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Sonntag, 26. September 2021

Fehlschläge des Jahres

Seine dicksten Melonen, die buntesten Tomaten, die längsten Bohnen, sein trickreich gezogenes exotisches Obst, das stellt jeder Gartenfreund gerne vor. Zu den Fehlschlägen und Reinfällen hält man sich gerne deutlich bedeckter, obwohl so mancher Nutzgärtner Jahr für Jahr mehr Fehlschläge wie Erfolge erlebt. Aber da muss man durch: Was waren die grössten Reinfälle dieses Jahr? Hier meine Jammerliste:

 

Lügende Rüben: Teltower Rübchen gefälscht

Richtiges Bild, falsches Gemüse

Ich hätte es wissen müssen, schon die Beschreibung war nicht ganz koscher. Das Bild auf dem Samentütchen zeigte aber ganz eindeutig Teltower Rübchen. Die Rückseite der Tütchens beschrieb allerdings den Anbau von Gurken. Leider war der Inhalt auch Gurke. Das stellte sich dann heraus, als ich mein Lieblings-Wurzelgemüse "Teltower Rübchen" auch dieses Jahr im August auf extra grossem Beet ausgesät hatte. Die Pflanzen wuchsen kräftig, grosse Freude. Bis ich merkte, was unten dran war: Gewöhnliche rundovale weisse Mairüben. Die sind geschmacklich was völlig anderes, auch viel schlechter haltbar und hätten mit mehr Abstand gesät gehört, diese Sorten sind zudem weit billiger. Keine Teltower Rübchen für mich dieses Jahr, das ist bitter. Für eine erneute Einsaat war es zu spät. Und sowas wird in Raiffeisenmärkten verkauft... liebe Firma Dürr: Nie wieder. Traurig ist auch, dass selbst in Saatgutfirmen die Kompetenz von Gemüse und Gemüsesorten so weit abgesoffen ist, dass es offenbar nicht mehr auffällt. 

Gurken? In der Tat.

 

Tomaten: Das Ende der schönen Tomatenzeit

Tomaten, nix wars. Braunfäule, das wars.

Die letzten Jahre waren ausnahmslos trocken und heiss. So viele Nachteile das hatte, ein Vorteil davon war: Plötzlich gelang jede Tomatensorte. Tomatenanbau für Dummies im Freiland, alles klappte. Man gewöhnte sich sehr schnell daran. Dieses Jahr kam der Rücksturz in alte Zeiten, viel Blattfeuchte sorgte in unserer Region für den kompletten Zusammenbruch der Freiland-Tomatenkulturen bereits Mitte Juli. Flächendeckend. Königin Braunfäule regierte wie eh und je und frass sich durch Früchte wie Pflanzen. Wie gut hatten wir diese früher häufige Entwicklung verdrängt, wie bitter war der Zusammenbruch nun. Ein böses Erwachen. Die letzten Jahre hatten wir wenig anfällige Sorten nicht mehr ernst genommen, es klappte auch so. Behandlungsmittel gegen Braunfäule haben wir ignoriert, braucht man nicht. Wer sich dieses Jahr  angesichts mühevoll gezogener und dann abgefaulter Pflanzen des Pflanzenschutzes erinnerte, stellte obendrein fest, dass eine wichtige Mittelgruppe nicht mehr verfügbar und nicht mehr zugelassen war.

So ähnlich lief es übrigens auch beim Wein: Totalschaden durch Echten und falschen Mehltau nach vielen Jahren, in denen auch empfindliche Sorten was wurden.

 

Feigen: Es klappt einfach nicht

Raupe, Gespinst, Kot, Löcher in Feige

Feigen sind Mode, viele Leute glauben "Klimawandel = Jetzt kann man Feigen pflanzen". Discounter verkaufen Jungpflanzen, in Foren hat man manchmal den Eindruck, es gäbe kein anderes Obst mehr, so viel wird drüber diskutiert.

Die Praxis ist weit ernüchternder, jedenfalls an vielen Orten. Feigenbäume wachsen zwar tendentiell besser als früher und schaffen es auch öfter, etwas Grösse zu erreichen, aber ausserhalb geschützter Zonen wie Kübel, direkt an Hauswand, in Innenhöfen, grossen Städten, Gunstlagen sind die Erfahrungen mit reifen Früchten anhaltend frustrierend. Obendrein hat sich in ganz Deutschland auch noch ein Schädling verbreitet, der Feigenspreizflügelfalter. Dessen Raupen fressen sich fast den ganze Sommer durch die Feigenblätter und legen Gespinste an. Keine Früchte, dafür ein Extraschädling, das frustriert.

Was passiert? Sie setzen gut an, stehen durch die warmen Winter schnell im Saft und dann beenden die üblichen Frostnächte zu den üblichen Terminen Ende April die Ernte gründlich. Feigen tragen zwar theoretisch mehrmals im Jahr, aber die erneut im Sommer angesetzten Früchte werden so wie früher grösstenteils nicht mehr reif. Ein paar Leute mit Gunstlagen und Kübelkultur schreiben aber endlos in Foren inclusive beeindruckender Bilder, so dass der Eindruck entsteht, nun ginge überall was. Tut es nicht. Auch dieses Jahr sind meine 2,5m - Feigen voller schöner Früchte. Und auch dieses Jahr wird es nur ein paar Probierfrüchte im Oktober geben, der Rest krepiert und mumifiziert im Winter, weil er nicht reif wird. Die Sommerernte starb im Winter und der Rest im April den Frosttod. Letztlich sind es wieder nur raupenzerfressene Platzverschwender gewesen.

 

Frostschäden: Schlimmer denn je

Junge Kirschen nach Frostnacht. Aus.

Baumobst war generell ein Fehlschlag, auch dieses hoffnungsvolle Jahr und leider nicht nur bei Feigen. Das letzte gute Erntejahr ist über fünf Jahre her, aber schon davor wurden die Ausfälle zur Regel. Danach kam ein Jahr mit Jahrhundertfrost, zwei Jahre mit Jahrtausendtrockenheit und faulenden Trockenfrüchten am Baum, dann nochmal Frost. Mittlerweile ist es amtlich: Alle Winter wurden ausnahmslos wärmer, der Austrieb begann früher, frühere Blüte - und Frostnächste pflügen sich unverändert wie eh und je im April und oft auch Mai durch Blüten und Jungfrüchte. Damit sind zerstörende Frostschäden nicht mehr Ausnahme, sondern Norm geworden. Bestes Beispiel sind Kiwis: Die sind dreimal abgefroren. Austrieb, Frost, Austrieb, Frost, Austrieb, Frost. Die kommerzielle Kiwiplantage in der Gegend hier hat so massiv und dauerhaft frostschutzberegnen müssen, dass danach das Wasser tagelang in der Anlage stand, das sah aus wie ein neuer grosser See. Die entstandene Staunässe schädigte schliesslich auch die Wurzeln.

Und so endete viel Arbeit, Pflege und Mühe auch 2021 wie so viele vorigen Jahre schon im April: Steinobst 95% Schaden, auch die sehr robusten Sorten. Nur eine Handvoll Pfirsiche, Zwetschgen, Mirabellen, Kirschen, Renekloden. Keine Mandeln und Aprikosen, daran haben wir uns aber schon als Dauerzustand gewöhnt. Birnen Ausfall bis sehr schwach, Äpfel Totalschaden an frühblühenden Sorten, spätblühende Sorten mit besserem Ansatz. Wenigstens das, sonst wäre es wieder einmal ein Komplettausfalljahr geworden.

Sonntag, 8. November 2020

Teltower Rübchen, die Luxuswurzel

Dieses Jahr war unser bisher bestes Anbaujahr für Teltower Rübchen. Eine so schöne und grosse Ernte hatte ich noch nie. Jetzt sind sie fast abgeerntet. Wenn man sie essen will, muss man sie selbst anbauen, in Süddeutschland sind sie weitgehend unbekannt und sogar auf dem Wochenmarkt, wo Produzenten seltene Gemüsesorten anbieten sind sie fast nie zu finden. Es sind absolute Exoten. Doch was ist dieses Wurzelgemüse überhaupt und warum die Mühe damit?

 

Was sind Teltower Rübchen?

Teltower Rübchen gehören zur riesigen Gruppe der Kohlarten, es sind Kreuzblütengewächse. In dieser Gruppe stehen sie familiär neben den Nachkommen des wilden Rübsens, der im Mittelmeergebiet heimisch ist. Ebenfalls kultivierte Rübsenarten sind Chinakohl, Pak Choi, Rübstiel, Ölrübsen (der eine Elternart von Raps ist), Mairübe, vielleicht auch andere Herbstrüben und diverse Speiserüben und eben unsere Teltower Rübchen: Brassica rapa L. subsp. rapa f. teltowiensis. Es gibt noch ein paar wenige und teilweise ausgestorbene lokale Rübenarten, die Richtung Teltower Rübchen gehen, zum Beispiel die "bayerische Rübe", oder die "schwarze Winterrübe". Eine erschöpfende Übersicht aus historischen Quellen findet sich hier. Andere Kohlarten sind verwandtschaftlich ein bisschen weiter entfernt, da ist im Stammbaum meist der Meerkohl daran beteiligt, den unser Rübchen nicht mit drin hat. Typische Zeichen für eine genetische Meerkohlbeteiligung ist eine bläulich-weisse Wachsschicht auf den Blättern, die das Wasser abperlen lässt. Die hat unser Rübchen nicht, keine Spur davon. Das Grün des Laubes wirkt sehr satt, weich, bricht leicht. Optisch sind auch die Rübchenknollen leicht von ihren Speiserübenverwandten zu unterscheiden. Teltower Rübchen sind kleiner, weiss bis beige. Ihre essbaren Wurzeln wachsen oft unregelmässig und haben viele bartartige Wurzelhaare an der Knolle sowie horizontale Narben. Selten werden sie länger wie ein Daumen. Auch von den Inhaltsstoffen her sind sie ziemlich einzigartig im Vergleich zu den Kohlrüben. Sie enthalten bis zu doppelt so viel Zucker, Stärke, Eiweiss und dafür weniger Wasser, sind also gehaltvoller, konzentrierter und damit auch weit nahrhafter wie Kohlrüben sowie fast alle anderen Gemüsesorten. Vielleicht war das einmal einer der wichtigen Punkte für ihre frühe Wertschätzung.


Wie schmecken sie?

Kochfertige Stücke Teltower Rübchen

Für den verfressenen Nutzgärtner zählen vor allem zwei Dinge: 1. Wie kann ich das anbauen? 2. Wie schmeckts? Gekocht haben sie von ihren nahen Verwandten einen zart kohligen und ebenso zart rettichartigen Ton, der aber nie aufdringlich wird und auch nicht Richtung Radies geht, sondern Richtung Meerrettich. Daneben gibts aber noch viele Sekundäraromen, ich schmecke Kokos (wirklich!) heraus, eine sanfte Süsse, Spargel, erdig, duftig. Sie wirken "voll", dicht, nie wässrig und leichtgewichtig wie manchmal andere Kohlrüben. Einzigartig ist auch ihre Konsistenz. Gekocht zerfallen sie zwar nicht so schnell, werden aber trotzdem cremig weich, man kann sie fast mit der Zunge zerreiben. Für mich ein fabelhaftes Gemüse.



Wo kommen sie her, wer baut sie an?

Angeblich kamen Teltower Rübchen über Schweden oder Polen nach Deutschland, andere Theorien sprechen von den Niederlanden. Vor allem in Schweden entstanden im Spätmittelalter auch diverse Herbstrübensorten. Die Wildform von Rübsen kommt allerdings aus Südasien. Irgendwo auf dem Weg zu uns sind sie entstanden. Bis zur Ankunft der Kartoffel waren Speiserüben generell ein wichtiges Lebensmitel. Die ganze Speiserübenwelt ist uralt, schon seit über 2000 Jahren werden sie vom Mittelmeerraum bis China angebaut, Rübsensamen aus Kulturen sind schon aus der Zeit von vor 4000 Jahren in Mitteleuropa nachgewiesen. Welche Unterarten sich wann und wo abgetrennt haben, ist nicht mehr feststellbar. 

Im 18. Jahrhundert werden die Teltower Rübchen jedenfalls in Deutschland zur Spezialität, im 19. Jahrhundert zur Delikatesse. Goethe liess sie sich mit einem Eilboten bringen, Fontane liebte sie, sie wurden bis Portugal exportiert, in Frankreich wird sie von Napoleon geschätzt. Lange Jahre wird sie nur im Sandboden der Mark Brandenburg angebaut, dort aber massenhaft. Wie die gesamte übrige Esskultur Deutschlands erlebte das mit dem ersten Weltkrieg einen herben Absturz, ab dann ist nur noch satt werden um jeden Preis angesagt. In der DDR war sie nicht als Gemüse im Wirtschaftsplan vorgesehen, sie stirbt fast aus, nur noch ein paar Hobbygärtner haben sie. Mit ihrem Untergang trat eine bis heute dauernde Begriffsverwirrung mit anderen Speiserüben ein, sie wird seither mit anderen Speiserübensorten verwechselt, z.B. dem "Mairübchen Petrowski", aber das ist kein Teltower Rübchen. Die süddeutsche Saatgutfirma Hild aus Marbach rettete sie nach dem Ende der DDR und vermehrte sie wieder.

In Teltow auf sandigen Böden sollen sie das beste Aroma entwickeln, aber eigentlich ging es beim Rübenanbau am meisten darum, auf sandigen Böden mehr Verwertbares zu ernten. Vor allem etwas, das man sogar noch spät im Vegetationsjahr, nach der Getreideernte aussäen kann und das trotzdem noch reif wird. Das Prinzip: Ein Feld, zwei Ernten im Jahr. Das klappte mit Herbstrüben und eben auch mit den leckeren Teltower Rübchen. Teltow liegt direkt an der südlichen Stadtgrenze nach Berlin. Dort hat man erst nach der Wende die Rübchenspezialität wiederentdeckt und sich sogleich 1993 den Namen "Teltower Rübchen" als Marke schützen lassen. Wer Teltow und die Rübchen heute kennt, wundert und ärgert sich aber. In und um Teltow hat man wie so oft im heutigen Deutschland nichts unterlassen, um gründlich alles zu vernichten, auf dem etwas natürliches wachsen könnte, was im Kreislauf der Natur liegt. Gewachsen ist nur Beton und Zerstörung. Teltow wurde rasend schnell und mit voller Absicht zu einem hässlichen, verpanschten Brei aufgebläht, der in den überall bekannten kaputten Mischung aus furchtbaren neuen "Wohnparks", riesigen metastasierenden Blechhallen-Industriegebieten, Baumärkten, Strassen, Müllverarbeiter, quadratkilometergrosse LKW-Aufmarschplätze von "Logistikern" verwandelt wurde. Die Entwicklungen sind kein Einzelfall, überall läuft das so im engen Land, wir haben es auch vor der Haustür. Die Teltower Rübchen werden absehbar nur noch mit Rüben bepinselte LKW-Anhänger sein oder Einzelexemplare aus einem einsamen Winz-Restgärtchen hinter einem der endlosen neuen Bürgerpalastwüsten mit Schottergarten, Dreifachgarage fürs SUV und Wohnmobil, Riesenterasse, Grillplatz. Im stetigen Bestreben, Ressourcen gründlich zu vernichten, das Land mit Quantität zu verrümpeln statt Qualität wachsen zu lassen, ist der Anbau in Teltow heute stark zurückgegangen. Es gibt nur noch einen einzigen beruflichen Bauern, der sie im Anbau hat, in einem Zeitungsinterview sagte er "Zudem verlieren wir auch immer mehr Fläche, weil zurzeit nahezu jeder Krümel Bauland wird." Trotz gutem Absatz kann er nicht mehr liefern, auch wenn er will. Es gibt kein Land mehr zu pachten, er kann nicht bewässern weil er keine langfristigen Verträge bekommt, Investitionen in Leitungen und Brunnen wären also verloren. Hauptanbaugebiet ist mittlerweile Vierlanden bei Hamburg, es sind also eigentlich Hamburger Rübchen geworden und sogar in der Schweiz gibt es nun kommerziellen Anbau. So schafft es "Entwicklung" in Teltow nachhaltig zu zerstören, was Weltkriege und Diktaturen nicht geschafft haben.


Der Anbau

Gut entwickeltes Laub von Teltower Rübchen

Oft wird behauptet, nur in den Sandböden Brandenburgs würden sie ihre spezifischen Qualitäten entwickeln. Das kann durchaus sein, bald wird das niemand mehr vergleichend nachprüfen können weil auf dem "entwickelten" Beton und Blech Teltows nichts mehr wachsen kann. Aber eins weiss ich genau: Sie schmecken vielleicht nicht wie früher aus Teltow, aber auch aus dem eigenen Garten immer noch recht gut. Selbst wenn sie hier weitab von Sand und Brandenburg wachsen. Zum Beispiel in einem flachgründigen, tonigen Boden mit hohem Kalkgehalt, einem Klima das selten Fröste vor Mitte November kennt und sehr trockene Jahre die Regel sind. Eigentlich das genaue Gegenteil von den Bedürfnissen der Teltower Rübchen. Trotzdem: Nach einigen Jahren Anbau habe ich im Vergleich zu vielen anderen Kohlgemüsen sogar den Eindruck, dass es eine problemarme Kultur ist.

Keimung und sofort Schaden durch Kohlerdflöhe

Die runden, für Kohlgemüse kleinen Samenkörner werden Ende August bis Anfang September ausgesät. Empfohlen wurde früher im Bauernkalender der 5. August, dann Mitte August, aber das ist meiner Erfahrung nach heutzutage viel zu früh für die meisten Gegenden. Dann wird schon die erste Überraschung sichtbar: So gut wie Teltower Rübchen keimt kaum was. Selbst bei Hitze laufen sie recht gut auf. In jedem Boden. Ein bisschen giessen reicht. Gesät wird 1-2 cm tief im 10cm - Abstand. Da sie nach der Hauptzeit des Kohlerdflohs wachsen, ist ein Befall mit den typischen Löcherblättern zwar noch vorhanden, aber meist kontrollierbar. Blattkrankheiten sorgen manchmal für Ausfälle, aber aufgrund der kurzen Vegetationsdauer von acht Wochen erntet man die Rübchen dann halt etwas früher und sie bleiben kleiner, aber auch das verursacht keinen Totalverlust.

Rausziehen: Ernte

Wasser benötigen sie auch nicht mehr oder gleichmässiger wie andere späte Kohlgemüse. Sie wirken sogar genügsamer und robuster. Giessen muss man sowieso in unserer trockenen Gegend. Haben sie weniger Wasser, schaffen sie es trotzdem, nur die Rübchen bleiben kleiner. Dieses Jahr stimmte alles, der Herbst wurde im Oktober feucht, kühl aber ohne Frost. In Jahren mit viel Sonne und trockener Luft lief es weniger gut, aber noch gut genug. Auffallend war diesmal die gute und reichliche Laubentwicklung. Die Wurzelbildung verzögert sich dadurch offensichtlich etwas, setzte dann aber um so stärker ein. 

Neben Paprika

Der Anbau funktioniert auch, wenn Anfangs Halbschatten herrscht. Sogar besser. Ich pflanzte sie auch zwischen Paprikapflanzen. Dort waren sie im Jungstadium stärker beschattet, bekamen aber herrliches fettes Laub und anschliessend dicke Wurzeln. Die Paprika wurden im Herbst abgeräumt, die Rübchen blieben und wuchsen ungerührt stetig weiter.


Ernte

Ab Mitte Oktober ziehe ich die ersten Rübchen aus dem Boden. Auch kleine Rübchen sind schon gut. Sie wachsen sowieso sehr ungleich, manche Pflanzen entwickeln sind gar nicht, andere bekommen richtig dicke Knollen mit bis zu 200g Gewicht (mein Rekord bisher). Vielleicht ist die Unterschiedlichkeit der tatsächliche Nachteil bei Anbau in weniger geeigneten Verhältnissen. Mehrbeinigkeit ist auch häufiger, aber das ist ohnhin ein generelles Problem in schwerem Boden mit Steinen drin. Erntehöhepunkt ist Anfang November, also etwa acht, neun Wochen nach Aussaat. Ihr Fleisch ist dann unabhängig von der Grösse noch fast weiss, fest und sehr dicht, markig, auch brechend beim schneiden. Danach lassen sie nach und die beige Wurzel bekommt langsam schwarze Fasern unter der Wurzelhaut. So etwas ist auch bei überständigen Rettichen oft zu sehen oder wenn die Pfanzen im Stress sind, z.B. bei Befall durch die Kohl- oder Rettichfliege. Aber essbar sind sie noch, nicht holzig, die Aromen werden mit der Zeit langsam kohliger und weniger fein.

Wird langsam überreif - erste Fasern werden dunkel

 

Verarbeitung und Verwendung

Nach der Ernte werden sie abgebürstet, vor weiterer Verwendung geschält, genau wie die meisten anderen Wurzelgemüse, Beispielsweise gelbe Rüben. Das ist etwas mühsam, denn die Rübchen sind klein und die Verwachsungen sind nicht gerade schälfreundlich. Durch das schlechtere Verhältnis von Aussenfläche zu Inhalt gibts viel Schälabfall. Das muss beachtet werden, wenn man nach Rezept kocht und eine bestimme Menge Rübchen benötigt. 

Rübchen waschen und schälen, viel Schälabfall
Schäumt kräftig

Brutto bei der Ernte ist deutlich mehr wie Netto vor dem kochen. Anschliessend gemäss Rezept in Stücke schneiden oder nicht, in kochendem Wasser blanchieren oder direkt in einer Sosse kochen. Dabei zeigt sich ein besonderer Effekt: Es entsteht auf dem Kochwasser ziemlich viel und standfester Schaum und das Wasser wird auch schnell trübe. Wahrscheinlich verursacht das ihre vergleichsweise hohe Konzentration von Inhaltsstoffen, von denen sich etwas während des Kochvorgangs im Wasser löst.

Glasiert mit Zucker, Butter, Rotweinessig

Zur Verwendung gibt es unzählige Rezepte im Internet. Wir essen sie am liebsten in Stücken blanchiert, dann mit Butter, wenig Zucker und einem Säurungsmittel wie Agrest angeschwitzt, eventuell noch in Petersilienblättern gewälzt, also ganz einfach. Andere Leute schwören auf eine Cremesuppe aus Rübchen oder bevorzugen sie klassisch, in dicken Sossen, was wir auch gerne machen. Auch als Rohkost oder in Eintöpfen hat sie Liebhaber. Egal was: Etwas Säurezugabe ist immer gut. Und Butter harmoniert immer sehr gut damit. Den guten Eigengeschmack sollte man nicht mit vielen starken Gewürzen übertönen. Andere Speiserüben vertragen das besser, das sind mehr Resonanzböden für Gewürze. Die Teltower Rübenddiva möchte dagegen selbst glänzen und im Mittelpunkt stehen.

 

Lagerung

Am Besten finde ich sie erdfrisch aus dem Boden. Abgebürstet und ohne Laub halten sie sich im Kühlschrank eine Woche, am Besten im Null-Grad-Fach. Sie lagern sich auch einfach bis ins Frühjahr in einer Sandkiste, genau so wie andere Speiserüben, Pastinaken, gelbe Rüben, rote Rüben, Topinambur. Tiefgefrieren habe ich noch nicht ausprobiert, müsste aber angesichts der gekochten Konsistenz gehen - die Stücke blanchieren und dann einfrieren.


Fazit

Die kurze Entwicklungszeit, gute Eignung als Nachkultur, ihre Robustheit und die "Leckerei, die man nicht kaufen kann" machen sie zur idealen Herbstkultur im Hausgarten. Nach einigen Jahren Test damit sind sie nun in mein Stammsortiment der regelmässig angebauten Gemüsesorten gekommen.