Freitag, 18. Februar 2022

Die lieben Nachbarn

Herausgepflügter Grenzstein
Im engen und sehr stark vernutzten Deutschland ist es für Nutzgärtner heute fast unmöglich, taugliche Hausgärten oder wenigstens nicht zu weit entfernte Aussengärten zu bekommen. Wer nichts Brauchbares erbt, kein grosses Glück hat und nicht auf Goldsäcken sitzt, hat Pech gehabt und kann einen Garten nur in Form von "Farmville"-Spielen auf dem Smartphone beackern oder mit Balkontomaten spielen. Fette Garagen und Stellplätze, überall hingequetschte aufgeblähte und dröge Bürgerpaläste sind viel leichter zu finden wie bepflanzbare Fläche.

Und auch mit einem vorhandenen Garten gibt es unvermeidliche Begleiterscheinungen in Form von Nachbarn, zwischen die man zwangsläufig eingezwängt ist, ihren Koniferen oder anderen Schattenwurfkonstruktionen, den rauchenden Dauergrills, die mückenbrütenden künstlichen Gartenteichsümpfe, im Hitzestau zugepflasterten Bodens und allerlei Hüttenbauwerken. Wir haben immerhin noch das Glück, dass unsere Nachbarn einige Begleiterscheinungen unseres Nutzgartens und Nutztiere akzeptieren, was sonst oft kritisch gesehen wird - die Hühner etwa oder ein Bienenvolk auf dem Grundstück. Das ist alles nicht selbstverständlich und auch wenn es rechtlich erlaubt ist: Der Unfrieden nagt trotzdem, wenn es dann doch wühlt, egal ob berechtigt oder nicht.

In unserem Aussengarten im benachbarten Dorf Möckmühl-Korb geht es jedoch anders zur Sache. Da werden wir permanent genau beglotzt, weil wir nicht daneben wohnen, nicht zum Dorf gehören und wurden auch schon rücksichtslos offen angegriffen. Am Rande des Dorfs gibt es Nachbarn, die neben unserem alten Gartengrundstück richtig Ärger machten. Auch sonst läuft da einiges komisch, hätte ich das gewusst hätte ich auf das Gartengrundstück dort verzichtet - Bekannte warnten mich schon, Korb sei das "Dorf der Bekloppten", was ich als ironische Übertreibung wertete. Und dabei kannte ich sogar schon einige Leute dort, auf die das gut passt. Aufgefallen sind mir dort immer nur überdurchschnittlich viele verkniffenen Gesichter und dass unglaublich genau beobachtet wird, wer was macht, mehr noch wie die dorftypische gegenseitige Kontrolle, aber das wertet man auch erst als Subjektivität, Zufall.

Es sollte schlimmer kommen als nur komische Eindrücke. Wir haben dort wie im Hausgarten auch ein Pferdemistbeet, das mit Vlies abgedeckt wird, dort kommen Kürbisse drauf, ganz klassisch. Der riecht weder frisch noch abgelagert. Selbst wenn es kurzzeitig so wäre (was es nicht war), in einem Dorf mit verbreiteter Vieh- und Tierhaltung aller Art wäre das völlig normal. Aber das in der Nähe permanent herumsitzende und glotzende (was mir völlig egal ist) Rentnernachbarpaar brachte dazu einen überraschenden, heftigen, lauten, giftigen Frontalangriff aus heiterem Himmel, die Pferdeäpfel würden stinken, keine Pferdeäpfel im Garten gefälligst, sie werden sich beschweren bei der Gemeinde, unmöglich. Und so weiter. Hä?

Von da an kam noch viel mehr, über das zu beklagen sich hier nicht lohnt zu berichten. Ignorieren? Sicher. Auch hier: Der Unfrieden nagt trotzdem. Und die gestörten Quengler neigen dazu, ihren eigenen Unfrieden mit erfundenen Geschichten weiter auszubauen, Andere einzubeziehen, so dass sich ungute Stimmung ausbreitet. So passierte es auch. Und wehe! man macht selber tatsächlich einmal irgendeinen einen Fehler, antwortet falsch. Unter strenger Beobachtung wird das zum Super-GAU. Rückkehr aus dem Kriegszustand bis zum Tod ausgeschlossen. Komisch war auch, wie die Leute sich selber benommen haben. Mir sollte das Mistbeet verboten werden, direkt vor meiner Nase pumpte ein Korber Landwirt den Bach trotz ausdrücklichem Wasserentnahmeverbot mit der Motorpumpe leer. Umwelt und Natur sind im ganzen Dorf nur lästiges Zerstörungsfeld.

Doch nicht nur unterbeschäftigte und nervtötende Nachbarbewohner oder aufgeblasene Holzköpfe können einem das Leben schwer machen. Draussen in der Landschaft auf meinen Obstwiesen haben auch die landwirtschaftlichen "Profis" schon für endlos Erlebnisse gesorgt:

  • Einer, Landwirt, hatte einen grossen Mäher, mit dem er die Nachbarwiese meiner Obstwiese mähte. Um sich fünf Meter Umweg zu sparen, fuhr er statt über den Weg einfach quer über mein Grundstück durch meine Baumreihen hindurch. Mit dem bereits laufenden Mäher säbelte er damit meinen schönsten Kirschbaum bodennah samt Verbisschutz ab. Reaktion von ihm: Abhauen und Schweigen.
  • Eine Zwetschgenhecke ausschliesslich auf Fläche meiner anderen Obstwiese wachsend wurde mir vom Weg her mit einem Forstschredder abgefräst. Reaktion vom bekannten Verursacher: Schweigen.
  • Ein Landwirt pflegte sein angrenzendes Zuckerrübenfeld wirklich vorbildlich und hackte besonders gross gewordenes Unkraut aus. Das warf er einfach auf meine Obstwiese, über eine Trockenmauer hinab auf meine Tafeltraubenrebenreihe. Reaktion von ihm: Schweigen.
  • Einer mähte mit schweren Gerät einen angrenzenden Grasweg. Offenbar besoffen oder am Handy spielend, denn er machte auf schnurgerader Strecke eine Kurve und fräste in meinen Heckenhang und über eine von mir angelegte Treppe aus Feldsteinen hinein, die damit zerstört wurde. Reaktion von ihm: Abhauen, schweigen.
  • In der Nähe sein reicht: Irgendwelche Erbinnen lassen ihre geerbte Obstwiese vergammeln, Meine liegt daneben. Verpachten oder nutzen lassen oder gar verkaufen wollen die Damen natürlich nicht, lieber alles trotz Mäh- und Pflegepflicht verrotten lassen. Irgendwann fällt dort ein seit Jahren toter Baum um und beschädigt den Zaun eines benachbarten Pferdehofs. Als ich bei mir Baumschnitt mache, sieht das die Pferdehofdame, kommt vorbei und macht mich ohne Punkt und Komma zur Sau, was das solle, der Baum der ihre Koppel beschädigt. Ich komme gar nicht zu Wort. Als ich es komme, sage ich ihr gesittet, dass ich mit dem Nachbargrundstück nichts zu tun habe, sie wende sich bitte an die Besitzer. Reaktion von ihr: Schweigen mit offenem Mund. Sie dreht sich um und geht einfach. Sind keine Dritten in der Nähe, werden viele Leute enthemmt und drehen leicht durch.
  • Letzte Woche: Unser entfernt liegender Acker, Erbstück, verpachtet gegen Centbeträge, weit unter landesüblicher Pacht. Ein Ende der Fläche ist nicht als Acker genutzt, sondern als eine 200qm kleine Obstwiese. Vier Bäume, teilweise alt und nicht mehr gesund. Ich pflanze neue Apfelbäume, schütze sie mit Pfahl und Draht. Landwirt mäht sie einfach um. "Ist halt passiert". Letzter und ältester Baum wird morsch, ich will ihn absägen. Baum stürzt Ende Februar im Sturm um. Landwirt fährt mit Traktor sofort in derselben Woche hin, klaut den Stamm, das Geäst lässt er liegen. Ich bekomme nicht mal mehr das Brennholz. Reaktion von ihm: Schweigen. Diese Landwirte sind im Boom-Landkreis meistens mehrfache Millionäre, Geld vom Baulandverkauf macht sie dazu, während sie sich gegen die eigenen Verpächter wie die allerletzten kriminellen Bescheisser benehmen und in ihrer Arroganz auch noch glauben, das würde keiner merken. Bezahlt werden sie auch mit Agrarsubventionen, auch für Pachtland, wer mal nachsehen will für was seine Landwirtsnachbarn Geld bekommen kann dies in einer Datenbank tun, einfach die Gemeinde eingeben in der die Leute sind: https://agrar-fischerei-zahlungen.de/Suche . Übrigens hat man sich hierzulande strikt geweigert, diese Zahlungen gemäss EU-Vorschrift offen zu legen, das musste erst gerichtlich erzwungen werden. Proteste vom klimatisierten 300000 - Euro Traktor herunter wirken auch etwas seltsam.

Und Nein, Landwirte sind selbstverständlich nicht alle so, es gibt wie in fast jedem Beruf (ausser Juristen, würden Viele sagen) auch viele ausgesprochen ehrbare, hochintelligente, sachkundige, offene Menschen, mit denen von vornherein selten Probleme entstehen. Ich kenne Einige, wenn auch eher seltener vom Typ "Landwirt aus Passion und Willen" und mehr "Landwirt weil Land geerbt". Von denen ist aber hier nicht die Rede. Leider gibts auch mehr als genug der "anderen Sorte" oder reine Opportunisten: Lächeln, wo es was bringt; zuschlagen wo es was bringt. Und man kann sich niemand als Nachbarn aussuchen.

Was tun?

Was ist zu tun, wie geht man mit solchen Dingen um? Aus langer Obstwiesen- und Nutzgartenerfahrung kann ich dazu sagen:

  • Es gibt keinen Ort im engen Deutschland, der sicher vor übergriffigen oder irren Nachbarn ist. Ein Garten ist immobil, man kann nicht mit ihm umziehen wenn einem die Nachbarn nicht passen und wenn man selber umzieht, ist das Risiko woanders genauso hoch. Fazit: Keine Flucht, keine Suche nach besseren Orten machen, sondern das Risiko irrer und toxischer Nachbarn muss zunächst einmal als unvermeidliches Faktum gesehen werden. Freuen, wenn es nicht so kommt, sich klar machen dass es so kommen kann.
  • Mit Landwirten zu sprechen, die Mist bauen ist meistens ergebnislos oder, schlimmer noch, ruft Trotz und noch mehr Ärger hervor. Man wird als Hobbyist mit Obst-Hanggrundstück ohnehin nicht anerkannt, sondern lächerlich gemacht und grinsend mit völlig erlogenen Märchenerzählungen für dumm verkauft. Rechtliche Schritte bei Übergriffen kann man sich sparen. Man müsste Gerät und Person in flagranti beweisbar erwischen. Typischerweise kommt Herr Landwirt zuerst mit "das hat ein Anderer getan, vielleicht jemand der es mir anhängen will". Das ist auch ihre Standardausrede, wenn sie Grenzsteine notorisch herausackern. In eine enge Gerätehalle fahren sie millimetergenau, auf dem Acker liegen alle Grenzsteine herausgepflügt am Rand und man schneidet mit dem Tiefpflug besonders in die Nachbarobstwiese, so dass den Bäumen halbseitig die Wurzeln abgeschnitten werden. Auch das habe ich mehrmals erlebt, zum Glück nicht bei meinen eigenen Bäumen.
  • Selber mit offenen Karten spielen. Wer sich bei mir beschwert, erhält von mir meine Visitenkarte. Wer ich bin, kriegt man sowieso raus, die Visitenkarte zu überreichen strahlt Selbstbewusstsein aus und zeigt, dass man dazu steht, was man macht. Es gab schon Leute, die sich mit dieser Visitenkarte in der Hand im Überschwang des Ärgers tatsächlich bei Dritten beschwert haben, womit sie sich gründlich selbst lächerlich gemacht haben, was dann auch für Ruhe sorgte.
  • Kleine Geschenke, Versöhnlicheit, mehr als Standardhöflichkeit zeigen sind nett, bringen aber absolut nichts oder verführen zu weiteren Übergriffen nach dem Motto "Baum niederwalzen und lächelnd Geschenke dafür bekommen". Die meisten Ärgerproduzenten tun das, weil sie es können, weil man existiert, weil sie gekränkt sind, weil sie einen sowieso für dumm verkaufen und lassen davon nicht ab, wenn man auf gutes Wetter und normale Nachbarschaft macht.
  • Ungerührtes, gradliniges, korrektes Verhalten ohne oder mit ungekünsteltem Lächeln im Gesicht ist meist die beste Strategie. Bei landwirtschaftlichen Nachbarn sollte man seinen passiven Schutz stärken. Ein Jungbaum am Rand, der nicht von einem dünnen Holzpfahl gestützt wird sondern von einem alten Stahl-Wasserrohr wird eher nicht vom Mäher angesägt. Sichtbarmachung und Schutz des Grundstücks anstreben, zum Beispiel indem man Holzstapel direkt an die Grenze setzt und sich damit trotz Zaunverbot im Aussenbereich schützt. Das zeigt auch, dass hier kein vergessenes Wildgrundstück zur freien Verwendung liegt.
    Dummes Geschwätz von Nachbarn sollte man sich nicht anhören, damit beschmutzt man sich nur, lässt sich Zeit und Nerven stehlen. Solche verbales Müllabladungen sollte man kurz und heftig unterbrechen, anstatt Zuhörer oder gar Therapeut zu spielen.

Zu jedem Garten und jedem Grundstück gehören viele Nachbarn und bei einem gewissen Prozentsatz wünscht man sich, sie oder man selbst wären lieber woanders. Das müssen wir akzeptieren in einer Weltgegend, die erstickend dicht besiedelt, bebaut, stark genutzt ist und restlos parzelliert bis in kleinste Einheiten. Einfache Lösungen und Auswege gibt es nicht.

Montag, 7. Februar 2022

Schon wieder Quitten

Quitte, Kinderzeichnung

Winter ists, da spricht der Nutzgärtner gerne über Rezepte, übers haltbar machen und aufbewahren, über Bäume pflanzen, über verarbeiten. 

Dann mal los: Zum unserem Verarbeitungsobst Nr. 1 sind über viele Jahre hinweg die Quitten aufgestiegen. Erstens, weil sie in den vergangenen Jahren mit extremen Wetterunbilden am zuverlässigsten mit hoher Qualität getragen haben und wichtigstens, weil sie als Obst für die Verarbeitung einfach unschlagbar sind. Auch diesen Winter gibts kaum einen Tag ohne Quittenprodukte aus der eigenen Ernte. Einiges davon mag mittlerweile altbekannt klingen, es lohnt sich aber die Erfahrungen damit trotzdem noch einmal anzusehen, denn die Praxis und einige Details stehen in keiner Rezeptsammlung.

Quittensaft

Quittensaftlager mit Glasflaschen
 
Zur Quittensaftherstellung existiert schon ein ausführlicher Beitrag. Die spätere Lagerung und Verwendung des Safts aus der Obstpresse bringt aber einige Spätfolgen und Eigenheiten mit sich. Eine davon fällt nicht in allen Jahren auf, sieht aber drastisch aus: Im Quittensaft bildet sich nach etwas Lagerung eine oder mehrere klare dünne Häute. Mit der Zeit sinken sie zu Boden. Von aussen sieht es aus wie Schimmel, der Beginn einer Essigmutterbildung oder Hefen. Probiert man sie, stellt man aber schnell fest, dass der Saft einwandfrei und die Haut geschmacksneutral ist. Sie lässt sich leicht zerreissen. Also keine Panik. Die Haut bildet sich in den Jahren stärker und häufiger, in denen die Quitten etwas weniger reif geworden sind. Und sie bildet sich auch dann nicht in allen Flaschen. Viele schreiben über Quittensaft, aber ganz offensichtlich macht in Wirklichkeit kaum jemand den Saft wirklich selbst sondern schreibt nur ab, sonst würde auch über diese Häute berichtet. Vermutlich spielen Pektine oder andere Oligosaccharide eine Rolle bei ihrer Bildung. Kommerzielle Säfte haben sie nicht, aber dort wird auch viel Technik angewendet die wir nicht haben, etwa Feinfiltration, Gerbstoffreduktion, Pektinasezugabe, Lagerung im Kühltank vor Abüllung.
Hautbildung auf abgefülltem gelagerten Quittensaft
Abgeschöpft

Diese Haut ist auch der Grund, wieso man seinen Quittensaft nicht in den Bag-in-Box Packungen abfüllen sollte, die Mostereien fast überall anbieten. Die Haut verstopft oft den Zapfhahn, bevor die Packung leer ist. Dieses Behältnis ist auch noch aus einem anderem Grund für Quitten ungeeignet. Denn Quittenaroma ist äusserst flüchtig, während BiB nur Folien sind, die nicht so gut gasdicht sind wie Glasverpackungen. Das führt zu noch schnellerem Aromaabbau wie ihn Quitten ohnehin schon immer zu früh erleiden. Der Saft schmeckt zwar noch gut, ähnelt dann aber immer mehr einem leichten Apfelsaft mit etwas Gerbstoffen, das quittenspezifische Aromenspektrum wird schnell schwächer. In Glas funktioniert die Lagerung besser und die Geschmackskurve geht langsamer nach unten. 

Deswegen bringt es auch nichts, mit abgefülltem Quittensaft nach Lagerung noch einmal Quittengelee zu machen. Das spezifische Aroma ist nicht mehr da. Nur einmal den ganz frischen Saft erhitzt, dann mit Zucker konserviert, im Glas abgefüllt - das bringt mehr Qualität fürs Gelee.

Quittenmost

Quittenmost - serviert

Wird sehr unterschätzt. Viele Nachteile von Apfelgärmost hat Quittengärmost nicht. Wir haben jahrelang auch ein Fässchen Apfelmost gemacht, aber richtig beliebt war er nicht. Quittenmost jedoch:

Frisch gezapft
  • enthält sehr angenehme Gerbstoffe. Nicht zu viel, nicht mehr wie ein guter Rotwein. Aber das macht den Most herrlich geniessbar, gibt eine Komponente dazu die sonst nur Wein hat. Er wird dadurch auch besser verträglich und passt zu viel mehr Gerichten. Die Gerbstoffe regen an, erhöhen den Trinkspass. Man trinkt auch automatisch in kleineren Schlucken - wie Wein.
  • ist bei stärkerem Aroma alkoholärmer. Mostapfelsorten gibt es immer weniger, ausserdem sind alle Sorten die letzten Jahre aufgrund des veränderten Klimas zuckerreicher geworden, meiner Ansicht nach für Most zu zuckerreich. Der Apfelmost hatte dann durchgegoren 8-11% Alkohol. Davon kann man kaum ein Glas trinken oder man muss ihn verdünnen. Das macht ihn geschmacklich aber nicht besser, sondern verdünnt auch Aroma und Säuren. Quitte liegt trotz viel Aroma dagegen meist deutlich darunter, etwa auf dem Alkoholniveau von Exportbier. Davon kann man auch ein Bierglas den Abend über süffeln, ohne trunken umzufallen.
  • hat eine leichte fruchtige Süsse, die nicht von Restzucker kommt, sondern im Quittenaroma versteckt ist.
  • ist früher trinkbar. Er wirkt nach der Gärung früher rund und sauber, Apfelmost sollte man hingegen erst nach Weihnachten anzapfen. Der entwickelt offenbar mehr Gärnebenprodukte.
Quittenmost schwefeln

Die Herstellung entspricht der von Apfelmost. Empfehlenswert ist aber, gut auf die Gärtemperatur zu achten. Im warmen Zimmer vergoren verschwindet das Quittenaroma sehr schnell. Sinnvoll ist, im kühleren Keller zu vergären und dafür eine vorher vermehrte Kaltgärhefe zuzusetzen. Sobald der Zucker vergoren ist, den Most früh von der Hefe abziehen und mit aufgelöstem 1g Kaliumpyrosulfit pro 10 Liter leicht schwefeln, diesen Oxydationsschutz benötigt Quittenmost dringender wie Apfelmost. Er klärt sich aufgrund der Gerbstoffe oft nicht so deutlich wie Apfelmost und bleibt trübe, was aber nicht geschmacklich stört, höchstens optisch.

Quittenspeck

Quittenspeck Stücke

Auch Quittenbrot genannt, eine herrliche Süssigkeit, die aus Quittenmus besteht, das mit Zucker vermischt und dann getrocknet wird, haltbar bis zur nächsten Ernte. Aber Vorsicht vor zu viel Geiz und Faulheit. Die einfachste Methode zur Herstellung: Quitten in Stücke schneiden, weich kochen, warm durch die Passiermühle drehen. Zucker dazu - je nach Geschmack und natürlichem Zuckergehalt der Quitten zwischen 10 und 40% des Musgewichts, auf ein Blech mit Backpapier streichen, trocknen bei 50°C im Ofen oder besser in einem Lebensmitteltrockner, dauert 1-2 Tage. In Stücke schneiden, ist monatelang haltbar.

Das bringt aber Probleme mit sich, die hohe Qualität verhindern: 

  1. Es wird in Wasser gekocht, das dann entfernt wird, ansonsten würde das Mus zu flüssig. Damit kocht man Aroma und wasserlösliche Inhaltsstoffe aus den Quitten heraus und entfernt alles anschliessend. Einige Leute nehmen das Kochwasser für Quittengelee. Schön. Aber: Höhere Menge, weniger Aroma.
  2. Quitten haben vor allem ums Kernhaus herum oft stärkere Steinzellenbildung. Die wandern mit ins Mus und machen den Quittenspeck griessig-sandig
  3. Ohne reduktiv wirkende Inhaltsstoffe ("Antioxidantien") folgt im Verlauf der Lagerung eine schnellere Bräunung und Aromaverlust der empfindlichen Quittenaromatik. Kommerzielle Produkte enthalten deshalb zusätzlich Säure und Natriumbenzoat.

Damit ist klar: Für Quittenspeck der edlen Sorte sollte man das Kernhaus mitsamt einem Anteil Fruchtfleisch drumherum ausschneiden und man sollte nicht in Wasser, sondern in Dampf kochen. Schälen der Früchte wäre dagegen negativ, direkt unter der Schale sind am meisten wertgebende Inhaltsstoffe. Besser nur die Schale waschen. Ganz steinzellenfrei wird der Quittenspeck nie, aber weniger ist besser. Und auch die Lagerfähigkeit sollte man nicht ignorieren. Zitronensaft ist mehr Geschmackssache (1 Zitrone pro Kilo Quitten), aber ein Zusatz von Ascorbinsäure (Vitamin C) verbessert die Stabilität des Produkts. Man kann auch die unbedenkliche, in Ebereschenbeeren natürlich vorkommende Sorbinsäure nehmen, wie sie auch in Gelierzucker fast immer enthalten ist. Einige Leute verwenden sowieso Gelierzucker für Quittenspeck - und haben damit unwissentlich auch Sorbinsäure mit an Bord.

Quittengelee

Etikett Quittengelee - mit Spezialzutaten

Hat einen Aufschwung genommen. Ist unsere Hauptgeleefruchtsorte. Ein Top-Brotbelag und auch für Joghurt und Dessert beliebt. Rezepte dafür sind einfach und es gibt sie wie Sand am Meer. Frischen rohen Quitten-Press-Saft mit Geliermittel und 25-35% Zucker kochen, abfüllen in Twist-Off-Gläser. Aufgefallen ist mir, dass wirklich ausgereifte Quitten oft gar nicht mal so viel Säure haben, das Gelee deswegen auch manchmal nicht gut geliert. Säurezugabe ist dann sinnvoll, typischerweise nimmt man dafür Zitronensaft - aber auch Agrest ergibt ein sehr schönes Gelee.

Zierquittensaft - gelb wie Orangensaft

Eingebürgert hat sich bei uns jedoch die Zugabe von Zierquittensaft. Choenomeles ist zwar nicht direkt verwandt mit Quitten, aber die Aromen harmonieren sehr gut, ihr Saft ist hocharomatisch und sauer, das ersetzt andere Säurezugaben. Es peppt bei 10-20% Zierquittensaftzusatz das Quittengelee insgesamt auf und bringt eine blumige, eigene Note hinein. Die in Rezepten gerne vorgeschlagenen Zugaben wie Zimt oder Nelken wiederholen dagegen nur sowieso schon oft angewendete altbekannte Gewürze.

 

Quittengelee im Marmeladenlager


Flasche Quittensaft mit viel Haut

Quittensaft mit abgesunkener Haut und Bodensatz