Freitag, 30. Oktober 2020

Tafeltraubentest: Solotoi Don

Solotoi Don - aufrechte Ranken

Die letzte reif gewordene Tafeltraubensorte in meiner Sammlung ist "Solotoi Don" und die Letzte, die für dieses Jahr in der Tafeltraubentestserie beschrieben werden soll. Der Name legt es nahe: Wieder eine russische Züchtung. Und zwar erneut einer der viel vielen, vielen Wostorg-Abkömmlinge, die Eltern waren Biruinca aus Moldavien und Wostorg. Gedacht war sie als Spätsorte, die man noch lange in den Herbst hinein essen kann. Die Kurzübersicht der Testwertung:


 

Wuchs und Krankheiten

Gewelltes, dunkelgrünes Laub

Solotoi Don wächst recht charkteristisch. Sie will steil nach oben, geht aufrecht weg. Das ist nicht gerade ein pflegeleichter Wuchs, Wein wird meist an Drähten horizontal geführt, nicht wie eine Pappel einfach nur nach oben. Damit verursacht sie mehr Binde- und Pflegearbeit, weil man sie ständig zur Seite zwingen muss und falsch wachsende Ranken beseitigen. Die Ranken sind auch nicht so schön garniert. Fazit: Schwieriger Wuchs. 

Die Blätter haben ebenso einen besonderen, eigenen Charakter. Sie wirken dick, nicht sehr gross und sind alle irgendwie nach aussen gewellt. Dafür scheint das Laub bis zum Herbst gesund zu sein, vor September waren kaum Krankheitsschäden zu sehen, obwohl die Sorte an einem typischen Mehltauplatz steht. Später bekommen sie dann schnell echten Mehltau, da ist das aber kein echtes Problem mehr.

Die Beeren sind leider nicht gesund. Sie wirken früh fleckig. Diese Kratzer oder Sprenkel sind die Anfänge von echtem Mehltau. Die Flecken verheissen keine lange Erntezeit, sondern frühen Verderb. Zu allem Überfluss verrieseln die Trauben auch noch kräftig, so dass die Trauben sehr locker werden.

Beere Solotoi Don im Frühherbst mit Mehltauschaden


Ertrag und Pflege

Das Ertragsniveau ist mässig. Solotoi Don setzt zwar sehr stark an, muss dann aber kräftig ausgedünnt werden. Die kleinen Blätter assimilieren offenbar nicht so recht, so dass die Erträge eher mässig sind, will man den Stock nicht überlasten. Wenn das passiert, bleiben die Beeren klein und die Reife verzögert sich in den Oktober hinein, es kann auch sein dass man gar nichts mehr erntet.

 

Trauben und Beeren

Die Blüten verrieseln leicht, was zu sehr locker aufgebauten Trauben mit teilweise grossen Beeren führt. Gross werden sie aber nur, wenn man gut ausgedünnt hat und innerhalb der Traube eher am oberen Ende. Die Beeren enthalten im Schnitt zwei Kerne, die leider stören. Am schönsten ist ihr Fruchtfleisch: Homogen und fleischig, fast samtig. Solotoi Don kann man auch lutschen. Die Harmonie wird nur durch die Kerne gestört.

 

Inhaltsstoffe, Aroma und Verwendung

Ab Mitte September werden die Beeren essbar. Sie sind schon früh süss, nicht wegen Reife sondern wegen fehlender Säure. Leider auch so ziemlich aromafrei. Noch nicht einmal etwas Säurespiel erfreut die Zunge, geschmacklich herrscht gepflegte Langweile, allerdings sind auch keine Aromen da, die jemand verprellen können. Der Süsseindruck entspricht lange nicht dem Zuckergehalt, sondern wirkt nur deshalb höher, weil die Säure fehlt, das Refraktometer beweist das. Damit wirken die Beeren gleichzeitig abgebaut, ein Zuckerwasser. Wäre die schöne gleichmässig fleischige Fruchtfleischkonsistenz nicht, müsste man sich wirklich fragen, wieso solche Sorten überhaupt auf den Markt kommen.

Festes, kleines Laub mit roten Blattstielen

Leider ist das der Stil, dem mit ein paar glücklichen Ausnahmen viele der neueren osteuropäischen Sorten folgen. Die kleinteilige Tafeltraubenproduktion für die lokalen Märkten verlangt das wohl. Diese Sorten stammen oft aus denselben Elternlinien, bringen allesamt bei entsprechender Pflege grosse Schautrauben (für hiesige Märkte zu gross), auch auf die Beerengrösse wird grosser Wert gelegt, egal welche Nachteile damit einhergehen. Inhaltlich bleibt es bei möglichst süsser, plumper Langeweile - es sind Blender und Sattmacher ohne innere Werte. Weniger störende Kerne haben dagegen keinen hohen Stellenwert. Blaue Sorten dürfen dort keine Gerbstoffe in der Schale haben. US-Züchter sind da ganz andere Wege gegangen, die auch sehr gut bei kommerziellen Anbauern in Südeuropa ankommen und den Markt abräumen. Beispielhaft ist der Erfolg von Sugrasixteen/Sable von Sunworld mit ihren tropischen und intensiven Aromen, der Kernlosigkeit, der Haltbarkeit, der idealen Trauben- und Beerengrösse.


Hintergrundinformationen zum Standort

Sie wächst auf schwierigem, trockenen Boden nahe an einer Garagenwand. Ein Teil ist unter dem Dachüberstand, ein Teil nicht. Weinbauklima mit Spätfrösten und heissen Sommern, geringe Niederschläge.

Freitag, 16. Oktober 2020

Popkornmais, der auch poppt

Perfekt gepopptes Popkorn aus Mais
diesjähriger Ernte, Sorte Kremgolyo
In unserem Aussengarten beflanzen wir seit Jahren eine wechselnde 20qm - Fläche mit Popkornmais. Mais ist eine günstige extensive Kultur für einen Garten, bei dem man nicht ständig vorbeikommen kann um lange Pflegearbeiten durchzuführen. Pflanzen im Mai, vergessen, wenig tun, dann ernten im Oktober. Unkraut wird ganz gut unterdrückt, je nach dem wie dicht man pflanzt. Geht etwas schief, wird er nicht reif, hat man zu viel, können wir den Mais auch an Hühner verfüttern, verwertet wird er auf jeden Fall.


Sorte und Wachstum

 

Popkornmaispflanzen, knapp erntereif

Die Hauptsorte war "Kremgolyo", das ist eine alte samenfeste Popkornmaissorte ohne Sortenschutz, preisgünstig, robust. Sie reift im Gegensatz zu F1-Hybriden ungleichmässig, auch die Pflanzen fallen unterschiedlich aus. In normalen Jahren kann sie sehr hoch werden, ich hatte schon 3m hohe Pflanzen. Dieses Jahr schaffte sie keine 2m, der knochentrockene Sommer und ein später Start wegen kalter Mainächte verhinderte gutes Wachstum. Einige Kolben reiften auch nicht ganz aus, das kalte und dann extrem trockenheisse Wetter verzögerte das Wachstum. Popkornsorten mit normalen Erträgen reifen ohnehin oft sehr spät. Die Reife erkennt man an den gelben werdenden Hüllblättern der Kolben. Das ist der Zeitpunkt, ab dem auch die Vögel beginnen, die Kolbenhüllblätter von oben her aufzureissen und die Kolben abzuräubern. Frühreifende Sorten gibt es, aber sie haben geringere Erträge, oft sogar nur lächerlich gering. Dann sind nur kleine, einzelne Kolben an kleinen Pflanzen mit sehr kleinen Maiskörnern zu finden.

Popkorn aus dunkler Maissorte

Einige Popkornmaissorten sind bunt. Es gibt Popkornsorten mit grünen, roten, schwarzen, weissen, natürlich gelben und farblich bunt gemischten Körnern an den Kolben. Damit kommt noch eine weitere Verwendung hinzu: Als Ziermais zur Dekoration: https://gartenzone.blogspot.com/2018/11/im-farbenrausch-des-popcornmais.html

 

Warum poppt das Zeug nicht?

 

Geröstet, teilweise aufgeplatzt, aber nicht gepoppt

Doch eine Sache war sehr unberechenbar: Der Mais poppte mal sehr gut, mal gar nicht. Mir war nicht klar, woran es lag, dass ganze Ernten Maiskörner ergaben, die entgegen der Sortenbeschreibungen nicht poppten. Lag es an den Sorten, die nichts taugen? Waren sie zu unreif geerntet, nicht richtig ausgereift? Oder zu reif, zu lange an der Pflanze gelassen? Vielleicht falsch gelagert? Falsches Wetter, an Wetterextremen herrscht ja die letzten Jahre kein Mangel? Doch dieses Jahr kamen einige neue Erkenntnisse dazu, nun ist mir zumindest klar geworden, wann der Popkornmais poppt und wann nicht. Den zu erwartenden Poperfolg sieht man nämlich schon sehr gut, wenn die Körner noch am Kolben stecken.

 

Wann poppt Mais?

 

Opak, unreif - poppt nicht!

Zunächst ein Exkurs zur Frage, warum Popkornmais überhaupt poppt. Maisarten für verschiedene Zwecke gibt es viele, der Popmais gehört zur Varietät Zea mays convar. microsperma. Röstmais (der nur aufplatzt wenn man ihn erhitzt, aber nicht richtig poppt) und Gemüsemais ist Zea mays convar. amylacea, Zuckermais ist sacharata, für Polenta geeigneter Mais ist ein Hartmais, indurata, Mais für die kleinen Babymaiskolben ist microsperma, dann gibt es noch den stärkereichen, gut klebenden Mais für Tortillas, Mais mit speziellen Körnerformen (z.B. convar. dentiformis). Es gibt noch viel mehr Variationen. Popkornmais ist ein Hartmais, der aber trotz glasig hartem Korn einen Kern mit erhöhtem Wassergehalt behält. Werden die Körner erhitzt, verdampft das Wasser im Kern, Druck baut sich auf, weil der Dampf nicht durch den sehr harten äusseren Kornbereich entweichen kann. Wird der Druck schliesslich zu gross, poppt der Mais: Der steigende Dampfdruck im Kern sprengt die Schale schlagartig, dehnt und entspannt das Korn damit. Die Stärke schäumt auf, die Popkornflocke entsteht. Popkorn ist ein Extrudat wie Erdnussflips, aber eines das sich selbst von innen heraus herstellt, während Erdnussflips unter hohem künstlichem Druck durch eine Düse in einen Niederdruckbereich hinein gepresst werden müssen.

 

Hinsehen!

 

Und nun kommts: Ob der Popkormais die wichtigste Voraussetzung hat, die ihn poppen lässt, kann man bei genauem Hinsehen vorher erkennen. Die Körner müssen hart, glasig und grösstenteils durchsichtig erscheinen, dann ist er reif. In der Mitte der Körner muss aber auch eine wolkige, opake (undurchsichtige) Zone zu sehen sein. Das ist der Bereich mit erhöhtem Wassergehalt und den kann man in Form innerer Eintrübungen sehen:

Maiskolben mit Popkornmais im Idealzustand. Körner aussen hart, innnen mit Wasser.

Oberster Kolben gut, die Anderen nicht

Ohne das Wasser im Inneren kein Dampf und kein Druck und kein Pop. Wird der Mais zu lange oder falsch gelagert, können die Körner mit der Zeit ganz austrocknen, dann poppt er immer schlechter. Unreif ist er ganz opak, undurchsichtig. Ist er nicht ganz reif geworden, wird er zwar durchsichtig, aber das Korn beibt zu weich. Eine Nachtrocknung hilft manchmal, manchmal nicht - ausprobieren. Ist er in einem heissen und trockenen Jahr lange an der Pflanze verblieben, poppt er auch nicht, das ist mir wie gesagt schon passiert. Die Körner sehen dann durchgängig glasig aus, ohne oder mit schwachem Wolkenkern. Mitverantwortlich ist dafür Trockenstress beim Wachstum. Es findet eine Notreife statt, er trocknet am Kolben, kein Wasser bleibt im Kern der Körner. Gelbe und andere hellfarbige Maissorten sind für die Pop-Prognose im Vorteil, dort herrscht bessere Sicht auf den Kern, an dunkelfarbigen Sorten kann man den opaken Kern schlecht erkennen.

Früher Kälte- und Trockenstress

Ein Versuch, ganz glasig gewordene Körner zu verjüngen, schlug leider fehl. Ich habe sie in viele Wochen in einem feuchten Raum gelagert, aber ihre Popfähigkeit erhöhte sich nicht wieder. Wenn dieser Mais wieder Wasser aufnimmt, dann offensichtlich nicht im Inneren. Der optimale Zustand mit wasserreichem Kern und hartem Aussenbereich ist wohl kaum wieder herzustellen. Manchmal ist er noch als Röstmais zu verwenden, ansonsten nur noch mühsam mit einem Stahlmahlwerk geschrotet zum Brei kochen. Für Getreidemühlen mit Steinmahlwerk ist er zu hart.

 

Im Garten

 

Gesunde Einzelpflanzen Popkornmais

Noch einige gartenbauliche Tips: Dieselbe Sorte (Kremgolyo) wurde im Hausgarten drei Wochen früher reif und setzt deutlich mehr an, weil ich dort gelegentlich bewässern konnte. Die reifen Maiskörner poppten im heissen Topf mit etwas Öl bereits gleich nach der Ernte zu 100%, kein einziges Korn blieb ungepoppt. Im Aussengarten ohne Zusatzwasser lief alles schlechter, mehr unreif gebliebene Kolben, weniger Ertrag, obwohl dort der Boden besser war. Mais ist zwar generell ziemlich trockenverträglich, aber das hat insbesondere bei Popkornmais Grenzen. Wenn es nicht klappt mit dem Poppen: Zuerst mal die Anbaubedingungen verbessern. Vorkultur ab April zur Ernteverfrühung, auspflanzen im Mai, Wasser geben bei Trockenheit, ganz ausreifen lassen.

Frohes poppen!

Donnerstag, 8. Oktober 2020

Tafeltraubentest: Sorte Straschinski

Straschinski-Beeren können gross werden

An einer trockenwarmen Stelle vor einer Wand habe ich eine Tafeltraube, die eine echte Show sein kann: Die Sorte nennt sich "Straschinski". Sie stammt aus Moldavien. Über ihre Eltern habe ich wenig gefunden. Sie macht aber stark den Eindruck, als wäre ein Elternteil die Sorte Alphonse Lavallée gewesen, der sie in einigen Punkten ziemlich ähnelt. Das ist aber nicht der Fall: Für Straschinski wurde Muskat St. Vallier  mit einem Pollengemisch aus Druschba x Katta Kurgan x Dodrelyabi gekreuzt. Letztere sind Sorten, die in Georgien und weiter östlich vorkommen.

In Deutschland wird Straschinski zwar von einigen Rebenverkäufern angeboten, aber sie ist nicht recht populär geworden, dafür ist die Anbaubreite der Sorte zu gering. Aber bei mir an einer geeigneten Stelle und mit Pflege liefert sie viele grosse, schöne Schautrauben, die ab Mitte September bis Mitte Oktober auch noch gut schmecken und ein paar Wochen lang erntefähig sind. Dafür muss man allerdings etwas tun. Straschinski ist mehr etwas für Liebhaber und vielleicht auch, um Nachbarn zu beeindrucken, weniger für "pflanzen, vergessen und ernten".

Zunächst die Kurzübersicht über ihre Eigenschaften:


Wuchs und Krankheiten

Verrieselt

Im Wuchs steht sie auf mittelstarkem Niveau, sie könnte auf besserem Boden aber auch stark wachsen. Das Wachstum hängt stark vom Fruchtbehang ab, bei viel Behang geht viel Kraft in die Beeren und weniger in Triebe. Neutriebe bleiben etwas dünner. Will man das Wachstum nach der Pflanzung fördern, sollte man in den ersten beiden Fruchtbehangsjahre stark ausdünnen. Trägt sie dann, ist man gut beraten, die Triebe anzubinden, denn die schweren Trauben sorgen vor allem bei böigem Wind für Abstürze. Die jungen Ranken halten nicht viel. Das Holz neigt zum verkahlen, Neutriebe an älteren Ranken werden unwillig gebildet.

Warme, geschützte und gut besonnte Standorte sind wichtig für Straschinski. Aroma und Reife bleiben unterentwickelt, wenn sie die Umgebungseigenschaften nicht hat. Sie bleibt dann gering süss, wirkt saftig aber leer. Auch an heissen Orten zeigt das Laub keine Hitzschäden, die Trauben nur sonnenseitig, wenn sie bereits blau sind und der prallen Sonne ausgesetzt waren. Das ist nicht schlechter wie andere blaue Traubensorten.

Ihre Anfälligkeit auf Krankheiten ist durchgängig mittelmässig. Da sie bei mir teilweise unter dem Dach steht, ist echter Mehltau ein deutlich grösseres Problem wie Peronosphora, so ist das auch bei anderen Sorten in geschützten warmen Lagen. Echter Mehltau ist ein Schönwetter- und Wärmepilz. Straschinski ist aber hinreichend robust, um nur selten Ernteausfall deswegen zu erleiden. Ein Befall findet zwar fast immer statt, aber erst so spät im Jahr dass er nicht mehr schadet. Günstig sind ein bis drei Behandlungen zur Blüte mit Backpulver, besser noch Kaliumbikarbonat. Wespenfrass, Stiellähme, vorzeitige Botrytis, damit gibt es ebenfalls keine überdurchschnittlichen Probleme.

Ein Problem ist -ebenfalls wie bei allen blauen Sorten- der verdammte Kirschessigfliegenimport. Wenigstens werden bevorzugt Beeren im unteren Teil der Traube abgestochen, die sind weicher und meistens sowieso weniger aromatisch. Und durch den lockeren Traubenaufbau sorgt eine schimmelnde Beere auch nicht gleich für verdorbene Trauben.

Vögel lieben die Sorte nicht sehr. Die Beeren sind zu gross und hängen zu fest am Stielgerüst. Kleinbeerige Sorten sind generell mehr vogelfrassgefährdet. Die Frostfestigkeit ist leider unterdurchschnittlich, weit absterbende Zweige normal, von einer Pflanzung in winterkalten Lagen ist abzuraten.

 

Ertrag und Pflege

Oben gut, unten
wegen Überlastung schlecht

Beides hängt bei Straschinski eng zusammen, denn Straschinski setzt ernorm viele Gescheine an und trägt sich zuverlässig zu Tode, wenn man nicht kräftig ausdünnt. Ausdünnen ist damit bei dieser Sorte absolut wesentlich, nicht nur um die Sorte nicht zu überlasten, sondern auch um Trauben in guter Qualität zu bekommen. Zu wenig ausgedünnte Stöcke zeigen folgende Effekte:

  • Die unteren Hälften der Trauben bleibt klein, weich und sauer, verschrumpeln manchmal sogar.
  • Der Zuckergehalt aller Beeren bleibt unterdurchschnittlich, alles schmeckt bestenfalls mässig süss.
  • Die Erntereife verzögert sich, dadurch gelingt die Zuckereinlagerung noch schlechter weil später im Jahr weniger Sonne herrscht.
  • Alle Beeren bleiben weicher. Nur nicht überlastete Pflanzen bringen feste, fleischige und grosse Beeren.
  • Das Aroma bleibt sehr schwach. Der Saft wird wässrig.
  • Die Frostfestigkeit des Holzes im Winter sinkt zusätzlich ab, es gibt mehr Frost- und Absterbeschäden. Grund: Mangelnde Holzreife.

Wie sollte man ausdünnen? Da Straschinski gerne sehr lange Trauben bildet deren untere Beeren ohnehin nachlassen oder stärker verrieseln, kann man schon zur Blütezeit lange Gescheine halbieren, die unter Hälfte abschneiden. Das hat auch den Vorteil, dass das Eintüten mit Organzabeuteln gegen Kirschessigfliege leichter gelingt und man nicht so grosse Beutel benötigt. Hat ein Trieb mehr als zwei Gescheine, sollte man alle Weiteren ganz abschneiden. Wartet man mit der Ausdünnung, bis die Beeren erbsengross sind, kann man aus dieser Grünlese noch Agrest herstellen.

 

Trauben und Beeren

Man sieht sofort, was der Hit bei Straschinski ist: Grosse, dicke Dinger. Ihre gut entwickelten Beeren erreichen 12 Gramm Einzelgewicht. Sie färben früh, benötigen dann aber noch lange bis sie Zucker haben und wirklich reif werden, man darf sich also nicht von der frühen Färbung täuschen lassen. Die grössten Beeren finden sich an kleinen, gut versorgten Trauben. Wer zuviel am Stock gelassen hat oder zu spät ausgedünnt oder zu schlechtes Wetter hatte, bekommt nur kleine, locker gewachsene Beeren. Auch die Trauben können gross werden. Das sieht mitunter prächtig aus, auch als Schautraube ist sie gut geeignet. Wie alle grossen Sorten tendiert sie zu Platzern bei Regen, aber auch bei dieser Eigenschaft hält sich das Problem in Grenzen, wenn man es mit anderen Sorten vergleicht, die so grosse Beeren bringen.

Halbierte Beeren mit Kernen

Reife Beeren ohne Überlastung haben eine gute, fleischige Konsistenz, die zu den Kernen hin weicher wird. Sie wirken dadurch nicht immer homogen im Mund, sondern wie eine breite Rinde mit flüssigem Inhalt. Die Haut ist knackig, ist sie es nicht dann hingen die Beeren zu lange oder der Stock war überlastet. 

Die Bestückung mit Kernen liegt etwas unter dem Durchschnitt. Durch die grossen Beeren wirkt sie zusätzlich kernärmer als sie eigentlich ist, weil das Verhältnis Kern / Beere günstiger ist - der Kerne machen in den grossen Beeren einen geringeren Prozentsatz aus wie das in kleinen Beeren der Fall wäre.

Straschinski an der Wand, ausgedünnt und trotzdem noch viel - und gesund
 

Inhaltsstoffe, Aroma und Verwendung

 
Gut behangene Stöcke an der Überlastungsgrenze bringen Beeren, die ab 60°OE Zuckergehalt schmecken und dann nicht mehr viel an Zucker zulegen. Überlastete Stöcke schaffen auch das nicht, da bleibt es bei 55° und wässrigen Beeren mit Gemüsearoma. Die Aromaeinstufung der Kurzübersicht oben sinkt dann auf 1-2. Bei guter Ausdünnung und mässigem Behang bekommt sie ab Mitte September 70°OE und wird erst dann richtig gut, der Reifebeginn kann sich aber auch noch bis Oktober hinziehen. Viel mehr Zucker erreicht sie aber auch dann nicht, sie hat enge Grenzen. Das Aroma wird in diesem guten Fall beerig, hat etwas von dem Stil der nichtverwandten Alphonse Lavallée. Die Schalen steuern nur wenig Gerbstoffe bei, obwohl sie sehr farbkräftig ist.
 
Diese Farbkraft und die Beerenstruktur machen sie auch zu einer guten Safttraube. Eine Maische lässt sich leicht herstellen und pressen. Sogar ohne Standzeit ergibt sich roter Saft, der angenehm schmeckt und einen nicht mit Süsse zuklebt, wie das bei Traubensäften oft der Fall ist. Wein daraus wäre aber zu schwachbrüstig. Aus Übermengen Saft herzustellen ist die ideale Zweitverwertung bei Straschinkski. Einmaischen, abpressen, sterilisieren, in Flaschen füllen.

Rosinenherstellung habe ich auch probiert, dafür die grossen Beeren entkernt. Das ist aufwendig, zu aufwendig. Das Ergebnis war gut, aber etwas sauerschmeckender wie erhofft. Kernlose, säurearme Sorten sind dafür einfach die erste Wahl.
Getrocknete Beeren von Straschinski. Die blaue Haut dunkelt, sieht fälschlicherweise verbrannt aus.

 

Hintergrundinformationen zum Standort

 
Sie steht bei mir auf der Südseite an einer Hauswand, teilweise Dachüberstand. In schlechtem Boden direkt am Haus, trocken, vermutlich Bauschutt im Untergrund, darum herum kalkiger schwerer Lehm. Milde Winter, aber manchmal harte Temperaturstürze. Früher Austrieb, deshalb immer Spätfrostgefahr. Pflanzenschutzmassnahmen gegen echten Mehltau.