Freitag, 17. November 2023

Immer mehr Mispeln

Langsam wächst die Zahl meiner Mispelsorten. Am 14.11.2023 hab ich die Bäume und Bäumchen abgeerntet. Die Verarbeitung ist schon in einem früheren Beitrag beschrieben: https://gartenzone.blogspot.com/2019/11/mispeln-mespilus-germanicus-letzte.html.

Diesmal geht es mehr um Erfahrungen mit Sorten. Ich habe fünf, vier davon sind jetzt parallel geerntet. Ob sie wirklich sortenecht sind, ist nicht bewiesen, Mispeln sind nicht so leicht zu unterscheiden wie die meisten Apfelsorten voneinander zu unterscheiden sind. Mit was soll man vergleichen? Gute Sortenbeschreibungen existieren nicht. Man muss sich auf den Baum- oder Edelreislieferanten verlassen. Was schon bei besser bestimmbaren Obstsorten zu oft schiefgeht, Fehllieferungen gibt es immer wieder. Züchterisch ist Mespilus Germanica nicht sehr bearbeitet. Früchte an einem Baum variieren optisch oft stärker untereinander wie Früchte zwischen verschiedenen Sorten. Am besten messbar sind noch Durchschnittsfruchtgrössen und die Analysewerte. Studien, die genetische Abstammungs- und Zuordnungsuntersuchungen gemacht haben, sind mir nicht bekannt.


Metzer Mispel

Metzer Mispel, etwa 60% der Gesamternte

Kein Bäumchen mehr, fast schon ein Baum. Ziemlich typischer Habitus mit dem schleudernden, oft sehr einseitigen Wuchs. Im Vergleich zu den anderen Kultursorten kleine Früchte, auch am nun älteren Baum. Bekommt manchmal Sonnenbrand. Reife etwas spät. Hoher Fruchtbehang, aber die mässig grossen Früchte bringen dann nicht viele Kilo.

Die Früchte dieses Jahr satte 100° OE, Gerbstoff- und Säuregehalt sind ebenfalls hoch, auch das Aroma. Sollte ich mal genug zusammenbekommen, wird das die Sorte sein, deren Maische zum brennen vergoren wird. Von Jahr zu Jahr erreicht diese Sorte höhere Zuckergehalte, weil das Wetter immer wärmer und die Sommer immer länger werden. Am Anfang waren 60° OE normal, seit 2018 sind es immer 90° und mehr. Mein Baum ist da keine Ausnahme, ältere Bäume woanders haben sich ebenso gesteigert.


Macrocarpa

Mispel Sorte Macrocarpa
Robuster Baum, typischer Habitus, wächst aber schwach auf meinem Standort. Die Früchte werden grösser, wenn der Baum grösser wird. Auch sie hat gute Erträge. Sie reift früher wie "Metzer", Früchte teigen schon von innen her, während die Metzer noch durchgängig hell und hart ist.

Die Früchte erreichten 75° OE, sie sind hübsch, das Aroma ist süss, wenig Säure, auch wenig Gerbstoffe, wenn sie sich vom Ast lösen lassen oder fallen, kann man sie auch direkt essen, ohne enzymatische Umwandlung. Das ist die Lieblingssorte für Desserts, zum einfrieren und auftauen, um sie dann weich zu essen oder weiterzuverarbeiten.


Kurpfalzmispel

Zwei Kurpfalzmispeln

Der Baum ist noch jung, das Wachstum noch nicht klar, aber es ist kräftig. Die ersten Früchte sind bereits recht gross. Sie erreichten aber nur 60° OE, wurden noch früher reif wie "Macrocarpa", hatten mittleren bis niedrigen Gerbstoffgehalt und etwas Säure. Möglicherweise wird ein älterer Baum noch mehr Zucker schaffen. Mispeln haben ohnehin einen Altersdimorphismus, ältere Bäume steigern auch ihre Fruchtgrösse sehr deutlich.

Royal

"Royal", halbierte frische Frucht

Auch sie ein junger Baum, aber erstaunlich starkes Wachstum, bisher sogar ausgeglichenere Astbildung, was ein stabileres und schöneres Baumbild ergibt.

Früchte mit 78° OE, das Aroma etwas schwächer wie das der Metzer, aber grössere Früchte, die sich leichter und mit höherer Ausbeute pressen liessen

Nottingham

Niedriger Wuchs, aber in die Breite. Von ihr hatte ich einmal mehrere Bäume. Einer ging ein, er war auf Weissdorn veredelt, aber diese Unterlage ist für Mispeln weder langlebig noch sinnvoll, sondern nur billig, deshalb ist sie bei Baumschulen immer noch beliebt. Sie produziert unangenehme dornige Schosser aus Wurzel und Stamm, erhöht die Feuerbrandempfindlichkeit, führt bei den ohnehin instabilen Mispeln zu Sturmabrissgefahr weil sie im Durchmesser fast immer stark unter der Mispel bleibt, grosser Stamm auf kleiner Unterlage und hat immer wieder Kompatibilitätsprobleme, je nach druntersitzendem Weissdorn. Vorzuziehen ist stattdessen Quitte BA29 oder arteigen Mispel.

Die Sorte braucht guten Boden und Wasser. Die Früchte an älteren Bäumen werden riesig, um die 7cm Durchmesser sind normal. Früchte eher breit als lang. Bei dieser Sorte besteht auch die Gefahr, dass sie auseinanderbricht, weil der Fruchtbehang recht schwer werden kann. Keine Messung dieses Jahr, in früheren Jahren um 80° OE, wahrscheinlich heute darüber. Die Gerbstoffe und Säure waren deutlich, optisch auch recht schöne Früchte, schon wegen der Grösse.

Verwendung

Die Ernte ist leider nach wie vor zu wenig für einen Maischeansatz, der dann gebrannt werden kann. Dafür sind etwa 150kg nötig, daraus 50% Saft, 50% gemahlene Maische. Also mache ich Saft aus den Früchten. Sie sind schon etwas zu teigig, das mag die Obstmühle nicht, das Ergebnis ist ein schmieriger, schwerer Teig und viel Putzarbeit an der benutzten Obstmühle.

Macht aber nichts. Die weitere Verarbeitung: Zugabe von Pektinase, tags darauf pressen mit dem Handpressbeutel und dann noch einige Pressvorgänge mit einer älteren Spindelpresse. Die Hydropresse deshalb noch einmal anzuwerfen und dann zu reinigen lohnte sich nicht.

Die knapp 3 kg Maische pro Pressung ergeben 1,25 Liter Saft plus 1,7 kg trockenen Presskuchen, die Ausbeute liegt also bei über 40%, was okay ist für so einfache Technik. Der Saft wird aufgekocht und heisssteril in Glasflaschen gefüllt. Er schmeckt kräftig, aufgrund der Vollreife sind mittlerweile kaum mehr Gerbstoffe vorhanden. Dem hohen Zuckergehalt steht mittlere Säure entgehen. Die Aromen liegen bei Bratapfel, etwas Gummibärchen, insgesamt breiter und voller wie Apfelsaft. Als Mispelsaft erkennbar ist er nicht, in einer Blindverkostung würde man ihn als sehr kräftigen, würzigen Apfelsaft einer besonderen Sorte werten. Mit Mispeln in diesem guten Reifezustand hergestellt finde ich ihn klasse.


Mispelmaische, in einfacher Spindelpresse

Der übrige trockene Presskuchen

Donnerstag, 9. November 2023

Pawpaw, Riesenernte und weitere Erkenntnisse

Pawpawblüte

Dieses Jahr war das Jahr der Pawpaws. Fast das gesamte Baumobst ist wieder einmal ausgefallen, Blütenfrost, Wetter, Schadorganismen. Aber meine Pawpaw-Bäumchen sind mittlerweile etwas grösser und schafften einen richtig guten Fruchtbehang. Die Blüten kommen spät und vertragen Frost relativ gut. Das Gesamtgewicht der Ernte lag bei 20kg. Und auch sonst entwickelte sich einiges weiter bei dieser Obstart, so dass die früheren Beiträge eine Erweiterung verdienen.

Fast im Vollertrag

Die meisten Pawpaw-Bäumchen sind nicht mehr so klein, der Grösste erreicht jetzt 3m Höhe. Er wächst stetig 20-35cm pro Jahr. Der Sommer war diesmal stressarm, alle angesetzten Früchte wurden auch gross. Die Äste bogen sich unter der Fruchtlast, aber nichts ist abgerissen. Pawpaw-Holz ist zwar brüchig, aber Zugbelastung hält es aus.

Guter Behang, fast reif

Das Fruchtgewicht der reifen Früchte reicht von winzigen 20g - Früchtchen bis 400g - Bollen, im Schnitt waren es 100-150g, wie ein Apfel. Innen im weichen gelben Fruchtfleisch befinden sich natürlich auch die Samen, der Anteil beträgt etwa 6-8 Gewichtsprozent. Mit dem Samen sollte man auch die wenig angenehmen Nabelreste entfernen, dunkle Knubbel im Anschluss an die Samen. Einfach mit einem Löffel herausheben.

Essreif


Verpflanzen?

Auf manche Erfahrung hätte ich gerne verzichtet. Mittlerweile sind neue Sorten auch in Deutschland lieferbar, es gibt nun auch eine spezialisierte Baumschule. Ihre Preise sind gesalzen, aber immerhin, die Vielfalt wächst. Ein klein wenig Züchtung findet statt - in den USA. Auch die Sorten des Züchters Neal Peterson und drei Sorten der Kentucky State University haben es nach Europa geschafft. Darunter sind sehr interessante Sorten, gerade für den Hausgarten. Da ich mit einer meiner Sorten unzufrieden war, habe ich sie vorsichtig ausgegraben, verpflanzt und eine Sorte der Peterson - Pawpaws gesetzt. Gekauft in einem Gartenmarkt, mittlerweile sind sie weder selten noch schwierig zu bekommen. Und dabei erlebt, was auch Andere schon sagten: Verpflanzen geht oft schief. Das verpflanzte Bäumchen trieb zwar noch aus, ging dann aber trotz Pflege ein. Pawpaw lieben keine Verpflanzung. Damit kappt man die wichtige Pfahlwurzel.

Sehr wichtig: Die Reifezeit

Nachdem die letzten Jahre angesetzte Früchte immer wieder abgeworfen wurden, weil die Bäume noch zu klein war um sie zu ernähren, zweimal Früchte unreif abgeworfen wurde weil sie im starken Trocken- und Hitzestress litten, gab es diesmal eine anders begründete Enttäuschung: Viele Früchte reiften heran, aber sie reiften nicht mehr aus. Und das in einem Jahr, das einen sehr warmen, langen Herbst erlebte. Andere Pawpaw-Besitzer der Region berichteten ähnliches.

Pawpawblüte in Kälte und Nässe

Was ist passiert? Die Antwort liegt in den Wetterdaten. Es bestätigten sich frühere Beobachtungen: Pawpaws reagieren empfindlich auf kalte Nächte im Frühjahr. Glücklicherweise nicht, indem sie Blüten oder Jungfrüchte abwerfen, sondern indem sie massiv einbremsen. Austrieb, Wachstum, Blühgeschehen laufen wie in Zeitlupe ab. So war es dieses Jahr. Tagsüber zwar oft warm (mit Rückschlägen), aber nachts bis Ende April Phasen mit 1°C und leichtem Bodenfrost, bis fast in die dritte Maiwoche ging es noch auf 3° herunter. Und so zog sich die Blüte schier endlos über vier Wochen hin und lief noch folgernder ab wie ohnehin schon in anderen Jahren. Die sehr lange Zeitlupen-Blühphase führte dann zwar zu einer guten Befruchtung, aber die Früchte hingen im Schnitt erst zwei Wochen später am Baum, was sie auch nicht mehr aufholten bis Oktober. Es fehlte dann "hintenraus".

Reife, von selbst gefallene Früchte

Und so lieferte die Prima 1216 statt in der ersten Oktoberwoche erst Mitte Oktober reife, bitterstofffreie Früchte und da die Reife auch wieder folgerte und wegen beginnender Herbstkälte kaum mehr vorankam, hing noch ein Drittel Anfang November unreif in den Bäumen. Prima 1216 gehört meinen Sortenvergleichs-Erfahrungen nach eigentlich zur mittleren Reifegruppe, ist sogar etwas früher als der Durchschnitt. Nach einer Woche Lagerung waren sie zwar noch gut essbar, aber erreichen nicht die Qualität ganz am Baum ausgereifter Früchte.

Weich, süss, aber unreif

Damit zeigt sich, dass selbst in unserer Weinbaugegend das Risiko zu gross ist, dass mittlere Sorten nicht ausreifen. Jahre wie dieses mit nachtkühlem Frühling sind trotz anschliessender Hitzesommer keine grosse Ausnahme. Unser Klima im maritim-kontinentalen Übergangsbereich der Mittelbreiten ist weit stärker schwankend wie das kontinental-subtropische Klima in ihrem Ursprungsgebiet. Frühe Sorten sind also wie schon vermutet essentiell, etwa Allegheny, Halvin, Kentucky Champion, Atwood, KSU-Benson, NC-1. Auch Sorten, die nur früh anfangen, dann aber sehr lange folgernd "dahintropfen" kommen noch in Frage, dafür ist Shenandoah bekannt. Die ersten Früchte reifen deutlich vor Prima 1216. Man kann damit alle Jahreswettertypen ausnutzen, hat in frühen Jahren ab Ende September bis Ende Oktober frische Früchte und in späten Jahren immerhin noch eine Teilernte. Vielleicht der beste Kompromiss.

Aroma, Qualität bei Pawpaws

Fast erntereif, Frucht wird oben gelblich

Das lässt sich sehr einfach auf einen entscheidenden Punkt reduzieren: stressfreies Wachstum, dann volle Ausreife. Aroma und Qualität drehen sich ausschliesslich um eine gute Reife. Gute gereifte Pawpaws aller Sorten sind aromastark, nicht bitter, gelb, weich, duften das Zimmer voll, haben keine Fremdaromen, etwa die Komponente "vergammelte Banane" bei halbreif geernteten, dann gelagerten Früchten. Pawpaws sind da wirklich tückisch, denn wie schon in einem früheren Beitrag erwähnt bringen auch notreife Früchte gelbe und weiche Früchte, behalten aber Bittertöne und unangenehme Aromen. Sie tarnen und täuschen, um dann zu enttäuschen. Das schreibt der Unkundige der ganzen Obstart zu und schätzt Pawpaws anschliessend insgesamt ungerecht schlecht ein. Die war doch reif! War sie nicht.

Reifekurven, wenn alles gutgeht in einem guten Jahr - mein subjektiver Eindruck

Sorten

Pawpaw-Sämlingsbaum im Herbstkleid

Neben mehreren Prima 1216, einem Sämling, einer Shenandoah, einer Prolific habe ich noch eine Overleese. Eine Allgheny werde ich noch kaufen, die Prolific entfernen, sie reift zu spät und setzt zu schlecht an, die Blüten werden nicht gut von der danebenstehenden Prima befruchtet. Nicht alle Sorten befruchten sich offenbar gleich gut. Die Unterschiede zwischen den Sorten sind überhaupt erstaunlich gross. Der Sämling wächst um einiges stärker und schöner wie alle Namenssorten. Seine Blätter sind viel kleiner und gesünder, besonders Prima 1216 bekommt im Herbst noch lange vor dem Blattfall Blattschäden, nekrotische Stellen. Der Sämling setzte um Jahre später Blüten an, die viel kleiner waren wie die der Sorten. Früchte hat er noch gar keine angesetzt. Ich lasse ihn stehen, er ist hübsch und kann als Befruchter fungieren. 

Verarbeitung

Pawpaw-Sorbet

Die Erntemassen animierten zum Ausprobieren weiterer Verwendungen. Zuerst sollte es Eis sein. Das war schwieriger wie gedacht. Das Rühren in der Eismaschine klappte nicht so gut wie bei anderen Sorten, eine Schicht am Rand fror im Gegensatz zu anderen Eissorten fest. Ein Sorbet mit Eiweiss und Zucker gelang dann gut. Das Eis hatte nettes Pawpaw-Aroma, die Konsistenz blieb etwas seltsam. Dick auf der Zunge, etwas zäh, nicht richtig schleimig, aber klebrig wirkend. 

Etwas Mus habe ich eingefroren, dazu die Früchte zerquetscht und durchpassiert. Die grossen Kerne sollte man vorher ganz herausnehmen, sonst blockiert die Passiermühle.

Was tun mit dem Segen?

Mit dem Pürree ein Quarkdessert zu aromatisieren schwächte das Aroma und auch da war die Konsistenz etwas seltsam, es wirkt zäh und liegt etwas klebrig im Mund. Die Frage stellt sich, ob es Gerichte gibt, in denen man sich diese spezielle Konsistenz zunutze machen kann, wo das erwünscht ist. 

Sehr gut war eine Pawpawmilch, zubereitet wie eine Bananenmilch. Fruchtfleisch mit Milch und Purierstab mixen. 

Sollten die Bäume so weitertragen, wird mir jedenfalls das Rohmaterial für Versuche nicht ausgehen. Festzustellen war auch, dass man schnell an die Mengengrenzen kommt. Die Früchte halten sich ja nicht. Viele habe ich dann verschenkt. Bevor man also mit Sortensammlungen anfängt, sollte man genug Leute kennen, die Pawpaws wollen oder sich Verkaufskanäle schaffen.

Obstteller mit selbstangebauten Früchten im Oktober, links Pawpaw





Eine Woche später: Überreif, wie Bananen.

Sonntag, 5. November 2023

Noch mehr Neues von der Yakon, Polymnia sonchifolia

Yakonblüte, schön, aber kommt spät im Jahr

Yacón, das hört sich an wie ein mexikanischer Drogenhändlerboss. "Yacón will wissen, was du für 100 Kilo Stoff zahlst." Vor ein paar Jahren habe ich sie erstmalig angebaut und dort https://gartenzone.blogspot.com/2018/12/yakon-polymnia-sonchifolia-wieder-was.html darüber berichtet. Sehr begeistert war ich nicht. Aber aufgegeben wird auch nicht, ich habe immer wieder gepflanzt, mehrere Sorten, mehrere Orte, viele neue Erfahrungen. Jetzt habe ich die diesjährige Ernte eingefahren und möchte noch einmal darüber berichten.

 

Ertrag und Pflanzplatz

Die Erträge waren in den Folgejahren lange mies, die Pflanze wuchs nicht oder die Knollen brachten nicht viel. In voller Sonne gab es Blattschäden und bei hohen Temperaturen stellte sie wie alle diese Hochlandpflanzen das Wachstum ein. In Norddeutschland oder Hochlagen mag das anders laufen, aber wir haben eine sehr sommerheisse Gegend. Im Dreiviertelschatten wuchs sie ein bisschen besser, setzte aber wenig an. Es war praktisch immer zu trocken für die Pflanze, vor allem auf meinem Boden. Yacón sind Säufer! So viel Wasser brachte ich gar nicht an die Pflanze, wie sie will. Die Erträge kamen dann auf 1 bis 1,5 kg pro Pflanze, was ich für mager halte. Blüten waren selten zu sehen, hoch wurde sie gar nicht erst.

Jungpflanze am idealen Platz. Richtung Süden die Teilverschattung

Erst mit der Zeit hatte ich den Dreh raus und erst dieses Jahr war alles so weit optimiert, dass sie ein Volltreffer wurde. Mein Nachbar hat mich nämlich auf meiner Südseite komplett zugebaut. Direkt auf der Grundstücksgrenze. Eine Garage, Wassertanks, hohe Pflanzen und dann eine riesige Balken-Foliendachkonstruktion. Ein breiter Streifen auf meiner gesamte Gartensüdseite ist dadurch verschattet. 

Aber die Yacónpflanzen explodierten dort förmlich, wie ich feststellte. Ich pflanzte hinter den Foliendächern. Die schatteten zu 50 % ab. Zum Pflanzzeitpunkt im Mai bis Anfang Juli stand zudem die Sonne so hoch, dass ohnehin noch viel Licht hinkam. Dann wanderte der Schattenwurf wegen Folien und hohen Tomaten. Aber meine Yacon-Pflanzen hatten auch Höhe gewonnen, die wuchsen so schnell wie der Sonnenhöchststand mit dem Jahresverlauf sank. Damit war der Boden und der untere Bereich im Schatten, oben war Luft und Sonne. Ideal, immer gleich teilverschattet, diesmal keine Hitzeschäden! Die grossen Pflanzen mit den grossen Blättern sorgten nebenbei auch dafür, dass kaum Unkraut kam.

August. Sie wächst kräftig.
September. Blüte. Oben immer Sonne trotz Herbstbeginn.

Durch den früh beschatteten Boden war auch Verdunstung und Verschlämmung gebremst. Nochmal ideal. Und schliesslich packte ich eine dicke Mulchauflage rund um die Pflanze. Auch das erwies sich als ideal. Es verbesserte die Wasserversorgung entscheidend: Das Giesswasser drang viel leichter in den Boden, die Verdunstung nach oben blockiert, bessere Nährstoffversorgung. Anders als behauptet habe ich durchaus den Eindruck, dass Yacónpflanzen ganz schön Nährstoffe ziehen, sie aber nur nutzen können, wenn auch alle anderen Punkte stimmen. Dann explodiert sie. Und so hatte ich im Oktober Pflanzen, die aus einem Stangenwald berstanden, der 2 m Durchmesser erreicht und 2 m Länge. Aber nicht 2m Höhe, denn die langen Triebe fielen etwas auseinander statt immer steil senkrecht zu wachsen. Sie blühten ab September, sogar Samen zeigten sich. Im Oktober wurden einige Blätter vom ersten Nachtfrost zerstört, Ende Oktober erntete ich die Wurzeln und bekam pro Pflanze 4,5 kg verwertbare Wurzeln. Das war dann doch eine ganz andere Nummer wie die Jahre vorher.

Direkt nach der Ernte

Probleme durch Schnecken trotz starkem Schneckenbesatz von Arion Hortensis hatte sie nach wie vor nicht, keine Krankheiten, keine Schädlinge. Das ist eine echte Stärke dieser Art.

Und schliesslich die Sorte: Am meisten brachte die Sorte "Morado", die es auch häufig zu kaufen gibt. Die Knollen sehen auch gut aus, bei der Ernte rot, später dann dunkler. An den Pflanzen waren keine Unterschiede zu anderen Sorten zu sehen, das kann aber durch andere Faktoren überlagert sein. Morado soll überdurchschnittlich gross werden. Wird sie. Die oberirdische Biomasseproduktion zusätzlich zu den Knollen ist nicht schlecht, so wie bei vielen Helianthae und Smallanthus. Einige aus diesen Gattungen (zum Beispiel Silphium perfoliatum) sind sogar als Energiepflanzen nutzbar, die Biogasausbeute ist mit Mais vergleichbar.

Gewaschen, netto 4,5kg
Einzelknollen bis zu 739g
Auch die Stängel sind Brummer. Unten am Stock sinds sogar bis 4cm Durchmesser


Das Aroma

In der Sonne süss werden lassen

Direkt nach der Ernte sind sie praktisch ungeniessbar, das stimmt weiterhin auch bei dieser Sorte. Man sollte die Wurzelknollen möglichst unverletzt lassen, abspülen und für einige Tage auf einen Gartentisch in der Sonne legen, jedenfalls bei Frostfreiheit. Das ergibt dann nach spätestens einer Woche mildes, saftiges, süsses Fruchtfleisch, das viel mehr von Obst hat wie von Wurzelgemüse. Im Hintergrund steht noch etwas Erdaroma, etwa Richtung Topinambur. Sie isst sich roh ganz angenehm, schälen sollte man sie aber. Sie bräunt etwas an der Luft. Mittlerweile kommen auch immer mehr Verwendungs- und Rezepttipps im deutschen Sprachraum an. Sie bleibt beim Kochen fest. Und da nun endlich gute Rohware da ist, kann ich da loslegen. Kaufen kann man sie nach wie vor nur im Ausnahmefall. Markt, Bioladen, selten, frech, teuer. Kilopreise um die 10 EUR sind die Regel.

Die Vermehrung

Rhizome, Wurzeln, Speicherknollen, Stengel

Das bleibt ein Problem. Die Jungpflanzen sind sauteuer. Selber vermehren ist also wichtig. Die dicken Knollen sind reine Speicherorgane und dienen nicht der Vermehrung. Dafür sind die Rhizome da, das sind die unterirdischen Sprossachsen, der Wurzelstock. Rhizome sind nicht die Wurzeln selbst. Eine Wurzel besitzt weder Nodien (Sprossknoten) noch Internodien (Verdickungen). Von dem Rhizom gehen nach unten die eigentlichen Wurzeln und Knollen, nach oben die Triebe der Blätter aus. Die Rhizome der Yacon sind kleine, manchmal (ja nach Sorte) rote Verdickungen direkt unter der Erde. Man lagert den ganzen Block und teilt dann im Frühjahr die Rhizome ab, setzt sie einzeln in einen 8 cm Topf mit Erde, zieht die Pflanzen vor. Aus einem gut entwickelten Stock kann man bis zu 20 Rhizome gewinnen.

Den Stock sollte man trocken in Sand bei 1-4° über den Winter lagern. Das ist im Nutzgarten natürlich schwierig. Der Keller ist wärmer, Gartenhäuser nicht frostfrei. Ideal wäre eigentlich ein kühl eingestellter Kühlschrank. Wer aber einen weiteren Kühlschrank deswegen benötigt, kann gleich die Jungpflanzen kaufen, das ist billiger wie die entstehenden Stromkosten.

Meine Überwinterungsversuche fanden bisher in der Garage statt, in einem Eimer mit Sand. Und der richtige Erfolg war es noch nicht, bisher nur Teilerfolge - ich muss die Rhizome recht früh wider in einen Topf setzen, sonst halten sie nicht bis ins Frühjahr. Hat man einen geeigneten Boden, wäre noch eine Überwinterung in der Erdmiete einen Versuch wert. Maus- und feuchtigkeitsgeschützt natürlich. Da gibt es noch etwas zu entdecken.

Halbierte Yacon Blütenstände mit Samen

Da Yacon auch Blüten bilden, könnte man auf die Idee kommen, sie aus Samen zu vermehren. Das wäre dann eine generative statt vegetative Vermehrung und das Ergebnis könnte von der ursprünglichen Sorte abweichen.

Problem ist dabei, dass die Blüten erst spät im Jahr erscheinen, ähnlich wie bei Topinambur und dann die Samen nicht mehr voll ausreifen. Trotzdem habe ich einzelne braue Samen in meinen Blüten gefunden, die aber nicht reif genug waren. Mit etwas Nachreife im Haus, Blütenstängel in Vase und später dann die Blüten trocknen lassen, könnte vielleicht etwas keimfähiges herauskommen.