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Dienstag, 22. März 2022

Das Tomatenjahr beginnt - bitte ohne Braunfäule

Braunfäule Phytophthora infestans, erster Blattbefall

Alle Jahre wieder: Jungpflanzenanzucht von Tomaten ist ab Mitte März wieder angesagt, nach den Paprika, vor den Gurken, Melonen, Kürbissen. Nach der Braunfäulekatastrophe letztes Jahr werden vermutlich einige Nutzgärtner dieses Jahr einen stärkeren Drang zu anderen Anbautechniken und einem robusteren Sortenspektrum verspüren. 

Die Tomatenseuche

Eigentlich ist die Braunfäulekatastrophe schon 40 Jahre älter. Bis Anfang der 1980er Jahre gab es damit wenig Probleme im Tomatenanbau. Der verursachende Braunfäulepilz Phytophthora infestans ist zwar seit 1845 nach Europa eingeschleppt worden, verursachte die bekannte Hungersnot in Irland weil auch Kartoffeln befallen werden, aber die damals und danach noch einmal eingeschleppten Stämme waren nur zu nichtsexueller Vermehrung fähig und es konnten bald resistente Sorten gezüchtet werden. Danach passierte, wovor Biologen dringend gewarnt hatten: Eine zur sexuellen Vermehrung fähige Variante wurde aus Amerika um 1980 nach Europa eingeschleppt. Sie kann sich ständig genetisch verändern und rekombinieren. Seither ist Feuer unterm Tomatendach und hat einigen Nutzgärtnern Freilandtomaten regelrecht ausgetrieben. Faulende Früchte, sterbende Pflanzen im Sommer, das macht keinen Spass. Bis vor zehn Jahren waren alle Sorten stark anfällig, ganz langsam gelang es, ein paar wenige robustere Sorten zu züchten - erst einmal nicht in Europa.

...dann an Stengeln

Freilandtomaten sind auch in privaten Gärten eine Seltenheit, denn der Pilz benötigt Luftfeuchte, Wasser, um sich zu vermehren. Die meisten Leute bauen sie deshalb unter Folie an, unter Dachüberständen im Topf, im Gewächshaus. Das ist speziell bei Tomaten ausgesprochen schade, denn nur im Freiland entwickeln sich auch kräftige Aromen. Foliendächer filtern UV-B Strahlung der Sonne, die für die Aromabildung wichtig ist. Hinzu kommt manchmal erheblicher Aufwand für die Dachkonstruktionen und der traurige optische Eindruck einer Hüttenlandschaft im Garten. Man kann zwar von seinen Foliendachtomaten schwärmen und besser als Supermarktware sind sie meist auch, aber man sollte dann auch einmal den direkten Vergleich mit einer voll besonnten Freilandpflanze gleicher Sorte machen, das öffnet die Augen und die Geschmacksknospen. Zudem sind die Zeiten grosser Tomatenbeete vorbei, man quetscht sie nun unter ein begrenztes Tomatendach. Das Tomatenjahr im Freiland ist ansonsten kurz geworden, ab Mitte Juli droht Totalausfall durch Braunfäule, meist ist es Mitte August so weit, wenn die Nächte kühler und taufeuchter werden.

Noch eine Seuche: Alternaria

Alternaria an Tomatenblättern

Die Jahre vor 2021 gab es aufgrund sehr trockener Jahre drei Jahre lang weniger Braunfäule, dafür mehr Alternariabefall. Diese Krankheit kann man am Anfang nicht immer von Braunfäule auseinanderhalten. Alternaria kommt früher im Jahr, schon bevor sich Braunfäule breitmacht, die braunen Blattnekrosen sind oft gezont und haben im Gegensatz zu Braunfäule immer einen gelben Hof. Alternaria ist zum Glück selten ein kompletter Spielverderber. Braunfäule verbreitet sich hingegen rasend schnell, zerstört auch die Stengel und Früchte, die ganze Pflanze ist hin.

Hausmittel, Stärkungsbrühen haben sich in Versuchen gegen Braunfäule als nutzlos erwiesen. Pflanzenschutzmittel, Fungizide existieren leidlich, sollen aber hier nicht Thema sein. Nutzgärtner greifen sowieso nur höchst ungern oder gar nicht zu solchen Mittel. Am liebsten mogeln wir uns an den Krankheiten vorbei, durch gute Anbaubedingungen, Hilfsmittel wie die genannten Foliendächer und resistente Sorten, sofern vorhanden und qualitativ brauchbar.

Züchtung resistenter Sorten

Endphase Braunfäule

Solche Sorten existieren mittlerweile, aber der Weg dorthin war sehr lang, die Züchtung begann in den USA schon 1940 und es gibt noch Vieles zu verbessern. Einen sehr grossen Schritt erreichte Dr. Randy Gardner (der heisst wirklich so) von der North Carolina State University, er stellte im Jahr 2010 mehrere klassisch gezüchtete Tomatensorten mit erstmals multigenetisch verankerter Resistenz vor. Er nutzte dafür sehr kleinfrüchtige, Wildtomaten nahestehende Resistenzträger. Ergebnissorten aus dieser Züchtung waren unter anderem Defiant, Iron Lady, Jasper, Mountain Magic, Mountain Merit und noch ein paar mehr. Leider alles F1-Hybriden. Das löste Hoffnungen und Aktivitäten anderer Leute aus, so dass heute noch ein paar mehr Sorten verfügbar geworden sind. Kräftig beworben wird "Primabella", "Rondobella", verfügbar sind "Buffalosun", "Consuelo", "Honey Moon", "Crimson Crush". Weitere Sorten nennen sich zwar Resistent, haben aber nur einfache Resistenzen, die nicht lange halten. Beispiele: Philovita (Züchtung von De Ruiter Seeds, eine Marke von Bayer-Monsanto), Fantasio. Von denen halte ich nicht viel, die Samen sind so teuer wie wirklich resistente Sorten, Braunfäulebefall findet nur leicht verzögert statt.

"Defiant" habe ich im Anbau, seit die ersten Samen nach Europa gekommen sind und seither noch viele resistente Sorten mehr. Diese Sorten sorgten vor allem letztes Jahr dafür, dass ich Tomaten bis in den Herbst ernten konnte, während Nachbarn und Bekannte in ungünstigen Jahren pünktlich zur Haupterntezeit ab Ende Juli alles abräumen mussten - Totalschaden. Auch meine klassischen Sorten gingen über den Jordan, auch danebenstehende resistente Neuzüchtungen bekamen mit der Zeit ein paar Symptome, das blieb aber fast immer begrenzt, sie lebten, fruchteten ungerührt weiter. Und mehr noch: Seither gelingt es sogar wieder, Tomaten extensiv im Freiland anzubauen, ohne Dach. Speziell "Defiant" ist teilweise determinant und wird nicht besonders hoch. Man kann diese Sorten ohne grosse Pflege in einem Aussengarten setzen, einmal am Spiralstab festmachen und dann mit wenig Aufsicht wachsen lassen. Das ist ideal, wenn man viel Tomatensugo und getrocknete Tomaten für den Winter haltbar machen will. Einmal die Woche hingehen und schwungweise ernten, kochen, passieren, abfüllen.

Nun mal einige meiner eigenen Sortenerfahrungen mit diesen neuen Sorten hier im Freilandanbau:

Defiant

Tomate Definant abgeerntet, Ende August
im Braunfäulejahr 2021 - kaum Befall.

Darüber steht schon einiges weiter oben. Es ist die Sorte, zu der ich immer wieder zurückgekommen bin. Wuchs problemlos, wird im Freiland 100 bis 150cm hoch, im Gewächshaus auch höher. Ideal für extensiven Anbau. Fruchtet und reift früh und reichlich und dann bis zum Frost, so ganz echt determinant ist sie glücklicherweise dann doch nicht. Dankbare Sorte mit guten Erträgen. Pflanze wird bei guten Infektionsbedingungen nur punktuell von Braunfäule befallen, wächst weiter, fruchtet weiter. Tomaten etwas uneinheitlich in der Grösse, die Meisten haben typische 70-100g mit viel Fruchtfleisch, im Stil wie eine kleine Fleischtomate. Ihr Aroma ist wirklich gut, voller Tomatengeschmack, volle Farbe, schöne Konsistenz. Nicht platzempfindlich. Für alle Verwendungen, besonders Sugo. Nachteile hat sie auch: Eine stark erhöhte Anfälligkeit für Blütenendfäule, vor allem bei heissem Wetter. Calcium verbessert diese Mangelerscheinung. Ich habe das einfach in Kauf genommen, schwarze Stellen abgeschnitten und die Frucht weiter zu Sosse verkocht.

Honey Moon

Riesiger Nabel

Fleischtomate. Wuchs bis 180cm. Reife etwas spät, Erträge unterer Durchschnitt. Tomaten >200g, gleichmässig, hat einen leicht himbeerartigen Farbton, aber nicht richtig Pinkrosa. Auf Fotos sieht man das oft nicht richtig. Haut ist ziemlich hart. Die Früchte haben einen charakteristischen grossen Nabel, sie lösen etwas schwer vom Stengel, auch wenn sie reif sind. Man sollte sie wirklich ganz ausreifen lassen, dann erreichen sie erst ihre Güte. Aroma ist gut, tomatig, mit Säure und Schmelz. Platzt nicht. Blütenendfäule kommt vor, wie auch bei den meisten anderen Sorten von Gardner. Ich vermute, der Resistenzträger brachte das in die Zuchtlinien.

Tomate Honey Moon Schnittbild
Tomate Honey Moon Strauch

 


Cocktail Crush

Tomate Cocktail Crush

Die meisten braunfäulefeste Sorten sind eher klein, es gibt überdurchschnittliche viele "Naschtomaten" oder Kirschtomaten, Cocktailtomaten. "Cocktail Crush" ist auch sowas, Früchte um 50g. Grosse Pflanze, wächst in die Höhe, Erträge durchschnittlich, mittelfrühe Sorte. Braunfäulefest, auch keine Alternaria gesehen. Aroma durchschnittlich. Nach zwei Jahren habe ich sie aussortiert, denn sie hat einen gravierenden Nachteil: Sie platzt bei mir zuverlässig am Stock nach Regen. Was soll ich mit einer Tomate, die nach Regen platzt, wo doch der Hauptvorteil einer braunfäuleresistenten Sorte der Freilandanbau ohne Folie ist?

Mountain Merit

Ähnelt in Allem der Sorte "Defiant", konnte sie teilweise nicht gut unterscheiden. Früchte tendentiell etwas grösser, Pflanze auch, Erträge gleichhoch, Blütenendfäule nicht besser. Früchte etwas weicher. Ersatz für "Defiant", falls man die nicht bekommt. Vorsicht: Eine andere braunfäulefese Sorte heisst "Mountain Magic", nicht verwechseln. "Mountain Magic" hat kleinere Früchte, nur max. 60 Gramm schwer. Auch sehr gut, aber aber eben nur eine Cocktailtomate.

Iron Lady

Noch ein naher "Defiant" Verwandter.  Diese Dreiergruppe zeigt wenig Unterschiede. Sie wirken alle wie kleine Fleischtomaten, recht gut im Aroma, hinreichend gut braunfäulefest. In dieser Gruppe kann man nichts falsch machen, wenn man mit Blütenendfäule klar kommt.

Consuelo 

Eine Kirschtomate. Wuchs über 180cm, geht in die Länge. Aroma durchschnittlich, platzt nicht, keine Blütenendfäule, die bei Kirschtomaten sowieso selten vorkommt. Erträge etwas schwach. Wenn schon Kirschtomate, dann wenigstens viele der kleinen Früchte. Erwies sich als nicht ganz so braunfäulefest wie die anderen Sorten, unter starkem Befallsdruck wird sie schliesslich deutlicher krank. Damit fraglich, denn an braunfäulefesten Kirschtomaten herrscht sowieso kein Mangel. Als "robust" kann man sie aber definitiv ezeichnen.

Weitere Sorten

Daneben schwirren noch einige Sorten herum, die oben schon genannt wurden, sie werden auch als recht braunfäulefest gepriesen, Sunviva etwa. In Feldversuchen hat sich das aber nicht bestätigt, diverse Nachteile hat sie auch noch, etwa sehr platzanfällig. Jahrelang geisterte ferner "De Berao" durch die endlosen Abschreiberartikel, die Sorte ist allerdings sogar stark anfällig und taugt geschmacklich wirklich nichts. Einige andere Sorten sind aber durchaus tauglich, meine Erfahrungen sind jedoch noch nicht langjährig genug, um da belastbare Aussagen zu machen. Wer probieren will: Primabella (gleicher Züchter wie Sunviva, Dr. Bernd Horneburg / Göttingen) und Rondobella, Resibella, Vivagrande; Rubylicious (Kirschtomate), Buffalosun (gelbe Fleischtomate, USA) und Gourmansun (gelbrote Ochsenherztomate), Paoline und weitere. So oder so: Endlich Sorten, die man im Freiland ausprobieren kann!

Woher bekommt man diese Sorten?

Einzelne Sorten haben den Weg ins Standardsortiment grosser Endkundensamenverkäufer gefunden. Bezugsquellen: Iron Lady gibt es bei Pötschke, Honey Moon hat Sperli im Programm, Rondobella und Andere gibts von Culinaris im Samenhaus. Kiepenkerl hat Primabella. Bobby Seeds hat mehrere Sorten. Mit diesen Stichworten und Sortennamen findet man genügend Händler oder auch Grosshänder wie beringmeier.de. Ich bin ziemlich sicher, dass solche Sorten in wenigen Jahren auch bei Nutzgärtnern einen festen Platz im Anbau haben. Bei mir haben sie das schon länger. Das ist so erfolgreich, dass Manche vermuten, ich würde nachts mit einem bösen Spritzmittel heimlich Tomatenpflanzen behandeln, anders könne man ja keine Freilandtomaten wachsen lassen. Ein Nachbar baut riesige Dachkonstruktionen, ein Anderer geht auf frühe Freilandernten, bevor er seine befallenen Stöcke leider abräumen muss. Mein Hinweis auf die neuen Sorten verhallte (noch?), Phytophthora infestans und Folien-, Balkenverkäufer freut es.

Sonntag, 26. September 2021

Fehlschläge des Jahres

Seine dicksten Melonen, die buntesten Tomaten, die längsten Bohnen, sein trickreich gezogenes exotisches Obst, das stellt jeder Gartenfreund gerne vor. Zu den Fehlschlägen und Reinfällen hält man sich gerne deutlich bedeckter, obwohl so mancher Nutzgärtner Jahr für Jahr mehr Fehlschläge wie Erfolge erlebt. Aber da muss man durch: Was waren die grössten Reinfälle dieses Jahr? Hier meine Jammerliste:

 

Lügende Rüben: Teltower Rübchen gefälscht

Richtiges Bild, falsches Gemüse

Ich hätte es wissen müssen, schon die Beschreibung war nicht ganz koscher. Das Bild auf dem Samentütchen zeigte aber ganz eindeutig Teltower Rübchen. Die Rückseite der Tütchens beschrieb allerdings den Anbau von Gurken. Leider war der Inhalt auch Gurke. Das stellte sich dann heraus, als ich mein Lieblings-Wurzelgemüse "Teltower Rübchen" auch dieses Jahr im August auf extra grossem Beet ausgesät hatte. Die Pflanzen wuchsen kräftig, grosse Freude. Bis ich merkte, was unten dran war: Gewöhnliche rundovale weisse Mairüben. Die sind geschmacklich was völlig anderes, auch viel schlechter haltbar und hätten mit mehr Abstand gesät gehört, diese Sorten sind zudem weit billiger. Keine Teltower Rübchen für mich dieses Jahr, das ist bitter. Für eine erneute Einsaat war es zu spät. Und sowas wird in Raiffeisenmärkten verkauft... liebe Firma Dürr: Nie wieder. Traurig ist auch, dass selbst in Saatgutfirmen die Kompetenz von Gemüse und Gemüsesorten so weit abgesoffen ist, dass es offenbar nicht mehr auffällt. 

Gurken? In der Tat.

 

Tomaten: Das Ende der schönen Tomatenzeit

Tomaten, nix wars. Braunfäule, das wars.

Die letzten Jahre waren ausnahmslos trocken und heiss. So viele Nachteile das hatte, ein Vorteil davon war: Plötzlich gelang jede Tomatensorte. Tomatenanbau für Dummies im Freiland, alles klappte. Man gewöhnte sich sehr schnell daran. Dieses Jahr kam der Rücksturz in alte Zeiten, viel Blattfeuchte sorgte in unserer Region für den kompletten Zusammenbruch der Freiland-Tomatenkulturen bereits Mitte Juli. Flächendeckend. Königin Braunfäule regierte wie eh und je und frass sich durch Früchte wie Pflanzen. Wie gut hatten wir diese früher häufige Entwicklung verdrängt, wie bitter war der Zusammenbruch nun. Ein böses Erwachen. Die letzten Jahre hatten wir wenig anfällige Sorten nicht mehr ernst genommen, es klappte auch so. Behandlungsmittel gegen Braunfäule haben wir ignoriert, braucht man nicht. Wer sich dieses Jahr  angesichts mühevoll gezogener und dann abgefaulter Pflanzen des Pflanzenschutzes erinnerte, stellte obendrein fest, dass eine wichtige Mittelgruppe nicht mehr verfügbar und nicht mehr zugelassen war.

So ähnlich lief es übrigens auch beim Wein: Totalschaden durch Echten und falschen Mehltau nach vielen Jahren, in denen auch empfindliche Sorten was wurden.

 

Feigen: Es klappt einfach nicht

Raupe, Gespinst, Kot, Löcher in Feige

Feigen sind Mode, viele Leute glauben "Klimawandel = Jetzt kann man Feigen pflanzen". Discounter verkaufen Jungpflanzen, in Foren hat man manchmal den Eindruck, es gäbe kein anderes Obst mehr, so viel wird drüber diskutiert.

Die Praxis ist weit ernüchternder, jedenfalls an vielen Orten. Feigenbäume wachsen zwar tendentiell besser als früher und schaffen es auch öfter, etwas Grösse zu erreichen, aber ausserhalb geschützter Zonen wie Kübel, direkt an Hauswand, in Innenhöfen, grossen Städten, Gunstlagen sind die Erfahrungen mit reifen Früchten anhaltend frustrierend. Obendrein hat sich in ganz Deutschland auch noch ein Schädling verbreitet, der Feigenspreizflügelfalter. Dessen Raupen fressen sich fast den ganze Sommer durch die Feigenblätter und legen Gespinste an. Keine Früchte, dafür ein Extraschädling, das frustriert.

Was passiert? Sie setzen gut an, stehen durch die warmen Winter schnell im Saft und dann beenden die üblichen Frostnächte zu den üblichen Terminen Ende April die Ernte gründlich. Feigen tragen zwar theoretisch mehrmals im Jahr, aber die erneut im Sommer angesetzten Früchte werden so wie früher grösstenteils nicht mehr reif. Ein paar Leute mit Gunstlagen und Kübelkultur schreiben aber endlos in Foren inclusive beeindruckender Bilder, so dass der Eindruck entsteht, nun ginge überall was. Tut es nicht. Auch dieses Jahr sind meine 2,5m - Feigen voller schöner Früchte. Und auch dieses Jahr wird es nur ein paar Probierfrüchte im Oktober geben, der Rest krepiert und mumifiziert im Winter, weil er nicht reif wird. Die Sommerernte starb im Winter und der Rest im April den Frosttod. Letztlich sind es wieder nur raupenzerfressene Platzverschwender gewesen.

 

Frostschäden: Schlimmer denn je

Junge Kirschen nach Frostnacht. Aus.

Baumobst war generell ein Fehlschlag, auch dieses hoffnungsvolle Jahr und leider nicht nur bei Feigen. Das letzte gute Erntejahr ist über fünf Jahre her, aber schon davor wurden die Ausfälle zur Regel. Danach kam ein Jahr mit Jahrhundertfrost, zwei Jahre mit Jahrtausendtrockenheit und faulenden Trockenfrüchten am Baum, dann nochmal Frost. Mittlerweile ist es amtlich: Alle Winter wurden ausnahmslos wärmer, der Austrieb begann früher, frühere Blüte - und Frostnächste pflügen sich unverändert wie eh und je im April und oft auch Mai durch Blüten und Jungfrüchte. Damit sind zerstörende Frostschäden nicht mehr Ausnahme, sondern Norm geworden. Bestes Beispiel sind Kiwis: Die sind dreimal abgefroren. Austrieb, Frost, Austrieb, Frost, Austrieb, Frost. Die kommerzielle Kiwiplantage in der Gegend hier hat so massiv und dauerhaft frostschutzberegnen müssen, dass danach das Wasser tagelang in der Anlage stand, das sah aus wie ein neuer grosser See. Die entstandene Staunässe schädigte schliesslich auch die Wurzeln.

Und so endete viel Arbeit, Pflege und Mühe auch 2021 wie so viele vorigen Jahre schon im April: Steinobst 95% Schaden, auch die sehr robusten Sorten. Nur eine Handvoll Pfirsiche, Zwetschgen, Mirabellen, Kirschen, Renekloden. Keine Mandeln und Aprikosen, daran haben wir uns aber schon als Dauerzustand gewöhnt. Birnen Ausfall bis sehr schwach, Äpfel Totalschaden an frühblühenden Sorten, spätblühende Sorten mit besserem Ansatz. Wenigstens das, sonst wäre es wieder einmal ein Komplettausfalljahr geworden.

Dienstag, 20. März 2018

Startschuss im Frost für die heissgeliebten Tomaten


Wann ist es wieder so weit?
Tomaten sind der Hit bei allen Nutz- und Hobbygärtnern. Sie wurden zwar erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts stärker populär in Deutschland, seitdem sind sie aber zum Gemüse Nr. 1 aufgestiegen, im privaten Gartenbau und auch im Verbrauch. 20 bis 30 Kilo Tomaten isst jeder Bürger pro Jahr. Die Ernte in Deutschland deckt höchstens einstellige Prozentbeträge des Bedarfs, die meisten Tomaten werden importiert. Trotzdem sind Tomaten auch in Deutschland das am häufigsten unter Glas angebaute Gemüse, denn unser Klima ist eigentlich zu schlecht und der Sommer zu kurz für gute Erträge - kommerziellen Anbau im Freiland nördlich der Alpen gibt es praktisch nicht. Diese Liebe zu Tomaten gilt nicht weltweit, in China und Ostasien sind Tomaten nie so recht beliebt geworden, vom nahen Osten bis Südasien blieben sie trotz der sehr gut geeigneten klimatischen Gegebenheiten ebenfalls eine Randerscheinung. China exportiert aber enorme Mengen an verarbeiteten Tomaten, die dann ohne Herkunftsbezeichnung in Produkten wie Ketchup, Dosentomaten oder Sossen auftauchen. Angebaut werden sie dort im kontinentalen Klima des Nordwestens mit trockenheissen Sommern, sie werden bewässert.

Gemüse der Superlative


Balkon-Hängetomaten
Nutzgärtner ohne Tomaten muss man mit der Lupe suchen. Tomaten wollen sie alle. Auch wenn man bei ansonsten gartendesinteressierten Menschen mal Gemüsepflanzen sieht, sind es am häufigsten Tomaten und sei es nur im Eimer auf dem Balkon. Bei Tomaten lassen sich einige Superlativen beobachten:

  • Tomaten sind das Gemüse, für das im Samenhandel und in Tauschbörsen die grösste Vielfalt herrscht. Volle Auswahl, hunderte Sorten!
  • Tomaten sind das Gemüse, für das der lebhafteste Jungpflanzenmarkt existiert. Viele Sorten stehen nicht nur alljährlich im Gartenmarkt. Auch auf Pflanzenmärkten im Frühjahr werden sie verkauft (dort gerne interessante alte Sorten), semiprofessionelle Privatleute bieten ungezählte Jungpflanzen besonderer Sorten an. Wir haben auch so einen sehr engagierten Menschen im Nachbarort Roigheim. Man muss keine eigene Anzucht betreiben, um Tomaten anzubauen.
  • Tomaten sind das Gemüse, für das am meisten Gartenzubehör existiert. Kaufen kann man unter anderem Schutzhauben, Tomatenhäuser mit Dach, Spiralstäbe und andere Rankhilfen, Produkte wie den "Tomaten-Tower", Pflanzbeutel, Giessringe, Sets für Anzucht und Anbau, spezielle Düngemittel für Tomaten und Pflanzenstärkungsmittel.
  • In Gartenforen sind die Tomatenthreads am längsten, dazu kommen ungezählte Bücher für den optimalen Anbau, es gibt Sortenkataloge online, jede Internetseite mit Gartenthemen bespricht auch Tomaten. Wir sind keine Ausnahme :-)

Selbst anziehen


Die eigene Anzucht ist einfach. Sie gelingt auch ohne spezielle Ausrüstung am Fensterbrett. Da ich aber auch "schwierigere" Gemüsearten selbst ziehe, nutze ich Pflanzenlichtlampe und das beheizbare Zimmergewächshaus auch für Tomaten. Vorteil: Die Pflanzen keimen gut, wachsen sehr schnell und bleiben stabil, ich kann mit zwei kleinen Zimmergewächshäusern auf nur zweimal 70 * 20cm Fläche in drei Schichten 110-135 Jungpflanzen verschiedener Arten produzieren - genau unser Bedarf.

Die erste Schicht ab Ende Januar (Habanero, Jalapeno Chilis) und im Laufes des Februars sind Paprikapflanzen, über die hier schon einiges steht und diverse Physalisarten. Im März folgen die Tomaten, im April sind es diverse Cucurbitae: Melonen, Kürbisse, Gurken.

Im Gegensatz zu den anderen genannten Arten sind Tomaten auch mit knapp 20°C für die Keimung zufrieden. Wer also jedes Watt sparen will, kann die Heizung am Zimmergewächshaus diesmal abgeschaltet lassen. Oder besser doch nicht: Das Keimergebnis ist mit mehr Wärme bis 25°C besser. Und das kann auch bares Geld bedeuten, kosten doch Tomatensamen kommerziell interessanter Sorten oder der bräunfäuletoleranten Neuzüchtungen pro Gramm mehr wie gediegenes Silber. 6 Samenkörner für 3,99 EUR, da werden schlechte Keimergebnisse teuer wenn etwas nicht aufgeht.

Ausgesät wird wieder in Torfquelltabletten. Die passen gut in die Anzuchtschalen des Zimmergewächhauses, schimmeln auch bei Nutzungsfehlern erst mit Verzögerung, lassen sich mit der aufgegangenen Pflanze drin leicht und sauber (wir arbeiten bei kaltem Wetter im Wohnzimmer!) in Töpfe verpflanzen und sind auch nicht viel teurer wie andere Methoden, sofern man sie in Grosspackungen kauft.

Sehnsucht nach Licht ist des Lebens Gebot


Sind sie aufgegangen, besteht im Haus die Gefahr, dass sie schnell vergeilen. Sie bilden dann lange Stengel, die leicht abknicken, das Laub bleibt dünn und blass. Die Ursache ist Lichtmangel. Entweder, man kann sie heller stellen oder nutzt eine LED-Pflanzenlichtlampe mit Betonung des Blauspektrums. Blaues Licht sorgt für viel von der Pflanze verwertbare Energie und hemmt gleichzeitig Längenwachstum und Blütenbildung.

Speziell bei Tomaten ist eine mässige Vergeilung aber nicht ganz so schlimm. Die Pflänzchen erhalten bereits im Topf einen kleinen Stützstab und werden später tiefer in den Boden gepflanzt wie sie vorher standen. Das hat Vorteile, die Verwurzelung wird besser weil aus dem eingegrabenen Stengel zusätzliche Wurzeln wachsen.


Welcher Sortenmix?


Allzuleicht lässt man sich von den überschwenglichen Beschreibungen dazu verführen, Sortentypen anzubauen, die man später gar nicht verwenden kann. Mal ein Beispiel für eine sinnvolle Mischung aus insgesamt zehn Pflanzen samt Begründung:
Kirschtomaten. Wohin mit den vielen Minis?
  • 1x Kirschtomate - davon pflanzt man meistens viel zu viele. Kirschtomaten sind Naschtomaten, Dekoration im Salat, sie haben geringe Erntegewichte. Die Quadratmetererträge sind gering, die Verwendungsmöglichkeiten begrenzt. Hat man Übermengen davon und verkocht sie in Sossen, schmecken sie süsser als andere Tomaten, mir sind sie als Sosse meist zu süss.
  • 4x Fleischtomaten - "die" universell verwendbare Tomate. Unverzichtbar für Tomatensalat, auch gut für Sossen sehr gut geeignet, um zum sie füllen - davon kann man nie genug haben. Was zuviel ist, kocht man ein oder trocknet es - zur späteren Zubereitung von halbgetrockneten Tomaten in Öl.
  • 3x Runde Salattomaten - etwas wässriger wie Fleischtomaten, deshalb weniger gut für Sossen. Die Tomaten für den Frischverzehr, rot, geschnitten, mit Mozzarella und Basilikum. Im Anbau am einfachsten, eintriebig gezogen, dicht gepflanzt, einige Sorten können hohe Erträge und frühe Reife haben.
  • 2x Flaschentomaten oder Romatomaten - die Tomaten fürs eingekochte Sugo. Sie sind fleischig ohne viele Kerne und Saft und kommen in eingekochter Form ab November bis Juli als Nudelsosse, in Polenta, auf der Pizza auf den Tisch. Wahlweise mal scharf mit Pepperonis eingekocht, mal flüssiger, mal etwas konzentrierter. Die haltbar gemachte Wintertomate.

Meine Sorten dieses Jahr


Ausgesät wurden dieses Jahr: Gourmandia, OSU Blue, Gigantomo, Defiant, Barry's Crazy Cherry, Orange Queen, Mini, Black Krim, Krasnij Gigant. Dazukaufen werde ich wohl noch Flaschentomatenpflanzen.
Wie man sieht, eine ziemlich fleischtomatenlastige Auswahl. Gourmandia hatte ich schon öfter, eine mässig grosse, in jeder Hinsicht gute Fleischtomate, meine Hauptsorte, leider teure Samen. Zu "Defiant" folgt noch ein eigener Beitrag, hatte ich auch schon mehrmals, wird als verhältnismässig braunfäulefest verkauft, stammt aus den North Carolina Zuchtprogramm von Randolph Gardener. Mini, Black Krim, Krasnij Gigant hatte ich ebenfalls schon, sind nett, davon hervorzuheben ist aber noch "Mini", eine ziemlich platzfeste Kirschtomate, die man einfach mehrtriebig wachsen lässt. Mit der hat man den ganzen Sommer über genügend wirklich gute Kirschtomaten.