Posts mit dem Label Saftherstellung werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Saftherstellung werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Mittwoch, 25. September 2024

Der neue Dauererfolg: Ölweiden

Wie jeden Sommer war es auch diesmal ruhig im Blog. Massenhafte Ideen, Erfahrungen, Ereignisse jagen sich, aber noch mehr Arbeit steht an, kein Nutzgartensüchtiger schafft es da, noch viel zu schreiben. Aber jetzt gehts weiter und gleich mal mit erfreulichen Erfahrungen:

Reiche Ernte bei der beschirmten Ölweide
Blüten, die duften und Bienen lieben

Zu den Dingen, die dieses Jahr viel Spass gemacht haben, gehören die Ölweiden der Gattung Elaeagnus, die schon länger im Blog ein grösseres Thema sind. Ölweiden sind meiner Ansicht nach unterschätztes Wildobst an der Grenze zum Gartenobst und vor allem sind es Pflanzen, die so hart und anpassungsfähig sind wie keine andere Obstart. Es ist eine der ganz wenigen Obstarten, die mit der stattfindenden Wetterveränderungen klar kommen, während sich ringsum Ausfälle und gigantische Probleme häufen, bis hin zum Wegfall ganzer Obstarten, die nicht mehr ungeschützt anbaufähig sind. Ölweiden tragen dagegen beständig gut, bleiben gesund und sind herrlich zuverlässig. Sie kommen mit jedem Boden zurecht, holen sich Stickstoff über Symbiontenbakterien selbst aus der Luft, breiten sich nicht unkontrolliert aus, sind schnittverträglich, die Früchte lassen sich gut verarbeiten, wenn man weiss wie. Es sind Bienen- und Insektenpflanzen, sie duften, sind streusalzverträglich, hitzeverträglich, trockentolerant und wie dieses Jahr zeigt auch völlig nässetolerant. Das einzige heimische Ölweidengewächs, der Sanddorn, hat diese Vorteile leider nicht, zudem hat er die letzten Jahre durch Absterbeerscheinungen wegen einer noch nicht ganz geklärten Pilzkrankheit von sich reden gemacht. Die endemisch amerikanische Ölweidenart sind die Büffelbeeren, damit habe ich keine Erfahrungen. Sie sind aber stachelig und bilden Ausläufer, Horste, das klingt erst einmal nicht sehr angenehm.

Die Sträucher der vielblütigen Ölweide Elaeagnus Multiflora mit ihren verhältnismässig grossen und frühreifenden Beeren im Frühsommer tragen mittlerweile gut, allerdings zeigt sich auch, dass sie in unserer Gegend zwingend vor Vögeln geschützt werden müssen, die sonst schnell alles wegfressen. Der Hit dieses Jahr war aber wieder die Schirm-Ölweide Elaeagnus Umbellata, sie hat keine Vogelprobleme, aber ihre Früchte sind kleiner und spät, sie werden erst im Herbst richtig reif, rot sind sie schon vorher.

Vielblütige Ölweide mit normalem Fruchtbehang


Ernte von Schirm-Ölweiden

Ältere Sträucher haben grössere Beeren

Mittlerweile sind hängende Äste der älteren Sträucher so gut mit Früchten besetzt, dass man mit einer schnellen Erntetechnik sehr erfolgreich ist. Wartet man bis zur Vollreife (dieses Jahr 22.9.) und wird nicht nervös, weil scheinbar schon viele Beeren herabfallen (das beginnt schon Wochen vorher), kann man mit Eimer und simplem abstreifen eine enorme Pflückleistung erreichen. Ich brauchte damit für fünf Kilo keine halbe Stunde mehr. Das schafft man bei keiner Johannisbeere und auch die viel grösseren vielblütigen Ölweiden kann man nur langsamer pflücken. Eimer ans Handgelenk hängen, eine Hand hält den Ast fest, die andere streift die Früchte ab und in den Eimer. Oder alles abstreifen und mit einem Vlies auf dem Boden nachher alles zusammenschütten. Die Zeit, anschliessend Ästchen und Blätter auszusortieren, kommt aber noch hinzu, mit einem groben Stieb geht es schneller sofern man hat. Ein grösserer Einzelstrauch hatte gut und gerne zehn Kilo Fruchtbehang netto, dabei hatte ich ihn immer wieder zurückgeschnitten, frei wachsende Sträucher können noch weit mehr tragen. Mit Einzelbeeren pflücken habe ich mich dann nicht mehr abgegeben, es hängen sicher noch ein paar Kilo oben.


Verarbeitung von Ölweiden

Ein Teil der Rohware

Nach dem Durchprobieren mehrerer Ideen läuft das nun ebenfalls mittels verschiedener Methoden sehr effizient. Die kleinen Beeren sind kein Nachteil mehr, sondern haben sogar Vorteile. Dieses Jahr konzentrierte ich mich auf Saft und Gelee daraus. Dafür gibts es einen tollen Trick. Ich habe die Früchte einfach in einem grösseren Mixbecher eines Pürierstabes zur Maische verarbeitet. Der Pürierstab hat nämlich eine Geschwindigkeitseinstellung und die steht auf niedrig, sodass sofort eine herrliche rote Maische entsteht, aber die Kerne nicht mit zermust werden. Bei hoher Geschwindigkeit würden sie vom Messer zerschlagen. Alles bleibt flüssig genug, um bei leichter Schräghaltung in Bewegung zu bleiben und homogen zu werden, ohne Zellschlamm zu produzieren. Diese Maische hat die ideale Konsistenz zur Sofortpressung, ohne weitere Zwischenschritte. Mit dem Handpressbeutel bekommt man eine Ausbeute von 60-70% hin, die Maische lässt sich leicht und schnell abpressen. Grössere Mengen gehen problemlos auch in anderen Pressen, etwa einer Hydropresse. Der Saft wird rosa, bleibt er stehen, trennt er sich in eine rote und in eine beige Phase. Das ist bei Ölweiden immer so. Der natürliche Zuckergehalt liegt bei >70°OE, maximal 80°, wenn sie reif waren schmeckt der Saft im Mund kräftig, hat noch Gerbstoffe unter Rotweinniveau, angenehme Säure, das Aroma geht frisch Richtung roter Johannisbeere, wirkt aber voller, satt machender. Gelee daraus entwickelt sich geschmacklich mit Lagerung immer mehr Richtung Sanddorn, so kräftig wird es natürlich nie, aber die Aromarichtung stimmt. Eis aus Ölweiden aus der Eismaschine ist auch angenehm, gefriert aber spät.

Den Saft habe ich heisssteril in Flaschen gefüllt. Zweifellos lassen sich daraus noch weitere interessante Produkte herstellen, diesmal ging es mir jedoch um eine Effizienzsteigerung und Vereinfachung in der Herstellung. Aufgrund der grossen Erntemenge war das sehr geboten.

Der Mixbecher mit Messer des Pürierstabmotors
Beeren im Mixbecher
Nach zwei Minuten püriert, Kerne ganz geblieben
Das rohe Püree mit Kernen
Saft pressen mit dem Pressbeutel
Saft zur Abfüllung abkochen

Ausgepresster Trester. Kerne unbeschädigt.

Ölweidengelee im Durchlicht - hat was von Blutplasma. Geliert gut ohne weitere Säurezugabe.

Fast unvermeidliche Phasentrennung des Safts

Alternativwege habe ich auch beschritten, zum Beispiel die Beeren eingefroren, um so wie bei Schlehen vielleicht damit Gerbstoffe zu senken, um damit leichter eine Maische herstellen zu können weil sie nach dem Auftauen dann weich werden und schliesslich, um nach der Ernte nicht gezwungen zu sein, alles sofort zu verarbeiten. Tatsächlich werden die wieder aufgetauten Früchte sehr weich, man kann sie mit der Hand mühelos zerquetschen. Der Gerbstoffgehalt liess sich nicht weiter senken, störte auch nicht. Schlimmer war aber die Konsistenz der Maische; sie bekam eine schlammigere Struktur, die sich nicht mehr gut pressen liess. Erst nachdem ich sie einen Tag mit dem pektinabbauenden Enzym Pektinase stehen liess, klappt es problemlos. Was Schwachsinn ist, wenn ich mit dem Mixbecher eine erstklassig pressbare Maische herstellen kann, ohne vorher einzufrieren. Nicht Schwachsinn ist, die Maische statt sie zu pressen durch ein Sieb oder eine flotte Lotte (=Passiermühle) zu streichen, um die Kerne zu entfernen. Hier zeigt die Gefrierversion ein stabiles rotes Mus, das sich nicht so leicht trennen lässt, das optisch mehr hermacht wie das Mixer-Mus. 

Fassen wir zusammen: Für Saft sofort mit Mixer zermusen und pressen, für Mus/Pürree einfrieren, mixen und durch passieren. Das Mus hat auch ein etwas anderes Aroma. Mir persönlich schmeckt das Gelee besser als die Marmelade aus Mus, das noch Nebenaromen hat. In Gebäck, für Müsli und Dessert ist Fruchtmus brauchbarer.

Simpler Fruchtquark mit Ölweidenmus und Zwetschgenstücken

Ölweiden-Joghurt

Ölweideneis

 

Aussaat

Sämling, Zufallsaufgang

Direkte Aussaatexperimente habe ich noch nicht gemacht. Es tauchen aber gelegentlich einzelne Ölweidensämlinge im Garten abseits der Sträucher auf. Eher selten. Interessanterweise gibt es aber keinerlei Sämlinge um die Sträucher herum. Direkt herabgefallene und auch mit Erde bedeckte Samen keimten nie. Das beweist, dass es von grossem Vorteil ist, wenn Ölweidensamen erst durch einen Vogel hindurch gehen, um dann zu keimen. Man könnte das mit Vergären und Auswaschen teilweise simulieren, wie es auch bei anderen Pflanzen manchmal hilft. Ausserdem beweist es, dass der hiesige Winter gegenwärtig nicht zur Zerstörung der Keimfähigkeit führt, Frost also ein Stück weit ausgehalten wird, vielleicht ebenfalls nötig ist - Stratifikation.

 

Weitere Arten

Möglicherweise rückt auch die schmalblättrige Ölweide Elaeagnus Angustifolia in den Anbaubereich. Sie wächst zwar immer schon gut in Deutschland, ist eine grössere Art wie die anderen Ölweiden, aber trägt bisher selten Früchte. Allerdings ist das schon ein kleiner Baum. Weiter im Süden ist es dagegen auch eine Obstpflanze, deren Früchte gerne getrocknet werden und geschätzt sind. Noch mehr Arten warten auf ihre Entdeckung: Die grossblättrige Ölweide Elaeagnus Macrophylla und Elaeagnus glabra könnten auch in unserem Klima wachsen. Beide blühen im Herbst mit duftenden Blüten und haben im Frühjahr rote Früchte bis 2 cm Länge. Die schon lange hier vermehrte "Wintergrüne Ölweide" ist dagegen eine Hybride mit Macrophylla-Beteiligung; wenn sie Früchte hat, sind sie nicht sehr attraktiv.

So oder so: Bereits die schon länger etablierten Ölweiden-Arten sind absolut anbauwürdig. Interessante Fruchtsorten der Vielblütigen Ölweide aus Südkorea sind noch nicht einmal in Europa verfügbar. Und wenn man mit den Früchten nichts am Hut hat, so sie sind immer noch als schöne, gesunde Hecken- und Zierpflanzen voll tauglich.

Ölweidensaft. Wer will, kann vorher dekantieren.


Ölweidensaft aus gefrorenen Früchten, mit Pektinase behandelt. Sieht aus wie Apfelsaft.



Montag, 7. Februar 2022

Schon wieder Quitten

Quitte, Kinderzeichnung

Winter ists, da spricht der Nutzgärtner gerne über Rezepte, übers haltbar machen und aufbewahren, über Bäume pflanzen, über verarbeiten. 

Dann mal los: Zum unserem Verarbeitungsobst Nr. 1 sind über viele Jahre hinweg die Quitten aufgestiegen. Erstens, weil sie in den vergangenen Jahren mit extremen Wetterunbilden am zuverlässigsten mit hoher Qualität getragen haben und wichtigstens, weil sie als Obst für die Verarbeitung einfach unschlagbar sind. Auch diesen Winter gibts kaum einen Tag ohne Quittenprodukte aus der eigenen Ernte. Einiges davon mag mittlerweile altbekannt klingen, es lohnt sich aber die Erfahrungen damit trotzdem noch einmal anzusehen, denn die Praxis und einige Details stehen in keiner Rezeptsammlung.

Quittensaft

Quittensaftlager mit Glasflaschen
 
Zur Quittensaftherstellung existiert schon ein ausführlicher Beitrag. Die spätere Lagerung und Verwendung des Safts aus der Obstpresse bringt aber einige Spätfolgen und Eigenheiten mit sich. Eine davon fällt nicht in allen Jahren auf, sieht aber drastisch aus: Im Quittensaft bildet sich nach etwas Lagerung eine oder mehrere klare dünne Häute. Mit der Zeit sinken sie zu Boden. Von aussen sieht es aus wie Schimmel, der Beginn einer Essigmutterbildung oder Hefen. Probiert man sie, stellt man aber schnell fest, dass der Saft einwandfrei und die Haut geschmacksneutral ist. Sie lässt sich leicht zerreissen. Also keine Panik. Die Haut bildet sich in den Jahren stärker und häufiger, in denen die Quitten etwas weniger reif geworden sind. Und sie bildet sich auch dann nicht in allen Flaschen. Viele schreiben über Quittensaft, aber ganz offensichtlich macht in Wirklichkeit kaum jemand den Saft wirklich selbst sondern schreibt nur ab, sonst würde auch über diese Häute berichtet. Vermutlich spielen Pektine oder andere Oligosaccharide eine Rolle bei ihrer Bildung. Kommerzielle Säfte haben sie nicht, aber dort wird auch viel Technik angewendet die wir nicht haben, etwa Feinfiltration, Gerbstoffreduktion, Pektinasezugabe, Lagerung im Kühltank vor Abüllung.
Hautbildung auf abgefülltem gelagerten Quittensaft
Abgeschöpft

Diese Haut ist auch der Grund, wieso man seinen Quittensaft nicht in den Bag-in-Box Packungen abfüllen sollte, die Mostereien fast überall anbieten. Die Haut verstopft oft den Zapfhahn, bevor die Packung leer ist. Dieses Behältnis ist auch noch aus einem anderem Grund für Quitten ungeeignet. Denn Quittenaroma ist äusserst flüchtig, während BiB nur Folien sind, die nicht so gut gasdicht sind wie Glasverpackungen. Das führt zu noch schnellerem Aromaabbau wie ihn Quitten ohnehin schon immer zu früh erleiden. Der Saft schmeckt zwar noch gut, ähnelt dann aber immer mehr einem leichten Apfelsaft mit etwas Gerbstoffen, das quittenspezifische Aromenspektrum wird schnell schwächer. In Glas funktioniert die Lagerung besser und die Geschmackskurve geht langsamer nach unten. 

Deswegen bringt es auch nichts, mit abgefülltem Quittensaft nach Lagerung noch einmal Quittengelee zu machen. Das spezifische Aroma ist nicht mehr da. Nur einmal den ganz frischen Saft erhitzt, dann mit Zucker konserviert, im Glas abgefüllt - das bringt mehr Qualität fürs Gelee.

Quittenmost

Quittenmost - serviert

Wird sehr unterschätzt. Viele Nachteile von Apfelgärmost hat Quittengärmost nicht. Wir haben jahrelang auch ein Fässchen Apfelmost gemacht, aber richtig beliebt war er nicht. Quittenmost jedoch:

Frisch gezapft
  • enthält sehr angenehme Gerbstoffe. Nicht zu viel, nicht mehr wie ein guter Rotwein. Aber das macht den Most herrlich geniessbar, gibt eine Komponente dazu die sonst nur Wein hat. Er wird dadurch auch besser verträglich und passt zu viel mehr Gerichten. Die Gerbstoffe regen an, erhöhen den Trinkspass. Man trinkt auch automatisch in kleineren Schlucken - wie Wein.
  • ist bei stärkerem Aroma alkoholärmer. Mostapfelsorten gibt es immer weniger, ausserdem sind alle Sorten die letzten Jahre aufgrund des veränderten Klimas zuckerreicher geworden, meiner Ansicht nach für Most zu zuckerreich. Der Apfelmost hatte dann durchgegoren 8-11% Alkohol. Davon kann man kaum ein Glas trinken oder man muss ihn verdünnen. Das macht ihn geschmacklich aber nicht besser, sondern verdünnt auch Aroma und Säuren. Quitte liegt trotz viel Aroma dagegen meist deutlich darunter, etwa auf dem Alkoholniveau von Exportbier. Davon kann man auch ein Bierglas den Abend über süffeln, ohne trunken umzufallen.
  • hat eine leichte fruchtige Süsse, die nicht von Restzucker kommt, sondern im Quittenaroma versteckt ist.
  • ist früher trinkbar. Er wirkt nach der Gärung früher rund und sauber, Apfelmost sollte man hingegen erst nach Weihnachten anzapfen. Der entwickelt offenbar mehr Gärnebenprodukte.
Quittenmost schwefeln

Die Herstellung entspricht der von Apfelmost. Empfehlenswert ist aber, gut auf die Gärtemperatur zu achten. Im warmen Zimmer vergoren verschwindet das Quittenaroma sehr schnell. Sinnvoll ist, im kühleren Keller zu vergären und dafür eine vorher vermehrte Kaltgärhefe zuzusetzen. Sobald der Zucker vergoren ist, den Most früh von der Hefe abziehen und mit aufgelöstem 1g Kaliumpyrosulfit pro 10 Liter leicht schwefeln, diesen Oxydationsschutz benötigt Quittenmost dringender wie Apfelmost. Er klärt sich aufgrund der Gerbstoffe oft nicht so deutlich wie Apfelmost und bleibt trübe, was aber nicht geschmacklich stört, höchstens optisch.

Quittenspeck

Quittenspeck Stücke

Auch Quittenbrot genannt, eine herrliche Süssigkeit, die aus Quittenmus besteht, das mit Zucker vermischt und dann getrocknet wird, haltbar bis zur nächsten Ernte. Aber Vorsicht vor zu viel Geiz und Faulheit. Die einfachste Methode zur Herstellung: Quitten in Stücke schneiden, weich kochen, warm durch die Passiermühle drehen. Zucker dazu - je nach Geschmack und natürlichem Zuckergehalt der Quitten zwischen 10 und 40% des Musgewichts, auf ein Blech mit Backpapier streichen, trocknen bei 50°C im Ofen oder besser in einem Lebensmitteltrockner, dauert 1-2 Tage. In Stücke schneiden, ist monatelang haltbar.

Das bringt aber Probleme mit sich, die hohe Qualität verhindern: 

  1. Es wird in Wasser gekocht, das dann entfernt wird, ansonsten würde das Mus zu flüssig. Damit kocht man Aroma und wasserlösliche Inhaltsstoffe aus den Quitten heraus und entfernt alles anschliessend. Einige Leute nehmen das Kochwasser für Quittengelee. Schön. Aber: Höhere Menge, weniger Aroma.
  2. Quitten haben vor allem ums Kernhaus herum oft stärkere Steinzellenbildung. Die wandern mit ins Mus und machen den Quittenspeck griessig-sandig
  3. Ohne reduktiv wirkende Inhaltsstoffe ("Antioxidantien") folgt im Verlauf der Lagerung eine schnellere Bräunung und Aromaverlust der empfindlichen Quittenaromatik. Kommerzielle Produkte enthalten deshalb zusätzlich Säure und Natriumbenzoat.

Damit ist klar: Für Quittenspeck der edlen Sorte sollte man das Kernhaus mitsamt einem Anteil Fruchtfleisch drumherum ausschneiden und man sollte nicht in Wasser, sondern in Dampf kochen. Schälen der Früchte wäre dagegen negativ, direkt unter der Schale sind am meisten wertgebende Inhaltsstoffe. Besser nur die Schale waschen. Ganz steinzellenfrei wird der Quittenspeck nie, aber weniger ist besser. Und auch die Lagerfähigkeit sollte man nicht ignorieren. Zitronensaft ist mehr Geschmackssache (1 Zitrone pro Kilo Quitten), aber ein Zusatz von Ascorbinsäure (Vitamin C) verbessert die Stabilität des Produkts. Man kann auch die unbedenkliche, in Ebereschenbeeren natürlich vorkommende Sorbinsäure nehmen, wie sie auch in Gelierzucker fast immer enthalten ist. Einige Leute verwenden sowieso Gelierzucker für Quittenspeck - und haben damit unwissentlich auch Sorbinsäure mit an Bord.

Quittengelee

Etikett Quittengelee - mit Spezialzutaten

Hat einen Aufschwung genommen. Ist unsere Hauptgeleefruchtsorte. Ein Top-Brotbelag und auch für Joghurt und Dessert beliebt. Rezepte dafür sind einfach und es gibt sie wie Sand am Meer. Frischen rohen Quitten-Press-Saft mit Geliermittel und 25-35% Zucker kochen, abfüllen in Twist-Off-Gläser. Aufgefallen ist mir, dass wirklich ausgereifte Quitten oft gar nicht mal so viel Säure haben, das Gelee deswegen auch manchmal nicht gut geliert. Säurezugabe ist dann sinnvoll, typischerweise nimmt man dafür Zitronensaft - aber auch Agrest ergibt ein sehr schönes Gelee.

Zierquittensaft - gelb wie Orangensaft

Eingebürgert hat sich bei uns jedoch die Zugabe von Zierquittensaft. Choenomeles ist zwar nicht direkt verwandt mit Quitten, aber die Aromen harmonieren sehr gut, ihr Saft ist hocharomatisch und sauer, das ersetzt andere Säurezugaben. Es peppt bei 10-20% Zierquittensaftzusatz das Quittengelee insgesamt auf und bringt eine blumige, eigene Note hinein. Die in Rezepten gerne vorgeschlagenen Zugaben wie Zimt oder Nelken wiederholen dagegen nur sowieso schon oft angewendete altbekannte Gewürze.

 

Quittengelee im Marmeladenlager


Flasche Quittensaft mit viel Haut

Quittensaft mit abgesunkener Haut und Bodensatz

Donnerstag, 16. Dezember 2021

Der Saftladen

Apfelsaftpressung mit der Packpresse in Mosterei

Vor allem im Herbst kommt für alle, die gerne ihr Obst und Gemüse selber verwerten Jahr für Jahr die grosse Versaftung. Vieles in der Obstverwertung geht den Weg der Flüssigkeit. Am klassischen Beispiel Apfel ist das schön zu sehen: Apfelgelee, Apfelsaft, Apfelmost, Apfelessig, Apfelschnaps, Apfelkraut - alles basiert auf Apfelsaft als notwendigem Zwischenschritt. So gut wie jedes Obst und auch einige Gemüsearten können versaftet werden, um sie haltbar zu machen, leichter konsumierbar, für andere Produkte geeignet.

Vor allem wenn es um kleinere Mengen geht, halten sich jedoch seltsamerweise uralte, qualitativ minderwertige Methoden, die im Bekanntenkreis, Foren, Diskussionen nach wie vor verbreitet werden. Da werden die Quitten fürs Quittengelee in Stücke geschnitten, mit Wasser aufgegossen und ausgekocht. Die Johannisbeeren werden mit dem Dampfentsafter entsaftet. Die Schlehen kocht man nach vielen Rezepten sogar mehrmals auf und giesst den Kochsud zur weiteren Verwendung ab. Manchmal kommen elektrische Kleinentsafter zum Einsatz. Wie üblich heute gefertigt in China, peinlich-lächerlich auf Englisch bezeichnet, "Juicer", Tschuisser.

Saft gemacht haben wir dieses Jahr aus Äpfeln, Birnen, Nashi, Quitten, Ölweiden, Stachelbeeren, Trauben, in anderen Jahren noch aus viel mehr Arten. Wie gesagt, fast jedes Obst ist versaftbar. Aber die alten Methoden haben viele Nachteile:

  • die oft lange andauernde und manchmal häufigere Erhitzung zerstört viele Vitamine und Enzyme. Kalt gepresste Säfte enthalten die Inhaltsstoffe der Früchte fast unverändert.
  • Erhitzen zerstört auch Aromen. Kein Dampfentsafterprodukt erreicht das Aromaniveau eines kalt gepressten Safts.
  • Kondenswasser des Dampfentsafters, Kochwasser bei Schlehen, all das verdünnt das Produkt und sorgt zusätzlich für weniger Inhalt und Aroma.
  • Kleinentsafter ergeben oft einen trüben Saft mit Zellresten, gehen nicht für jedes Obst, haben Ausbeuteprobleme, Reinigungsaufwand, packen nicht viel. Die Langsamentsafter "slow juicer" sind billig, sind aber lächerlicher Mist für Obstsäfte. Sie funktionieren nach dem Fleischwolfprinzip mit einem Schneckengewinde, zermahlen das Pressgut. Für ein Glas trüben Saft zum Sofortkonsum aus einer Karotte mag das hinreichen, aber Quittensaft wird damit zum Beispiel trübe und flockig, oft sogar noch stärker später wenn er abgefüllt in der Flasche liegt. Diese Technik kombiniert die negativen Eigenschaften einer Bandpresse mit der von Kleinensaftern.
  • Dampfentsafter sorgen bei einigen Obstarten für viskosen Saft, der zäh wirkt, dunkel.

Die besseren Methoden hängen ganz wesentlich mit der Obstmenge zusammen, die man verarbeiten will. Jede Mengenkategorie hat ihre optimalen Verarbeitungsmethoden. Es sind die Grössenordnungen, die entscheiden wie man den Saft mit möglichst wenig zeitlichen, technischem und finanziellen Auwand auspresst.  


0,1 bis 5kg Obst: Handpressbeutel

Drei Handpressbeutel, oft benutzt

Für Kleinst- bis Kleinmengen ist die mit Abstand einfachste Methode ein Nylon-Handpressbeutel. Es gibt sie seit vielen Jahren im Zubehörhandel für Hobbysaftbereitung. Jüngst sind diese Beutel Dank der Vegan-Welle populärer geworden, man kann sie nämlich auch für die Herstellung von Nussmilch u.ä. nutzen. Das Prinzip ist sehr einfach: Obst zermanschen (von Hand oder Reibeaufsatz Küchenmaschine). Die Maische in den Beutel stopfen und von Hand ausquetschen. Fertig. Pektinreiche Maischen (Steinobst zum Beispiel) sollten zuerst mittels Pektinase verflüssigt werden. Die Reinigung des Beutels geht auch sehr schnell. Die Ausbeute ist zwar nicht gigantisch, aber hinreichend gut. Wer will, kann noch einen dünneren und weniger wertigen "Zweitsaft" produzieren, um wirklich alles auszunutzen. Dazu die bereits ausgepresste Maische nochmal mit Wasser ansetzen oder nach alter Methode auskochen. Bei sehr aromareichen Obstsorten wie Himbeeren ist das durchaus sinnvoll, das Ergebnis ist noch als Limonade tauglich.


5 bis 50kg: Korbpressen

Einfache, kleine Korbpresse

Hat man regelmässig in dieser Kategorie zu tun, lohnt sich die Anschaffung oder der Bau einer kleinen Korbpresse. Das ist schon etwas aufwendiger, man braucht die Presse selbst, ein Presstuch, aber bekommt auf einen Rutsch auch fünf bis fünfhundert Kilo Maische in den Presskorb. Die Ausbeute ist mittelmässig bis gut, Reinigung und Aufbewahrung etwas Aufwand. Der Pressvorgang dauert seine Zeit, man dreht und quetscht und sieht dem tröpfeln zu. Korbpressen gibt es auch in grösseren Dimensionen, sie werden dann aber zunehmend unwirtschaftlich. Man kann sie in dieser Grösse nicht mehr so einfach herumtragen und aufräumen, sie benötigen dann einen festen Platz.

Diese alte Presstechnik hat sich etwas überlebt, in Mostereien steht sie auch nicht mehr. Es gibt aber sehr simple, moderne Ganzmetall-Korbpressen, die für den Anfänger ein Einstieg sind. Deren Ausbeute ist allerdings nicht hoch und von den verarbeitbaren Mengen konkurriert sie eher mit dem Handpressbeutel, nicht mit richtigen Korbpressen.


50 bis 250kg: Hydropressen

Hydropresse, Saft, Trester, Obstmühle

Eine sehr elegante Presstechnik realisieren Hydropressen. Von aussen wirkt sie wie eine Korbpresse und sie benötigt auch ein Presstuch, aber im Innern steckt ein Gummiballon, der mit Leitungswasser gefüllt wird und dessen Druck die Maische auspresst. Kein Kurbeln, keine Latten, gute Ausbeute, schnell und sauber. Geräte mit 40 Liter - Presskorb sind optimal, wenn man die Presse nach Benutzung noch in einen Keller oder Dachboden schleppen muss. Die grösseren Modelle sind schwerer und unhandlicher, die kann man nur ebenerdig transportieren. Nach der Pressung lässt man das Wasser ab, entnimmt den Trester und schreitet zur nächsten Pressung. Mit dem abgelassenen Wasser reinigt man das Obst der nächsten Pressrunde. Die Kosten der Presse sind bei kleinen Pressen höher, bei grösseren Pressen etwa gleich wie bei Korbpressen.

Ach hier ist wie bei Korbpressen für Kernobst eine separate Obstmühle erforderlich, ein Obstmuser. Mit einer Küchenmaschine kann man die Maische nicht mehr herstellen. Die Herstellung von Quittensaft mit so einer Presse und Mühle: https://gartenzone.blogspot.com/2019/01/ein-winter-mit-quittensaft.html

 

250 bis 10000kg: Lohnmosterei

Mittelgrosse ältere Packpresse

Alles darüber ist ein Fall für eine Lohnmosterei, jedenfalls wenn es sich um Kernobst handelt: Äpfel, Birnen, Quitten, Mispeln, Speierling. In Süddeutschland sind die Betriebe häufig, im Norden muss man weiter fahren und die Preise sind höher. Die Ausbeute ist hoch, der Durchsatz ebenfalls. Der Saft kann meist gleich sterilisiert in Bag-in-Box-Verpackungen abgefüllt werden, wenn man das will - was erst bequem aussieht, aber viele Nachteile hat. Bei Quitten ist ganz davon abzuraten, Quittensaft bekommt oft hautartige Pektinschleier, die das Ventil nach etwas Lagerung verstopfen. Säfte altern zudem generell schnell in BiB.

Eine Zwischenform besitzen oft Obstbau- oder Kleingartenvereine, eine gemeinsam angeschaffte kleinere Profipresse für die Mitglieder, das sind hydraulische Korbpressen oder kleinere Packpressen oder Bandpressen.

Doch Vorsicht, auch die Presstechnik der Grossen hat deutliche Qualitätsunterschiede. Wenn möglich, sollte man Mostereien mit klassischen Packpressen bevorzugen, in der mehrere Lagen mit Maische auf einem Packtisch hydraulisch ausgepresst werden. Der Saft kommt recht klar aus der Presse und hat beste Qualität. Nur wer auf höchste Ausbeute und damit höchste Drücke setzt wie manche sehr geizigen Weinbauern die Maische "hart pressen", bekommt mehr unrunde und bitte Töne.

Die andere, billigere und kompaktere Presstechnik sind Bandpressen. Sie beanspruchen die Maische viel stärker, zerreissen viele Zellen. Das Ergebnis ist Maximalausbeute eines trüben, teils schleimigen Safts, der anschliessend durch eine Zentrifuge muss. Dort wird der Zellschlamm und nebenbei auch Aroma teilweise entfernt. Diese Presstechnik ist hoch effizient, kann kontinuierlich arbeiten, schafft mehrere Tonnen Obst pro Stunde, die Pressen benötigen wenig Platz. Und im Ergebnis produziert sie minderwertigen Saft. Wer wählen kann, sollte Mostereien mit solchen Pressen meiden. Leider setzen sie auch mobile Mostereien gerne ein. Fruchtsafthersteller können gar nicht anders als mit Bandpressen zu arbeiten, alle anderen Techniken sind weniger effizient und schaffen bei weitem nicht genug Durchsatz.

Wie zu sehen war, ist die beste Methode um guten Saft herzustellen vor allem eine Frage der Mengen, die man herstellen will. Alle Methoden haben Mengenoptima. Vermeiden sollte man nur die alten Hausmethoden wie Dampfentsafter, auskochen - die sind wirklich obsolet.

An der Packpresse, links Obstmühle


Presse, Saftwanne, Abfüllung in Bag-in-Box (Saftschlauch)

Mittwoch, 2. Januar 2019

Ein Winter mit Quittensaft

Auch ohne "u" schön

Quitten als aromastarkes Verarbeitungsobst erlebten in den letzten Jahren einen kleinen Aufschwung. Weg waren sie nie, schon in der Antike waren sie sehr beliebt, einige Rezepte mit ihnen sind aus dieser Zeit überliefert, seither existieren sie auch in den wärmeren Gegenden Mitteleuropas. Ihr botanischer Namen lautet Cydonia oblonga - Äpfel aus Cydon, Kreta. Bei mir haben sie schon länger einen Aufschwung erlebt, Quitten sind einer der Gründe dass ich mit dem Obsthobby begonnen habe. Unsere Region kommt dem entgegen, Quitten waren hier immer häufiges Obst.

Quitten in Mode


Einer meiner Bäume, trägt regelmässig 200kg
Der Aufschwung zeigt sich daran, dass immer mehr Quittenprodukte zu haben sind, vor allem Quittensaft taucht wieder häufiger auf. Preise von 3,5 EUR bis 10 EUR pro Liter sind normal. Herausgestellt wird der gute Polyphenolgehalt, Quittensaft gilt als gesund. Begleitet wird das von weiteren Produkten wie Bücher, Aufstriche, Liköre, Rezepte, Senf, Schnaps, Quittensekt bzw. Quittenschaumwein. Letzterer kann sehr, sehr gut werden, ist allerdings noch auf der Exklusiv-Luxus-Superteuer-Ebene angesiedelt. Zu nennen wäre da Marius Wittur, der mit seiner Gründung "Mustea" einiges in Sachen Quitte erreicht hat. Leider scheint der Schwerpunkt mehr auf medialer Präsenz, Zertifizierung und Warenzeichenanmeldung zu liegen, die angeschlossene Baumschule und die meisten Produkte sind meistens nicht zu haben. Es gibt aber noch mehr Leute, die einen Schaumwein produzieren und anbieten: Heinz Kölle in Bönnigheim oder Hartmut Scheuring in Königsberg/Unterfranken. Viele Baumschulen haben Quitten ebenfalls entdeckt, wo früher nur zwei, drei Sorten Standard waren werden heute fleissig mehr Sorten gesammelt, vermehrt und angeboten. Eine Schwierigkeit dabei ist die Sortenechtheit, Quitten lassen sich schlecht bestimmen und Sortenverwechslungen sind an der Tagesordnung.

Noch Anfang Januar liegen ungeerntete Früchte ohne zu faulen
und innen unverbräunt auf der Wiese
Ihr Anbau ist durch die veränderten Jahreszeiten einfacher geworden. Quitten sind goldene Kinder der Sonne, sie lieben warme Gegenden. Ihre mässige Frostfestigkeit im Winter begrenzte früher die Zonen, in denen sie überhaupt wuchsen. Und bis heute gibt es Gegenden in Deutschland, in denen man sie besser nur als Zierpflanze wachsen lässt, in hohen Lagen, im Norden und Nordosten. Langjährige Vergleiche von Bäumen in verschiedenen Regionen, Verarbeitungsversuche und Zuckermessungen über Jahre hinweg haben es mir eindeutig gezeigt: In Gegenden mit mässigen Wärmesummen bleiben sie zu zuckerarm, aromaarm, säure- und gerbstoffreich. Dieselbe Sorte erbrachte bei 200m Höhenunterschied im Standort einmal 45°OE und war unharmonisch, in wärmerer tiefer Lage 55°OE und sehr gut als reinsortiger Saft zu trinken. Doch die genauen Erfahrungen und Anbaudetails werden noch in einem eigenen Beitrag beleuchtet. Da das Klima immer wärmer wird, gibts es auch immer mehr quittengeeignete Gegenden, Quitten scheinen bis jetzt zu den Gewinnern des Klimawandels zu gehören.

Hydropresse. Unten die Wasseranschlüsse.
Jedenfalls reagieren sie auch sehr stark auf unterschiedliches Sommerwetter und Behangsdichte. Mein Rekordzuckergehalt einer Quitte lag bei einer Konstantinopler Apfelquitte bei sagenhaften 110°OE, das sind 22,6° Brix. 2018 lagen die Zuckergehalte durchweg deutlich oberhalb 70°, ebenfalls mit noch weit höheren  Spitzen-Einzelwerten. Das Jahr war bekanntlich extrem trocken und heiss. Quitten waren das einzige Obst, das ich noch ernten und verwerten konnte, Äpfel und Birnen vertrockneten am Baum und fielen schliesslich im November faulend und klein herunter. Auch ganze Apfelbäume starben auf unserem schlechten Boden ab. Nur auf besserem Boden gab es noch Ernten, dann aber mit starken Qualitätseinbussen, Fehlaromen, ein klebriger Saft ohne Säure. Quitten nicht, sie waren gut und aromastark wie nie. In normalen Jahren bringen Quitten hier 52-58°OE (11,3° Brix), die Unterschiede zwischen den Sorten sind bei gleicher Behangstärke nicht gerade riesig.

Diesmal geht es um die Verarbeitung von Quitten, vor allem der Saftherstellung. 2018 habe ich erstmals grössere Mengen reinsortig hergestellt. Mit zwei Methoden: Einmal mit einer Hydropresse in eigener Regie. Dann mit einem Freund zusammen in der Lohnmosterei mit grosser, klassischer Packpresse, wo wir jedes Jahr auch unsere Äpfel pressen lassen. Kleinere Mengen bis 20 Liter habe ich früher schon mit einer kleinen Spindelpresse, Mengen bis 10 Liter mit dem Handpressbeutel gemacht. Wir produzieren darüber hinaus regelmässig Quittenspeck und Quittengelee. Der Freund lässt sie auch reinsortig vergären, ich habe sie bisher immer nur dem Apfelgärmost beigemischt.

Welche Quitten für Saft?


Alle Sorten sind für reinen Quittensaft gut brauchbar. Entscheidend ist der Reifezustand und der Zuckergehalt. Bei voller Ausreife hat keine Sorte noch unangenehm viel Gerbstoffe. Wichtigster Anzeiger, ob sie reif wurden und genug Sonne bekamen ist der Zuckergehalt. Presst man ein paar Probefrüchte und misst weniger als 50° OE, sollte man vorsichtig sein. Das halte ich für die Untergrenze für Saft. Gewiss kann auch leichter Saft gut sein, das sollte man aber erst einmal gut verkosten und beurteilen, bevor man 500kg davon durch die Presse jagt und dann merkt: Der ist nix. Solche Quitten sollte man nur zugemischt im Apfelsaft verwenden, zusammen mit süssen Äpfeln. Dort helfen sie bei der Klärung, die Gerbstoffe werden verdünnt und das Aroma vielfältiger.
Meine Hauptsorte für reinen Quittensaft ist Lescovac, sie reift hier zuverlässig aus, bringt einen relativ hellen Saft mit ausgewogenen Komponenten. Lecker. Ein einziger älterer Baum liefert jährlich 100-250kg, Lescovac alterniert auch weniger wie viele andere Sorten.

Verarbeiten, pressen


Waschen, ausschneiden, abreiben
Wie haben wir den Saft gemacht? Zuckergehalt der Früchte gelegentlich geprüft ob er noch ansteigt, Quitten geerntet als sie von selbst vom Baum fielen. Ohne weitere Lagerung (sie werden nicht besser durch Lagerung, sondern veratmen ihre Aromen Stück für Stück) flaumreiche Früchte mit einem alten Stück Stoff abgerieben, schlechte Früchte aussortiert oder nur schlechte Stellen ausgeschnitten. Ob man den Flaum auf der Schale abreibt, ist Geschmackssache. Lescovac hat in normalen Jahren sowieso kaum welchen. Ich finde, das ist nicht so wichtig, aber damit bin ich wohl in der Familie in der Minderheit. Also gibts eine Abreibung. Mit der Obstmühle mahlen. Quitten wirken zwar hart, sind aber mit den Hobby-Obstmühlen problemlos zu Maische zu verarbeiten. Die Maische kommt in die Presse, eine Hydropresse mit 40l - Presskorb. Nach zehn Minuten ist der Saft draussen, die Maische ausgepresst und kann entfernt werden. Sie ist guter, kompostierbarer  Dünger oder noch besseres Tierfutter für Schafe. Fertig ist der Rohsaft.

Mit dem elektrischen Obstmuser mahlen
Abhängig von der verwendeten Technik kann man die entflaumten Quitten auch in eine Lohnmosterei bringen, dort sind 100kg aber meistens die Mindestmenge und man bezahlt für die Pressung. Vorteil ist auch, dass die Pressen mittlerweile alle eine Bag-in-Box Abfüllung bieten, man kann den fertigen Saft sterilisiert in Folienbeutel abfüllen lassen. Bis 150kg ist Eigenverarbeitung sinnvoll, darüber werden die Mengen einfach zu unhandlich. Pressen geht natürlich auch in kleinen Spindelpressen oder einem Nylonpressbeutel von Hand. Man braucht auch keine Obstmühle für kleine Mengen, bis 10kg kann man sie auch mit einer fein- bis mittelgroben Raspelscheibe einer Küchenmaschine reiben und dann mit dem Pressbeutel auspressen. Nur von Dampfentsaftung ist abzuraten, die Aromenqualität sinkt bei dieser Extraktionsmethode ziemlich ab.

Sie sind sehr gut pressbar, aber die Ausbeute ist mit 50-60 Gewichtsprozent Saft etwas geringer wie bei Apfelsaft, der bis zu 75% Ausbeute haben kann.
Quittenmaische, frisch gemahlen
Einfüllen der Maische in die Hydropresse
Der Saft fliesst
Ausgepresste Maische

Abfüllen, Haltbarkeit, Verwendung


Frisch gepresster Rohsaft
Der Saft klärt sich sehr aufgrund der enthaltenen Gerbstoffe schnell von selbst und wird dunkel. Roh schmeckt er herrlich, man sollte sich ein paar locker verschlossene Flaschen davon in den Kühlschrank stellen, ein paar Tage ist er haltbar bevor er gärt. Den Rest kann man erhitzen und steril in Flaschen füllen (dabei wird der Saft wieder hell) oder roh in ein Druckmostfass geben. Dort beginnt er auch zu gären, aber der gärungsbedingt entstehende CO2-Duck würgt die Gärung auch gleich wieder ab, er bleibt monatelang frisch obwohl er ungekocht ist. Sein Aroma hält sich sehr gut.

Quittensaft trinken wir wie Wein. Pur, unverdünnt, mässige Mengen, nicht gegen den Durst sondern zum Genuss. Apfelsaft ist oft in Verdünnung besser und auch besser durstlöschend, bei Quitten sehe ich das anders. Diese Aromabomben mit ihren leckeren Gerbstoffen verlangen nach kleinen Schlucken und langsamem Genuss statt nach Verdünnung und runterkippen. Aber das ist Geschmackssache. Leichtere Quittensäfte sind in gleicher Verpackung kürzer haltbar wie Apfelsaft. Nach einem Jahr ist die Frische nicht mehr da. Möglicherweise kann eine Ascorbinsäurezugabe das verbessern.

Roher Quittensaft lässt sich natürlich auch vergären, der oben erwähnte Schaumwein ist ein Produkt daraus. Ferner wurden schon sehr gute Essige aus Quittenmost hergestellt, Quittengelee in tausend Variationen, Likör, ein Pudding, Glühwein/Punsch, zum aromatisieren von Torten und Gebäck.

Am herrlichsten ist Quittensaft jetzt im Winter in einem Weinglas am Kamin, während es draussen trübe und kalt ist. Die goldene Frucht des Sommers erleuchtet uns in trüber Jahreszeit von innen.
Druckmostfass