Sonntag, 24. März 2019

Puffbohne, dicke Bohne im Winteranbau - Teil 1

Sie sind selbst bei Nutzgärtnern teilweise in Vergessenheit geraten und es bleibt ein ungelöstes Rätsel, wie es mit diesem Schatz der Vergangenheit so weit kommen konnte. Vielleicht auch wegen der wenig schmeichelhaften Namensgebung? Sie hat viele Namen: Dicke Bohne, Ackerbohne, Puffbohne, Saubohne, Pferdebohne, grosse Bohne. Und eine lange Geschichte: Gegessen wurde sie nachweisbar schon vor 8000 Jahren, später war sie beliebt bis in den hohen Norden, jahrhundertelang durchgehend eine der wichtigsten Hülsenfrüchte, gesund und proteinreich. Sie gehört wie Erbsen zu den Wicken und ist die einzige "Bohne", die aus der alten Welt stammt. Gartenbohnen, Feuerbohnen, Limabohnen sind dagegen ausnahmslos Neuweltarten vom amerikanischen Kontinent. Im Gegensatz zu den Neuweltbohnen ist die Ackerbohne roh nicht giftig. Enthalten sind unter anderem reichlich Vitamin-C, etwa 30% Proteine und essentielle Aminosäuren wie Lysin.
Dichter Bestand von Dicken Bohnen gegen Ende des Blühzeitraums
Es gibt wenig Gartenpflanzen, die so viele nützliche Eigenschaften in sich vereinen wie Puffbohnen.

Vorteile Puffbohnen

Knöllchen an den Wurzeln, in denen Bakterien
leben, die Stickstoffsammler sind.
  • Als Leguminose kann sie ihren Stickstoff selbst sammeln, mäht man rechtzeitig und belässt die Wurzeln im Boden hat das bodenverbessernde Wirkung. Als tiefer Pfahlwurzler benötigt sie auch sonst kaum Düngung, denn sie erschliesst sich benötigte Stoffe gut selbst. Ihr Humusbilanz ist ebenfalls positiv. Sie erhöht die Bodenfruchtbarkeit und Bodengare.
  • Sie blüht schön (es gibt sogar rotblühende Sorten), sie hat guten Zierwert, die Blüten duften wohlriechend.
  • Sie ist eine Bienen- und Insektenweidepflanze mit langer Blühdauer, man kann manchmal sogar Puffbohnenhonig ernten wenn man Ackerbohnenfelder anwandert. Aber nur bei Agrarsorten. Bienen gibt die Schmetterlingsblüte ihren Nektar nämlich nicht leicht her. Besonders Hummeln fliegen Ackerbohnen gerne an, da sie mit dem Öffnungsmechanismus der Blüten gut umgehen können.
  • Sie ist ausserordentlich robust, kann sehr früh im Jahr ausgesät werden und wird ab Ende Juni geerntet. Damit steht das Beet für die nächsten Einsaaten anderer Pflanzen bereit. Ein Beet, zwei bis drei Kulturen.
  • Ihre Kältetoleranz ist ebenfalls ausserordentlich gut, das Laub übersteht -8°C und mehr, in milden Gegenden (so auch bei uns) kann sie schon im Herbst ausgesät werden. Sie keimt noch bis zum Frühwinter und wächst mit den ersten warmen Vorfrühlingstagen wieder weiter. Über den Winter gibt es noch keine Stengelbildung, so dass im Fall drohender Tiefsttemperaturen auch ein Vlies überlegt werden kann. Im Mittelmeerraum wird sie immer über den Winter angebaut und bereits im Frühling geerntet, das Feld dann mit einer anderen Kultur bepflanzt.
  • Sie ist als Zwischenfrucht, Mulchmaterialproduzent, Bodendecker und generell Biomasseproduzent geeignet, dafür gibt es eigene Feldsorten, auch über den deutschen Winter hinweg. Die Biolandwirtschaft nutzt sie dafür gerne und auch als Stickstoff-Fixierer. 
  • Sie wächst auf jedem Boden. Lange war sie auf neuem Marschland (der Rohmarsch) wichtig, denn sie hat auch eine hohe Salztoleranz.
  • Sät man etwas enger, bekommt man dicht geschlossene Bestände, die das Unkraut gut unterdrücken. Ackerbohnen sind zur Unkrautsanierung geeignet.
  • Die jungen Blätter sind ebenfalls essbar.
  • Sie hat das Zeug dazu, auch in Mittel- und sogar Nordeuropa die Produktion von eiweissreichem Tierfutter zu ermöglichen anstatt sich komplett auf Sojabohnenimporte aus abgeholzten Regenwaldflächen zu verlassen. Sojabohnen haben nach Norden hin klimatische Grenzen, die Ackerbohne wächst jedoch noch sehr viel weiter nördlich mit brauchbaren Erträgen. In diesem Bereich findet auch eine intensive Züchtungsarbeit statt mit jährlich neuen Sorten.
  • Der letzte und wichtigste Punkt soll alle kulinarischen Eigenschaften der Bohnenkerne zusammenfassen. Behandelt und verwendet man sie richtig, erhält man erstklassige Spezialitäten, die in der Küche sehr vielseitig verwendbar sind. Die Puffbohne hat nur deshalb einen zweifelhaften Ruf, weil überkommene Verwendungs- und Verarbeitungsmethoden ihren kulinarischen Küchenwert gemindert haben. Früher hat man sie ganz ausreifen lassen und getrocknet, das Ergebnis waren etwas grob schmeckende Sattmacher mit Bohnenkäferzugabe. Das kann man heute weit besser machen. Dazu später mehr.
Der heutige Anbau in Deutschland von Puffbohnen ist mit ca. 300 Hektar gering und immer noch sinkend. Häufiger wird sie in England angebaut, das dortige wintermilde und feuchte Klima erleichtert auch die Herbstaussaat und lässt sie gute Erträge erreichen. Im Mittelmeerraum ist sie nach wie vor noch populärer, bekannte Gerichte wie Falafel oder Ful in Ägypten enthalten als wichtige Zutat Puffbohnen. Dort wird sie generell im Winter angebaut, auch wegen ihres Wasserbedarfs.

Herbstaussaat, Winteranbau


Dicke Bohne Anfang März
Mit Herbstaussaaten habe ich ein paarmal experimentiert. Aber bei den hierzuland oft erhältlichen Standardsorten Hangdown, Witkiem (frühe Weisskeimige), dreifach Weisse oder Osnabrücker Markt ist mir das nie gelungen. In manchen milden Winter könnte es schon klappen, aber man braucht normalerweise spezielle Sorten, die frosthärter sind.
Geklappt es erstmalig mit der Sorte "Priamus", ausgesät in den letzten Oktobertagen. Das ist in manchen Jahren zu spät, für die Keimung werden noch gute Bodentemperaturen benötigt. Sät man sie aber zu früh, werden sie vor den Starkfrösten bereits zu gross, was das Schadensrisiko ebenfalls erhöht. Der beste Zeitpunkt ist also auch ein Lottospiel. Andere Wintersorten, aber mehr für den Acker und weniger für die Küche gedacht sind Arthur, Sultan (Züchtungen aus GB), Diva, Diver, Gladice (Züchter Agri-Obtentions aus Frankreich). Darunter sind gerbstoffhaltige Sorten mit kleinen Bohnenkernen, die weniger Kücheneignung haben. Die robusteste Sorte soll "Husky" sein, Züchter Norddeutsche Pflanzenzucht Hans-Georg Lembke KG. Neu und standfest ist "Augusta". Die Landwirtschaft verwendet gern die absolute Kälterekordhalterin "Hiverna", die aber zu langwüchsig ist und leicht umkippt, jedoch frostfest bis -14°C. Bei all diesen Sorten ist die Bohnenkerne aber nicht das Ziel, es geht um typische landwirtschaftliche Vorteile wie Biomasseproduktion, Stickstofffixierung im Boden, Mulchmaterial etc. Die Vorteile des Winteranbaus im Nutzgarten:
  • Auch als Bodendecker nutzbar - dann eng säen und später auslichten oder Landwirtschaftssorten nehmen. Spätere Laubschäden sind dann egal, man sollte sie bereits Anfang Oktober aussäen.
  • Nutzt die bessere Bodenfeuchtigkeit des Winters - Puffbohnen brauchen viel Wasser. Ein Argument, das in vielen Gegenden Deutschlands immer wichtiger wird.
  • Gelingt besser als in sommertrockenem Klima.
  • Weniger Schädlingsbefall, wenn die Bohnenlaus kommt sind die Pflanzen schon gross und die Bohnen reif.
  • Frühere Ernte, mehr Möglichkeiten für die Fruchtfolge, bessere Flächennutzung. Die immer längeren und intensiveren milden und regnerischen Phasen im mitteleuropäischen Winter verstärken auch dieses Argument.

Das hat sich auch im wesentlichen so im Nutzgarten bei mir bewiesen. Es dauert nach der Saat meisens vier Wochen, bis sich die ersten Blätter durch die Bodenoberfläche schieben, bei optimalem Wetter auch zwei Wochen. Mit vier bis sechs Blättern überwintert die Pflanze optimal. In Warmphasen, spätestens Anfang März sieht man, dass die Pflänzchen wieder zu wachsen beginnen. Weiter geht es wie bei Sommersorten gehabt: Das Höhenwachstum beginnt ab Ende März / Anfang April, Blütenbildung wird sichtbar, die Schoten füllen sich, Erntezeit. Ab Ende Juni geht sie los. Die Sommersorten hängen dabei den Wintersorten zeitlich nur wenig hinterher, trotzdem sind schon kurze gewonnene Zeiträume im Frühsommer entscheidend für die Möglichkeiten der weiteren Fruchtfolge auf dem Beet. Ende Juni machen zehn Tage mehr schon sehr viel aus, in dieser Jahreszeit ist jeder Tag sehr wertvoll.

Anbauerfahrungen


Dicke Bohne Mitte Dezember, oben Vliesreste
Besondere Anbautricks für den Winteranbau gibt es nicht. Ich hab auch mal aus Angst vor zu kalten Nächten ein Vlies auf einige der niedrigen Jungpflanzen aufgelegt. Das Ergebnis war leider sogar negativ. Die höhere Feuchtigkeit unter dem Vlies liess bei einigen Jungpflanzen den Stängel faulen. Frei im Wind wollen sie sein. Der Vliesschutz ist bei sehr kalten Nächten sicher richtig, aber wahrscheinlich wäre es besser gewesen, das Vlies nur kurz aufzuziehen. Die Frage ist, ob man so viel Mühe investieren will. Frostschäden hatte ich mit Priamus bisher sowieso nie, was aber nicht viel heissen will, die letzten Winter waren in der Region alle sehr mild ohne Tiefsttemperaturspitzen.

In Teil 2 geht es um Sommersorten und wichtige Zubereitungsregeln.
Ein weiterer Teil dreht sich um weitere Erfahrungen beim Winteranbau.

8 Kommentare:

  1. Ich hatte in meinem neuen Garten voller Elan über altes Gemüse auch Puffbohnen gesät.Sind auch gut gewachsen und haben auch schön geblüht - aber die schwarzen Bohnenläuse haben mir den Spass verleidet und ich habe den Anbau eingestellt.

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    1. Einfach mit Wasser abspülen. Das 2 mal gemacht und die Bohnen Laus ist Vergangenheit

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  2. Die Läuse sind leider unvermeidlich und wirken optisch bedrohlicher als sie sind, sie senken aber die Erträge kaum. Ich mach mir nicht mal die Mühe, die irgendwie zu bekämpfen. Meistens kommen sehr bald Marienkäfer und Florfliegenlarven, die gründlich unter den Läusen aufräumen. Insgesamt gehören Puffbohnen zu den robustesten Kulturen im Garten. Einfach noch mal probieren und den Läusen cool zusehen.

    Die Herbstsaaten blühen gerade, Läuse sind noch nicht zu sehen. Beim Winteranbau ist der Vorsprung der Pflanzen grösser.

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  3. Ja ich weiß... und Marienkäfer und Co. habe ich hier reichlich. Aber obwohl ich nicht empfindlich bin, ließen doch diese Samenhülsen voller dicker schwarzer Läuse bei mir nicht recht Appetit aufkommen. Aber ausprobieren sollte man es auf jeden Fall, denn woanders und bei jemand anders kann es ja besser laufen...

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  4. Das mit den Bohnenläusen ist immer eine Herausforderung. Die sind selber nicht das Problem, sondern als Überträger der Schokofleckenkrankheit bei mir gefürchtet. Bekommen die Blätter diese Folgekrankheit der Läuse, dann gehen sie in Rekordzeit ein. Was gegen die Läuse hilft: 1.) So früh wie möglich raus, damit die Puffbohnen schneller sind. 2.) So feucht wie möglich halten und Gießwasser über die Bohnen schütten (hilft gegen trockene heiße Aprilwinde, die schwächen Puffbohnen sonst). 3.) Ameisen mit Spezikraut vertreiben, weil die die Läuse kultivieren. Dann klappt es bei mir und der Aufwand lohnt sich einfach!

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  5. Danke für den Beitrag und vor allem den Hinweis mit dem Vlies. Intuitiv will man ja die Pflänzchen schützen :]
    Nun wollte ich dieses Jahr einen Versuch wagen bin aber bereits an der Samenbeschaffung gescheitert. Überall scheint die Dicke Bohne Priamus ausverkauft zu sein :(

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  6. Leider scheint es im deutschen Handel auch keine anderen Wintersorten zu geben. In England, einem echten "broad bean" - Land sieht es anders aus. Die haben auch Wintersorten wie "Wizard" oder "Grano Violetto". "Aquadulce Claudia" geht auch in England, aber für deutsche Winter ist sie zu wenig hart. Auch andere Sorten sind in Deutschland gerade teilweise schwerer zu bekommen. Es gibt noch mehr Wintersorten, aber die sind für die Landwirtschaft. Kleine, gerbstoffhaltige Kerne.

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  7. Vielen Dank für den tollen Beitrag. Man findet zu dem Thema in Deutschland leider wenig, deswegen habe ich jetzt schon die Aquadulce Claudia gesetzt, der es wohl zu kalt wird. Falls sie es nicht überlebt kann ich ja im Februar nachsäen, und nächsten Herbst mal die Priamus probieren.
    Daher vielen Dank für die Info!

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