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Montag, 28. Dezember 2020

Helianthus strumosus, die Sonnenwurzel

Blüte Helianthus Tuberosus, Topinambur

Ein typisches frisches Gemüse aus dem Nutzgarten im Dezember sind Topinambur, in den USA auch seltsamerweise Jerusalem-Artischocke genannt, obwohl sie dort heimisch ist. Die Pflanze ist ganz langsam aber sicher bekannter geworden, hat aber nie den grossen Durchbruch geschafft. Sie kann auch zum Unkraut werden, ist ein Neophyth der sich in Flusstälern auch leicht von selbst ausbreitet. Auch hier an der Jagst gibt es ein paar Stellen, an den sie ausgewildert zu sehen ist, ihre Konkurrenzkraft ist aber bei weitem nicht so gross wie die des Springkrauts oder gar des Sachalin-Knöterichs, der ein echtes Teufelszeug ist.

Topinabur gehören zur Gattung der Helianthi, der Sonnenblumengewächse. Davon gibt es sage und schreibe 67 Arten, alle stammen ausschliesslich aus Nordamerika. Helianthus tuberosus, wie die Art mit botanischem Namen heisst schmeckt so la la, was einer der Gründe für ihre mehr als mässige Beliebtheit darstellt.

Helianthus strumosus, Knollen?

Nun ist seit ein paar Jahren noch eine Topinamburverwandte in Deutschland auf Internetseiten und bei Pflanzenverkäufern aufgetaucht: Helianthus strumosus, die "Sonnenwurzel". In den USA heisst sie Blassblättrige Waldsonnenblume. Nah verwandt ist die Topinambur, die blasse Sonnenblume (H. decapetalus), Waldsonnenblume (H. divaricatus), die borstige Sonnenblume (H. hirsutus). Angeblich soll die Sonnenwurzel besser schmecken wie Topinambur, glattere Knollen haben. Auf mehreren Internetseiten, auch deutschen wird das als Tatsache verkündet. Das habe ich dieses Jahr ausprobiert, eine Pflanze für nicht gerade wenig Geld gekauft und im Mai gesetzt. Sie wuchs gut. Bei genauerem Hinsehen wurde ich jedoch misstrauisch, das Ding sah sehr nach gewöhnlicher Topinambur aus. Also fing ich an zu recherchieren, las die Bescheibungen von H. Strumosus und kam ziemlich schnell zu einem eindeutigen Ergebnis. Das lautete:

Die Sonnenwurzel gibt es gar nicht. Die Art Helianthus strumosus gibts es natürlich schon, aber sie entwickelt generell überhaupt keine Knollen, nur ganz normale dünne Wurzeln, die für die Ernährung aber untauglich sind. Brauchbar sind sie nur für einen Absud, der gegen Würmer bei Kindern angewendet wird. Was man mir verkauft hat, war in der Tat nur eine Standard-Topinambur und zwar die Sorte "blaue Französische". Tja... man sollte nicht jeder vermeintlichen Neuigkeit nachrennen.

Sehr hohe Pflanzen

Bleiben wir noch etwas bei Topinambur. Obwohl ich sie schon als Kind im Garten meiner Eltern kennengelernt habe, bin ich nie so recht warm geworden mit ihr, habe sie in geringem Unfang aber bis heute angebaut. Das ist der Grund, dass sie auch in der Gartenzone keine grössere Erwähnung fand. Einige ihrer grössten Probleme würden sich aber durch Zucht sicher verbessern lassen:

  • Die sehr unförmigen Knollen mit Sprossknollen, kaum zu reinigen, schwer zu verwerten. Einige Sorten sind da schon recht weit und haben Knollen, die für die Verarbeitung viel besser geeignet sind, Gföhler Rote etwa.
  • Hohe Stengel, die in unseren böigen Lage und den zunehmenden Unwettern im Verlauf des Herbsts fast immer umgerissen werden. Auch da gibt es schon kleiner bleibende Sorten, z.B. Topstar.
  • Normalerweise zerfällt das Fleisch schnell, beim kochen etwas länger fester bleibend wäre enorm hilfreich. "Gute Gelbe" geht in dieser Richtung.
Zubereitung in der Pflanne

Leider gibts keine Sorte, die das kombiniert. So weit ist der Weg dorthin aber nicht. Andere Probleme lassen sich wohl nicht lösen. So wirkt nach längerer Esspause eine gute Potion Topinambur recht drastisch abführend, der Körper gewöhnt sich zwar mit der Zeit an die verantwortlichen Oligosaccharide, aber nach der schlechten ersten Erfahrung haben viele Leute einfach keine Lust mehr auf dieses Gemüse.

Und für mich gilt das Fazit: Reingefallen mit Helianthus strumosus. Misstrauischer sein.

Schön sind sie ja, aber auch kaum zu reinigen

Als Sichtschutz tauglich

Die "blaue französische" Topinambur zeigte sind in keinem Punkt überlegen, die Sorte kann man kaum weiterempfehlen. Der Hauptstengel wurde fast 3m hoch und war recht kräftig. Und an einem Standort im Spätsommer durch Windböen prompt umgerissen, die Knollen waren da noch unterentwickelt. Am anderen Standort habe ich sie an einem Zaun angebunden und ganz ausreifen lassen, erst Ende November nach den Knollen gegraben. 

Die Gesamterntemenge einer Pflanze lag bei unter 3kg und viele Knollen waren kaum verwertbar, weil klein und sehr verwachsen. Für ein mühsam hergestelltes Gericht stand ich ganz schön lange in der Küche und war mit der Reinigung und Zurechtschneiden der Knollen beschäftigt. Das Aroma unterschied sich nicht von anderen Sorten, wenigstens zerfiel sie nicht so schnell und roh sieht sie wegen der Farbe attraktiver aus wie die gelblicheren Sorten. Die Pflanze setzt früh viele Blüten an, sie wäre enger gesetzt auch als Sichtschutzpflanze brauchbar. Ansonsten: Muss nicht sein.

Die Blüten sind attraktiv für Bienen und Wildbienen, viele Pollen, aber wenig Nektar
Stengel ist bei Topinambur stark behaart, bei H. Strumosus jedoch nicht.
"Blaue Französische" hat recht kleine Knollen
November. Laub abgestorben, Pflanze erntereif