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Freitag, 3. Januar 2025

Regenfleckenkrankheit am Kernobst, unvermeidlich?


Apfel am Baum mit Russtaukrankheiten

Wer Apfelbäume hat, kennt sie höchstwahrscheinlich gut und sie verfolgt uns auch durch die gesamte Lagerdauer - also auch jetzt mitten im Winter. Wer Äpfel nur kauft, kennt sie nicht: Die Regenfleckenkrankheit oder Russfleckenkrankheit und die Fliegenschmutzkrankheit. Es sind Schalenkrankheiten von Apfel und Birne, sehr einfach zu beschreiben und zu sehen. Die Früchte sehen schmutzig und russig aus, dunkle Wolken sitzen auf der Schale, schwarze Sprenkel. Das alles lässt sich anders als Russ oder Schmutz nicht so einfach flott mit kaltem Wasser abwaschen, die Äpfel werden so nicht sauber. Besonders stark sind die Flecken an grün- und gelbschaligen Sorten zu sehen. Berostete und rotschalige Sorten sind optisch weniger befallen. All diesen Wolken ist gemein, dass sie nur auf der Schale sitzen, sie dringen nicht durch die Schale ins Fruchtfleisch ein. In feuchten Jahren können auch Äpfeln und Birnen aus guten Lagen befallen sein, ansonsten trifft es vor allem Tallagen, nicht ganz windoffene Lagen, Frühnebellagen, Senken, Bäume die hinter zeitweiligen Schattenwerfern stehen oder dicht beieinander. Die Grundregel: Je luftiger und je trockener, desto weniger Regenflecken.

So leicht man die Krankheit sieht und erkennt, so schwierig ist die Biologie dahinter. Vieles wurde lange nicht verstanden und bis heute gibts es neue Erkenntnisse.

Biologie der Erreger

Kräftiger Befall Fliegenschmutzkrankheit

Die ist komplex und sehr breit. Der Haupterreger wurde erst in den letzten Jahren identifiziert: Der Pilz "Peltaster cerophilus" ist hauptverantwortlich für Regenflecken und "Schizothyrium pomi" für die Fliegenschmutzkrankheit. Aber nur in Mitteleuropa, anderswo geben andere Pilze den Ton an. Leider gibt es noch hunderte weitere Erregerpilze, die bei Regenflecken mitmischen, es handelt sich immer um einen Pilzkomplex. Die Infektion kann zwischen Blüte und Ernte immer passieren. Es gibt keine Hauptinfektionszeiträume, es reicht eine bestimmte Zahl von Studen mit feuchter Schale und mässige Temperaturen. Sichtbar wird der Befall aber erst viel später. Man hat also lange noch optisch schöne Äpfel, die aber längst befallen sind. Die Pilze überwintern auf anderen Wirtspflanzen, je nach Pilzart bevorzugt werden Brombeerblätter, Hundsrose, Schlehe sowie 40 weitere Pflanzen. Stark zur Überwinterung genutzt werden auch Fruchtmumien. Aber auch bereits befallene Früchte sporen aus und sind infektiös, damit können die Pilze mehrfach im Jahr das Obst infizieren.

Makroaufnahme der Fliegenschmutzkrankheit

Gibts das auch in Obstplantagen?

Mässiger Befall im Makro: Die Pilzstrukturen sind sichtbar

Im konventionellen Obstbau existiert so gut wie keine Regenflecken oder Fliegenschmutzkrankheit. Es interessiert sich auch niemand dafür. 20-40mal wird mit Pestiziden jede Saison durch die Plantage gefahren, im Extremfall 50mal - das war zum Beispiel im Vinschgau der Fall, nachgewiesen 2017 über Betriebshefte von 681 Bauern. Darunter sind auch viele Fungizidspritzungen und die meisten der Profifungizide haben eine Nebenwirkung auf die Schalenpilze, sorgen so dafür dass sie gar nicht erst Fuss fassen.

Anders im Bioanbau, vor allem in eigentlich wenig geeigneten Regionen wie dem Bodensee. Dort und anderswo kommt es vermehrt zur Regenflecken. Auch dort gibt es Mittel für den Profieinsatz gegen allerlei Pilzkrankeiten, vor allem Apfelschorf, die Wirksamkeit der im Ökolandbau zugelassenen Stoffe und Methoden ist weniger breit und stark. 

Starker Befall im Makro, mehre Pilzarten mischen sich

 

Folgen von Regenflecken oder Fliegenschmutzkrankheit

Optische Mischformen zwischen Regenflecken und Fliegenschmutz.
Es gibt alles und es wechselt von Jahr zu Jahr.

Die wichtigsten negativen Folgen sind:

  • Wer Äpfel oder Birnen verkaufen will, kann das bei befallenem Obst vergessen. Deutlich mit Regenflecken besetztes Obst ist nicht vermarktungsfähig. Im Gegensatz zu inneren Problemen wie mangelnder Reife, Kernhausschimmel, Kavernen wegen Lagerfehlern etc. erkennt der Kunde Regenflecken optisch schon von weitem und sofort. Ein sehr gut schmeckender Apfel mit Regenflecken wird nicht gekauft, Obst das wie Müll schmeckt aber gut aussieht wird gekauft. Man ärgert sich vielleicht hinterher, aber der Kauf ist schon getätigt, das Geld geflossen.
  • Die meisten Leute lehnen derartiges Obst auch privat ab. Kinder wollen es nicht. Es sieht einfach schmutzig aus, russig, ungesund. Man muss sich die Mühe machen, es stückweise zu reichen, geschält oder verarbeitet zu Kuchen, Apfelmus, Apfelküchle etc.
  • Meiner eigenen Erfahrung nach hat es durchaus negativen Einfluss auf Eigenschaften des Obsts, nämlich seine Lagerfähigkeit. Die glattschaligen Sorten, die besonders gerne befallen werden bilden alle eine mehr oder wenige kräftige natürlich Wachsschicht aus, die meist erst bei Reife und Lagerung deutlich spürbar wird. Die gleichmässige Bildung von Apfelschalenwachs wird aber durch die Schalenkrankheiten behindert, in der Folge fehlt die Schutzschicht, trocknen die Äpfel schneller aus, werden weich und bauen schneller ab. In einem Profilager mit perfekter Temperatur und Luftfeuchte wäre das egal, aber in unseren Hobbylagern, Garagen, Kellern, Lichtschächten, Holzsteigen in der negative Einfluss deutlich.
  • Früh sichtbarer Befall am Baum erhöht auch das Sonnenbrandrisiko - schwärzliche Äpfel heizen sich stärker auf als rein grüne Äpfel. Auch Ausfärbung und Ausreife sind gestört, wenn die Schale wegen der Pilzauflage schlechter belichtet ist.

Was tun dagegen?

Für uns Nutzgärtner die wichtigste Frage - was können wir gegen Regenflecken und Fliegenschmutzkrankheit tun? Dazu können wir uns am Bioanbau orientieren, dessen Methoden teilweise auch im Hausgarten und der Obstwiese umsetzbar sind, wenn auch nicht der technische Aufwand möglich ist, den der Profianbau treiben kann.

Behandeln. Die Hoffnung auf "spritzen" trügt bei Regenflecken. Höhere Bäume kann man sowieso nicht gut behandeln, das ist etwas für Zwergbäume und sorgfältig durch Schnitte höhenbegrenzte Bäume und ein gutes Handspritzgerät. Mittel der Wahl bei behandelbaren Bäumen wäre Kaliumbikarbonat, der altbekannte Bruder von Küchenbackpulver, Natriumbikarbonat. Das wird auch gegen Apfelschorf verwendet, fast schon ein mildes Breitbandfungizid. Ein bekanntes kommerzielles Produkt ist "Kumar", das enthält neben Kaliumbikarbonat auch Netz- und Haftmittel und es vermindert im Profianbau tatsächlich auch nachweisbar Regenflecken, aber trotz optimaler Formulierung nur teilweise. In der Praxis des Hobbygärtners ist reines Kaliumbikarbonat wenig wert. Bei jedem Regen und sogar stärkerem Nachttau wird es sofort abgewaschen, aufgrund der Verschiedenheit der riesigen Pilzfamilie die unter dem Namen "Regenfleckenkrankheit" läuft gibt es ständig Infektionstage in der Vegetationszeit für irgend eine Version der Pilze. Die Sporen fliegen ganzjährig, man müsste dauernd behandeln. Ich bin damit nicht klar gekommen und auch im Bioanbau schafft Kumar nur eine Verbesserung, aber keine zuverlässige Verhinderung.

Apfel, frisch gewaschen

Waschen nach Ernte. Dazu gibts viele Versuche im Bioanbau und das ist auch die Methode, die beim Nutzgärtner einige negative Folgen zumindest verbessert, die ich auch mache. Und so geht es: Äpfel in einen Eimer mit Wasser füllen, das auf 40°C erwärmt wurde. Durch die hineingelegten Äpfel kühlt es sich auf unter 30°C ab, also lauwarm. Zehn Minuten stehen lassen, das ist wichtig. Äpfel einzeln herausnehmen und den "Schmutz" mit einem Schwamm abreiben. Ideal geeignet sind dafür Küchenschwämme mit fester Unterseite, kratzfreie Topfschwämme. Mit etwas Übung verletzt man die Schale nicht und beseitigt 80% der Regenfleckenpilze, jedoch nur 20% der (weniger störenden) Fliegenschmutzpunkte. In die Stielgrube kommt man leider nicht und in die Wellen einer Kelchgrube nicht immer. Für die Profis gibt es dafür direkt nach der Ernte Waschstrassen mit Bürsten, das Wasser ist heisser und die Temperatur wird exakt gehalten. Damit verbessert man gleichzeitig auch das Problemrisiko einiger anderer Lagerkrankheiten, wodurch sich der Kostenaufwand wieder mehr lohnt. Ich lagere Äpfel und Birnen ungewaschen und reinige immer nur einen Wochenbedarf, da ich bei der Ernte nicht kistenweise Äpfel abbürsten kann, sondern voll mit der Ernte beschäftigt bin. Infiziert werden können Äpfel übrigens auch nach der Ernte. Niemals Kisten offen stehen lassen, so dass Tau oder gar Regen die Äpfel benetzen können. Sichtbar wird auch das erst später im Lager, dann aber drastisch.

Standort. Siehe oben. Windoffen, luftig, sonnig. Dies ist ein weitgehend theoretischer Ratschlag und typisches Ratgebergeschwätz, denn man kann mit seinen Bäumen weder umziehen noch sich in diesem erstickend engen und vernutzten Land ein passendes Grundstück heraussuchen. Was besser geht, ist luftiger Schnitt, Beseitigung von nahen Windhemmern und Schattenwerfern, auch Unterwuchs sollte kurz gehalten werden. Das sind keine leeren Allerweltsratschläge, sondern hilft tatsächlich ein Stück weit. Die Profis überdachen in Kombination mit Hagelschutz, unten Bewässerung, damit sind die Äpfel trocken, Problem gelöst, Invetitionen aber hoch.

Gelbe Sorten - optisch stärkster Befall

Sorten. Neupflanzungen an Problemstandorten sollten rote Äpfel und vor allem Äpfel mit Berostung berücksichtigen. Regenflecken sind auch ein guter Grund, sich endlich wieder an die erstklassigen berosteten "goldenen" Sorten zu wagen, die schon sehr lange aus dem kommerziellen Anbau geflogen sind, weil man sie dem Kunden nicht zutraute. Das sind Sorten wie Parkers Pepping, auch die alten Klone von Boskoop, Zabergäu Renette, graue Herbstrenette, Osnabrücker Renette, graue französische Renette. Schorfwiderstandsfähige Sorten, insbesondere Neuzüchtungen haben keinerlei Vorteile. Einer der anfälligsten Sorten ist die schorfresistente Neuzüchtung "Topaz".

Hygiene. Wie oben genannt spielen Zwischenwirte und sporenverbreitende Formen der Pilze eine grosse Rolle. Wichtig ist, Fruchtmumien zu beseitigen. Bei Brombeerblättern geht jedoch nicht viel, die habe ich auch massiv in der Nähe, aber ich kann nicht das Gestrüpp in der der Nähe in Grasland umwandeln oder Steinriegel regelmässig mähen. Die Fruchtmumien verursachen jedoch am meisten Schaden, bei ihnen sollte man konsequent sein, weil sie auch für viele anderen Katastrophen wichtige Initialkeimverbreiter darstellen, Schorf, Monilia, Marssonina etwa. Sie befinden sich bereits sehr nahe dort, wo die Sporen sowieso hinwollen, an neue Früchte, an neues Laub. Eine Hygienemassnahme an anderer Stelle ist Eintüten von Früchten. Das lohnt sich nur bei sehr exklusiven Sorten an kleinen Bäumen. Das hat man früher tatsächlich gemacht - an Sorten, deren Äpfel einzeln verkauft wurden und weit exportiert, etwas dem weissen Winterkalvill.

Und so bleiben all diese Russtau- und Regelfleckenpilze Dinge, die wir verbessern, aber nicht mit vernünftigem Aufwand verhindern können.

Mittwoch, 16. Oktober 2024

Melonen im schwierigen Jahr, neue Sorten

Melonen 2024 - Mangomel, Ogen, Charentais,
Chamoe, Otome, Gandalf

Kein Jahr ohne eigene Melonen - so auch diesmal. Aber so schwierig und schlecht wie dieses Jahr lief es selten mit den Melonen. Naja, nicht ganz. Seltsamerweise waren Wassermelonen nicht so stark beeinträchtigt.

Beginnen wir statt mit Jammerei mit ein paar Sortenerfahrungen, was war neu, was hat sich bewährt, wo gibt es neue Erkenntnisse?



Mangomel

Mehrere Mangomel-Melonen am Zaun, reif und unreif


Die "Mangomel" habe ich nun das zweite Jahr. Die Sorte ist eine englische Züchtung (ja, auch in England werden Melonen gezüchtet), sie bringt zigarrenförmige Melonen mit bis zu 2,7kg, bei Vollreife aussen blassgelb und innen rosa. Am häufigsten ist ein Gewicht von 0,8 bis 1,5kg. Der Zuckergehalt der Melonen im Sommer an gesunden Pflanzen erreicht um die 50° +-5° OE. Das Aroma ist angenehm, durchaus würzig, sie wirkt süsser als der Zuckergehalt vermuten lässt, weil sie auch wenig Säure hat. Von Mangoaroma ist aber weit und breit nichts zu spüren, dies bleibt Verkäuferprosa oder bezieht sich nur auf die Farben. Das Fruchtfleisch ist zart. Das Niveau von Charentaismelonen erreicht sie nicht, aber so einfach im Aroma wie Zucker- oder Honigmelonen ist sie auch nicht. Intensiv genug für ein würziges Meloneneis war sie. Ich vermute, sie ist eine Hybride aus Honigmelone und einer Cantaloupe - eine gelungene Hybride, bleibt festzuhalten. Ihre Vor- und Nachteile aus der Praxis:

Eine fette Mangomel mit 2,7kg



  • auf gutem Boden hohe Kiloerträge. Ich hatte Pflanzen mit bis zu fünf Melonen gleichzeitig dran, weitere Melonen kamen nach Abreife der ersten Ladung. Die Früchte reifen immer leicht folgernd, so dass man nicht an einem Tag fünf reife Melonen hat, sondern mehr oder weniger Abstand zwischen den Vollreifeereignissen herrscht.
  • Sie hält lange durch und zählt zu den Sorten, die an Anfang August (je nach Jahr auch früher) bis in die ersten Oktobertage gute Früchte liefern. Auch bei schlechtem Wetter kann sie süss und aromatisch werden, sie schafft das besser als andere Sorten.
  • Auch gelagert hält sie gut durch, im Kühlschrank ohne Verluste einige Tage.
  • Relativ gesund in Wurzel und Blatt. Melonen sind zwar alle empfindliche Gewächse, Mangomel ist aber auf der besseren Seite. Echten und falschen Mehltau bekommt sie wie die Anderen, das lässt sich verhindern (dazu die anderen Blogbeiträge), weitere Krankheiten waren noch nicht zu beobachten. Auch die Wurzelgesundheit ist gut, es hat noch keine Pflanze schlappgemacht, im Gegensatz zu anderen Sorten am selben Standort.
  • Manchmal löst sich der Stiel bei Reife von selbst, aber nicht immer. Farbe und Duft zeigen aber den Reifezustand immer zuverlässig an. Je nach Wetterlage bekommen die Früchte manchmal Längsrisse, das ist aber mehr ein optisches Problem. Man erntet dann und isst sie bald. Sie faulen deshalb nicht sofort und vor allem gären sie nicht gleich.
  • Seit letztem Jahr ist sie sehr leicht erhältlich, viele Samenverkäufer haben sie im Angebot. Es ist keine Superspezialsorte mehr. 

Die kommt ins Dauerprogramm.

Sweet Granite

Melone Sweet Granite - warme Farbe

Ein hübsches Ding, sehr orange bei Reife, sieht optisch nach Sommer aus. Gesunde Pflanze. Ertrag könnte besser sein. Im Aroma, Fruchtfleisch, Süsse eine Cantaloupe, also ein bisschen würzig, süss, schafft um die 50° OE, der Melonen-Durchschnittswert. Der Schalenbereich ist etwas dick. Dafür kam sie erkennbar gut mit dem schlechten Wetter klar. Reifezeit normal. Gute Anfängersorte und sehr schön.

Sweet Granite halbiert - der grüne Rand ist typisch, auch bei Vollreife
 

Rocky Ford

Melone Rocky Ford in der Hand vor dem Beet

Das ist ein Trumm! Die Melone stammt von 1880 und zeigt einen Stil, der untergegangen ist, denn die Mode hat sich geändert. Ähnliche Sorten waren früher sehr populär, man hat sie nicht nur gegessen, sondern auch eingemacht.

Die Rocky Ford bringt es auf über 4kg. Die Früchte zeigen früh ein wunderschönes Netzmuster, in dessen irregulären Tiefen man sich verlieren kann. Reif werden sie zwei Wochen nach den ersten Frühsorten im August. Dann wird die Melone ockergelb und bekommt einen stärkeren Duft, aber der Stiel löst sich nicht. Die Schale ist fest und bleibt es. Aufgeschnitten zeigt sie hellgrün bis nach innen hin weissliches Fruchtfleisch, überreif wird sie fast etwas mehlig in der Struktur. Süsse ist vorhanden, jedoch nicht vollsüss, nicht sauer. Beherrscht wird sie von einem sehr speziellen Aroma, das ich bei keiner anderen Melone erlebt habe. Es wirkt erdig, etwas seltsam, mein Stil ist es nicht. Zusammen mit der Grösse schafft man es kaum, die Melone auch zu verdrücken.

Melone Rocky Ford halbiert und Schnitze

Früher gab es diese grossen, manchmal sehr grossen Netzmelonen mit begrenzter Süsse häufiger, die "Berliner Netzmelone" ist auch so ein Vertreter, aber noch grösser und noch weniger süss. Sie brachte bis zu 14kg auf die Waage, wurde ebenfalls gerne eingemacht statt frisch gegessen. Andere grosse Netzmelonen sind ganz verloren gegangen oder werden nur von Hobbygärtnern erhalten. Sie alle haben gegen Importmelonen verloren, die handlich und süss aus dem Süden importiert werden, die Bedürfnisse und der Geschmack hatten sich gewandelt.

Rocky Ford - Netzmelone oder Zen-Garten?


Ogen

Grosser Blütenrest


Ganzer Name Ha'Ogen. Auch ein alter Klassiker. Gerne wird behauptet, sie stamme aus einem Kibbuz in Israel. Sie stammt aber aus Ungarn, wurde dann von einem ungarischen Auswanderer in Israel bekannt gemacht. Mit dieser Sorte wurde viel weitergezüchtet, auch Galia-Melonen haben sie im Stammbaum.

Sie reifte spät. Gewicht hatte sie dann 1,5kg, bekam Risse bei Reife, aussen wurde sie gelbgrün mit grünen Rippen, wenn sie reift. Innen grünes Fruchtfleisch, zum Kernhaus hin noch heller. Stiel löste so halbwegs, machte aber ein grosses Loch in der Melone, auch die Blütenseite war recht gross vernarbt. Zuckergehalt und Aroma liegen auf durchschnittlichem Niveau, irgendwie fehlte mir der Grund, sie interessant zu finden. Mit den Nachfolgern ist man besser bedient, meine ich.

Innen Grün

 

Wassermelonen

 
Wassermelone "Otome"
Seltsamerweise gelangen die dieses Jahr besser, wenn man ihnen viel Licht, Luft und Raum liess. Vor allem "Otome" und "Tigrimini" machten sehr viel Spass, die ältere Sorte "Red Star" war auch nett. Tigrimini lieferte auch kräftig. Sie hat kleine Kerne, das Aroma ist gut, fast schon zu süss. Ihre Schale ist ausserdem dünn, sie hat eine gutes Nettogewicht. Werde ich wieder pflanzen.
 
Interessant war dieses Jahr eine Messung, die mehr Licht in die alte Frage bringen sollte "wann ist die Wassermelone reif"? Dazu hatte ich eine Tigrimini auf eine mechanische Waage gelegt und täglich morgens und abends das angezeigte Gewicht aufgeschrieben, über einen Zeitraum von drei Wochen. Zu Beginn der Messung war die Melone schon über 2kg schwer und am Ende liess ist sie sogar überreif werden, um zu sehen wie sich das auswirkt. Die Messdaten waren dann recht interessant. 
  • Gewichtskurve einer Wassermelone
    Tagsüber legte sie wenig bis nicht an Gewicht zu. Die Zunahmen passierten vor allem Nachts.
  • Schlechtes Wetter, Kühle (vor allem Nachts bei 10°C und weniger) bremste die Zunahme, insgesamt verlief das Wachstum aber erstaunlich konstant, langsam zur Reife hin absinkend.
  • Eine Waage ist zur Reifefeststellung tauglich. Sinkt die Gewichtsänderung ein paar Tage auf < 1% Zunahme innerhalb 24 Stunden und bei normalem Wetter, kann man von Reife ausgehen. 
  • Eine leichte Zunahme findet sogar noch statt, wenn sie anfängt zu gären. Doch dann sinkt das Gewicht wieder in der Überreife.
Die anderen Reifemethoden sind natürlich ebenso tauglich - sich an der Gewamtwachstumsdauer im Sommer orientieren, die etwa fünf Wochen ab eigrosser Frucht beträgt. Der Ton beim klopfen klingt hohl-dumpf, wie wenn man auf Gummistiefel klopft. Die Farbe an der Auflagefläche ändert sich von grün zu hellgrün zu gelb zu orange, aber nur wenn sie satt auf dem Boden aufliegt.
 
Melone auf der Waage zur Reifefeststellung
 

Petit Gris de Rennes

Die letzten Petit Gris de Rennes  im September, reif
Die habe ich jedes Jahr, eine meiner Hauptsorten. Dieses Jahr hatte sie Startschwierigkeiten, bekam spät Früchte und auch nicht viele. Der geringe Behang führte dann aber zu Riesenfrüchten, wie ich sie noch nie hatte. 

Diese Sorte habe ich schon öfter beschrieben, die vorgefundenen Eigenschaften haben sich alle bestätigt. Unter den alten Sorten ist das eine gute, zuverlässige, wohlschmeckende Charentaismelone.

 

Charentais

Charentais - höchste Zeit für die Ernte!

Ohne sie geht es nicht und deshalb tauchte sie hier auch schon in vielen Beiträgen auf, zum Beispiel dort. Die alte Sorte ist nicht nur Sorte, sondern auch Namensgeber der ganzen Klasse dieser Melonen, der Charentaismelonen - klein, so würzig wie keine andere Klasse, früh. Eine Mimose, aber auch eine Perle. Kleine Frucht, auch die Pflanze, hält nicht lange durch im Sommer. Aber Anfang August, als es mal etwas besser Wetter war, wurden auch dieses Jahr die ersten reif und sie waren nach wie vor einfach eine unerreichte Spitze. Sie duftet stark, ihr Fruchtfleisch ist kräftig orange gefärbt. Das intensive würzige moschusartige Aroma ist einzigartig, der sehr hohe Zuckergehalt mit deutlich über 60° OE, genau dazu passende Säure, das ist "Charentais". Die Früchte unbedingt früh auf Holzbrettchen legen, da war ich nicht nicht immer konsequent und hatte dann ärgerliche Verluste.

Melone zerteilt fürs einfrieren

Bei dieser Sorte lohnt sich auch, sie einzufrieren, wenn zu Viele gleichzeitig reif werden. Die Melone wird dazu in keine Kugeln zerschnitten und die werden eingefroren. "Kugelausstecher" lautet der Name des dafür geeigneten Werkzeuges. Damit hat man ganzjährig eine erstklassige Zutat für Obstsalate und andere Dinge zur Verfügung. Da Melonen die Tendenz haben, kurze aber heftige Übermengen zu liefern, ist das eine gute Methode, sie haltbar zu machen statt sich an ihnen totzufressen weil sie gerade alle reif wurden oder sie an Banausen zu verschenken, die sie erst wie Supermarktschrott zwei Tage liegen lassen und dann wegen Gärgeschmack nölen.

Gefrierfertig im Gefrierbeutel

Weitere Sorten

Melone "Ananas" im Sonnenglanz, halbiert
 
Das waren "Gandalf", "Ananas", "Chamoe", "Model" und ein paar mehr mit Einzelfrüchten, so dass eine genaue Beschreibung kaum möglich ist. Gandalf war eine Enttäuschung, eine Standardcantaloupemelone ohne besonders gute Eigenschaften. "Ananas" war schön, lecker, aber auch sehr klein. "Model" haben ich jedes Jahr, ebenso wie die koreanischen Chamoe-Melonen, die sogar einen eigenen Artikel im Blog haben. 
Hübsch ist sie, die "Ananas"

Probleme 2024

Erste Befallszeichen falscher Mehltau.
Für Behandlung schon zu spät.

Wie oben schon bemerkt, war dieses Jahr ein elend schlechtes Melonenjahr. Es war der nasseste Sommer seit 20 Jahren, zudem wurde auch ohne Regen jede einzelne Nacht der Taupunkt erreicht - am Morgen tropft es von den Blättern. Dafür ist mein Standort sowieso anfällig und das hat mir früher schon öfter die Ernte verdorben, weil Pilzkrankheiten schneller waren, am meisten falscher Mehltau. Diesmal habe ich rechtzeitig gegengesteuert, aber die Mühe ist ein hoher Preis.

Auch Wurzelkrankheiten wüteten durch den Starkregen heftig. Selbst im abgedeckten gelagerten Pferdemist, der eigentlich gut drainiert, kam es zu absterbenden Pflanzen. Besonders schlimm ausserdem Schäden durch Vögel, auch an anderen Gemüsepflanzen.

Herausgerissen - das war eine Amsel

Amseln hacken an der Wuchsstelle tief in den Boden und reissen dabei Erde und die Pflanzen gnadenlos heraus, weil sie hoffen dort tierische Nahrung zu finden. Meisen und Tauben zerhacken die jungen Blätter. Netze drüberlegen ist bei Melonen Mist. Die Ranken wachsen sofort in die Netze, alles verhakt sich, die Ranken verwachsen statt in die Länge zu gehen. Vogelschäden nehmen von Jahr zu Jahr zu, eine Erfahrung auch aus der Landwirtschaft. Sehr wenige stark opportunistisch lebende Generalisten-Massenvogelarten werden immer häufiger und profitieren auch an den menschlichen Dauerfütterern, während die Spezialistenarten in der komplett anthropogen umgestalteten Landschaft immer seltener werden.


Chamoemelonen wie Eier im Nest

Sonntag, 21. April 2024

Sterbende Äste an Steinobst: Monilia

Lichte Aprikosenkrone mit moniliabefallenen Ästen

Zweigmonilia,  Monilia-Spitzendürre, monilia laxa oder Monilinia ist in meiner und vielen anderen Lagen die beherrschende und begrenzende Pilzkrankheit an sehr vielen Steinobstarten. Am schlimmsten wütet sie an Aprikosen, Renekloden, Sauerkirschen, Koreakirschen. Stark befallen werden auch Mirabellen, viele Kirschen, Mandeln, Zwetschgen, Pfirsiche. In manchen Jahren erwischt es auch Kernobstaustriebe, dann vor allem Birnensorten. Manche Lagen sind besser, luftigsonnige Südostlagen, Höhenlagen, kontinentales Klima haben Vorteile bis hin zu dem Punkt, dass sie dort überhaupt nicht auftritt. Auch überdacht, etwa an Hauswänden mit Dachüberstand ist Steinobst moniliageschützt.

Wenige Wochen vorher

Aprikosen trifft es immer am stärksten. Dieses Jahr war der schlimmste Befallsfrühling seit langem. Ausgerechnet! Denn ausnahmsweise sind die Blüten und Jungfrüchte lange nicht abgefroren, wie es seit 2017 immer der Fall war. Stattdessen sind diesmal die Zweige samt Jungfrüchten wegen Moniliabefall sofort nach Blüte abgestorben bis hin zum Totalverlust von Bäumen. Es ist zum mäusemelken, einmal friert nichts sofort wieder ab und dann vernichtet diese Krankheit alles. Wie sieht sie aus, Diagnosebild?

Monilia laxa, das Schadbild

Monilia an Koreakirschen (prunus tomentosa)

An Aprikosen ist die Krankheit leicht zu identifizieren. Kurz nach oder schon während der Blüte sterben mindestens die letztjährigen Triebe, sie verwelken. Das kann eine Weile anhalten und auch noch später im Jahr weitergehen. Charakteristisch sind Harztropfen, die durch Saftdruck aus den Ästen austreten. Der Pilz dringt bei Feuchtigkeit (länger Tau nachts reicht) durch die offenen Blüten und Rindenverletzungen in die Äste, breitet sich dort zuerst im jungen Holz aus und blockiert die Saftbahnen. Äste ohne Blüten werden kaum befallen. Hinter der Blockade zur Astspitze hin stirbt der Ast dadurch unrettbar ab, mitsamt Blüten, Früchten, Blättern dran. Vor der Blockade staut sich Saft und Baumharz, tritt schliesslich aus. Man kann zusehen, wie der Baum rückwärts wächst.

Monilia bei einer Zwetschge

Der Harzfluss ist auch Pfirsichen und Mandeln zu sehen. An anderem Steinobst nur manchmal oder nicht. An Birnen verwelkt die ausgetriebene Knospe mit den neuen Blüten und Blättern, auch an Kirschen erwischt es zuerst die Blütenbüschel. Betroffene Austriebe welken.

Monilia in den Austriebsbüscheln von Birnen

Gerne übersehen, aber dann bitter bereut wird es, wenn Moniliapilze durch Winterschnitt in den Baum kommten Vor allem Jungpflanzen, die nach der Pflanzung einen Pflanzschnitt erhalten sind stark gefährdert. Dort dringen Moniliapilze über die offenen Astringe auch in älteres Holz und machen richtig übel Schaden. Vermeidbar! Niemals Steinobst im Winter schneiden. Das wird von selbsternannten Experten gerne in Abrede gestellt, meist weil sie es mal gemacht und haben und "nichts passierte" oder weil sie gar nicht begriffen haben, dass sich Steinobst und Kernobst in diesem Punkt stark unterscheiden. Oder pures Glück oder eine bevorzugte Lage wird dann voller Ahnungslosigkeit zur Allgemeingültigkeit erhoben. Ein Fehler. Auch ich habe dieses Jahr wieder zwei Bäume, Pfirsich und ein Aprikose, die von der Baumschule mit Pflanzschnitt geliefert wurden (auch, damit sie leichter versendet werden können) und deren Äste dann natürlich von den Schnittorten her weit hinein abgestorben sind. Das war auch die Jahre vorher so, dieser Schnitt ist selbst bei günstigem Wetter eine sehr zuverlässige Eintrittspforte in den vormals gesunden Baum.

Monilia an Früchten?

 

Monilia fructigena Fruchtmumie mit veritablem Sporenrasen. Entfernen!
Durch Baumschulen und in Unterhaltungen wird Fruchtmonilia ausserdem gerne mit Zweigmonilia durcheinandergebracht. Für die an Früchten ist ein anderer Stamm verantwortlich, Monilia fructigena. Beide sind zwar nahe verwandt, aber zeigen völlig unterschiedliche Schadorte und Schadbilder. Fruchtmonilia befällt Früchte, wie der Name schon nahelegt. Durch kleinste Verletzungen in der Schale (Insekten, Risse, Wickler, Kirschessigfliege...) gelangt der Pilz in die Frucht, die dann fault. Das passiert bei praktisch allen Baumobstarten, Kernobstfrüchten wie Steinobstfrüchten. Monilia ist massgeblich für hängenbleibende Fruchtmumien verantwortlich. Das sind im Folgejahr böse Sporenquellen direkt neben neuen Früchten und erhöhen den Befallsdruck.

Wenn also irgendjemand, eine Baumschule von "robst gegen Monilia" daherredet, wäre erst einmal zu fragen, welche Monilia eigentlich gemeint ist. Die in Ästen oder die in Früchten? Entscheidend bei Steinobst ist immer Monilia laxa, die Spitzendürre. Eine höhere Anzahl fauler Früchte kann man leichter ertragen wie sterbende Äste und "rückwärts wachsende" Bäume.

Monilia bekämpfen

Charakteristischer Harztropfen vor totem Jungholz

Vorbeugende Massnahmen gegen Zweigmonilia sind:

  • Kein Baumschnitt und keine Astverletzungen im Winter. Steinobst "grün", erst nach der Blüte schneiden, wenn es warm und trocken ist.
  • Luftfeuchte, windstille, morgenschattige Lagen meiden, wenn man anfällige Gehölze pflanzt. Morgensonne ist wichtig, weil solche Orte nach nächtlichem Tau schneller abtrocknen, die Pflanzen sind kürzer feucht. Hört sich leicht an, aber in diesem engen, sehr dicht besiedelten Land kann man sich natürlich keine Grundstücke heraussuchen, man kann schon froh sein, wenigstens einen kleinen Rest-Hausgarten zu haben. Wer Aprikosen am Haus will, sollte unbedingt einen der wertvollen Orte mit Dachüberstand dafür nehmen, am besten einen der Richtung Ost oder Südost geht - Morgensonne statt Wetterseite.
  • Auch durch Verletzungen dringt Monilia ein
    Sortenwahl: Es gibt keine resistenten Aprikosen. Jede einzelne Sorte war dieses Jahr befallen. Sortenunterschiede existieren aber. Die sollte man unbedingt nutzen, wenn man neu pflanzt. Stark anfällig ist übrigens auch alles, was als Wildaprikose und Zuckeraprikose verkauft wird, ebenso praktisch alle alten Sorten, zum Beispiel die Marmeladenaprikose "ungarische Beste". Renekloden sind auch alle anfällig. Bei Mirabellen zeigt sich die Metzer Mirabelle robuster wie die Nancymirabelle. Etwas weniger anfällig zeigt sich bei mir "Orangered", "Kioto", "Elsa", "Mia". "Congat", eine späte Sorte soll auch besser sein, das muss ich noch ausprobieren. Sehr interessant ist ihre Kombination mit einer späten Blütezeit.
  • Der "luftige Schnitt" wird gerne empfohlen. Eine lichte Krone soll weniger anfällig sein. Das halte ich für eine wertlose Formel. Die besonders betroffenen Steinobstsorten wachsen sowieso nie dicht. Und man schneidet sowieso, damit keine Fruchtäste verschattet sind, damit ist das mit erledigt. Besser eine möglichst starkwachsende Unterlage, damit überhaupt Wachstum stattfindet trotz den nötigen Rückschnitten wegen toter Äste.
  • Tote Zweige ausschneiden. Aber erst später ab Frühsommer, niemals zu Infektionszeiten, wenn es feucht und noch kalt ist! Das wird in allen Ratgebern niemals gesagt, ist aber wichtig. Missachtet man das und schneidet noch im Frühling, erreicht man genau das Gegenteil, man zerstört die Äste noch tiefer, durch die offenen Stelle dringen neue Sporen ins lebende Gewebe ein. Erst bei anhaltender Wärme und Trockenheit schneiden, bei Aprikosen schneidet man bis kurz hinter den Harztropfen, von der Astspitze her gesehen.
  • Fruchtmonilia: Fruchtmumien konsequent entfernen.
Monilia: Durch die Blüten eingedrungen

Aktive Bekämpfung: Das übliche Bild, im kommerziellen Anbau kann die volle Dröhnung von Fungiziden auf die Bäume gedonnert werden. Privatleuten wurde Stück für Stück alles entzogen. Das letzte brauchbare Mittel ist "Duaxo Universal Pilz-frei" (Wirkstoff: Difenoconazol), sicher ist das auch bald weg. "Protect Garden Curacor T Steinobst-Pilzfrei" mit Fenhexamid soll etwas wirken, an Aprikosen aber zweifelhaft. Mit diesen Mitteln muss man mehrfach behandeln, wenn die erste Blüte offen ist, wenn der Baum voll blüht und wenn er verblüht ist. Das ist utopisch und gelingt selten, denn gerade in Infektionsjahren gibt es diese Gelegenheiten gar nicht, das ist ja gerade das Problem: Es regnet und deshalb kann man nicht spritzen. Gleichzeitig ermöglicht der Regen erst die Infektionen. Zugespitzt gesagt: Korrekt spritzen geht nur, wenn es unnötig ist, weil kein Infektionswetter herrscht. 

Später Befall an Aprikose, welkende Blätter

Der kommerzielle Anbau darf sich mit ganz anderen Mitteln betrinken: Kupfermittel, Mittel mit Fludioxonil, Mefentrifluconazole, Trifloxystrobin, Pyraclostrobin + Boscalid, Tebuconazol + Fluopyram sowie interessanterweise auch Kaliumhydrogencarbonat (enthalten im Produkt "Kumar") - das ist eine Backpulverart, in Lebensmitteln als E501 zugelassen und hier im Blog schon öfter genannt.

Kaliumhydrogencarbonat kann man auch selbst ausprobieren, weil es leicht erhältlich und anmischbar ist. Verboten ist natürlich trotzdem alles. Angewendet wird es ebenfalls ab Blühbeginn. Keine Rückstände, ungefährlich für Bienen. Einziger Nachteil: Schädigt Raubmilben der Art Typhlodromus pyri (fressen Spinnmilben an Obstgehölzen) und räuberische Blumenwanzen der Art Orius laevigatus (fressen Spinnmilben und Thirpse). Auch solche einfachen und ungiftigen Grundstoffe haben Nebenwirkungen. KHCO3 wirkt immer nur präventiv und nicht kurativ (heilend). Es zerfällt in Wasser, CO2 und Pottasche (Kaliumkarbonat). Dessen Anwendung wird mein Projekt nächstes Jahr.

Dienstag, 26. März 2024

Schnecken im Garten: Garten-Wegschnecke Arion Hortensis gewinnt

Die beiden Hauptgewinnerarten: Kleine Gartenwegschnecke
und spanische Wegschnecke als Jungtier

Schnecken, Gärtners Lieblingsthema. Wahrscheinlich gibts kein einziges Gartenblog, Gartenforum, Gespräche über Nutzgärten, in denen das Thema Schnecken nie angesprochen wird. Gerade ist Pflanz- und Aussaatzeit, da schleimt es besonders hoch, auch bei mir. Reihen wir uns also ein in den Wirbel um die gefrässigen Gastropoden.

Aber keinen Rundumschlag. Vielmehr ist die Frage aktuell und interessant, was sich mit dem veränderten Wetter in Sachen Schnecken getan und verändert hat, wo die aktuellen Probleme liegen. Verändert hat sich nämlich durchaus sehr viel. Es gibt Gewinner, Verlierer und auch alte Probleme sind schwächer geworden, Neue sind entstanden. Im Zentrum soll die Art "Arion hortensis" stehen, die kleine Garten-Wegschnecke. Es gibt anhaltende Diskussionen um genaue Artabgrenzungen, manchmal wird Arion distinctus (gemeine Wegschnecke) dazugezählt und manchmal wird Arion hortensis in Unterarten aufgeteilt. Das soll nicht Thema sein, im folgenden wird von Garten-Wegschnecke die Rede sein, egal wie genau man die sowieso sehr ähnlichen Arten aufteilt. Dieses Viech ist nämlich Hauptgewinnerin, über Jahre hinweg immer häufiger geworden und hat am meisten vom veränderten Wettermuster profitiert. Die Populationsdichten stiegen jahrelang stetig und in den vergangenen Monaten hatte nicht nur ich einen einzigartigen Befallshöhepunkt erlebt, weil die winterliche Regenzeit besonders früh begann.


Arion hortensis, wer ist das?

Kleine Gartenwegschnecke, von oben
Kleine Gartenwegschnecke, von unten

Diese Schneckenart mit vollem Namen "kleine Garten-Wegschnecke" ist eine kleine schwarze bis graubraune Nacktschnecke, hat eine ins Orange gehende Sohle und bleibt damit von oben her farblich sehr gut getarnt. Die Art ist ausgesprochen klein, wenn sie kriecht und langgezogen ist, dann liegt sie bei 3, höchstens 4cm. Sie lebt vorwiegend unterirdisch und kommt gerne nach Regen an die Erdoberfläche. Je trockener der Boden, desto tiefer kriecht sie hinunter. Das kann sie sehr gut, denn sie ist klein und kann sich sehr schmal machen, schon ein winziger Regenwurmgang reicht ihr, grosse Schneckenarten schaffen das nicht. Gerne sitzt sie dann an unterirdischen Wurzelresten, wo noch Feuchtigkeit ist. Damit schadet sie auch Wurzelgemüse viel stärker wie andere Arten, auch in Kartoffelknollen frisst sie sich hinein. Unterirdisch ist sie nicht bekämpfbar. Ihr Riesenvorteil ist zudem, dass sie auf diese Weise auch lange Trockenphasen so gut übersteht und vor allem eines schafft: Sich 12 Monate im Jahr schnell zu vermehren, auch im Winter. Sie wird sofort aktiv, wenn die Temperaturen über Null Grad steigen. Und damit hat sie stark erweiterte Betätigungszeiträume bekommen, denn die Zahl der Frosttage hat sich mehr als halbiert und damit die Aktivitäts- und Vermehrungstage des Winterhalbjahres verdoppelt. Stattdessen ist der Winter zur Regenzeit geworden - die Schnecken jubilieren. Ihre Nahrungspflanzen sind dieselben wie die aller anderer Nacktschnecken. 

Schneckensex zwischen zwei Arion Hortensis. Es sind Zwitter, Jede legt Eier.


Warum ist sie ein Problem?

Petersilienwurzel, durchlöchert von Arion Hortensis

Kleine Schnecke, frisst nicht viel, könnte man denken. Von wegen, sie macht das mit hoher Populationsdichte und starker flächenmässiger Präsenz wieder wett. Sie ist überall. Auch durch Schneckenzäune kommt sie locker, ihre Bodengängigkeit hilft ihr dabei, sie bewegt sich wie gesagt auch unterirdisch. Nematoden auszubringen hilft bei dieser Art und auch bei der spanischen Wegschnecke nicht. 

Kartoffel und Arion Hortensis

Hauptproblem ist, dass sie im neuen Warmwinter so aktiv ist. Hinzu kommt, dass der Winter gleichzeitig eine immer wichtigere Anbauzeit geworden. Wenn die Schnecken nicht wären. Die Pflanzen wachsen langsam, in jeder milden Phase kommt die Gartenwegschnecke und gleich dazu auch die spanische Wegschnecke und wandert zu den Pflanzen. Winterblumenkohl, Winterrettiche, alle Wintersalatsorten, im Spätwinter ausgepflanzte und gekeimte Jungpflanzen, Kulturen die heute auch im Winter im Beet bleiben wie Teltower Rübchen, Wurzeln der gelben Rübe ab Herbst massiv, sie schlagen zu. Der hohe Besatz mit Arion Hortensis sorgt dann rund ums Jahr auch im Sommerhalbjahr für anhaltende Schäden, dann nicht nur ober-, sondern leider auch stark unterirdisch.


Was tun gegen die kleine Gartenwegschnecke?

So sitzen sie an Brettern

Eine wirkliche Lösung habe ich nicht gefunden, nur viele Dinge die nicht funktionieren und ein paar, die ein bisschen funktionieren.



  • Nematoden: Wirkungslos. Die sauteuren Produkte mit beispielsweise PH Nematoden (Phasmarhabditis californica) gegen Schnecken kann man sich sparen.
  • Schneckenzaun: Wenig Wirkung. Auch teuer und unbequem. Innerhalb des Zauns muss erst strikt bekämpft und dann stetig beobachtet und weiter bekämpft werden. Wirkt besser gegen grosse Arten.
  • Nützlinge: Eine Dauerlüge, die längst nur noch nervt weil sie jeder nachplappert, ohne zu wissen was er sagt. Wir haben nachweislich eine sehr hohe Igel- und Blindschleichendichte, trotzdem explodierte der Schneckenbesatz geradezu. Eine Wildkamera filmt ständig neben anderem Getier auch Igel und selbst wenn nach Regen die Schleimer offen über den Boden kriechen, laufen die Stacheltiere ausnahmslos daran vorbei. Jedenfalls an den heutigen echten Problemarten.
  • Pak Choi Jungpflanze
    Schneckenkorn half nicht
  • Schneckenkorn: "Ferramol" mit Eisen-III-phosphat ist praktisch wirkungslos ggen Arion Hortensis und gleichzeitig das teuerste Schneckenkorn, bezogen auf die empfohlene Aufwandsmenge pro Quadratmeter. Profis verwenden es nicht. Tönnchenförmiges Schneckenkorn mit Metaldehyd (=Trockenspiritus wie in "Esbit") wirkt mässig bis schlecht. Produkte mit kleinerem Granulat (z.B. "Schneckenlinsen") wirken mässig. Die Aufwandsmenge pro Quadratmeter ist identisch, aber das feinere Granulat wird dichter gestreut, so dass die winzigen Gartenwegschnecken es leichter finden. Trotzdem dünn streuen und zwar nur direkt nach Regenende. Dann aber konsequent, bevorzugt Abends.
    Generell sind diese Präparate aber viel schlechter als man hofft. Da Stück für Stück alles verboten wird, wurde vor zwei Jahren der Metaldehydgehalt per Vorschrift ganz kräftig abgesenkt, der beträgt jetzt noch 25g/kg, die Landwirte können weiterhin welches mit 59,1 g/kg Metaldehyd nehmen, weil ja schliesslich ins kommerziellen Beet keine Nützlinge gehen (Vorsicht, Ironie). Wir sollen also wie immer lieber mit Hilfe der Maximaldröhnung angebaute Produkte kaufen statt selber anbauen. Solange daran verdient wird (weniger der Anbauer verdient, mehr der Staat über Steuern und der Schneckenkornhersteller sowie Händler), ist eben alles besser. Achja, logisch: Selbstverständlich wurde das schwächere Schneckenkorn teurer, nicht billiger.
  • Unter Holz im Winter, kein Ausnahmebild.
    Die sauberste, wenn auch nicht müheärmste Methode sind Holzbretter. Alle Arten, aber ganz besonders die Gartenwegschnecke lieben glattes, feuchtes Holz, um dort drunter bei Trockenheit zu ruhen. Meine Wege zwischen den Beeten sind nicht zuletzt deshalb mit simplen, locker aufgelegten Brettern realisiert: Glattkantbretter, Fassadenholzbretter, Schalbretter, breite Holzlatten. Etwas Patina wirkt besonders anziehend, weil sie Mulm und zusätzlich Feuchtigkeit schafft. Man geht durch den Garten, dreht die Bretter um und beseitigt die daran haftenden Schnecken, guckt sich dann noch den Boden unter der Auflagefläche an. Ich habe im gesamten "Winter" regelmässig Bretter mit -zig Schnecken drunter gefunden. Wenn ich das alle zwei Tage und bei feuchter Witterung täglich mache, pendelt sich die Fundrate auf täglich ein bis drei Schnecken pro Meter Brett ein. Besonders die Zonen Richtung Nachbargrundstücke sind wichtig, auf denen nichts bekämpft wird. Von dort wandern sie stetig ein und verstärken die sowieso schon überall vorhandene Population.
  • Vorhanden und gut getarnt
  • Kombinationsmethoden waren mal gut, heute nicht mehr richtig. Typisches Beispiel: Schneckenkorn unter Holzbrett. Damit verhindert man auch, dass Schneckenkorn von anderen Tieren direkt oder indirekt aufgenommen wird, ähnlich wie Köderboxen mit grössenbegrenztem Zugang. Nur Nacktschnecken, die sich bevorzugt unter die Bretter verkriechen können kommen damit in Berührung, keine grossen Schneckenarten, keine Gehäuseschnecken, keine anderen Tiere. Diese Methode wurde uns durch die erzwungene Wirkstoffabsenkung leider versaut. Unter dem Brett ist es dauerfeucht, die Schnecken überleben dann das schwach wirkende Schneckenkorn mittlerweile oft, bleiben nur eine Zeitlang inaktiv und machen irgendwann einfach weiter. So führt in der Praxis die verordnete Wirkstoffverdünnung sogar dazu, dass wieder mehr unerwünschte Beifänge entstehen, weil man das neue schwache Zeug nun erst recht flächig und stärker ausstreut, damit es überhaupt Wirkung zeigt.

 

Andere Arten

Junge spanische Wegschnecken, Arion vulgaris.
Alt werden sie ziegelrot.

Auch die bereits genannte spanische Wegschnecke (Arion vulgaris, jung meist gelbbäunlich, nicht immer von der Gemeinen Wegschnecke Arion distinctus zu unterschieden) profitiert vom neuen Wetter, aber sie vermehrt sich nach wie vor weniger im Winter, sondern erst wieder ab Ende Februar. Dann aber auch heftig. Die Kleine Wegschnecke (Arion intermedius) blieb wie sie war häufig, alle anderen Arten haben abgenommen, etwa schwarze und andere Schnegel, Weinbergschnecken, Schnirkelschnecken. Alle diese Arten leiden eher durch die langen, heissen Trockenphasen und können das in der Winterregenzeit nicht ausgleichen. Weinbergschnecken sind deshalb nicht nur im Garten, sondern auch auf meinen Obstwiesen zur Seltenheit geworden, obwohl sie vorher dort häufig waren. Die grossen Schnegel haben ebenfalls Seltenheitswert, nur im Wald sind sie noch häufig.