die es in Europa gar nicht gibt und deshalb müssen man für eine anständige Ernte bei der Befruchtung mit dem Pinsel nachhelfen. Das ist falsch. Es gibt zwar unterschiedliche Insektenarten in Europa und Amerika, aber gerade unter den Pawapawbefruchtern existiert eine Vielzahl ähnlicher Arten mit ähnlichen Verhaltensweisen in
Blüten mit offenen Pollenständen (schwarz)
Blütenblätter fallen bereits ab, Fruchtknoten vergrössert
derselben ökologischen Nische, die auch in Europa als Befruchter taugen. Kurz gesagt, die Schmeissfliegen Europas sind gar nicht viel anders wie ihre amerikanischen Kumpels. Einige Arten sind sowieso weltweit verbreitet, zum Beispiel die Goldfliege (Lucilia sericata). Die Blüten der Pawpaws liefern keinen Nektar, aber die Blütenblätter sind dunkelrot wie gammelndes Fleisch und duften leicht nach Aas. Deshalb kommen keine nektarsuchenden Hummeln und Bienen, aber die Pawpaw lockt mit dem Duft Schmeissfliegen an, Fruchtfliegenarten, Käfer, Pollenräuber. Diese Locktaktik nutzen auch andere Pflanzen, während Bienenpflanzen auf Nektarproduktion setzen, um nektarsuchende Bestäuber für ihre sexuellen Dienstleistungen einzuspannen.

Problem: In einem aufgeräumten Garten wimmelt es nicht gerade von Aasfliegen. Das ist die Stunde des Pinselbefruchters. Mit einem Wasserfarbenpinsel geht man zu den Blüten mit offenen Pollenständen, holt sich Blütenstaub von Blüten eines Baum und streicht ihn auf die Narben in den Blüten des anderen Baums. Allerdings ist das mühsam. Es geht nur bei Blüten, die in Reichweite sind und man läuft Gefahr, die nicht sehr fest hängenden kleinen Blüten abzureissen.

Den Fliegen den Job schmackhaft machen


Goldfliege, Lucilia sericata im Hühnergehege
Schmeissfliege, aussen auf Pawpawblüte sitzend.
Die Fliegen werden vom Duft angezogen.
Lassen wir besser die Fliegen die Arbeit machen. Dazu kann man nachhelfen. Letztes Jahr habe ich es mit frischem Pferdemist versucht, den ich zur Düngung auf die Baumscheiben legte. Aber Pferdemist lockt wenig Aasfliegen an, er ist attraktiv für andere Insekten, vor allem Käfer, aber keine Kot- und Aasfliegen. Eine andere Mistart schafft das jedoch sehr gut und die Lieferantentiere haben wir sogar im Garten, leider am anderen Ende und mit ihnen die zugehörigen Schmeissfliegen: Hühnermist. Die Insekten darauf sind keine Freude. Fliegen wie die blaue Schmeissfliege oder Goldfliegen sind zwar oft schön anzusehen, aber es ist sehr bäh, wenn sie direkt vom Hühnermist auf die Terrasse fliegen und sich dort auf den Kuchen setzen. Nutzen wir die lästigen Fliegenviecher besser für die Pawpaw. Und so habe ich eine Ladung Hühnermist mit Einstreu neben die Bäume geworfen. Siehe da: Es klappte tatsächlich und ich konnte es sogar fotografisch dokumentieren. Immer wieder sitzen verschiedene Fliegenarten auch auf die Blüten. Wenn man das beobachtet, versteht man auch wie die Befruchtung damit funktioniert. Die Fliege setzt sich auf die fleischigen, roten Blütenblätter, dort wo sie am meisten nach Aas duften, mal aussen, mal innen. Innen streift ihr borstiger Rücken an dem dicken Knubbel in der Blüte, auf dem die Pollenstände sitzen. Die Fliege bekommt Pollen "ins Fell". Fliegt sie zu einer weiteren Blüte, muss sie dort an der Narbe vorbei und es werden immer wieder Pollen von der vorigen Blüte darauf gelangen. Befruchtung geklappt!

Schmeissfliegen in Pawpawblüten in verschiedenen Blühstadien

Mit diesem Hühnermist ist es mir tatsächlich gelungen, eine Rekordanzahl von befruchteten Blüten zu bekommen. Grund genug, das auch künftig zu probieren. Später sind zwar trotzdem noch viele in befruchtetem Zustand abgefallen, aber das lag an den zu jungen Bäumen, die erst wenige Jahre alt sind. Übriggeblieben sind aber diesmal noch genug. Hoffen wir auf passendes Sommerwetter ohne Sturm, Hagel und Trockenkatastrophen, damit im Herbst eine fette Pawpaw-Ernte zu holen ist.

Befruchtete Pawpawblüte (Sorte Prolific), Blütenblätter beginnen abzufallen, Reste der Pollenstände noch vorhanden


Teil 1: Indianerbanane Pawpaw, der ewige Star von morgen
Teil 2: Indianerbanane Pawpaw: Anbau
Teil 3: Indianerbanane Pawpaw: Früchte und Fruchtqualität
Teil 4: Indianerbanane Pawpaw: Befruchtungsfragen

Dienstag, 23. April 2019

Optimierte Anzucht im Wohnzimmer Teil 2

Jungpflanzen, noch getopft, im Gewächshaus
In Teil 1 der Jungpflanzenanzucht im Wohnzimmer ging es um die nötigen Geräte, die zeitliche Abfolge, geeignetes Substrat, Umweltbedingungen. Angenommen, alles ging soweit gut und wir haben nun eine erste Ladung mit 10-50 Jungpflanzen im Zimmergewächshaus, die dem Torfquelltopf entwachsen sind. Was nun?

Die Pflanztöpfe


Wir pflanzen sie um. In Plastik-Pflanztöpfe von 8 bis12cm Durchmesser.  Zeit wird es dafür, wenn die Wurzeln aus dem Torfquelltopf hinauswachsen wollen. Das ist schon 3-10 Tage nach Keimung der Fall. Danach ist das Zimmergewächshaus wieder frei für die nächste Ladung Anzuchten. Pflanztöpfe sind nicht teuer, aber auch diese Ausgabe lässt sich vermieden und noch dazu die Produktion von Müll. Man bekommt Pflanztöpfe nämlich auch kostenlos. Dafür reicht ein Besuch auf einem Friedhof. Nur zu Besuch, für den endgültigen Umzug hat es hoffentlich noch ein wenig Zeit, unvermeidlich ist er sowieso.

Gebrauchte Plastik-Pflanztöpfe
Viele Leute pflanzen nämlich jedes Frühjahr neue, gekaufte Blumen auf den Gräbern ihrer Angehörigen. Die Töpfe werfen sie in den dafür vorgesehenen Mülleimer im Friedhof. Dort liegen sie dann stapelweise und werden irgendwann von der städtischen Abfallwirtschaft für die Müllverbrennungsanlage abgeholt. Aber vorher kann sie der sparsame Nutzgärtner erretten und damit den Plastikmüllproduktion durch viel längere Nutzung der bereits gebrauchten Töpfe verringern. Besonders viele Töpfe fallen im zeitigen Frühjahr an, just der richtige Zeitpunkt, zu dem auch der Nutzgärtner Töpfe für seine Jungpflanzenanzucht benötigt.

Vom Zeitpunkt der Umpflanzung an benötigen die Pflanzen auch Düngung. Wer es sich einfach machen will, nimmt vorgedüngte Kübelpflanzen- und Balkonkastenerde. Die billigere Universal-Pflanzerde oder Blumenerde geht auch, je nach Zusammensetzung sollte dann Dünger untergemischt werden oder etwas Flüssigdünger zudosiert.

Der Ort


Auberginenjungpflanzen im Gewächshaus
Im Wohnzimmer ist es zu dunkel und es wird schnell zu eng für die vielen Töpfe. Die Pflanzen müssen sich aber noch einige Wochen entwickeln. Auspflanzen kann aber erst nach den letzten Kaltluftnächten. Wohin damit? Wer ein Gewächshaus hat, kann die Töpfe in grössere Pflanzschalen oder Gewächshauswannen stellen und dann ins unbeheizte Gewächshaus bringen, dort weiterpflegen. In Kältephasen kann und muss man sie aber wieder kurzzeitig ins Haus stellen. Das ist auch diesen April passiert, die Nächte vom 11. bis 15. April hatten nur 2°C Lufttemperatur in 2m Höhe und am Boden herrscht sogar Frost. Auch im Gewächshaus ist es dann kaum wärmer. Sind es nur wenige kühle Tage, kann man sich in der Nacht auch eine Gewächshausheizung leisten.Sie läuft dann nur in diesen Nächten und der Energieeinsatz hält sich in Grenzen.

Allerlei Jungpflanzen in Töpfen, noch im Gewächshaus
Frost ist natürlich katastrophal. Aber bereits weniger strenge Nachtkälte verursacht Probleme. Tomaten bremsen ihr Gesamtwachstum stark, wenn sie nachts nur zwischen 0 und 5°C haben. Paprika werden unter 5°C sogar dauerhaft geschädigt. Cucurbitae bleiben ebenfalls stehen und werden sehr viel anfälliger für Wurzelkrankheiten. Da nutzt es auch nichts, wenn tagsüber die Sonne scheint und das Gewächshaus auf 30°C aufheizt. Die Grenze sollte bei 5°C am Boden liegen, wenn die Wettervorhersage also unter 8°C Lufttemperatur nachts vorhersagt wird es am Boden noch kälter und mindestens die Paprika und Auberginen sollten wieder rein.

Ohne Gewächshaus stellt man die Pflanzschalen ins Frühbeet, auf eine sonnige Terrasse in Wandnähe oder lässt sie eben im Zimmer.

Pflanzenlichtlampen?


Im Haus ist es auf dem Fensterbrett hinter unverschatteten Südfenstern hell genug für die Pflänzchen. Hinter bodentiefen Fenstern reicht die Hellzone fast einen Meter weit. Aber das hat nicht jeder und lange Wolkenphasen sorgen auch dort für Lichtmangel. Die Symptome kennt jeder Gärtner: Die Pflanzen vergeilen. Dünne Blätter, helles Grün, starkes Längenwachstum - sie wollen nach oben und suchen das Licht. Besonders schnell passiert das bei den lichthungrigen Tomaten und auch alle Gurkengewächse zeigen schnell Lichtmangelsymptome.

Aufgehängte Pflanzenlichtlampe von oben
In solchen Fällen hilft eine Pflanzenlichtlampe. LED-Lampen sind dafür Standard, der Kauf ist einfach, sie werden massenhaft bei den üblichen Versendern angeboten. Das Problem liegt bei der Qualität und der Leistung. 99% der Ware ist wie in so vielen anderen Produktgruppen nur noch qualitativ billiger chinesischer Müll, der mit platt gelogenen Angaben dem Käufer angedient wird. Am allerschlimmsten sind die Verkäufer bei eBay und Amazon, die mit ihrem Müll zudem jeden seriöseren Anbieter unterbieten und verdrängen. Von aussen sehen die Geräte meist noch ganz gut aus, erlebt habe ich dabei aber schon Ausfälle im ersten Jahr, katastrophal-lebensgefährliche elektrische Konstruktionen, gefälschte Prüfzeichen, herunterbrechende Halter (auf Pflänzchen drauf, die damit kaputt gehen). Gelogen wird grundsätzlich bei Leistung und Lichtstrom, gelogen wird über die Lautstärke eingebauter Ventilatoren, oft sind sie nicht einmal erwähnt. Keine der Lampen mit Ventilator kann im Wohnzimmer betrieben werden, sie sind alle unangenehm laut, egal was versprochen wird. Jeder Cent wird eingespart, so haben diese Lampen meist auch keinen Schalter. Angegeben wird immer eine Wattzahl der LEDs. Verschwiegen wird, dass dies die maximale kurzzeitige theoretische Leistung der LEDs ist. Das ist Schachsinn, man betreibt jede Pflanzenlichtlampe im Langzeitbetrieb und nicht kurze Sekunden, deshalb werden sie in Wirklichkeit nur mit etwa 25% dieser Leistung betrieben, sonst würden sie sofort den Hitzetod sterben. Ein Stromzähler weist das leicht nach. Eine "40 Watt" LED-Pflanzenlichtlampe leistet tatsächlich nur ein Viertel einer LED-Lampe für die Küche, die 40 Watt braucht und auch so beworben wird.

Doch genug der Beschwerden. Sehen wir uns an, was die Lampen mindestens können sollten. Für die Anzucht und Jungpflanzenbeleuchtung sind das folgende Anforderungen:
Leuchte mit LEDs für vier unterschiedliche Wellenlängen
  • Weisses oder blauweisses Licht - Lichttemperatur oberhalb 5000 Kelvin. "Kaltweiss" ist 6500 Kelvin. Lampen mit viel Rotanteilen sind für die Anzucht nicht so gut, aber für Blütenbildung.
  • Eine "4-Band-Lampe". Pflanzen benötigen vor allem Licht mit vier Wellenlängen: Blau mit 440-460nm, Rot mit 630-660nm sowie etwas weniger Licht, das im Ultraviolett- und Infrarotbereich liegt (420nm und 730nm). Die Lampen mit ausgeglichenem Anzuchtpflanzenlicht enthalten in etwa einen Verhältnisanteil von 8x rot, 3x blau, 1x IR und 1x UV - es dürfen auch mehr "blau" sein.
  • Eine Faustregel für die Leistung der LED-Lampe sind echte 50 Watt pro halber Quadratmeter. Hört sich nach nicht viel Fläche an, aber das sind bereits eine Menge Pflanzen, da bringt man 70-80 Pflanztöpfe der 8cm - Standardgrösse unter. Obacht - die Verkäufer erzählen alles möglich über die Leistung. Relevant für diese Leistung ist der Strom, mit dem die LEDs tatsächlich betrieben werden. Wie oben schon erwähnt, verkaufen Versender gerne "300 Watt" Lampen, die tatschlich nur 70 Watt in Licht umsetzen. Der Grund: Siehe oben, die LEDs werden mit weniger Strom betrieben wie für kurze Zeit maximal möglich.
  • Im Wohnzimmer: Kein Ventilator. Lampen, die tatsächlich 50 Watt leisten (gern verkauft als "250 Watt") gibt es noch ohne Ventilator, bei mehr Leistung wird das selten.
Weitere Verkomplizierungen mit Lichtstromangaben kann man sich sparen, ein gutes Wellenlängenspektrum, genügend Leistung und optimale Aufhängung genügen. Aufhängen kann man sie an Vorhangschienen, Fotostativen, Garderobenständern (so mache ich das, ein Billigteil eines bekannten schwedischen Möbelhauses). Beleuchtungsdauer an trüben Tagen ganztägig, also 12 Stunden. Höhe über den Pflanzen so, dass nur die Fläche beleuchtet wird, die die Lampe noch gut ausleuchten kann. Die erwähnten echten 50 Watt-Lampen müssen also so hoch hängen, dass das Licht einen halben Quadratmeter bestrahlt. Das stellt normalerweise kein Problem darf, Pflanzelichtlampen haben alle Reflektoren, die wenig streuen.

Im Gewächshaus ist Zusatzbeleuchtung unnötig. Wenn man es trotzdem tut: Vorsicht, die Lampen müssen dann ausdrücklich für Feuchträume geeignet sein. Die meisten sind das nicht.

Entwicklung bis zum Auspflanzen im Garten


In unserer Gegend kann man ab Ende April ans Auspflanzen denken, Melonen später. Voraussetzung ist eine stabile Großwetterlage ohne kalte Nächte. Schlägt das Wetter im Verlauf des Mais doch noch um, hatten wir die letzten Jahre trotzdem keinen Frost mehr und kaum kalte Nächte. Die Zeiten scheinen bis auf weiteres vorbei zu sein, wo die Eisheiligen als wichtige Auspflanzregel gegolten haben. Auch unerwartete Kälteeinbrüche sind nicht das Ende. Mit Vlies, Folien, Hauben lassen sich kalte Nächte abmildern.

Böen knicken Paprika-Jungpflanze
Den Auspflanzzeitpunkt sollte man nicht von der Pflanzengrösse, sondern vom Wetter abhängig machen. Auch kleine Melonenpflanzen oder Paprikapflänzchen wachsen schnell weiter, Hauptsache sie haben es warm und genug Wasser.

So gefährlich wie Kälte sind auch Starkwindtage. Die Pflanzen sind das nicht gewöhnt, vor allem Cucurbitae knicken leicht. Hausgärten sind da tückisch. Durch die Bebauung wirken sie windarm, aber Böen werden durch die Bebauungslücken kanalisiert und verstärken sich sogar. Gewitter Ende April und Anfang Mai waren früher selten, heute die Regel und sie sind häufig zerstörerisch stark. Nach vielen Verlusten fixiere ich junge Kürbisse/Melonen/Gurken mit Holzstöckchen, das sind Schnittabfälle vom Weinrebenschnitt. Paprika werden von Anfang an an Pflanzstäben festgebunden. Trotzdem brechen sie leicht, wenn sie nicht abgehärtet sind und von starken Windböen angeblasen werden.

Nun kann es losgehen im Freiland. Zur Auspflanzung von Tomaten hier noch einige spezielle Hinweise: https://gartenzone.blogspot.com/2018/03/startschuss-im-frost-fur-die.html