Posts mit dem Label Tafeltrauben werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Tafeltrauben werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Freitag, 14. April 2023

Tafeltrauben - Planung von Neupflanzungen und Verkäuferprosa

Öffentliche Sortenverkostung Tafeltrauben

Im April war früher die Pflanzzeit für Reben im Weinbau. Nach dem Ende der deutlicheren Nachtfröste hat man sie gesetzt. Heute ist das nicht mehr so wichtig, Herbstpflanzung ist sogar vorzuziehen, denn beim heutigen Winterwetter mit seinen langen Warmphasen wachsen die Wurzeln bereits im Winter und es wird selten so kalt, dass der Jungpflanze Frostschäden drohen.

Auch dieses Jahr haben ich neue Sorten gepflanzt und ein paar Sorten gerodet. Hinausgeflogen sind unter anderem die sehr gut schmeckende aber stark für Stiellähme und Mehltau anfällige Suffolk Red, die auch permanent gigantisches Wachstum zeigte und damit sehr viel Arbeit für wenig Kiloertrag machte. Auch "Straschinski" ist Vergangenheit, sie wuchs an einem Premiumplatz aber blieb geschmacklich deutlich hinter anderen Sorten zurück, generell hat sie einen sehr einfachen Stil. Die untere Hälfte der Trauben bleib trotz kräftiger Ertragsreduzierung weich, klein, sauer, oben waren dafür dicke Schaubeeren. Auch zwei russische Sorten mit unterirdischer Geschmacksqualität sind gerodet.  All diese Sorten hatten zudem ein kurzes Erntefenster, nur zwei Wochen auf dem Höhepunkt, dann zerfallen sie.

Neu gepflanzt sind "Ontario" und "Einset seedless". Das mag verwundern und wie ein Rückschritt aussehen, sind das doch relativ alte Sorten, die nicht mehr so populär sind. Um das zu erklären muss man etwas ausholen. Die meisten Tafeltraubenzüchtungen, die an Privatleute verkauft werden kamen die letzten Jahre aus der Ukraine, Russland, in zweiter Linie aus Moldavien und anderen Ländern Osteuropas. Auch die Mehrheit meiner Sorten kommt daher. Diese Züchtungen bevorzugen meist (es gibt Ausnahmen) einen bestimmten Stil. Kernpunkte davon sind:

  • grosse Beerengrössen und Optik ist wichtigster Faktor, erwünscht sind auch grosse Trauben. Viele Kunden für die Reben sind kleine Nebenerwerbsanbauer, die ihre Ernte auf dem Markt verkaufen. Deshalb gab es auch lange nur wenig kernlose Sorten, weil kernlose Sorten kleinbeeriger sind.
  • die Aromen und ihre Bandbreite spielen eine geringere Rolle - möglichst süss müssen sie sein, das reicht. Ein paar werden unter "Muskat" abgehandelt. Bereits die Geschmacksbeschreibungen sind wenig differenziert.
  • lange spielte Krankheitsfestigkeit keine so wichtig Rolle, denn in dem kontinentalen Klima und angesichts der sehr leichten Verfügbarkeit von allerlei Pflanzenschutzmitteln (die dort Jeder kaufen und ohne Hemmungen anwenden darf, ganz im Gegensatz zu Deutschland) war das nicht oberste Priorität.
  • die genetische Bandbreite ist gering. Es sind immer wieder dieselben Eltern in den Stammbäumen. Es gibt zum Beispiel endlos viele Abkömmlinge von "Wostorg" und "Talisman".
  • eine grosse Sortenschwemme existiert, jeder versucht etwas vorzustellen und sofort zu verkaufen. Das reift dann beim Kunden, die meisten Sorten verschwinden schliesslich wieder, weil sich später herausstellt, dass trotz Verkäufersäuselns doch irgendwelche Punkte problematische k.o. Faktoren sind. Diese Inflation ist sehr ärgerlich für Leute mit wenig Platz wie es im engen Deutschland üblich ist, man kann hier nicht einfach zwanzig Sorten setzen, abwarten was rauskommt und dann halt achtzehn wieder roden. Hier hat man von vornherein häufiger nur Platz für zwei Reben und wenn die nichts sind, hat man jahrelang gar nichts was man will.
  • positive Eigenschaften sind: Es gibt auch viele sehr frühe Sorten und einige, die sehr frostfest sind, also für Grenzlagen geeignet. Hohe Frosthärte schaffen auch nordamerikanische Züchtung, übertreffen es sogar, aber die sind in Europa gar nicht zu haben und sie sind auch geschmacklich nicht der Hit. Beispiele dafür sind Valiant, die -40°C aushält oder Swenson, Edelweiss, Minnesota 78, Bluebell, Beta, Baltica, Atcan, St. Croix, Zilga.
Viel Arbeit nötig, Schnitt und Ausdünnen

Ältere Sorten haben bereits unter vielen unterschiedlichen Umständen ihre Qualitäten gezeigt. Man kann sich auch leichter in Natura ansehen, was sie bringen und sie probieren. Von "Ontario" und "Einset" weiss ich aufgrund von älteren Pflanzungen in der Nachbarschaft bereits, dass sie trotz unseres schwierigen Wetters ein unglaublich langes Erntefenster haben, weil die Beeren erstklassig haltbar sind ohne zu verderben, dass sich Einset gut für Rosinen eignet und der anfangs vielleicht zu kräftige Erdbeergeschmack mit der Zeit eben wird und dass sie sehr krankheitsfest sind. Mich störte nämlich an meinen jetzigen später reifenden Sorten, dass es spätestens Mitte Oktober immer schon vorbei war mit Tafeltrauben. Sorten, die sich lange gesund am Stock halten sind selten. Im November noch Trauben auf dem Tisch zu haben ist herrlich.

Speziell amerikanische Sorten spielen auch oft gekonnt mit den genetischen Anteilen der in Nordamerika heimischen Wildreben, die Aromenvielfalt und Varianz ist gross, die erdbeerartigen Töne häufig. Beispiele dafür sind die auch in Europa sehr populären Sorten "Venus", "Jupiter", "New York Muskat". Sie sind oft (aber nicht immer!) unkompliziert bei hoher Ertragssicherheit, bringen aber nicht die Riesenbeeren an Riesentrauben (die man dann doch wieder ausdünnen muss) wie es viele russische Sorten tun.


Wo kaufen?

 

All die schönen Sorten, die man gerne hätte - woher bekommt man sie?

  • Gartenmarkt. Dort eher nicht. Dort sind viel häufiger einfache Reben unter Phantasienamen zu haben, die Auswahl ist generell sehr klein. Ein paar grössere Märkte haben manchmal ein leicht besseres Angebot, aber meistens sind es die üblichen Standardsorten, die angeboten werden: Muskat Blau, Lakemont, Vanessa, Venus, oft auch Züchtungen von Wolf Reben, von denen ich nicht viel halte. Preise manchmal gut, aber nie billig.
  • Rebschule Schmidt, https://www.rebschule-schmidt.de. Ein nur auf Tafeltrauben spezialisierter Betrieb mit einer relativ grossen, guten Auswahl, breites Sortenspektrum und gut aufgebauten Internetseiten, ideal für Anfängerkäufer. Einige Sorten sind recht teuer geworden. Die neuesten Sachen bekommet man nicht, aber die Pflanzware hat gute Qualität, wird sauber verpackt verschickt. Hier kaufe ich auch manchmal. Einmal stimmte allerdings die Sorte nicht und einmal bekam ich Monate nach einer sofort bezahlten Rechnung eine Mahnung. Der Betrieb ist sicher gut, die Buchhaltung und Ordnung dahinter hat noch Luft nach oben. Preise leicht über Gartenmarkt. Andere Versender in Deutschland: "Heidis Tafeltrauben", https://www.heidis-tafeltrauben.de, "Pillnitzer Tafelreben" https://pillnitzer-tafelreben.de
  • eBay. Die Anbieter dort betreiben manchmal Wucher, manchmal sind sie absoluter Preiskönig. Dann aber meist mit weniger guten Ursachen. Weil der eigentlich vorgeschriebene Pflanzenpass fehlt zum Beispiel oder weil es eigentlich illegale Direktträgerware (also bewurzelte Stecklinge) ist. Wer Bescheid weiss, die Angebote verfolgt, nicht an einen Betrüger gerät, der bekommt konkurrenzlos günstige und oft sehr neue Sorten. Für den etwas abenteuerlustigeren Kunden. Ich hatte schon Glück und Pech damit, auf jeden Fall muss man wissen was man will und viel Zeit in die Suche stecken, auch wegen der unterschiedlichen Schreibweisen der Sorten.
  • Direktversender aus Osteuropa. Häufig aus Polen, Slowakei oder Slowenien. Dank Internet und Übersetzungssoftware heute ein normaler Einkauf. Dort sind dann auch die ganz grossen Vermehrer mit dem ganz grossen Sortenspektrum und vielen ganz neuen Sorten zu finden. Die Preise sind zum Zeit noch (2023) sehr niedrig. Beispiele: http://www.winorosl.pl (nach der Liste suchen, bieten Edelreiser und bewurzelte Reiser an) oder https://www.shop.zahradnictvolimbach.sk (oft aber leergekauft), es gibt noch mehr.

 

Die Verkäuferprosa

 

Grosse Beeren, kleines Aroma

Ein eigenes Kapitel sind die Sortenbeschreibungen. Klar, dass alles immer super klingt, es soll ja gekauft werden. Osteuropa-Seiten haben oft ein Zahlensystem für die Krankheitsfestigkeit und andere Parameter. Das ist in Deutschland dann nicht immer nachvollziehbar, die Situation, der Kontext ist eben anders. Man sollte sich also nicht zu sehr auf die scheinbare Solidität von Zahlen und Noten verlassen.

Geschmacksbeschreibungen sind schwierig, Verkäufer verzichten darauf meistens und verwenden nur wenige formelhafte Ausdrücke. Die muss man lesen wie ein Arbeitszeugnis, das auch immer gut klingt, aber eine zweite Ebene enthält, die eigentliche Information. Einige Beispiele habe ich gesammelt und liste das mal auf, hier das kleine 


Lexikon der Verkäufersprache

 

Angenehmes Aroma: Überhaupt kein Aroma.
Feines Muskataroma: Muskataroma nur zu erahnen, aber nicht zu schmecken.
Erdbeerton: Der Geschmack nach nassem Fuchsfell bei Einkreuzung amerikanischer Rebarten, der sogenannte "Foxton".
Angenehmer Erdbeerton: Alle möglichen untypischen Aromen zwischen angenehm und penetrant.
Sehr schmackhaft: Keine differenzierten Aromen, sondern nur süsssauer.
Sehr saftig: Hat kein oder schlabberiges Fruchtfleisch, mehr Kelter- als Esstraube.
Angenehm knackig: Unangenehm dicke Beerenschale.
Geschmack fruchtig–süß: Leer, etwas Zucker, etwas Säure, nichts mehr.
Feinfruchtig: Oft nicht besonders süss.
Fleischige Beeren: Inclusive Sorten mit gallertartig-schleimigem Fruchtfleisch.
Hoher Ertrag: Muss zwingend mit viel Arbeit ausgedünnt werden, sonst mangelnde Ausreife, schlechte Qualität und sterbende Fruchtruten im Winter durch die sommerliche Überlastung und dadurch bedingte unzureichende Holzreife.
Gute Krankheitsfestigkeit: Behandlung gegen die typischen Mehltau-Pilzkrankheiten nötig, ansonsten immer Ernte-Totalausfall.
Sehr gute Krankheitsfestigkeit: Behandlung gegen die typischen Mehltau-Pilzkrankheiten nötig, ansonsten meistens Ernteausfall.
Hervorragende Krankheitsfestigkeit: Behandlung gegen Pilzkrankheiten nicht immer nötig.
Mittelfrühe Reife: Reift oft nicht in Mitteleuropa aus.
Späte Reife: Reift in Mitteleuropa nur in allerbesten Lagen oder gar nicht aus.
Wunderschöne Trauben: Ein Blender ohne innere Qualitäten.
Liebt geschützten Standort: Nicht im Freien, nur unter Dachüberstand pflanzen, ansonsten bleibt sie sauer und krank.
Schöner, starker Wuchs: Gibt ein Monster, das stark geschnitten und geführt werden muss. Viel Holz- und Blattproduktion, wenig gute Frucht.
Sehr grosse Beeren: Platzempfindlich bei Niederschlägen.
Kernarm: "Nur" ein bis zwei Kerne pro Beere, aber im Mund trotzdem kernig, im Biss splitternd und bitter.

Alle Eigenschaften, die nicht genannt werden: Negativ. Fehlen zum Beispiel Angaben zu den Kernen, dann hat die Sorte besonders viele, grosse, unangenehme Kerne.

 

Pflanzung

 

Querschnitt Rebholz - 5cm Durchmesser in 5 Jahren

Das ist noch der einfachste Teil. Dabei kann man sich die Vorschläge der Verkäufer halten. Die Erde um die Rebe herum bewuchsfrei halten, beispielsweise mulchen. Giessen bei wenig Niederschlag, nicht zu oft aber gute Mengen. Der Wuchsbeginn kann sich extrem stark unterschieden, ich hatte schon "verschnupfte" Reben, die erst Mitte Juni ausgetrieben haben oder im ersten Jahr ein aus unerfindlichen Gründen sehr schwaches Wachstum. Das sieht dann aus wie ein scheinbar totes Edelreis. Dann wieder eine, die im ersten Jahr eine vier-Meter Ranke machte. Viel Wasser und wenig Stress (auch Hitzestress ist schlecht!) spielt dabei eine Rolle, das können aber nicht einzigen Faktoren gewesen sein.

Wenn Düngung, dann nur wenig und früh im Jahr, die Gefahr ist gross dass man damit nur die Holzreife verdirbt, weil sie durch den Düngerschub zu lange wächst, dann sterben Zweigpartien im folgenden Winter gleich wieder ab.

Wichtig noch: Gescheine, also Blüte sollte man die ersten beiden Jahre entfernen. Ist sie gut gewachsen, kann man im zweiten Jahr einen kleinen oder halbierten Blütenstand steehen lassen, um die Sortenechtheit zu verifizieren. Und dann, ab dem dritten Jahr beginnt die ersehnte Erntephase mit hoffentlich erwartungsgemässen Ergebnissen!

Sonntag, 3. Oktober 2021

Tafeltraubentest: Sorte Suffolk Red

Suffolk Red

Die Tafeltraube "Suffolk Red" ist eine alte amerikanische Sorte, gezüchtet von John Einset an der Cornell Universität New York. Dieser Züchter erschuf eine Vielzahl interessanter Sorten, darunter auch "Lakemont", die bis heute sehr populär ist und kernlos, so wie Suffolk Red. Entstanden ist Suffolk Red bereits 1935 aus einer Kreuzung von Fredonia mit Russian Seedless 136 (Black Monukka), die ersten Früchte konnten 1941 verkostet werden. Einen Namen bekam sie erst 1972. In den USA scheiterte sie, weil sie für das kontinentale Klima jenseits der Küste zu wenig frostfest war.

Seit vielen Jahren wächst sie auch in unserem Garten. Es ist eine unserer leckersten Trauben, leider auch mit gewaltigen Nachteilen ausgestattet. Die Kurzübersicht der Testwertung:


Wuchs und Krankheiten

Laub von Suffolk Red

Suffolk Red wächst sehr stark. Nach deutlichem Rückschnitt schafft sie problemlos mehrere Meter Neutrieb. Die Äste sind kräftig, für eine grosse Pergola wäre sie das richtige grüne Dach. Auch ihre Blätter werden recht gross. Hat man nur wenig Platz, ist sie nicht zu empfehlen. Der nötige Dauerschnitt ist mühsam und die Erträge sind gering.

Früher Oidium-Befall

Krankheiten und Probleme hat sie leider auch einige. Ihre Anfälligkeit auf echten Mehltau ist deutlich, vor allem wenn sie nicht windoffen steht. Stehende Luft, Wärme, das begünstigt Mehltauinfektionen sehr und Suffolk Red leidet darunter. Falschen Mehltau hat sie seltener. Ihr zweites grosses Problem ist Stiellähme und ein schwaches Traubengerüst. Die Trauben brechen sehr leicht auseinander, schon ein kräftiger Wind kann sie abreissen, vor allem die grossen, schönen und deshalb schweren Trauben. Auch junge grüne Triebe reissen leicht bei Wind ab - anbinden! Teile des Traubengerüsts sterben häufig ab, die Beeren werden dann schlaff, klein und bleiben sauer. Dagegen kan man nichts machen. Ihre Frostfestigkeit könnte auch besser sein, absterbende Triebe sind aber bei einer so stark treibenden Sorte nicht schlimm, sie schiebt sofort neue lange Ranken.

Obwohl es eine rote Sorte ist, habe ich wenig Kirschessigfliegenbefall beobachtet. Auch die Platzfestigkeit und Wespenfrass sind nicht sonderlich problematisch, da liegt sie auf der günstigen Seite. Wie alle Sorten mit kleinen, handlichen Beeren sind Vögel sehr scharf auf sie. Also doch wieder Organzabeutel, sondern sorgt der Vogelfrass für schnellen Totalverlust. 

Geschüzt sind sie gut haltbar

Ertrag und Pflege

Behang eher locker

Insgesamt hat sie wegen der Probleme keine hohe Ertragssicherheit. Der Fruchtansatz ist mittelmässig, Ausdünnungsarbeiten selten nötig. Optisch sieht es erst anders aus, viele Gescheine, viel Fruchtansatz. Aber Gescheine, die ungünstig stehen verrieseln oft ganz oder teilweise. Dann hängen nur ein paar Beeren an den Trauben. Ausserdem sind die Beeren klein und hängen locker. Ihre Kiloerträge sind ebenso mässig. 

Schnittpflege ist sowieso immer nötig weil sie sonst davonwächst, Behandlung gegen echten Mehltau ist angeraten.

Suffolk Red, verhältnismässig grosse Traube

Trauben und Beeren

Kernlose Beeren

Wenn die kleinen Beeren rosa werden, wird sie sofort essreif, was je nach Klima von Ende August bis Mitte oder sogar Ende September eintreten kann. Süss sind sie sogar schon vor dem umfärben. Die Beerenhaut ist weich, gut. Innen sind sie fleischig, aber ebenfalls weich, angenehm in der Struktur. Und natürlich kernlos. Theoretisch können die Trauben sehr lange hängen, praktisch bricht das Traubengerüst irgendwann.

Inhaltsstoffe, Aroma und Verwendung

Hängen sie eine Weile, erreicht sie sehr hohe Zuckerwerte, ich habe schon über 110° OE gemessen. Zucker, Säure, Aroma sind allesamt kräftig vorhanden, was sie zu einem wirklich guten Geschmackserlebnis macht. Da sie so gehaltvoll ist, kann man auch nicht viel davon essen, hätte sie grössere Beeren würde sie sehr schnell satt machen.

Getrocknet werden sie zu Rosinen

Ihr Aroma hat einen leichten, sehr angenehmen Labrusca-Ton, wie Fruchteis oder etwas Erdbeere. Das sticht aber nicht hervor, zusammen mit leckerer Säure und viel Zucker schmeckt sie Jedem. Besonders Kindern, die häufig auf kernlose Trauben in fruchtigsüssem Stil stehen und die rosa Farbe toll finden.

Frisch gegessen macht sie viel Spass. Saft lohnt sich nicht, dafür hat sie zu wenig Masse. Getrocknet sind die Beeren ein Hit, das ergibt erstklassige Rosinen. Nebenbei kann man damit alle Übermengen sehr gut haltbar machen. Von Suffolk Red verdirbt nie etwas. Essen oder Trocknen.

Hintergrundinformationen zum Standort

Wächst an einem Schuppen auf flachgründigem, schweren Boden. Milde Winter, aber manchmal harte Temperaturstürze. Früher Austrieb, deshalb immer Spätfrostgefahr. Keine oder wenig Düngung. Gegen echten Mehltau behandle ich mehrmals zur Blütezeit. 



Sonntag, 22. August 2021

Das Tafeltrauben-Pilzjahr: Echter und falscher Mehltau

Falscher Mehltau, Spätstadium an Blättern -
Alles zu spät im August

Das Jahr hat wieder einmal mehrere Wetterrekorde gebrochen. Ein anhaltend saukalter Frühling bis Anfang Juni, dann kurz brüllende Hitze, schliesslich Niederschlagsrekorde mit anschliessendem Rekord-Hochwasser in manchen Gegenden, das Wetter bringt offenbar immer mehr Extreme. Für Tafeltraubenfreunde hat es sich als ein Jahr entpuppt, das extremen Befallsdruck von echtem Mehltau (Uncinula necator) mit sich bringt und sehr hohen Befallsdruck von falschem Mehltau (Peronospora, Plasmopara viticola). 

 

Woher kommt der Mehltau?

Man kann es sich heute kaum mehr vorstellen, aber Weinbau war einst jahrtausendelang eine ausgesprochen gesunde Kultur, die nur Frost und ein bisschen den Traubenwickler und Motten zu fürchten hatte. Das änderte sich grundlegend, nachdem der Mensch in seiner schier unbegenzten Dummheit drei absolute Katastrophen vom amerikanischen Kontinent ins Herz des Weinbaus nach Europa importiert hat: Die Reblaus, den echten Mehltau an Weinreben und den falschen Mehltau. Echter Mehltau machte den Anfang, er wurde 1845 nach Europa geholt. Um 1865 folgte die Reblaus, wieder mit importierten Rebstöcken. Sie brachte den europäischen Weinbau nach den schweren Mehltauschäden vollends an den Rand des Zusammenbruchs. Und weil Fehler so gerne wiederholt werden, importierte man anschliessend noch den falschen Mehltau mit Unterlagsreben im Jahre 1878. Seither gleicht der Weinbau einer Dauerschlacht, in der mit massenhaft Chemikalien, ständigen Züchtungsversuchen und biotechnischen Methoden den Pflanzen gegen Krankheitsangriffe ein Ertrag abgepresst wird, zumal der Import von noch mehr Krankheiten folgte und den Weinbau noch weiter "bereicherte". Alles diese Krankheiten bleiben. Es gibt kein einziges Problem, das man wirklich wieder losgeworden ist. Im allerbesten Fall sind die Probleme "beherrschbar" geworden, was aber ebenso Zeit, Geld und Mühen kostet.


Echter Mehltau an Wein, Oidium, Uncinula necator

Oidium, echter Mehltau an
Weinbeeren, Juli

In unseren Breiten ist echter Mehltau (auch Oidium genannt, der auslösende Pilz heisst an Uncinula necator) Tafeltrauben der häufigste Spielverderber. Es gibt nur sehr wenige Tafeltraubensorten, die wirklich mehltaufrei bleiben. Seit langer Zeit versucht man mit der Einkreuzung anderer Rebenarten, gute Resistenz mit der den guten Geschmacksqualitäten europäischer Reben zu verbinden. Das gelingt meistens nur teilweise. In Traubenforen, bei Händlern, Züchtern, Vermehrern sind die Resistenzeigenschaften der verschiedenen Sorten ein Endlosthema. Dieses Jahr war der Infektionsdruck so stark, dass nur in absoluten Gunstlagen mehr als ein paar Sorten ohne Mehltau blieben. Hier waren das Venus, Lakemont, Muskat Blau, Sirius. In meinen Tafeltraubentests habe ich ausführlichere Beschreibungen zu den Sortenanfälligkeiten.

Das Krankheitsbild ist einfach und entspricht dem Wort. Die Beeren und manchmal auch Blätter bekommen oft schon ab Juli einen weissen Belag, wie mit Mehl bestäubt. Blätter können aber auch Aufhellungen zwischen den Leitungsbahnen bekommen. Das kann sogar schon in oder gleich nach der Blüte beginnen oder eben später, wenn das Wetter entsprechend ist. Die geschädigten Blätter assimilieren weniger, sterben früh ab und an den Beeren verhärtet sich die Schale, früher oder später platzen sie deshalb auf. Echter Mehltau kann jeder schnell diagnostieren. 

Dem Mehltaupilz gefallen Lagen, die nicht windoffen sind. Beispielsweise an einer windstoppenden Eckmauer, vor dichten Hecken die auch noch Feuchtigkeit verbreiten. Er liebt ferner Gewitterlagen, trockenwarm bei gleichzeitig hoher Luftfeuchtigkeit, Schwüle, nachts Tau. Das hatten wir dieses Jahr seit Anfang Juni dauernd, praktisch jeden Tag.

Echter (Aufhellungen Blattmitte) und falscher Mehltau
(Nekrosen vom Rand her) an Weinblättern, August


Falscher Mehltau an Wein, Peronospora, Plasmopara viticola

Peronospora, Beginn Traubenbefall

Eine andere Pilzart nennt sich Plasmopara viticola, die Krankheit die er auslöst falscher Mehltau oder Peronospora. Der Pilz gehört zur selben Klasse wie Braunfäule an Tomaten und Kartoffeln und die fatalste Blattkrankheiten an Melonen und Gurken. Er liebt Nässe. Feuchter Boden, anhaltend feuchte Blätter durch Tau oder Regen, schon fliegen die Sporen und keimen auf der Pflanze aus. Trockene und schnell abtrocknende Lagen sind wenig gefährdet. 

Auch hier ist die Diagnose einfach. An der Oberseite der Blätter zeigen sich Aufhellungen, sogenannte "Ölflecken". Der Sporenrasen ist mehlig und ausschliesslich an der Unterseite der Blätter zu sehen. Junge Beeren bekommen weisse Beläge, was mit dem echten Mehltau verwechselt werden kann, ältere Beeren werden zu Lederbeeren, vertrocknen. 


Die Verteidigung

Erste Verteidigungslinie für den Nutzgärter ist Sorten- und Pflanzortwahl. Sortenwahl ist am einfachsten, ich habe lange Jahre nur Sorten gepflanzt, die wenig anfällig waren und auch in Kauf genommen, ab und zu Ernteausfall zu haben. Bei sehr robusten Sorten wie Muskat Blau passiert das fast nie. Die Sorten habe ich bis heute, aber am liebsten in einem Aussengarten, weil man dort sowieso nicht ständig hinkommt, um gegenzusteuern. Dort muss die Rebe mit wenig Aufsicht wachsen und fruchten können. Mit der Zeit wollte ich jedoch auch Sorten mit einer grösseren Aroma- und Reifebandbreite und damit kamen dann auch empfindlichere Reben, die nur jedes zweites Jahr ohne Ernteausfall waren. In den Tafeltrauben-Tests stehen auch Erfahrungen mit Krankheitsanfälligkeiten. Wer reine Europäerreben pflanzen will, wozu Spitzensorten wie der Muskattrollinger oder manche Muskatellervarietäten gehören, hat praktisch jedes Jahr Krankheitsärger, denn reine Vitis Vinifera - Reben sind noch empfindlicher.

Für den Pflanzort gilt: So tauarm wie möglich, so windoffen von allen Seiten wie möglich, so viel Sonne (vor allem Morgensonne) wie möglich. Eine Hauswand oder Mauer im Rücken (keine Hecke, deren Nadeln oder Blätter liefern zu lange Feuchtigkeit nach Regen oder Tau) sind trotzdem gut, jedoch verringern Dachüberstände auch Wind und sorgen für "stehende Luft" darunter, das ist wieder schlecht. Reben nicht zu bodennah führen oder an niedrigen Zäunen entlang.

Zweite Verteidigungslinie sind Laubarbeiten, luftig halten, Rückschnitte, Bodenabdeckung, Kräuterbrühen. Darüber gibt es tonnenweise schlaue Ratschläge, die wie üblich endlos abgeschrieben sind und selten auf Praxistauglichkeit sowie Wirksamkeit geprüft werden. Ich habe damit fast durchgäng magere Erfahrungen gemacht: Viel Aufwand, wenig Effekt, oft so wenig dass das der Nachweis von Wirkung im statistischen Rauschen verschwinden dürfte. Am sinnvollsten war noch die luftige Erziehung und Schnitt. Dafür werden Geiztriebe früh gekappt, dicht stehende Triebe ausgelichtet. Prinzip: Prinzip: Alles soll leicht besonnt und durchlüftet werden. Diese zweite Linie ist trotzdem schwach und benötigt viel Arbeit.

Die dritte Verteidigungslinie ist das, was meist abfällig als "spritzen" bezeichnet wird. Die Abfälligkeit kommt meist von Leuten, die eigentlich keine Ahnung von Pflanzen, Krankheiten oder gar Mitteln haben, sich aber selber mit jeder getrunkenen Flasche konventionell angebautem Wein und jeder Schale importierter Tafeltrauben ein Produkt einwerfen, das bis zu 15mal mit verschiedenen Pflanzenschutzmitteln bombardiert wurde. 

Reine Kalischmierseife

Wer richtig behandeln kann, hat Ergebnisse. Hier wird es interessant und sichtbar wirksam. In den vielen Schachtelhalmbrühe-Ratgebern steht nichts über solche Mittel und die Pflanzensude haben leider einen kaum nachweisbaren Effekt.

Gegen echten Mehltau werden ein paar fungizid wirkende Pflanzenschutzmittel auch an Privatleute verkauft. Die sind oft teuer und meistens überflüssig. Echter Mehltau ist mit einfachen Mitteln bekämpfbar, allerdings muss man oft und gründlich behandeln. Dazu bedienen wir uns der Mittel, die auch im Bioanbau Verwendung finden, im Wesentlichen sind das 1. Kaliumbikarbonat (auch Kaliumhydrogencarbonat genannt, Vorprodukt von Pottasche, ein kommerzielles Mittel ist "Armicarb" oder "Vitisan") und 2. Lezitine, wie sie in Milch vorhanden sind sowie 3. Schwefel. Für Schwefel sollte man wirklich zu einem kommerziellen Produkt greifen, "Netzschwefel", aber sehr genau die Anwendungshinweise lesen, damit kann man den Pflanzen auch schaden. Bekannte Mittel heissen "Netz-Schwefelit" oder "Mehltau-frei Thiovit".

Nur von links unten gespritzt:
Beginnender Oidiumbefall rechts oben

Bei meinen wenig anfälligen Sorten komme ich in der Regel sogar nur mit Kaliumbikarbonat aus. Das ist der Lebensmittelzusatzstoff E501, ähnlich wie Backpulver (Natriumbikarbonat), oft Bestandteil von Triebmitteln für schwere Teige wie Lebkuchen. Auch Backpulver (Natriumbikarbonat) geht, ist aber etwas weniger wirksam. Im Chemikalienhandel bei Versendern ist Kaliumbikarbonat für kleines Geld in Kilopackungen zu bekommen. Und so wird es angewendet:

  • Erste Behandlung kurz nach der Blüte. Dafür mischt man 5g KHCO3 pro Liter Wasser und gibt auf 5 Liter einen getrichenen Esslöffel aufgelöste reine Kalischmierseife zu. Rein heisst rein: Keine Duftstoffe, kein Glyzerin. Mit dem Stichwort "Kalischmierseife" findet man passende Produkte. Es gibt sie gebrauchsfertig, in Wasser bereits flüssig gemacht (braucht dann nicht mehr aufgelöst zu werden) oder höher konzentriert mit der Konsistenz von zähem Fett.
    Mischen, bei bedecktem Himmel und mässigen Temperaturen mit einem guten Drucksprühgerät auf Blätter und vor allem die jungen Trauben spritzen. Gründlich, von allen Seiten, lückenlos.
  • Angetrocknete Reste von Kaliumhydrogencarbonat
    Zweite Behandlung 10 Tage später.
  • Weitere Behandlungen, wenn Infektionslagen herrschen: Anhaltende Gewitterschwüle, allererste Anzeichen von Infektionen. Kaliumhydrogencarbonat wird dann gerade noch heilend.
  • Die Wirkung basiert auf Austrocknung der Pilze und einiger Sporen. Treffen sie auf einen Spritzbelag, trocknen und platzen sie. Wird der Belag durch Regen abgewaschen, ist die Wirkung auch vorbei. Solange es nicht regnet und keinen Tau hat, hält die Wirkung an.
Typische Vernarbungen, Spätfolgen eines
überstandenen Oidiumbefalls der Beeren

Lecithin hat dieselben Anwendungszeitpunkte. Am einfachsten verwendet man dafür Magermilch, ein Liter Milch in fünf Liter Wasser kippen. Lecithin kann man auch rein kaufen, es ist der Lebensmittelzusatzstoff E322. Die Herkunft spielt keine Rolle, es gibt Sojalecithin oder Lecithin anderer Herkünfte. Lecithin klumpt beim Auflösen in Wasser und muss zweistufig zubereitet werden. Flüssige Zubereitungen sind z.B. "Pilz Stopp Universal", benötigt werden 7,5ml pro 10 Liter für Wein. Pulverlecithin 10-20 Gramm. Die Wirkung ist meiner Erfahrung nach etwas schwächer als mit Kaliumbikarbonat und nie kurativ, ratsam ist eine Behandung pro Woche.


Verteidigung gegen Peronosphora

 
Peronospora, sporulierender Befall Beeren
Gegen falschen Mehltau wurden hundert Jahre lang Kupfermittel eingesetzt. Das waren die ersten wirksamen chemischen Pflanzenschutzmittel überhaupt. Kupfer hat eine stark fungizide Wirkung, beseitigt auch die Sporen und kann sogar ein Stück weit kurativ (heilend) wirken. Ohne Kupfer würde es keinen Weinbau mehr geben, der starke Niedergang im 19. Jahrhundert wäre ungebremst weitergegangen. Nun sind die Zulassungen für Kupfermittel an Privatanwender ausgelaufen, in anderen Ländern wie der Schweiz sind sie weiter erhältlich. Gegen falschen Mehltau ist mittlerweile auch kein anderes Mittel für Privatanwender zugelassen. Konventionelle Traubenanbauer schöpfen dagegen aus dem Vollen. Der letzte Schrei sind Pyrimidylamine, am häufigsten werden ausserdem  ß-Phthalimide ausgebracht und dann das alte Dithianon, eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Chinone, Nitrile und schwefelhaltigen Heterocyclen von 1962. Daneben gibts es noch einige weitere Mittel. Das alles haben wir nicht und das wollen wir nicht im Nutzgarten.
Peronospora, falscher Mehltau, stark befallene Beeren - Lederbeeren
 
Falscher Mehltau, Blattbefall Beginn
Was bleibt uns? Im Ökoweinbau wurden eine Zeitlang als Geheimtip Phosphonate eingesetzt, die aber in einer Grauzone lagen. Sie hätten Kupfer ersetzen können, wurden aber als Pflanzenschutzmittel ohne echte Begründung EU-weit für Ökowinzer verboten, seither nehmen die wieder Kupfer - erlaubte Mengen sind 3 bis 4 Kilo pro Hektar. Im Moment kann man noch einen Blattdünger kaufen, der auch Phosphonat enthält: Phosfik. Früher gab es noch weitere Marken. Es kann aber gut sein, dass das bald nicht mehr möglich ist oder Phosphonat darin nicht mehr enthalten ist. Dieser Dünger hat jedenfalls eine Nebenwirkung auf falschen Mehltau - in einer Dosierung von 5-8ml pro Liter Wasser. Das nutzt nur etwas, solange das Pflanzengewebe jung ist und wächst, zwischen Blüte und Anfang August an Tafeltrauben. Alte Blätter werden sowieso nicht mehr von falschem Mehltau befallen. Heilend wirkt der Dünger auch nicht, sondern nur vorbeugend. Phosphonate zerstören den Pilz nicht, aber bringen die Pflanze in die Lage, ihn selbst bekämpfen, verursachen also eine induzierte Resistenz. 
Falscher Mehltau, typisches Bild Blattunterseite


Damit die Nebenwirkung gegen falschen Mehltau eintritt, muss ab Blüte im Abstand von 10 Tagen ein paarmal mit dem genannten Blattdünger gedüngt werden mit Extragaben bei Infektionslagen. In stabilen Gutwetterlagen kann das unterbleiben.
Falscher Mehltau, beginnende Nekrosen links



Fazit

 
Es gibt Jahre, da geht gar nichts mehr, so wie dieses Jahr. Wochenlang blieb das Laub nass, eine Behandlung war gar nicht in den nötigen Intervallen möglich weil alles sofort wieder abgewaschen worden wäre. Glücklich blieb nur, wer eine der wenigen sehr robusten Traubensorten hatte. Die Biowinzer in unserer Region haben teilweise einen Totalschaden erlitten, über den auch in der Presse berichtet wurde. Ihre Hybridrebsorten und viele unserer ebenfalls hybriden Tafeltraubensorten halten normale Jahre ohne oder mit wenig Behandlung aus, dieses Jahr 2021 ist wieder einmal alles komplett zusammengebrochen. Das letzte derart schlimme Jahr war 2016.

Der Nutzgärtner setzt am Besten auf Risikostreuung. Man pflanzt sehr robuste Tafeltrauben (Muskat Blau, Lakemont, Venus) plus ein paar gute weniger Robuste, die dann nach obigen Vorschlägen behandelt werden. Einen Ertragsausfall wie dieses Jahr nimmt man leichter hin, wenn man wenigstens noch gesunde Trauben von Muskat Blau in der Hinterhand hat. Das dürfte die pilzfesteste Tafeltraubensorte ohne Fuchsgeschmack überhaupt sein.

Behandelt und gesund geblieben - reife Tafeltraube


Freitag, 30. Oktober 2020

Tafeltraubentest: Solotoi Don

Solotoi Don - aufrechte Ranken

Die letzte reif gewordene Tafeltraubensorte in meiner Sammlung ist "Solotoi Don" und die Letzte, die für dieses Jahr in der Tafeltraubentestserie beschrieben werden soll. Der Name legt es nahe: Wieder eine russische Züchtung. Und zwar erneut einer der viel vielen, vielen Wostorg-Abkömmlinge, die Eltern waren Biruinca aus Moldavien und Wostorg. Gedacht war sie als Spätsorte, die man noch lange in den Herbst hinein essen kann. Die Kurzübersicht der Testwertung:


 

Wuchs und Krankheiten

Gewelltes, dunkelgrünes Laub

Solotoi Don wächst recht charkteristisch. Sie will steil nach oben, geht aufrecht weg. Das ist nicht gerade ein pflegeleichter Wuchs, Wein wird meist an Drähten horizontal geführt, nicht wie eine Pappel einfach nur nach oben. Damit verursacht sie mehr Binde- und Pflegearbeit, weil man sie ständig zur Seite zwingen muss und falsch wachsende Ranken beseitigen. Die Ranken sind auch nicht so schön garniert. Fazit: Schwieriger Wuchs. 

Die Blätter haben ebenso einen besonderen, eigenen Charakter. Sie wirken dick, nicht sehr gross und sind alle irgendwie nach aussen gewellt. Dafür scheint das Laub bis zum Herbst gesund zu sein, vor September waren kaum Krankheitsschäden zu sehen, obwohl die Sorte an einem typischen Mehltauplatz steht. Später bekommen sie dann schnell echten Mehltau, da ist das aber kein echtes Problem mehr.

Die Beeren sind leider nicht gesund. Sie wirken früh fleckig. Diese Kratzer oder Sprenkel sind die Anfänge von echtem Mehltau. Die Flecken verheissen keine lange Erntezeit, sondern frühen Verderb. Zu allem Überfluss verrieseln die Trauben auch noch kräftig, so dass die Trauben sehr locker werden.

Beere Solotoi Don im Frühherbst mit Mehltauschaden


Ertrag und Pflege

Das Ertragsniveau ist mässig. Solotoi Don setzt zwar sehr stark an, muss dann aber kräftig ausgedünnt werden. Die kleinen Blätter assimilieren offenbar nicht so recht, so dass die Erträge eher mässig sind, will man den Stock nicht überlasten. Wenn das passiert, bleiben die Beeren klein und die Reife verzögert sich in den Oktober hinein, es kann auch sein dass man gar nichts mehr erntet.

 

Trauben und Beeren

Die Blüten verrieseln leicht, was zu sehr locker aufgebauten Trauben mit teilweise grossen Beeren führt. Gross werden sie aber nur, wenn man gut ausgedünnt hat und innerhalb der Traube eher am oberen Ende. Die Beeren enthalten im Schnitt zwei Kerne, die leider stören. Am schönsten ist ihr Fruchtfleisch: Homogen und fleischig, fast samtig. Solotoi Don kann man auch lutschen. Die Harmonie wird nur durch die Kerne gestört.

 

Inhaltsstoffe, Aroma und Verwendung

Ab Mitte September werden die Beeren essbar. Sie sind schon früh süss, nicht wegen Reife sondern wegen fehlender Säure. Leider auch so ziemlich aromafrei. Noch nicht einmal etwas Säurespiel erfreut die Zunge, geschmacklich herrscht gepflegte Langweile, allerdings sind auch keine Aromen da, die jemand verprellen können. Der Süsseindruck entspricht lange nicht dem Zuckergehalt, sondern wirkt nur deshalb höher, weil die Säure fehlt, das Refraktometer beweist das. Damit wirken die Beeren gleichzeitig abgebaut, ein Zuckerwasser. Wäre die schöne gleichmässig fleischige Fruchtfleischkonsistenz nicht, müsste man sich wirklich fragen, wieso solche Sorten überhaupt auf den Markt kommen.

Festes, kleines Laub mit roten Blattstielen

Leider ist das der Stil, dem mit ein paar glücklichen Ausnahmen viele der neueren osteuropäischen Sorten folgen. Die kleinteilige Tafeltraubenproduktion für die lokalen Märkten verlangt das wohl. Diese Sorten stammen oft aus denselben Elternlinien, bringen allesamt bei entsprechender Pflege grosse Schautrauben (für hiesige Märkte zu gross), auch auf die Beerengrösse wird grosser Wert gelegt, egal welche Nachteile damit einhergehen. Inhaltlich bleibt es bei möglichst süsser, plumper Langeweile - es sind Blender und Sattmacher ohne innere Werte. Weniger störende Kerne haben dagegen keinen hohen Stellenwert. Blaue Sorten dürfen dort keine Gerbstoffe in der Schale haben. US-Züchter sind da ganz andere Wege gegangen, die auch sehr gut bei kommerziellen Anbauern in Südeuropa ankommen und den Markt abräumen. Beispielhaft ist der Erfolg von Sugrasixteen/Sable von Sunworld mit ihren tropischen und intensiven Aromen, der Kernlosigkeit, der Haltbarkeit, der idealen Trauben- und Beerengrösse.


Hintergrundinformationen zum Standort

Sie wächst auf schwierigem, trockenen Boden nahe an einer Garagenwand. Ein Teil ist unter dem Dachüberstand, ein Teil nicht. Weinbauklima mit Spätfrösten und heissen Sommern, geringe Niederschläge.

Donnerstag, 8. Oktober 2020

Tafeltraubentest: Sorte Straschinski

Straschinski-Beeren können gross werden

An einer trockenwarmen Stelle vor einer Wand habe ich eine Tafeltraube, die eine echte Show sein kann: Die Sorte nennt sich "Straschinski". Sie stammt aus Moldavien. Über ihre Eltern habe ich wenig gefunden. Sie macht aber stark den Eindruck, als wäre ein Elternteil die Sorte Alphonse Lavallée gewesen, der sie in einigen Punkten ziemlich ähnelt. Das ist aber nicht der Fall: Für Straschinski wurde Muskat St. Vallier  mit einem Pollengemisch aus Druschba x Katta Kurgan x Dodrelyabi gekreuzt. Letztere sind Sorten, die in Georgien und weiter östlich vorkommen.

In Deutschland wird Straschinski zwar von einigen Rebenverkäufern angeboten, aber sie ist nicht recht populär geworden, dafür ist die Anbaubreite der Sorte zu gering. Aber bei mir an einer geeigneten Stelle und mit Pflege liefert sie viele grosse, schöne Schautrauben, die ab Mitte September bis Mitte Oktober auch noch gut schmecken und ein paar Wochen lang erntefähig sind. Dafür muss man allerdings etwas tun. Straschinski ist mehr etwas für Liebhaber und vielleicht auch, um Nachbarn zu beeindrucken, weniger für "pflanzen, vergessen und ernten".

Zunächst die Kurzübersicht über ihre Eigenschaften:


Wuchs und Krankheiten

Verrieselt

Im Wuchs steht sie auf mittelstarkem Niveau, sie könnte auf besserem Boden aber auch stark wachsen. Das Wachstum hängt stark vom Fruchtbehang ab, bei viel Behang geht viel Kraft in die Beeren und weniger in Triebe. Neutriebe bleiben etwas dünner. Will man das Wachstum nach der Pflanzung fördern, sollte man in den ersten beiden Fruchtbehangsjahre stark ausdünnen. Trägt sie dann, ist man gut beraten, die Triebe anzubinden, denn die schweren Trauben sorgen vor allem bei böigem Wind für Abstürze. Die jungen Ranken halten nicht viel. Das Holz neigt zum verkahlen, Neutriebe an älteren Ranken werden unwillig gebildet.

Warme, geschützte und gut besonnte Standorte sind wichtig für Straschinski. Aroma und Reife bleiben unterentwickelt, wenn sie die Umgebungseigenschaften nicht hat. Sie bleibt dann gering süss, wirkt saftig aber leer. Auch an heissen Orten zeigt das Laub keine Hitzschäden, die Trauben nur sonnenseitig, wenn sie bereits blau sind und der prallen Sonne ausgesetzt waren. Das ist nicht schlechter wie andere blaue Traubensorten.

Ihre Anfälligkeit auf Krankheiten ist durchgängig mittelmässig. Da sie bei mir teilweise unter dem Dach steht, ist echter Mehltau ein deutlich grösseres Problem wie Peronosphora, so ist das auch bei anderen Sorten in geschützten warmen Lagen. Echter Mehltau ist ein Schönwetter- und Wärmepilz. Straschinski ist aber hinreichend robust, um nur selten Ernteausfall deswegen zu erleiden. Ein Befall findet zwar fast immer statt, aber erst so spät im Jahr dass er nicht mehr schadet. Günstig sind ein bis drei Behandlungen zur Blüte mit Backpulver, besser noch Kaliumbikarbonat. Wespenfrass, Stiellähme, vorzeitige Botrytis, damit gibt es ebenfalls keine überdurchschnittlichen Probleme.

Ein Problem ist -ebenfalls wie bei allen blauen Sorten- der verdammte Kirschessigfliegenimport. Wenigstens werden bevorzugt Beeren im unteren Teil der Traube abgestochen, die sind weicher und meistens sowieso weniger aromatisch. Und durch den lockeren Traubenaufbau sorgt eine schimmelnde Beere auch nicht gleich für verdorbene Trauben.

Vögel lieben die Sorte nicht sehr. Die Beeren sind zu gross und hängen zu fest am Stielgerüst. Kleinbeerige Sorten sind generell mehr vogelfrassgefährdet. Die Frostfestigkeit ist leider unterdurchschnittlich, weit absterbende Zweige normal, von einer Pflanzung in winterkalten Lagen ist abzuraten.

 

Ertrag und Pflege

Oben gut, unten
wegen Überlastung schlecht

Beides hängt bei Straschinski eng zusammen, denn Straschinski setzt ernorm viele Gescheine an und trägt sich zuverlässig zu Tode, wenn man nicht kräftig ausdünnt. Ausdünnen ist damit bei dieser Sorte absolut wesentlich, nicht nur um die Sorte nicht zu überlasten, sondern auch um Trauben in guter Qualität zu bekommen. Zu wenig ausgedünnte Stöcke zeigen folgende Effekte:

  • Die unteren Hälften der Trauben bleibt klein, weich und sauer, verschrumpeln manchmal sogar.
  • Der Zuckergehalt aller Beeren bleibt unterdurchschnittlich, alles schmeckt bestenfalls mässig süss.
  • Die Erntereife verzögert sich, dadurch gelingt die Zuckereinlagerung noch schlechter weil später im Jahr weniger Sonne herrscht.
  • Alle Beeren bleiben weicher. Nur nicht überlastete Pflanzen bringen feste, fleischige und grosse Beeren.
  • Das Aroma bleibt sehr schwach. Der Saft wird wässrig.
  • Die Frostfestigkeit des Holzes im Winter sinkt zusätzlich ab, es gibt mehr Frost- und Absterbeschäden. Grund: Mangelnde Holzreife.

Wie sollte man ausdünnen? Da Straschinski gerne sehr lange Trauben bildet deren untere Beeren ohnehin nachlassen oder stärker verrieseln, kann man schon zur Blütezeit lange Gescheine halbieren, die unter Hälfte abschneiden. Das hat auch den Vorteil, dass das Eintüten mit Organzabeuteln gegen Kirschessigfliege leichter gelingt und man nicht so grosse Beutel benötigt. Hat ein Trieb mehr als zwei Gescheine, sollte man alle Weiteren ganz abschneiden. Wartet man mit der Ausdünnung, bis die Beeren erbsengross sind, kann man aus dieser Grünlese noch Agrest herstellen.

 

Trauben und Beeren

Man sieht sofort, was der Hit bei Straschinski ist: Grosse, dicke Dinger. Ihre gut entwickelten Beeren erreichen 12 Gramm Einzelgewicht. Sie färben früh, benötigen dann aber noch lange bis sie Zucker haben und wirklich reif werden, man darf sich also nicht von der frühen Färbung täuschen lassen. Die grössten Beeren finden sich an kleinen, gut versorgten Trauben. Wer zuviel am Stock gelassen hat oder zu spät ausgedünnt oder zu schlechtes Wetter hatte, bekommt nur kleine, locker gewachsene Beeren. Auch die Trauben können gross werden. Das sieht mitunter prächtig aus, auch als Schautraube ist sie gut geeignet. Wie alle grossen Sorten tendiert sie zu Platzern bei Regen, aber auch bei dieser Eigenschaft hält sich das Problem in Grenzen, wenn man es mit anderen Sorten vergleicht, die so grosse Beeren bringen.

Halbierte Beeren mit Kernen

Reife Beeren ohne Überlastung haben eine gute, fleischige Konsistenz, die zu den Kernen hin weicher wird. Sie wirken dadurch nicht immer homogen im Mund, sondern wie eine breite Rinde mit flüssigem Inhalt. Die Haut ist knackig, ist sie es nicht dann hingen die Beeren zu lange oder der Stock war überlastet. 

Die Bestückung mit Kernen liegt etwas unter dem Durchschnitt. Durch die grossen Beeren wirkt sie zusätzlich kernärmer als sie eigentlich ist, weil das Verhältnis Kern / Beere günstiger ist - der Kerne machen in den grossen Beeren einen geringeren Prozentsatz aus wie das in kleinen Beeren der Fall wäre.

Straschinski an der Wand, ausgedünnt und trotzdem noch viel - und gesund
 

Inhaltsstoffe, Aroma und Verwendung

 
Gut behangene Stöcke an der Überlastungsgrenze bringen Beeren, die ab 60°OE Zuckergehalt schmecken und dann nicht mehr viel an Zucker zulegen. Überlastete Stöcke schaffen auch das nicht, da bleibt es bei 55° und wässrigen Beeren mit Gemüsearoma. Die Aromaeinstufung der Kurzübersicht oben sinkt dann auf 1-2. Bei guter Ausdünnung und mässigem Behang bekommt sie ab Mitte September 70°OE und wird erst dann richtig gut, der Reifebeginn kann sich aber auch noch bis Oktober hinziehen. Viel mehr Zucker erreicht sie aber auch dann nicht, sie hat enge Grenzen. Das Aroma wird in diesem guten Fall beerig, hat etwas von dem Stil der nichtverwandten Alphonse Lavallée. Die Schalen steuern nur wenig Gerbstoffe bei, obwohl sie sehr farbkräftig ist.
 
Diese Farbkraft und die Beerenstruktur machen sie auch zu einer guten Safttraube. Eine Maische lässt sich leicht herstellen und pressen. Sogar ohne Standzeit ergibt sich roter Saft, der angenehm schmeckt und einen nicht mit Süsse zuklebt, wie das bei Traubensäften oft der Fall ist. Wein daraus wäre aber zu schwachbrüstig. Aus Übermengen Saft herzustellen ist die ideale Zweitverwertung bei Straschinkski. Einmaischen, abpressen, sterilisieren, in Flaschen füllen.

Rosinenherstellung habe ich auch probiert, dafür die grossen Beeren entkernt. Das ist aufwendig, zu aufwendig. Das Ergebnis war gut, aber etwas sauerschmeckender wie erhofft. Kernlose, säurearme Sorten sind dafür einfach die erste Wahl.
Getrocknete Beeren von Straschinski. Die blaue Haut dunkelt, sieht fälschlicherweise verbrannt aus.

 

Hintergrundinformationen zum Standort

 
Sie steht bei mir auf der Südseite an einer Hauswand, teilweise Dachüberstand. In schlechtem Boden direkt am Haus, trocken, vermutlich Bauschutt im Untergrund, darum herum kalkiger schwerer Lehm. Milde Winter, aber manchmal harte Temperaturstürze. Früher Austrieb, deshalb immer Spätfrostgefahr. Pflanzenschutzmassnahmen gegen echten Mehltau.

Montag, 28. September 2020

Tafeltraubentest: Sorte Canadice

Tafeltraube Canadice

Heute im Tafeltraubentest: Die Sorte Canadice. Canadice ist eine ältere kernlose Züchtung der 1950er Jahre eines Zuchtprogramms der Cornell-University im Staat New York und stammt von den Sorten Himrod (die auch noch eine gängige Sorte ist) und Bath ab. An der Cornell-University gab es lange Zeit Tafeltraubenzüchtungsprogramme, aus denen mehrere bekannte Sorten entstanden sind. In Deutschland wird sie von mehreren Händlern (z.B. Tafeltrauben Schmidt) verkauft, auch bei eBay taucht sie regelmässig auf. Attraktiv ist sie geblieben, weil sie lizenzfrei ist, bei guter Krankheitsfestigkeit kernlose rosa Beeren liefert und wenig Pflege braucht. Das beweist sie auch bei mir im Garten, wo ich sie seit einigen Jahren habe, vor allem der Kinder wegen, die unbedingt kernlose Trauben wollen. Häufig sind kernlose Sorten nicht sehr gesund, das ist bei Canadice nicht so schlecht, wenn auch nicht wirklich gut. Die Kurzübersicht meiner Erfahrungen mit ihr:

Wuchs und Krankheiten

Canadice zeigt sich bei mir als höchstens mittelstark wachsende Rebe. Das erleichtert die Pflege, aber erschwert die Führung der Triebe.

Probleme mit echtem und falschem Mehltau hat sie wenig. Die Blätter zeigen dasselbe Bild wie Muskat blau, kleine nadelgrosse Löcher, das könnte ein Hinweis auf Hypersensitivität gegenüber falschem Mehltau sein. Dabei stirbt das Gewebe um befallene Blattstellen sofort ab, kleine Löcher entstehen, aber der Pilz kann sich nicht ausbreiten. In manchen Jahren bekommt sie jedoch echten Mehltau, aber auch das ist selten. Die Trauben reiften auch immer gut aus, das trifft auch für kältere Gegenden zu. Aber sie neigt etwas zum verrieseln. Die kleinen Beeren platzen nicht, eine wichtige Eigenschaft.

Hitzeschäden Canadice

Grossbeerige Sorten haben da oft Probleme, vor allem auf meinem schweren und flachen Boden, auch leichter Oidiumbefall (echter Mehltau) begünstigt platzende Beeren. Das Stielgerüst ist anfangs robust, mit zunehmender Reife bricht es leicht.

Mit Hitze hat sie auch Probleme. Blattschäden treten dann auf. An einer Süd- bis Südwestwand sollte man sie nicht pflanzen.

Radikaler Vogelfrass inerhalb weniger Tage

Ein grosser Nachteil und Problemfall sind die kleinen, lockeren und rötlichen Beeren, denn sie sind sehr vogelschnabelgerecht. Entdecken Vögel, dass sie reif sind, wird schnell und heftig abgeerntet. Beginnt das, darf man nicht zögern, sondern muss sofort alle Trauben eintüten oder abernten, andernfalls ist die Ernte perdü. Mir ist das schon oft passiert, da die Rebe etwas abseits steht. Nachgesehen, die Trauben waren kurz vor der Reife. Eine Woche später wieder nachgesehen. Nur noch Stengel da, Vogelschiss und Spritzer. Daneben blieben andere Sorten fast unbeschädigt.


Gescheine. Trauben bleiben klein.

Ertrag und Pflege

Die Erträge sind nie so hoch, dass man Arbeit mit Ausdünnung hat. Das Kilogewicht der Beeren pro Laubfläche ist nicht hoch. Ihre gute Anbausicherheit lässt mässige Erträge teilweise verschmerzen. Man bekommt zwar nicht viel, aber immer was. Der Pflegeaufwand ist mittelmässig. 


Trauben und Beeren

Kernlos!

Sie bildet mittelmässig viele Trauben, die aber klein und locker besetzt bleiben, was der Traubengesundheit zuträglich ist. Ihre Beerenfarbe ist ein bräunliches rosa, nicht leuchtend, sieht immer etwas schmutzig aus. Auch die Beeren sind klein, dafür kernlos, das ist ihr Hauptvorteil. Sie werden ab Anfang September reif. Die Beeren sind weich, nicht fleischig. Sie hält sich sehr lange am Stock wenn man sie vor Vögeln und Kirschessigfliege schützt, das Aroma wird dann schwächer. Wer grosse Erträge will, sollte nicht unbedingt Canadice pflanzen.


Inhaltsstoffe, Aroma und Verwendung

Die Beeren bauen früh Säure ab. Der Geschmack der Beeren wird bei Reife ab Anfang bis Mitte September deshalb ziemlich süss und hat lange einen kräftigen, harzigen Ton, den man mögen muss. Es ist nicht der erdbeerige oder parfümierte Fuchsgeschmack vieler Hybridreben, sondern besitzt eine eigene, sehr deutliche Aromatik. Mich erinnert das Aroma an Thymian. Als Rebe ist sie gut für Alles und Jeden geeignet, aber dieser Geschmack schmeckt mir leider nicht. Falls irgendwie möglich, sollte man Beeren probieren, bevor man die Traube kauft und pflanzt. Der Saft ist säurearm und eher dünn, die Verwendung als Tafeltraube ist weit sinnvoller. Für Rosinenherstellung sind sie die Beeren jedoch etwas klein. 


Hintergrundinformationen zum Standort

Sie hat sie bis zum späten Mittag volle Sonne und steht auf schwerem, aber flachgründigem Boden ohne gute Wasserversorgung. Weinbauklima.

Beeren zu Reifebeginn noch schmutzigrosa

Typisch: Helle, beflaumte Neutriebe