Sonntag, 24. Juni 2018

Kirschsaft, Wildkirschenmarmelade, Kirschprinzessinnen

Die Haupterntezeit der Kirschen ist vorbei, fast alle Sorten sind durch. In meiner Kindheit gab es Mitte Juni immer die ersten Erdbeeren, man brachte mit Müh und Not den Belag für den ersten Erdbeerkuchen mit eigenen Erdbeeren aus dem Garten zusammen. Mit Früchten, deren Spitze noch grün war. Heute ist die Erdbeerzeit Mitte Juni schon vorbei, die Kirschen auf dem Höhepunkt und Melonen bereits in Sichtweite.

Also Kirschen jetzt. Wir haben 25kg reife, saftige Herzkirschen gepflückt und Saft daraus gemacht. Einfach abgepresst mit der Hydropresse. Kirschen rein, Wasser an, Saft ablaufen lassen, Wasser aus und ablassen. Presse reinigen, Saft trinken.


Die Presse arbeitet mit Wasserdruck. Der Grummibehälter in der Mitte wird mit Leitungswasser (max. 3bar) gefüllt und dehnt sich aus, die Früchte werden gegen das Gitter gepresst. Auf das Presstuch kann man bei weichen Früchten verzichten.



Sofort beginnt der Saft zu fliessen. Es dauert keine fünf Minuten und die Kirschen sind abgepresst.


Wasser wieder ablassen. Wasserbeutel entspannt sich und schrumpft. Übrig bleibt der trockengepresste Trester an der Wand der Presse.


Ein Grossteil davon sind die Kirschkerne:


Die Ausbeute beträgt knapp 50%. Den Saft kann man frisch trinken oder abkochen und in Flaschen füllen. Ich verbessere die Haltbarkeit durch etwas Säure- und Ascorbinzugabe. Er schmeckt auch gut in Mischungen. Mit Sekt kommt er sehr gut, viel besser wie die beliebte Sekt-Orange-Mischung.

In einigen unserer umliegenden Wälder gibt es viel Wildobst, darunter als grösster Anteil davon Wildkirschen. Früher hat man sich Wildlinge von dort als Veredelungsunterlagen für eigene Kirschbäume geholt. Die wilden Kirschbäume tragen regelmässig Früchte. An Säumen und freien Einzelbäumen kommt man an sie heran, ansonsten sind die Bäume zu hoch. Der Waldwirtschaft geht es natürlich um die Stämme, die möglichst astfrei lang sein sollen. Ihre Früchte weisen eine hohe Vielfalt aus, manche scheinen auch den Kulturkirschen etwas näher zu sein, es gibt gelbliche Varianten, welche mit sehr kleinen Früchten, fast schwarze Kirschen, Grössere. Kirschen von solchen halbwilden Bäumen haben bittersüsses Aroma, das eine Spitzenmarmelade ergibt. Häufig liegen sie im späten Reifebereich. Aber es ist mühsam, etwas zusammenzubekommen. Dieses Jahr sind die Früchte erfreulicherweise generell etwas grösser. Die Zuckermessung des Safts mit dem Refraktometer unserer Wildsammlung ergab wieder sagenhafte 85° OE (20,4 Brix). Rekordwerte von bestimmten Bäumen erbrachten schon bis zu 110° OE. Sie sind recht weich mit hohem Steinanteil, wir zerquetschen sie mit der Hand um eine Maische herzustellen.


Die Maische wird einfach durch das grobe Sieb einer Passiermühle ("flotte Lotte") gedreht. Übrig bleiben nur die Kerne und ein bisschen Hautreste.


Geliermittel zugeben, etwas Zitronensäure aufkochen, 3 Minuten sprudelnd kochen lassen, abfüllen:


Dieses Jahr tragen alle Sorten. Und das mit sehr wenig Kirschfruchtliegenlarven. Hier eine früher teuer gehandelte Spitzensorte, die "Grosse Prinzessinkirsche", die für die Tortendekoration sehr beliebt war. Als "Kaiserkirsche", die dafür in Zucker eingelegt wurde. Ihr Aroma wird durch erhitzen sogar stärker.

Grosse Prinzessin Kirsche

Vornehme Blässe auf einer Seite, zart errötend auf der Anderen ist sie, die Prinzessin - eine rotbunte Sorte. Und die Rotbunten ist schon alle lange verschwunden, weil die heutigen Kunden so etwas für unreif halten würden, so die Befürchtung der Supermarktmanager. Das Fruchtfleisch der Prinzessin ist weiss und zartfest, der Saft farblos, sie ist sehr gut steinlösend. Sie hat einen eigenen Duft nach kandierter Frucht und Süsse. Im Aroma kommt sie durchaus kräftig heraus, hat sowohl Süsse als auch Säure. Man kann sie kiloweise essen, ganz anders als die harten, zähen Geschosse moderner Sorten wie "Regina".

Grosse Prinzessinkirsche, frisch gepflückt

Meine Saftkirschen kamen von einem Hausbaum in Reichertshausen, einem Dorf in der Nähe, heute zur Gemeinde Neudenau gehörig. In Reichertshausen gab es bis zur Flurbereinigung auf der Nordostseite des Dorfs einen starken Kirschanbau mit grossen Hochstämmen, "Kirschenland" sagten die Leute dazu. Die Kunden für diese Kirschen kamen bis aus den Orten des Baulands, sie bestellten oft vor und holten dann grosse Mengen ab. Davon ist nichts übrig. Die Kunden kaufen heute bei Aldi Kirschen aus der Türkei incl. deftigem Pflanzenschutzmittelcocktail. Die Hochstämme mit erstklassigen Sorten, 150 Jahre sorgsam gepflegt, darunter eine nun verlorene Lokalsorte wurden umgesägt - Brennholz. Die Flurbereinigung der 1960er Jahre planierte wie ein durchmarschierendes Panzerbatallion alles nieder und erzwang eine agroindustrielle, ausgeräumte Landschaft, wie sie bis heute besteht.

Montag, 11. Juni 2018

Melonen: Die häufigsten Krankheiten und ihre Bekämpfung

Über Melonen, den Mimosen des Nutzgartens sind schon einige Beiträge erschienen. Neben dem Wetter sind die meisten Spielverderber für erfolgreichen Melonenanbau Pflanzenkrankheiten, genauer gesagt Pilzkrankheiten. Das Jahr schreitet voran, bald werden wieder Symptome sichtbar sein. Damit muss man sich auseinandersetzen, denn ausgerechnet für die schlimmsten Geisseln gibt es keine resistenten Sorten und es kommt sehr oft vor, dass die Pflanzen schon vor der Fruchtreife ab Ende Juli restlos absterben. Nur in sehr guten Lagen und Jahren gelingt es, dass Melonenpflanzen den Oktober noch lebend erreichen und damit auch annehmbare Erträge haben. Unbeherrschbare Krankheiten sind die Hauptbegründung von Hobbygärtnern, wenn man den Melonenanbau schliesslich entnervt hinwirft.


Falscher Mehltau


Falscher Mehltau im Anfangsstadium und doch schon zu spät
Seuche Nr. 1 ist zweifellos der falsche Mehltau, Plasmopara. Er befällt Gurken und Melonen sehr stark, andere Cucurbitae etwas seltener. Wassermelonen sind ebenfalls sehr anfällig. Nach einem feuchten Juni erscheinen bereits Mitte Juli überall gleichzeitig helle Blattabschnitte, die wie helle Fenster aussehen. Je nach Melonenart sind die hellen Fenster schwächer oder stärker ausgeprägt. Darauf folgt bei allen Arten schnell das Absterben der ganzen Blätter (sehen aus wie vertrocknet) von aussen her und kurz danach auch der Pflanze. In 14 Tagen ist alles vorbei. Ich habe schon Schubkarren voller Melonen kurz vor der Reife entsorgen müssen, weil kurz zuvor alles rasend schnell vom falschen Mehltau vernichtet wurde. 2016 habe ich deshalb von -zig Pflanzen nichts ernten können. Hat es einmal damit angefangen und sind die Aufhellungen und Nekrosen zu sehen, dann sind die Blätter bereits nicht mehr zu retten.

Am 27. Juli bereits 50% der Blätter zerstört
Falscher Mehltau kann im Freiland wie im Gewächshaus schnell zu Totalschaden führen. Wenn das Wetter kühlere Phasen hat und Wasser auf den Blättern kondensiert, schlägt seine grosse Stunde. Er braucht Blattfeuchte. Klassischer und häufigster Infektionsbooster ist nächtlicher Tau. Auch Regen, keine windoffene Lage, dichter Bewuchs fördern ihn. Wir gärtnern beispielsweise auf halber Höhe zwischen Flusstal und Hochfläche und haben praktisch jedes Jahr falschen Mehltau, nur 500m weiter bzw. 50m höher auf einer windigen Höhenkuppe kommt die Krankheit an denselben Sorten viel seltener. Aber auch dort ist nach zwei Wochen Gewitterwetterlage mit luftfeuchten Nächten Ende Gelände, ob die Nacht warm oder kühl ist spielt keine Rolle, nur ob Wasser auf den Blättern kondensiert.

Plasmopara-resistente Melonensorten gibt es nicht, nicht einmal tolerante Sorten. Cucurbitae aus der Melonen-Gurkengruppe sind fast alle anfällig. Nur ein paar wenige Einlegegurkenzüchtungen haben bessere Toleranzen. Was hilft also?
  • Luftiger aber gleichzeitig nachtwarmer Pflanzort, so dass Taubildung vermindert wird - zum Beispiel vor geraden Steinmauern, unter Folientunnelgewächshäusern die an den Seiten offen sind, aufgeleitet an einer Hauswand, gezogen an Schnüren. Solche Flächen stehen im Nutzgarten leider oft nicht ausreichend zur Verfügung. Und dummerweise lieben auch Spinnmilben trockene Wärme, das wissen Gewächshausgärtner besonders gut. Man schützt sich vor einer Krankheit und holt sich damit eine Andere.
  • Nie Wasser auf Blätter giessen. Wenn wässern, dann besser per im Boden verlegten Perlschlauch, mit der Giesskanne direkt auf den Boden, aber das Wasser darf kein kühles Zisternen- oder Leitungswasser sein. Muss man doch giessen, dann bei Sonne und Wind, damit die Blätter schnell wieder abtrocknen. Luft- und Sonnenwarmes Wasser nehmen, sonst begünstigt man Wurzelkrankheiten.
  • Konsequente Unkrautbekämpfung, einige Unkräuter übertragen den Pilz ebenfalls.
  • Gerne empfohlene Hausmittel wie Backpulver, Magermilch etc. zeigen keine Wirkung, sondern sind ein Beweis für ahnungsloses, inkompetentes Abschreiben. Es sind Mittel gegen den echten Mehltau. Zudem sollen sie Abends ohne Sonne ausgebracht werden, um gegen echten Mehltau zu wirken. Gerade das verursacht aber auch feuchte Blätter über Nacht, was den falschen Mehltau beschleunigt. Sein lassen!
  • Wer auf chemische Helfer setzt, findet nur eine einsetzbare Stoffgruppe, die dem Befall mit falschen Mehltau etwas vorbeugt, nämlich Phosphonate. Voraussetzung für den Einsatz an Jungpflanzen ist die Anwendung bereits vor dem Befall: Mehrere Sprühgaben auf die Blätter ab Beginn des Längenwachstums Anfang Juni. Angeboten werden zwar auch Mittel mit Azoxystrobin (Mittel z.B. Ortiva Spezial Pilzfrei, Fungisan), gegen das die Pilze aber schon Resistenzen entwickelt haben. Eins der Phosphonate ist Aluminiumfosetyl, verkauft als "Spezial Pilzfrei Aliette". Die Zulassungssituation ändert sich dauernd und wird für private Anwender permanent schlechter. Früher waren Kupfermittel Standard. Aktuell zugelassene Mittel findet man in der Datenbank des Bundesamts für Verbraucherschutz: https://apps2.bvl.bund.de/psm/jsp/

Phosphonate, Phosphonsäure (nicht Phosphorsäure) sind ein Thema für sich. Sie sind nicht toxisch, gut erprobt und werden gerne in einer rechtlichen Grauzone angewendet, denn es gibt auch Blattdünger mit Phosphonsäure, die dann eine Nebenwirkung auf falschen Mehltau haben. Man behandelt also die Pflanzen in Wirklichkeit gar nicht, sondern düngt sie so, dass sie als Nebenwirkung keinen falschen Mehltau bekommen. Das ist nicht unkorrekt, denn Phosphonsäure wirkt nicht gegen Plasmopara, sondern sorgt dafür dass die Pflanze selbst eine Resistenz gegen den Pilz entwickelt, das nennt sich "induzierte Resistenz". Auch im Bioweinbau hat man damit experimentiert, um von den Kupferspritzungen gegen falschen Mehltau bei Wein wegzukommen. Im kommerziellen Anbau sind Phosphonate bei vielen Kulturen weit verbreitet. Problem ist, dass sich noch sehr lange Zeit Rückstände nachweisen lassen, Phosphonsäure baut sich nur langsam ab und reichert sich in den Pflanzenteilen an, bei denen die Pflanze gerade wächst. Auch wenn sie nicht schädlich ist (die Europäische Lebensmittelbehörde hat umfangreiche Stellungnahmen dazu verfasst), bleibt sie ein Fremdstoff und steht dem generellen Ziel "Rückstandsfreiheit" entgegen. Kein Vorteil ohne Nachteil.

Das sollen wir gefälligst kaufen
statt eigene Melonen zu ziehen

Nutzt man Phosphonate, kosten die Blattdünger pro Anwendung nur ein Zehntel der Preises wie ein Pflanzenschutzmittel. Bekannte Handelsnamen sind Lebosol oder Phosfik, Phos 60. Phosfik enthält 27% Phosphorpentoxid und wird mit 0,2 - 0,25% Konzentation empfohlen. Höchstmengen: 5ml Phosfik oder Lebosol Nutriplant pro Liter Wasser nehmen, also max. 0,5%. Sicherlich wird die EU das wie üblich mit irgendeinem vorgeschobenen Grund früher oder später verbieten, mittlerweile ist das wie vorhergesagt tatsächlich passiert. Irritierenderweise haben einige Pflanzenschutzmittel mit Phosphonaten für Kleingärtner durchaus eine gültige Zulassung, wurden aber vom Hersteller einfach nicht auf den deutschen Markt gebracht, in anderen Ländern jedoch sehr wohl. So gibt es das sehr gut wirkende "Previcur Energy" bis Litauen im normalen Verkauf an Jedermann, aber trotz deutscher Zulassung nicht in Deutschland. Wendet man das Mittel in Deutschland an, wird man bestraft. Als Nutzgärtner hat man somit auf allen Ebenen verloren. Der Bürger soll kaufen, kaufen, kaufen statt selbst anzubauen und nutzen, was die Nachbarn problemlos nutzen. Was er im Supermarkt kauft, ist per LKW, Schiff, Flugzeug tausende Kilometer weit hergekarrte Ware bescheidenster Qualität, die von den kommerziellen "Profis" regelmässig behandelt wurde. Eingesetzte Fungizide gegen diese Pilzart sind z.B. Dithianon (der Gruppe der Chinone, Nitrile und schwefelhaltigen Heterocyclen), Folpet (aus der Gruppe der Phthalimide, Sulfenamide und organischen Chlorverbindungen, mit Zulassungsunterbrechung weil krebserregend), Ametoctradin (ein Wirkstoff aus der Gruppe der Pyrimidylamine). Ein hoher Prozentsatz von untersuchten Melonen enthielten mehrere Pflanzenschutzmittelrückstände (Analyse Niedersächsisches Landesamt für Lebensmittelsicherheit).

Brennfleckenkrankheit, Alternaria, Stängelbrand


Diese Krankheiten sind zusammengefasst, sie sind teilweise schwer zu unterscheiden, überlappen sich in den Symptombildern und benötigen dieselben Bedingungen, um auszubrechen: Warm und feucht.

Lange waren die Brennfleckenkrankheit, Colletotrichum orbiculare sowie Alternaria (Alternaria cucumerina) nur gelegentliches Übel und blieben in Deutschland der zweiten Reihe, aber die typischen Wetterlagen der letzten Jahre hat sie sehr agressiv werden lassen. Im Jahr 2017 und auch 2018 schaffte Alternaria früh die Katastrophenschwelle, befiel Blätter, Triebe, dann überwog die Brennfleckenkrankheit an den Früchten. Auslöser war eine monatelang ab Frühling anhaltende Grosswetterlage mit viel Wärme, heiss aber mit hoher Luftfeuchtigkeit, die zu allnächtlich taufeuchten Blättern führte weil das Wasser der gesättigten Luft kondensierte. Teilweise gab es 2017 sogar immer wieder sommerlichen Morgennebel. Jeden Morgen tropfte es von den Blättern. Alternaria kann im Gegensatz zu falschem Mehltau schon sehr früh erscheinen, schon in den Wochen nach der Pflanzung, Brennfleckenkrankheit eher etwas später. Zu allem Überfluss hat sich auch noch eine weitere Krankheit an Melonen ausgebreitet, der Stängelbrand. Hier der Verlauf von Alternaria und Brennflecken:

Unscheinbare Blattflecken, oft vom Rand her, aber bereits verwelkte Jungtriebe
Auf der Unterseite Nekrosen mit aufgehellter Mitte, die später herausbricht




Jetzt sind auch die Blattoberseiten mit Nekrosen gesprenkelt
Typisch: Auch Stängel werden befallen. Ist bei falschem Mehltau nicht der Fall.
Und Früchte ebenso - Brennfleckenkrankheit

Weitere Riskofaktoren sind viel Stickstoff im Boden (den Melonen aber brauchen), keine Flächenrotation im Anbau, eigenes Saatgut. Besonders anfällig sind Wassermelonen. Massnahmen dagegen: Lange Fruchtwechsel, drei Jahre Anbaupause auf einer Fläche mit Melonen. Das ist hart, sind doch melonengeeignete Stellen im Garten und Gewächshausflächen ein sehr begrenztes Gut. Ich umgehe das so, dass ich Melonen in Boden mit Pferdemistauflage setze, die schon im Winter aufgeschichtet wird, dann Vlies darüber. Sporen im Boden werden darunter begraben. Melonen sind Flachwurzler. Auch das Saatgut selbst ist Überträger. Da aber fast Jeder die Sämereien kauft und die Sporen nicht sichtbar sind, muss man sich bei Krankheitsfreiheit auf den Saatgutproduzenten verlassen.

Chemie hilft auch nur begrenzt. Das einzige für Privatanwender erhältliche Mittel gegen Brennfleckenkrankheit enthält Azoxystrobin, für dessen Anwendung es bei Sichtbarkeit der Flecken schon zu spät ist. Gegen Alternaria werden mehrere Fungizide empfohlen, auch Kupfermittel, nach 100 Jahren sind sie aber für Privatanwender seit kurzem nicht mehr erlaubt. Alternariapilze produzieren Toxine, die kritisch bewertet werden. Befallene Melonen nicht mehr essen, auch wenn man die Schadstellen ausschneiden kann. Abgestorbene Ranken verursachen auch Qualitätseinbussen. Die Melone in einem teilweise welken Rankensystem wird zwar scheinbar noch optisch reif, akkumuliert aber kaum mehr Zucker und bleibt aromaarm. Man schiebt das dann gerne auf die Sorte, in Wirklichkeit hat eine Krankheit die Assimilationsleistung der Versorgungsblätter zerstört.

Der auf vielen Seiten und Büchern ständig wiedergekäute Satz von "resistente Sorten verwenden" ist auch hier wie so oft eine abgeschriebene Leerformel von Leuten, die in Wirklichkeit absolut gar keine Ahnung haben - es gibt schlichtweg keine resistenten Melonen, nur ein paar wenige Gurken. Helfen würden auch luftige Foliendächer, unter denen sich weniger Tau bildet.

Stängelbrand oder Gummistängelkrankheit ist weltweit der stärkste Erntevernichtungsfaktor für Melonen und hat somit enorme wirtschaftliche Bedeutung. Verantwortlich ist der Pilz Didymella bryoniae, ein Schlauchpilz wie es auch die Pilze der Brennfleckenkrankheit und die von Alternaria sind. Er befällt auch Gewächshaustomaten und Unkräuter wie Zaunrüben. Befallen werden bevorzugt Verzweigungsstellen an den Stängeln, Blätter, Früchte. Ranken welken und ganze Pflanzen können schnell absterben. Diagnostizierbar ist er am leichtesten über seine Pykniden, das sind schwarze fruchtkörperartige Strukturen des Pilzes. Man kann sie mit blossem Auge nach einiger Zeit an Schadstellen erkennen. In ihnen werden neue Sporen gebildet. Meistens tritt Stängelbrand erst ab Ende August auf, Hitze über 30° verträgt er schlecht, er liebt ebenfalls Feuchtigkeit, Tau, mässige Temperaturen. Selbst mit der geballten Macht der Chemie ist er im kommerziellen Anbau nur sehr schwierig unter Kontrolle zu halten, zudem gibt es zunehmend Resistenzprobleme. Für uns sind das akadamische Betrachtungen, die eingesetzten Wirkstoffe wie Triazole kann der private Gärtner ohnehin nicht bekommen. Wir bekommen sie trotzdem: Auf dem Esstisch, wenn wir im Supermarkt kommerzielle Plantagenmelonen kaufen.

 

Wurzelfäulen


Melone mit Wurzelpilz. Blass, ältere Blätter schlaff.
Melonen mögen schwere Böden nicht. Sind sie nicht einmal ausreichend warm, dann führt dies schnell zu Wurzelfäulen wie Fusarium oder Pythium. Risikofaktoren sind frühe Pflanzung in den kalten Boden hinein, viel Nässe im Boden, zu häufiges giessen, Veranlagung. Die Pflanze mickert und lässt Blätter hängen, obwohl sie doch genug Wasser haben müsste. Man fehlinterpretiert dies oft als Wassermangel, giesst noch mehr und verstärkt so den Teufelskreis. Das passiert bereits ab der Auspflanzung im Mai und kann das gesame Melonenleben lang passieren.

Diagnose: Meistens hellen sich auch die Blätter auf, die Pflanze wirkt gelblicher wie gesunde Pflanzen. Das Wachstum hört auf. Blätter bleiben klein. Anfangs sind nur manche Blätter welk oder rollen sich von den Rändern her, eher die Älteren.  Die Pflanze stirbt dann einen langsamen Tod, kann sich aber auch oft erholen. Sie bleibt trotzdem kleiner und es dauert lange, bis sie Blattmasse bildet. Man sollte sofort zu giessen aufhören und abwarten.

Einige Melonensorten sind angeblich resistent gegen alle oder ein paar Fusariumarten, jedenfalls wird damit geworben. Leider sind das nicht gerade die Aromakönige. Für sinnvoller halte ich bodenverbessernde Massnahmen (viel organisches Material einarbeiten, mehr Luft in den Boden bringen), richtiges giessen (warmes Wasser, nur alle paar Tage), auspflanzen in warmen Boden. Damit sind diese Pilze gut zu begrenzen.

Eine andere Methode ist, es die Melonen zu veredeln. Bei Gurken ist das eins der Hauptargumente, man veredelt die Gurkenpflanze auf eine Cucurbita-Unterlagen (gerne den Feigenblattkürbis), die kaum Wurzelkrankheiten bekommt. Gekaufte Pflanzware gibts manchmal in veredelter Version, dann ist sie leider auch gleich kräftig teuer. Mann kann auch selbst veredeln, schwer ist das nicht, nur eben ein zusätzlicher Arbeitsgang. Man sät Edelsorte und Unterlage (Feigenblattkürbis) nebeneinander im Topf. Haben die aufgegangenen Pflänzchen einen Stängel bekommen, kann man sie mit einem Schrägschnitt halb anschneiden und ineinanderstecken. Dafür gibt es eine endlose Zahl von Videoanleitungen auf Videoportalen.

Später wird dann die Melonenwurzel ganz gekappt, sie wächst nun auf Feigenblattkürbisunterlage. Der ist robuster, aber nicht immun gegen alles, mir sind auch Pflanzen auf Feigenblattkürbis schon den Welketod gestoben, vor allem im Gewächshaus.


Echter Mehltau

Melonenblatt echter Mehltau Befallsbeginn

Sphaerotheca fuliginea ist der schleichende Herbsttod, ein Schönwetterpilz, der gewöhnlich erst spät im Jahr auftritt (wenn die Pflanzen überhaupt so lange überlebt haben) und das Ende der Saison kennzeichnet. Regen mag er nicht, aber kühle Nächte. Er ist sehr leicht zu diagnostizieren, Bilder sind dafür kaum nötig, man kennt ihn. Der mehlige Film bildet sich zuerst in Form von grauen Flecken auf beschatteten Blättern mit Beginn der trockenwarmen Tage, kühlen Nächte. Er stört zunehmend die Assimilation und lässt die noch vorhandenen Früchte nicht mehr süss werden. Im Gegensatz zu den anderen Krankheiten wirkt er aber "nur" saisonverkürzend und ist kein kompletter Spielverderber. Manche Sorten sind weniger anfällig, z.B. "Marlene". Unter den verwandten Gurken und einigen Kürbissen gibt es sogar resistente Sorten.

Reine Kalischmierseife

Da die Saison sowieso zu Ende ist, braucht man oft nicht mehr viel zu bekämpfen. Wenn doch, gibt es einfache Mittel. Zum Beispiel den Emulgator Lezitin aus Magermilch (Milch 1:4 verdünnt, dann spritzen) oder Molke oder Sojalezitin, Netzschwefel, Lebermoosextrakt, Kaliumhydrogencarbonat (verkauft auch im kommerziellen Mittel "Armicarb" oder als Mittel gegen Sodbrennen). Natriumhydrogencarbonat funktioniert deutlich schlechter, ist dafür sehr leicht zu bekommen - das ist simples Backpulver. Dosierung Kaliumhydrogenkarbonat: 10g pro Liter Wasser, höchstens lauwarm. Ferner ist noch ein Benetzungsmittel beizumischen, am Besten ist reine Kalischmierseife. Ein Teelöffel Seife pro Liter, aufgelöst in warmem Wasser. Kein Spülmittel nehmen, dort ist eine Vielzahl kritischer Stoffe enthalten, die wir nicht brauchen und nicht wollen.

Meiner Erfahrung nach lohnt sich das Klimbim am Saisonende nicht immer. Die Melonen schmecken dann ohnehin nicht mehr so richtig gut, die Sonne fehlt weil es mehr Schatten gibt und die Tage kürzer sind. Die anderen Krankheiten sind sowieso schneller und beenden alles, bevor schliesslich echter Mehltau kommt. Anders im Gewächshaus, wenn der Befall im September auftritt.

Die Behandlung lohnt sich noch, wenn Mehltau bereits im August auftritt, die Pflanzen ansonsten gesund sind, Aussichten für den September auf gute Wetterlagen hoffen lassen. Ein sonniger September bringt auch noch eine Ernte, wenn sie gesund bleiben. In diesem Fall sollte man mit Lezitin vorbeugend in engem Abstand von fünf Tagen behandeln (und immer nach Regen) oder mit Kaliumbikarbonat beim Sichtbarwerden der ersten Mehltaupilze, danach wöchentlich.


Spinnmilben


Im Freiland hatte ich sie noch nie stark, im Gewächshaus jedes Jahr. Winzige Spinnentiere, kaum mit dem blossen Auge zu erkennen vermehren sich massenhaft, stechen die Blätter an, saugen Zellen aus, die Blätter vergilben, sterben ab. Feine Gespinste ziehen sich entlang Stängeln und Trieben. Auch sie sind leicht zu identifizieren, sie befallen auch eine Vielzahl anderer Pflanzen, besonders andere Gurken, Auberginen, Paprika.

Spinnmilbenbefall an Melonenblatt
Zunächst ist eine frühe Diagnose wichtig. Man übersieht die Schädlinge nämlich erst wochenlang. Ich beobachte dazu dunkle Pflanzstäbe an Auberginen im Gewächshaus. Dort krabbeln sie an heissen Sonnentagen ganz zur Spitze hoch und man kann sie dort als helle, abstreifbare Punkte entdecken. Früh sichtbar sind auch kleine, unscheinbare Blattschäden. Kleine, helle Sprenkel erscheinen, die auch an der Oberfläche sichtbar werden. Dort haben die Schädlinge die Blattzellen angestochen und ausgesaugt. In kleinen Bereichen vermehren sich, sie sehen aus wie mit Nadelkissen gestochen. Doch die nächsten Generationen (und davon gibt es viele) gehen über das gesamte Batt und die Pflanzen, sind nicht mehr zu stoppen. Nun ist es schon zu spät, diese Schäden sind nicht mehr reparierbar. Die Blätter sind erst weniger leistungsfähig, dann sterben sie schliesslich unter Bildung grauer, dürrer Inseln.

Auf allerlei schlauen Seiten wird zur Spinnmilbenbekämpfung der Einsatz von Nützlingen empfohlen. Raubmilben würden die Spinnmilben bekämpfen. Ensprechend werden eifrig Tütchen mit Raubmilben verkauft, Nützlinge, die ohne Gift den Spinnmilben den Garaus machen.

Leider ist das reine Beutelschneiderei und füllt nur die Kassen der Verkäufer. Ich habe auch lange damit experimentiert, musste aber feststellen dass Raubmilben ziemlich enge Feuchtigkeits- und Temperaturkorridore benötigen, um sich zu vermehren und dies in Standard-Gewächshäusern von Hobby-Nutzgärtnern schlichtweg nicht zu machen ist. Dazu wäre Profitechnik Voraussetzung, Luftbefeuchtung und Luftentfeuchtung, Klimatisierung, Steuerung. So ist das in Profigewächshäusern kommerzieller Grossbetriebe, aber eben nicht in unserem kleinen Nutzgartengewächshaus, wo man über "rechtzeitig" lüften und giessen hinaus nichts machen kann. Das Risiko ist viel zu hoch, dass etwas nicht klappt. Stellt man nach zwei Wochen fest, dass die winzigen, nicht sichtbaren Raubmiben doch lieber in Urlaub gegangen sind statt den Spinnmilben an die Gurgel, ist die Katastrophe nicht mehr aufzuhalten und die Ergebnisse monatelanger Mühe und Pflege vergilben und vertrocknen unweigerlich unter Spinnmilbengespinsten - Totalschaden wieder einmal und dazu noch teuer. Die Verkäufer kümmert es nicht, die haben ihr Geschäft bereits gemacht.

Eine Lösung fürs kleine Gewächshaus ist die sofortige Anwendung bei Auftreten der ersten punktartigen, gruppierten Blattaufhellungen einer Neemöl-Emulsion, mehrmals im Abstand von fünf Tagen nach Sonnenuntergang wiederholt, um auch zwischenzeitlich aus Eiern geschlüpfte Spinnmilbenschädlinge zu erfassen. Das Neemöl sollte nicht zu alt sein, auf gute Lagerung achten, kühl und vor allem dunkel. Andere Akarizide haben Resistenzprobleme oder sind nicht für Privatanwender zugelassen. Man kann sich dabei auf die Anwendungshinweise auf der Verpackung der Neemölpräparate stützen. Ich kaufe mir das Neemöl incl. Emulgator und mische 5ml in einen Liter Wasser, fertig. Sofort verwenden, nicht bei Sonne spritzen, sondern Abends oder an Schattentagen bei unter 25°C. Vor allem an die Unterseite der Blätter sprühen, alle jüngeren und damit weicheren Blätter sind besonders wichtig. Dieser Ansatz ist auch mit anderen Stoffen mischbar, z.B. Blattdünger oder ein paar Tropfen Kaliseife zur besseren Benetzung. Solche Mischungen sind wesentlich billiger wie die irren Wahnsinnspreise der Fertigpräparate, die speziell für den Garten durch grosse Firmen verkauft werden (Beispiel: "Schädlingsfrei Neudorff Neem plus").


Fazit


Am wichtigsten ist neben vorbeugenden Massnahmen die sehr genaue ständige Beobachtung von Wuchs, Blättern und Früchten, um frühzeitig Diagnosen und noch Eingriffsmöglichkeiten zu haben. Wer komische Flecken auf den Blättern feststellt und dann nach ein paar Tagen mal anfängt zu recherchieren, schliesslich nach Erkennen der Krankheit panisch Mittelchen (womöglich die Falschen) spritzt, kommt nicht weit. Und schliesslich muss man auch cool bleiben können ohne auszuflippen, wenn die Ernte tatsächlich hops geht. Das kommt unweigerlich ab und zu vor - nicht aufgeben! Neues Jahr, neues Glück.


Im Bild einer von mehreren Melonenstapeln aus dem Jahre 2016 (verregneter Juni, extrem hohe Niederschläge), falscher Mehltau war ab Mitte Juli deutlich sichtbar und nicht bremsbar, Tod aller Pflanzen Anfang August. Die Melonen sehen reif aus, waren aber ohne Aroma, sauer und nur noch wie schlechte Gurken zu verwenden. Die Blätter haben schon vor dem Exitus nicht mehr assimiliert, kein Zucker mehr, kein Aroma. So kann es passieren, daraus muss man lernen, es schlucken und im nächsten Jahr neu beginnen.

Viel Glück und gutes Wetter beim eigenen Anbau! 

Noch einige der wichtigeren Beiträge über Melonen:
Melonen: Mehr Sorten und Schwemme trotz Kaltjahr
Melonen, die Mimosen des Gartens und Fehler bei der Auspflanzung

Melonen, was brauchen sie?
Melonen: Die häufigsten Krankheiten
Melonen im Nutzgarten: Sortenerfahrungen und Sortenempfehlungen
Melonen: Koreanische Chamoe-Melonen

Oder generell: Melonen.

Freitag, 8. Juni 2018

Melonen, was brauchen sie?

In einem früheren Beitrag "Melonen, die Mimosen des Gartens und Fehler bei der Auspflanzung" sind die Schwierigkeiten beschrieben, den Übergang der Melonenpflanzen in den Garten hinzubekommen. Aber dann? Was benötigen diese empfindlichen Gewächse, um leckere Früchte zu produzieren? Leider eine ganze Menge. Melonen sind in Mitteleuropa eine schwierige Kultur.

Besser im Gewächshaus?


Im Gewächshaus wirds schnell eng
Sollte man es von vornherein nur im Gewächshaus, unter Glas probieren? Viel spricht dafür, von Wetterkapriolen, Hagel, kühlen Temperaturen, einigen Krankheiten wird man im Gewächshaus verschont. Ich habe das auch einige Jahre probiert, bin aber davon wieder abgekommen. Was waren die Gründe?
  • Ausgerechnet die edlen Cantaloupe-Melonen zeigen durchweg Geschmackseinbussen. Etwas weniger schlimm ist es bei einfacheren Zuckermelonen, asiatischen Chamoe-Melonen, aber auch noch spürbar. Es ist nicht so, dass Melonen aus dem Gewächshaus nicht schmecken, aber im direkten Vergleich liegen sie klar hinter gut besonnten Freilandfrüchten. Süsse und Aromatik bleiben schwächer. Die Sonneneinstrahlung pro Blatt ist im Gewächshaus immer deutlich geringer, einerseits weil die Wände filtern, andererseits weil dort alles gedrängter, stärker übereinander wächst, es gibt viel mehr Blätter im Halbschatten. Man bekommt schöne, wuchsfreudige, sattgrüne Pflanzen und auch überdurchschnittlich grosse Früchte, aber die bekommen weniger Licht, vor allem der kurzwellige Spektrumsbereich wird gedämpft. Wie bei Tomaten bewirkt die fehlende UV-B Strahlung geringere Bildung geschmacksgebender Inhaltsstoffe, weniger Flavonoide, dafür stärkeres Blattwachstum. Gewächshausmelonen sind nicht so viel besser wie kommerziell angebaute Freilandware, der Reifevorteil bringt keinen Vorsprung mehr.
  • Platz ist fast immer knapp. Melonenpflanzen wachsen so stark wie wuchsfreudige Gurken, benötigen also auch denselben Platz im Gewächshaus. Die Gurke liefert aber bei guten Bedingungen über 50 Früchte und fruchtet kontinuierlich, die Melone schafft auf gleicher Fläche nicht einmal 5. Man muss also ganz schön viel wertvolle Gewächshausfläche für ganz schön wenig Ernteergebnis bereitstellen.
    Melonenarten wie Wassermelonen sind von vornherein nur etwas für grosse Gewächshäuser. Typ und Grösse von Gewächshäusern, mit denen es mehr Spass machen würde, liegen ausserhalb meiner Möglichkeiten und sicher auch der meisten Nutzgartenliebhaber.
  • Typische Melonenkrankheiten wie der falsche Mehltau treten im Gewächshaus genauso schlimm auf wie im Freiland. Zusätzlich bekommt man es im Gewächshaus fast regelmässig mit starkem Spinnmilbenbefall zu tun. Einzig die Brennfleckenkrankheit ist mehr eine Freilandsache. Dafür sind Wurzelkrankheiten verbreiteter, die Erde belasteter, man kann den Pflanzort nicht gross wechseln. Insgesamt gesehen wird nichts gewonnen.
Am besten wären hohe, abschlagbare Foliengewächshäuser, deren Bedachungsfolie sich an den zwei langen Seiten ein Stück weit zurückrollen lässt, so dass sie nicht mehr ganz auf den Boden reicht, bewässert mit Tropf- oder Perlschläuchen. Das bewirkt eine gute Durchlüftung, aber immer noch weniger Nachttau. Damit hat man zwar auch die beschriebenen Geschmackseinbussen, aber einen guten Kompromiss aus Wärme und Feuchtigkeitsschutz. Aber auch hier: Solche Teile sind kaum im Hausgarten unterzubringen und in einem Aussengarten braucht man Strom und Wasser für die Bewässerung.

Im Freiand


Platz! Gut entwickelte Melonenpflanzen Ende Juni.
Etwas anders sieht es im Freiland aus, dort sind einige Risiken grösser, aber der Preis ist heisser. Es schmeckt besser. Voll ausgereifte Cantaloupe-Melonen aus dem Freiland gehören zu den leckersten Nutzgartenfrüchten, die man überhaupt wachsen lassen kann. Wie erreicht man das?

  • Der Boden. Melonen brauchen viel Humus, viel Stickstoff, alles! Und wollen im Wachstum nochmal gedüngt werden. Man kann und sollte sie mitten in Mist wachsen lassen, Pferdemist, Kuhmist, Schafsmist. Hat man den nicht, passt Tomatendünger gut. Dauerfeuchten Boden brauchen sie nicht. Schnell austrocknende Böden sind natürlich problematisch (es sind Flachwurzler), aber immer noch besser wie schwere und kalte Böden. Man giesst am besten, ohne nasse Blätter zu verursachen, d.h. mittels vergrabenem Perlschlauch. Nie Abends über Kopf giessen. Dadurch bleiben die Blätter über Nacht nass, ein Freudenfest für Krankheiten. Nicht mit kaltem Wasser giessen, zum Beispiel direkt aus einer vergrabenen Zisterne oder mit Wasser aus der Leitung. Wasser aus einer an der Sonne stehenden Regentonne ist besser, die man ggf. mit Kaltwasser wieder auffüllt, wenn die Niederschläge ausbleiben.
  • Sie brauchen volle Sonne während der gesamten Wachstumsperiode, volle Wärme. Lange baute man sie in Mitteleuropa nur in Sonnenfallen an, dem Vorläufer von Gewächshäusern. Falls vollsonnig nicht möglich ist, dann besser ein morgensonniger Standort wie ein Abendsonniger. Hilfsmittel wie schwarze Folie unterlegen, Dammkultur, Folientunnel in Mai/Juni können helfen und verbessern, sind aber selten spielentscheidend, machen viel Arbeit und haben unerwünschte Nebenffekte. Und jedes zweite Jahr ist einfach kein Melonenjahr. Das muss man hinnehmen. 
  • Krankheiten muss man erkennen und behandeln können. Brennfleckenkrankheit, beide Mehltaukrankheiten, Fusarium, Spinnmilben sind ständige Begleiter. Gegen die meisten Krankheiten gibt es keine resistenten oder wenigstens toleranten Sorten. Weitreichenden chemischen Pflanzenschutz wie es bei den Erwerbsanbauer die Regel ist kann man so oder so nicht betreiben, also setzt man auf mehrere Pferde. Man pflanzt unterschiedliche Sorten an mehreren Standorten, auch wenn etwas abgeht kommt vielleicht etwas anderes durch. Nicht nur auf ein Pflänzchen an einem Ort setzen! Man zieht auch etwa doppelt so viele Setzlinge vor wie man später hofft, Pflanzen zu haben. Bis sie wachsen, kann viel schiefgehen, dann ist man froh noch eine Reserve zu haben. Braucht man sie doch nicht: Verschenken. Für Krankheiten an Melonen bin ich aus leidvoller Erfahrung mittlerweile Experte, was nicht heisst dass es dafür leichte Lösungen im Nutzgarten gibt. Dazu werden noch einige Beiträge folgen.
  • Zur Sortenwahl kommen später noch detaillierte Erfahrungen. Anfänger sollten nicht mit Wassermelonen oder Honigmelonen beginnen. Einfacher wären kleine Chamoe-Typen, von denen man aber kaum Saatgut in Deutschland bekommt. Mein Tipp sind stattdessen die kleinen Charentais-Melonensorten, die viele Vorteile haben und für die auch gute Sorten verfügbar sind. Zudem sind das die Typen, die geschmacklich im Vergleich zu Supermarktware wirklich den Schaum vom Bier blasen. Typische Sorte ist "Petit Gris de Rennes", ein Klassiker.
Unterlegter Kalkstein gegen Schalenfäule
Noch einige allgemeine Anbauregeln: Oft wird über die Seitentriebe der Pflanze geschrieben. An ihnen entstehen die weiblichen Blüten und damit die Früchte, die Ranke hinter der Frucht solle man abschneiden, heisst es oft. Ich habe damit keinerlei messbare Ergebnisse erzielt und spare mir die Mühe. Die Pflanzen wachsen nicht schneller, die Zahl ausgebildeter Früchte wird nicht besser, die Reife verfrüht sich nicht.

Eine wichtigere Regel bezieht sich auf die reifenden Früchte. Wie bei Kürbissen sollte man bei Melonen relativ bald Holzbrettchen unter die Früchte legen. Das Risiko von Schalenschäden durch eine feuchte Liegefläche ist recht hoch. Nichts ist ärgerlicher wie eine kurz vor der Reife stehende Frucht, die dann von unten her schnell verfault. Gartenvlies reicht nicht, das hält auch zu feucht.

Nicht aufgepasst und prompt angefault, lag auf wasserdurchlässigem Vliesgewebe

Der nächste Beitrag: Krankheiten und was man gegen tun kann.

Melonen: Mehr Sorten und Schwemme trotz Kaltjahr
Melonen, die Mimosen des Gartens und Fehler bei der Auspflanzung
Melonen, was brauchen sie?
Melonen: Die häufigsten Krankheiten
Melonen im Nutzgarten: Sortenerfahrungen und Sortenempfehlungen
Melonen: Koreanische Chamoe-Melonen

Montag, 4. Juni 2018

Der neue Frühling ist der alte Sommer



Rekordhitze im Mai, die erste Juniwoche fast täglich 30°C, der Frühling ist auch nicht mehr das, was er einmal war. Wärmeliebende Gartenpflanzen im Freiland galoppieren geradezu davon. Früher waren selbst Gewächshauspflanzen um diese Zeit noch nicht so weit. Ein kurzer Gang durch den Garten:

Tomaten im Freiland mit Früchten, die fast schon Endgrösse haben - in der ersten Juniwoche!


Physalis, selbst gezogen, Sorte "Heitmann". Soll eine kleiner bleibende Sorte mit kleinen Beeren, aber sehr früher Reife sein.


Erste Fruchtansätze am Hokkaido-Kürbis. Die Pflanze ist schon 3m lang.


Selbst die Wassermelonen ranken schon meterweit und haben kleine Fruchtansätze produziert. Sonst passiert das erst Anfang Juli.

Beim Obst ist es nicht anders. Der grosse Kirschbaum, "Grolls Schwarze" ist bald pflückreif. Sonst schafft er das erst zwei Wochen später.


Die Tafeltrauben ebenso. Blüte beendet, Beeren wachsen.


Die hochempfindlichen Charentais- und Cantaloupe-Melonen sind bereits im Mai geradezu explodiert und haben nun grosse Fruchtansätze. Selbst gezogen, ungeschütztes Freiland. Die Fruchtbildung ist nach vier bis fünf Wochen abgeschlossen, Anfang Juli dürften sie reif sein. In vielen Jahren hat da gerade erst die Fruchtbildung begonnen.


Das Laub einer Melone. Aussergewöhnlich weit gewachsen und dieses Jahr noch keine Brennfleckenkrankheit, Alternaria.


Die dicken Bohnen haben es bei der Hitze schwer. Verzwergte Pflanzen, kaum Schotenansatz.


Die ersten Kartoffeln. Mit Vliesauflage gezogen wird in der Region schon seit zwei Wochen geerntet. Aber sie leiden unter der Trockenheit.


Eine der Arguta-Kiwis. Blüte abgeschlossen, Früchte wachsen.


Paprika sind empfindlich auf tiefe Nachttemperaturen. Dieses Jahr auch im Freiland bereits Fruchtansatz, Pflanzen gut gewachsen. Das verspricht, ein paprikareicher Sommer zu werden.


Zucchini, meine bewählte alte Lieblingssorte "Coucourzelle". Wir essen die Jungfrüchte schon seit ein paar Tagen, die Ersten im Mai. Die Pflanzen sind bereits riesig.

 

 Zuckermais. Gross und Pollenstände bereits sichtbar, sie schieben sich aus dem Herz nach oben.

 

Freilandaubergine. Mit Blüten und Fruchtansatz. Die im Gewächshaus sind schon doppelt so gross und die erste Frucht kann bald geerntet werden.