Sonntag, 8. Oktober 2017

Indianerbanane Pawpaw, Teil 2: Anbau

In Teil 1 des Beitrags über Pawpaws ging es darum, diese ziemlich einzigartige Obstart vorzustellen. Nun in Teil 2 wird es um den Anbau in Mitteleuropa gehen. Teil 3 dreht sich um die Früchte, Teil 4 geht Befruchtungsproblemen und ihrer Lösung nach. Der erste Schritt zur eigenen Pawpaw besteht darin, sich Pflanzware zu besorgen und einen Platz für die Pflanzung zu suchen.

Woher nehmen?


Pawpaw Büten, Ende April bis Ende Mai
Meine Erstpflanzen waren 40cm hohe veredelte Pflänzchen und stammen aus einer Baumschule, die sie eine Zeitlang aus Italien importiert hat. Man muss also nicht unbedingt Internetrecherchen anstellen und Versender bemühen, sondern kann sie unter Umständen mittlerweile auch in Baumschulen oder Gartenmärkten bekommen. Der Riesenvorteil ist, dass man sich Pflanzen ansehen kann. Verwachsene, zu lange im Topf gestandene Pflänzchen kann man so vermeiden.

Die Versender im Internet mit der besten Suchmaschinenplazierung sind vor allem eines: Sehr, sehr teuer. Fast alle sind nur Wiederverkäufer, angezogen und veredelt wird meistens in Osteuropa oder Italien. In Österreich und Deutschland gezogene Pflanzen sind die Ausnahme. Auch grössere Pflanzen sind zu noch heftigeren Preisen oft zu haben. Davon ist abzuraten, Pawpaws haben eine Pfahlwurzel und je grösser sie sind, desto weniger vertragen sie aus- und verpflanzen. Immerhin gibt es auch zunehmend Verkäufer, die neuere oder seltenere Sorten haben, interessant sind darunter vor allem frühreifende Sorten. Dazu später mehr.

Wer Samen und sehr viel Zeit hat (Vorsicht, nie trocken aufbewahren, verlieren innerhalb weniger Tage sofort ihre Keimfähigkeit, nur in Plastiktüte mit Moos drin im Kühlschrank lagern), kann sie aussäen, Saattiefe 3cm im Herbst, Halbschatten. Keimlinge sieht man meist erst im darauffolgenden Juli. Bald an den vorgesehenen Ort verpflanzen. Diese Pflanzen bringen fast so gute Fruchtqualitäten wie die Sorten, aus denen sie entstanden sind. Zumindest aber bringen sie taugliche Unterlagen, wenn man mit Edelreisern selbst Sorten veredeln will.

Andere Methoden wie z.B. Abmoosen, Wurzelschösslinge sind nicht erfolgreich.

Welche Sorte?


Befruchtete Blüte, Fruchtcluster bildet sich im Mai/Juni
Empfohlen und leicht zu bekommen werden die selbstfruchtbaren Sorten "Prima 1216" und "Sunflower". Beide Sorten sind gut, werden in den meisten Jahren Anfang Oktober reif (bei mir auch), in anderen Jahren und kühlen Gegenden wird die Reife nicht immer erreicht. Andere Sorten sind nicht oder nur sehr schwach selbstfruchtbar. Man benötigt dann mindestens zwei unterschiedliche Sortenbäume direkt nebeneinander. Die Bestäubung bewerkstelligen Käfer und Fliegen, man kann also nicht wie bei bienenbestäubten Pflanzen grosse Abstände zwischen den Bäumen lassen.

Zu den Reifezeiten der Sorten gibt es sich völlig widersprechende Angaben, da sollte man sich nicht kirre machen lassen. Einige Verkäufer übernehmen die Angaben ihrer italienischen Lieferanten, was für deutsche Verhältnisse ganz einfach nicht stimmt. Fakt ist: Alle älteren Sorten reifen zu ähnlichen Zeiten, frühestens Mitte/Ende September im Rheintal und Pfalz, Mitte Oktober in kühlem Klima mit kurzer Vegetationszeit. Das bestätigen auch die ersten Versuchspflanzungen mit einigen Sorten in Veitshöchheim und der Pfalz. Es soll zwar noch frühreifendere neue Sorten geben, ich kenne aber niemand der das tatsächlich in der Praxis bestätigen kann. Eine Bekanntere davon ist NC-10. Bei Indianerbananen wird viel abgeschrieben, es gibt zu wenig tatsächliche eigene Erfahrungen. Solange es wirklich keine verlässliche Angaben zum Reifezeitpunkt gibt, bleibt es sinnlos sich eine "früh reifende" Sorte auszusuchen.

Im Bezug auf den Wuchs unterscheiden sich die Sorten ebenfalls kaum. Prima 1216 soll etwas schwächer wachsen, aber bei mir ist das nicht so. Mir ist nur aufgefallen, dass ihre Blüten etwas kleiner wirken, der Fruchtansatz und -Grösse wirken dagegen normal.

Unterschiede gibt es bei der durchschnittlichen Fruchtgrösse, dem prozentualen Anteil der Kerne an den Früchten. Ältere Sorten und Wildlinge liegen bei 8% Kernanteil, einige neuere Sorten behaupten, bei 3% zu liegen. Der Geschmack ist nur zu unterscheiden, wenn man Früchte parallel verkosten kann, das Aroma liegt nahe beieinander. Optimale Reife hat mehr Einfluss darauf.

Mein Rat ist, sich nicht zu viel auf blumige Beschreibungen der Sorten zu verlassen und auch nicht auf angeblich ganz neue, noch interessantere Sorten. Bei allen neueren Obstarten entsteht der Effekt, dass "Sortensäue" durchs Dorf getrieben werden, die nach wenigen Jahren Keinen mehr interessieren, weil sie sich als nichts besonderes entpuppen. Ganz neu importiert, ganz neu vermarktet, schnell vergessen. Speziell bei Pawpaws waren die Sorten, die ich bisher kennengelernt habe so wenig zu unterschieden, dass schon sehr viel passieren muss, bevor neue Sorten auch einen Mehrwert bringen. Am interessantesten wäre die bereits erwähnte frühere Reifezeit, um bei der Ausreife in Deutschland auf der sicheren Seite zu bleiben und ggf. die Saison zu verlängern.

Wohin pflanzen?


Blütenknospe, Blattknospe Anfang März
Besser nicht im kleinen Nutzgarten. Sie wächst mit 10-25cm Zuwachs pro Jahr zwar nicht schnell, wird aber auch in Deutschland höher wie die gerne behaupteten 3 Meter. 6m bei 4m Kronendurchmesser ist realistischer, wenn auch erst nach vielen Jahren. Wenn man sie nicht schneiden will (was aber kein Problem derstellt, sie verträgt das gut) um sie zu begrenzen, ist es eigentlich eine Obstwiesenpflanze. In ihrem Ursprungsgebiet wächst sie gerne auf tiefgründigem Schwemmland an Wasserläufen. Junge Pflanzen wollen Halbschatten, frisch aufgegangene Sämlinge gehen in praller Sonne ein. Optimal ist: Tiefgründiger Boden, feucht, halbschattig solange die Indianerbanane klein ist, ph-Wert unter 7. Allerdings ist sie anpassungfähig. Bei mir wächst sie auf flachgründigem, trockenen und schweren Boden mit ph 7,2, noch dazu ist das Klima von langen Trockenphasen geprägt und ausgesprochen Sommerheiss. Das Wachstum ist langsamer, aber stetig und die Bäumchen fruchten. Ich halte die Baumscheibe frei, giesse bei Trockenheit kräftig. Einzig Sonnenbrand an einigen Blättern in kann ich nicht verhindern.

Düngen solltem man sie wie andere Obstgehölze auch, je nach Bodenzustand. Guten Einfluss hatte bei mir mulchen der Baumscheibe, auch eine Pferdemistauflage hat das Wachstum bescheunigt.

Probleme: Schnecken, "verhockt", Trockenheit


Schneckenfrass im Sommer an Pawpawblättern
Auf der extensiven Wiese und sogar am Rande des gepflegten Nutzgartens habe ich grösste Probleme mit Schnecken. Die gefrässigen Gastropoden schleimen den Stamm hinauf, fressen die Blätter ab, fressen Früchte an, vor allem zur Reife. Blätter werden nicht nur abgefressen, solange sie jung sind, das passiert auch noch im Herbst vor dem Blattfall. Indianerbananen üben eine hohe Anziehungskraft auf Schnecken aus. Schneckenbekämpfung ist also mindestens bei Jungpflanzen ein wichtiger Punkt.
Andere Schädlinge sind bisher noch nicht aufgetaucht. Es gibt eine Motte, die die Blüten frisst, die aber gottseidank noch nicht in Europa angekommen ist.

Lochfrass im Herbst durch Kleinschnecken
Manche Pflanzen verhocken aus unbekannten oder bekannten Gründen. Das äussert sich in einer dauerhaften Wachstumsdepression. Sie wachsen einfach nicht richtig. Ein bekannter Grund ist Umpflanzung,  manchmal vertragen sie das einfach schlecht, auch wenn die Wurzel nicht sichtbar beschädigt ist. Wenn nach drei Jahren das Wachstum immer noch bei <10cm Zuwachs liegt, stimmt etwas nicht. Viel machen kann man nicht. Nicht ewig warten, sondern roden und eine neue Pflanze setzen. Starker Rückschnitt wie bei anderen Obstgehölzen, um das Wachstum anzuregen funktioniert nicht.

In kontinentalerem und sommertrockenen Klima sollte man zudem Wasser liefern können. Jungpflanzen sind dabei wieder besonders bedürftig. In ihrem Ursprungsgebiet haben sie über 1000mm Niederschlag und feuchten Boden.

Wenig Probleme


Auch die Früchte werden von Schnecken angefressen
...machen Frost, Wind, Pilzkrankheiten, Verletzungen am Stamm oder Geäst. Die Pflanze ist in Deutschland absolut frosthart, Frost zur Blütezeit schadet zwar, aber es kommt selten zum Totalausfall, auch deshalb weil die Büte spät und stark folgernd über zwei oder sogar drei Wochen erscheint. So hatten wir 2017 einen Totalausfall bei fast allen Obstsorten durch tiefe Nachtfröste Ende April, aber einige Pawpaws fruchteten trotzdem. Eine jüngere Pflanze ist einmal von einem schweren Gitter umgeknickt worden, das ein Sturm umgeblasen hat. Sie hat sich nach unten bis zum Boden gebogen, ich habe sie wieder aufgerichtet, sie wuchs ungerührt weiter und legte sogar noch stärker als je zuvor zu. Windlagen machen ihr ebenfalls nichts aus. Die Früchte hängen bis zur Reife fest.

Dicke Rinde, biegsames Holz
Jüngere Äste scheinen anfällig für Schildläuse zu sein. Inwieweit das Schäden verursacht, ist aber noch nicht klar. Man kann die Schilde aber leicht auf der glatten Rinde entdecken und dann abstreifen. Bei mir sind es gemeine Napfschildläuse (Parthenolecanium corni).

Napfschildlaus an Pawpawästchen


Teil 1: Indianerbanane Pawpaw, der ewige Star von morgen
Teil 2: Indianerbanane Pawpaw: Anbau
Teil 3: Indianerbanane Pawpaw: Früchte und Fruchtqualität
Teil 4: Indianerbanane Pawpaw: Befruchtungsfragen

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