Dienstag, 7. Mai 2019

Indianerbanane Pawpaw Teil 4: Befruchtungsfragen

Pawpawblüten in drei Stadien
In den letzten drei Beiträgen zur Asiminia Triloba, der "Indianerbanane" Pawpaw ging es um viele Aspekte hinsichtlich ihres Anbaus im eigenen Nutzgarten. Einen bisher noch nicht ausführlich angesprochenen Punkt daraus möchte ich nun vertiefen: Die Befruchtung der Blüten, damit überhaupt Früchte entstehen können. Dazu werden oft Fragen gestellt, weil man weder Bienen noch Hummeln an den Blüten sieht und trotz grosser Blütenzahl die Pflanzen fast alle abgeblühten Blüten sang- und klanglos abwerfen, anstatt Früchte zu bilden. Stimmte etwas mit der Befruchtung nicht?

Aufbau der Blüte


Junge Blüte, Pollenstände noch geschlossen (gelb)
Narbe (grün) bereits klebrig, wartet auf Pollen
Alle Pawpawblüten haben einen männlichen Teil, der die Pollen liefert und einen weiblichen Teil, auf dem Pollen keimen können und aus dem sich dann der Fruchtcluster entwickelt. Der weibliche Teil kann bereits Pollen aufnehmen, während der männliche Teil noch keine Pollen liefert. So wird verhindert, dass die Pollen innerhalb der Blüte von den Pollenständen auf die Narbe stauben. Selbstbefruchtung ist bei der grossen Mehrheit aller Pflanzenarten unerwünscht, nur der Pflanzensex zwischen verschiedenen Sorten einer Art kann neue Genkombinationen bringen. Die Entwicklung einer sexuellen Fortpflanzung mit zwei Geschlechtern hat die Evolution bei Pflanze und Tier stark beschleunigt und die Anpassungsfähigkeit an veränderte Umweltbedingungen enorm erhöht. Um Selbstbefruchtung zu verhindern, können deshalb häufig auch keine Pollen der eigenen Pflanze auf der Narbe keimen. Sie kann sich nicht selbst befruchten, es müssen genetische Unterschiede vorhanden sein. Auch die Pawpaw gilt als selbstunfruchtbar.

Befruchtung hat geklappt
Das ist aber nur teilweise richtig. Total selbstunfruchtbar sind sie nicht. Aber die Befruchtung zwischen den Blüten einer Pflanze gelingt schlecht, so dass nur wenige Früchte entstehen. Bei zwei Sorten klappt das aber deutlich besser, sie gelten deshalb als selbstfruchtbar: Die Sorten "Prima 1216" und "Sunflower". Es existiert also kein Schalter, der von selbstunfruchtbar auf selbstfruchtbar schaltet, sondern die Sorten sind mal weniger, mal mehr für Selbstbefruchtung geeignet. Auch Prima 1216 trägt besser, wenn eine blühende zweite Sorte vorhanden ist.

Optimalerweise muss man deshalb die Monokultur aus vielen Pflanzen einer Sorte vermeiden, sondern mehrere Pawpawsorten nebeneinander setzen, Sorten in der Pflanzung mischen.

Befruchtung misslungen
Fruchtknoten klein und weitgehend braun
Gelingt die Befruchtung, verdickt sich der Fruchtknoten und fängt zu wachsen an. Bei jungen Bäumen fallen sie dann in der Regel trotzdem bald ab. Erst ab einem Baumalter von einigen Jahren (sieben Jahre und mehr sind keine Seltenheit) sind die Bäume in der Lage, die Früchte zu ernähren und zur Reife zu bringen. Aber auch bei abfallenden Fruchtknoten kann man erkennen, ob die Befruchtung nicht geklappt hat oder ob der Baum noch zu jung war.

 

Wer befruchtet die Blüten? 



Blütenknospe am aufbrechen
Jetzt gerade Anfang Mai haben alle meine Bäume die Vollblüte beendet, in der sie zwei Wochen lang standen. Das ist relativ früh, eine Blüte ganz im Mai wäre auch normal gewesen. Eben hat sich entscheiden, ob es dieses Jahr mit der Befruchtung der Blüten geklappt hat. Den Pollentransport von Blüte zu Blüte übernehmen Insekten. Oft wird gesagt, die aus Nordamerika stammenden Pawpaws würden dort von Befruchterinsekten beflogen, die es in Europa gar nicht gibt und deshalb müssen man für eine anständige Ernte bei der Befruchtung mit dem Pinsel nachhelfen. Das ist falsch. Es gibt zwar unterschiedliche Insektenarten in Europa und Amerika, aber gerade unter den Pawapawbefruchtern existiert eine Vielzahl ähnlicher Arten mit ähnlichen Verhaltensweisen in
Blüten mit offenen Pollenständen (schwarz)
Blütenblätter fallen bereits ab, Fruchtknoten vergrössert
derselben ökologischen Nische, die auch in Europa als Befruchter taugen. Kurz gesagt, die Schmeissfliegen Europas sind gar nicht viel anders wie ihre amerikanischen Kumpels. Einige Arten sind sowieso weltweit verbreitet, zum Beispiel die Goldfliege (Lucilia sericata). Die Blüten der Pawpaws liefern keinen Nektar, aber die Blütenblätter sind dunkelrot wie gammelndes Fleisch und duften leicht nach Aas. Deshalb kommen keine nektarsuchenden Hummeln und Bienen, aber die Pawpaw lockt mit dem Duft Schmeissfliegen an, Fruchtfliegenarten, Käfer, Pollenräuber. Diese Locktaktik nutzen auch andere Pflanzen, während Bienenpflanzen auf Nektarproduktion setzen, um nektarsuchende Bestäuber für ihre sexuellen Dienstleistungen einzuspannen.

Problem: In einem aufgeräumten Garten wimmelt es nicht gerade von Aasfliegen. Das ist die Stunde des Pinselbefruchters. Mit einem Wasserfarbenpinsel geht man zu den Blüten mit offenen Pollenständen, holt sich Blütenstaub von Blüten eines Baum und streicht ihn auf die Narben in den Blüten des anderen Baums. Allerdings ist das mühsam. Es geht nur bei Blüten, die in Reichweite sind und man läuft Gefahr, die nicht sehr fest hängenden kleinen Blüten abzureissen.

Den Fliegen den Job schmackhaft machen


Goldfliege, Lucilia sericata im Hühnergehege
Schmeissfliege, aussen auf Pawpawblüte sitzend.
Die Fliegen werden vom Duft angezogen.
Lassen wir besser die Fliegen die Arbeit machen. Dazu kann man nachhelfen. Letztes Jahr habe ich es mit frischem Pferdemist versucht, den ich zur Düngung auf die Baumscheiben legte. Aber Pferdemist lockt wenig Aasfliegen an, er ist attraktiv für andere Insekten, vor allem Käfer, aber keine Kot- und Aasfliegen. Eine andere Mistart schafft das jedoch sehr gut und die Lieferantentiere haben wir sogar im Garten, leider am anderen Ende und mit ihnen die zugehörigen Schmeissfliegen: Hühnermist. Die Insekten darauf sind keine Freude. Fliegen wie die blaue Schmeissfliege oder Goldfliegen sind zwar oft schön anzusehen, aber es ist sehr bäh, wenn sie direkt vom Hühnermist auf die Terrasse fliegen und sich dort auf den Kuchen setzen. Nutzen wir die lästigen Fliegenviecher besser für die Pawpaw. Und so habe ich eine Ladung Hühnermist mit Einstreu neben die Bäume geworfen. Siehe da: Es klappte tatsächlich und ich konnte es sogar fotografisch dokumentieren. Immer wieder sitzen verschiedene Fliegenarten auch auf die Blüten. Wenn man das beobachtet, versteht man auch wie die Befruchtung damit funktioniert. Die Fliege setzt sich auf die fleischigen, roten Blütenblätter, dort wo sie am meisten nach Aas duften, mal aussen, mal innen. Innen streift ihr borstiger Rücken an dem dicken Knubbel in der Blüte, auf dem die Pollenstände sitzen. Die Fliege bekommt Pollen "ins Fell". Fliegt sie zu einer weiteren Blüte, muss sie dort an der Narbe vorbei und es werden immer wieder Pollen von der vorigen Blüte darauf gelangen. Befruchtung geklappt!

Schmeissfliegen in Pawpawblüten in verschiedenen Blühstadien

Mit diesem Hühnermist ist es mir tatsächlich gelungen, eine Rekordanzahl von befruchteten Blüten zu bekommen. Grund genug, das auch künftig zu probieren. Später sind zwar trotzdem noch viele in befruchtetem Zustand abgefallen, aber das lag an den zu jungen Bäumen, die erst wenige Jahre alt sind. Übriggeblieben sind aber diesmal noch genug. Hoffen wir auf passendes Sommerwetter ohne Sturm, Hagel und Trockenkatastrophen, damit im Herbst eine fette Pawpaw-Ernte zu holen ist.

Befruchtete Pawpawblüte (Sorte Prolific), Blütenblätter beginnen abzufallen, Reste der Pollenstände noch vorhanden


Teil 1: Indianerbanane Pawpaw, der ewige Star von morgen
Teil 2: Indianerbanane Pawpaw: Anbau
Teil 3: Indianerbanane Pawpaw: Früchte und Fruchtqualität
Teil 4: Indianerbanane Pawpaw: Befruchtungsfragen

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