Freitag, 9. Juli 2021

Litschitomate Solanum Sisymbrifolium, die Stachelshow

Eines der auffälligsten Nachtschattengewäche ist der klebrige Nachtschatten, Solanum Sisymbrifolium. Samenverkäufer haben die besser klingende Bezeichnung "Litschitomate" oder "Litschibeere" erfunden. Die Untergattung der Nachtschattengewächse, zu der die Litschitomate gehört kennt auch viele invasive Arten, die weltweit verschleppt Schäden und Probleme verursachen. Auch die Litschitomate ist in einigen Ländern ein unerwünschter invasiver Neophyt. In einem Klima ohne Frost wächst sie mehrjährig, der Stiel verholzt. In Deutschland friert sie ab.

Die Pflanze wird auf gutem Boden (Starkzehrer) deutlich über 2m hoch, ist imposant bestachelt, entwickelt dekorative Fruchtstände und die Früchte sollen essbar sein. Also gebot mir die gärtnertypische Neugier, sie auszuprobieren. Das hat auch erstklassig funktioniert. Die Anzucht startete im März zusammen mit Physalis und Tomaten unter denselben Bedingungen. Sie keimten leicht und vollständig
Jungpflanze Solanum Sisymbrifolium, Litschitomate
im Zimmergewächshaus. Nach der Auspflanzung im Mai (Frost verträgt sie nicht) entwickelten sich schnell immer grösser werdende Stachelgewächse. Bald erschienen Blütenstände in Rispen, wie bei Tomaten. Die Blüten waren weiss bis lila, ähnlich Kartoffelblüten. Daraus entwickeln sich grüne Früchte, die langsam abreiften. Bereits zur Reife hin beim Farbton "orange" zogen sich die Stachelblätter an der Frucht stetig zurück, so dass man die schliesslich glänzend rot werdenden Beeren greifen konnte. Schliesslich wurden sie leuchtend Rot, wurden etwas stumpfer, fielen bei Vollreife (erst ab Ende August) von selbst ab. Laufend wurden neue Fruchtstände nachgeschoben.

Mein letzter absichtlich geplanter Anbau liegt zwei Jahre zurück. Danach sind immer wieder neue Pflanzen aus Samen heruntergefallener Früchte aufgegangen, auch dieses Jahr. Die Samen bleiben also auch im Freiland sehr lange keimfähig, die Pflanze hat in unseren Breiten trotz fehlender Frostfestigkeit ein gewisses Unkrautpotential. Dieses Jahr kamen sie ebenfalls von selbst auf, massenhaft im Juni trotz eines sehr kalten Frühlings in der Nähe des alten Standorts. Jetzt fruchten sie bereits und haben kräftig an Höhe gewonnen. Das ist der richtige Zeitpunkt, um mehr über diese Gartenpflanze zu schreiben und ein paar Bilder zu zeigen:

Erste Blüten - weiss bis hellviolett
Fruchtstände erscheinen
...und werden reif

Die Pflanzen werden immer höher
Reife Früchte, von selbst abgefallen

Der Geschmack? Nun ja. Es ist ja immer mehr als verdächtig, wenn besonders wohlklingende Namen für Obst oder Gemüse nachträglich erfunden werden. Auch hier bestätigte sich der Verdacht. Die Litschitomate schmeckt weder nach Litschi noch nach Tomate und auch nicht Richtung Physalis, sondern sie ist säuerlich, auch noch bei Vollreife. Nicht ganz vollreif würde ich sie sogar als "ungeniessbar" bezeichnen. Die kleinen aber harten Kerne stören ebenfalls. Das Aroma ist nachtschattenartig, nicht stark, das Restaroma kommt wenig angenehm. Nichts, das man freiwillig isst. Immerhin die Hühner haben sie ser Kerne wegen sehr gerne gefressen und es schadete ihnen nicht.

Heftiges Stachelzeug
Die Pflanzen hatten auch etwas Probleme. Man musste sie anbinden, bei Sturm werden sie leicht umgerissen und einige Äste kippten wegen des reichen Fruchtbehangs ab. An den Blättern frassen Kartoffelkäfer, andere Blätter zeigten Symptome wie bei Braunfäule an Kartoffelpflanzen. Sie hielten aber gut durch bis zum Frost. Gepflanzt hatte ich sie ursprünglich am Grundstücksrand mit der Intention, dort etwas dekoratives stehen zu haben und Passanten mittels der Stacheln etwas auf Abstand von meinen Melonen in der Nähe zu halten. Als eine Pflanze bedenklich Richtung Strasse kippte, wirkt das wie der Angriff eines Stachelmonsters auf die Öffentlichkeit. Kein Passant traute sich, von den leicht zu greifenden roten Früchten zu probieren, sie sehen einfach zu suspekt aus, wirken wie roten Tollkirschen. Sie soll auch nicht selbstfruchtbar sein, für Fruchtansatz werden mehrere Sämlinge benötigt. Die ich immer hatte, der Beweis des Gegenteils steht also aus.

Prädikat: Was für den Ziergarten. Der Nutzgärtner muss sie nicht haben.