Dienstag, 22. November 2022

Auberginen: Krankheiten, optimaler Reifezeitpunkt, Verwendung

So viele Beiträge über Auberginen im November? Ja, ich ernte und verwende sie immer noch, hier gab es im Gegensatz zum Norden immer noch keinen Frost. Grösstenteils ist das neue Sommerklima seit ein paar Jahren für den Nutzgärtner eine Katastrophe, aber Auberginen gehören zu den (wenigen) Gewinnern, mittlerweile sogar bis in den Spätherbst hinein zu ernten. Um die Beitragsserie abzuschliessen, nun noch Erfahrungen über ihre typischen Krankheiten und ihre Bekämpfung, ihr (nicht leicht zu bestimmender und oft Gegenstand von Fragen) optimaler Erntezeitpunkt und ein paar Tipps zur Verwendung der (hoffentlich) grossen Ernte.

Krankheiten

Spinnmilbenalarm!

Krankheit Nr. 1 bei Auberginen sind im Gewächshaus Spinnmilben sowie andere Milbenarten, seit ein paar Jahren auch im Freiland. Spinnmilben stechen Zellen in den Blättern an, die Pflanze vergilbt, trocknet aus, Blattverlust, die Früchte verzwergen. Schon sehr früh nach dem Pflanzen tauchen die ersten Milben auf. Manchmal schon nach der Keimung im Haus, das passiert, wenn man die Anzucht im Frühling in Räumen mit Zimmerpflanzen macht, von denen Spinnmilben es nicht weit zu den Sämlingen haben. Hauptproblem für uns Gärtner ist, den Erstbefall auch zu sehen. Doch wenn man genau hinsieht, merkt man, was los ist und kann frühzeitig gegensteuern. Reagiert man erst im Juli, wenn die Schäden deutlich werden, ist es viel zu spät für eine wirkungsvolle Bekämpfung. Im Film Spinnmilbenbefall, bitte auf Vollbild stellen.


Die ersten Schäden bestehen aus kleinen, unscheinbaren hellen Punkten in den Blättern. Dort haben die allerersten Milben ihr übles Werk begonnen und das Blatt von unten angestochen. Sieht man sie, ist bereits die zweite, viel grössere Generation in Arbeit. Richtiger Schaden entsteht etwa ab der dritten Generation. Erste Nutzgärtnerpflicht ist also die peinlich genaue Kontrolle der Blätter auf Milbenstiche, gerne auch mit einer Lupe. Wie der Erstschaden aussieht, dazu hier einige Bilder.

Gegen Milben gibt es im kommerziellen Anbau ein tolles Spektrum an Insektiziden, entsprechend oft werden Rückstände nachgewiesen, auch immer wieder Höchstmengenüberschreitungen. Häufigster gefundener Stoff: Acetamiprid, ein Insektizid, häufiger Handelsname "Careo". Gegen Spinnmilben und andere Insekten. Im Nutzgarten wird gerne eine Mischung von Schmierseife, Spiritus, Kalk empfohlen. Deren Wirksamkeit ist aber nicht sonderlich gut und führt zu einer Dauerbehandlung. Am besten bin ich nach mehreren Jahren Erfahrung mit Neemöl gefahren. Es wird dreimal behandelt: Sofort beim Auftreten der ersten Punkte, dann noch zweimal im Abstand von drei bis vier Tagen.  Denn Neemöl wirkt nur gegen Spinnmilben im Jungstadium, nicht gegen Alttiere und nicht gegen Eier. Die zweite Behandlung erwischt die zwischenzeitlich aus Eiern geschlüpften Schädlinge, die dritte neue gelegte und geschlüpfte Eier. Wichtig:

  1. Die Mischung: 5-10ml gut (dunkel und kühl) gelagertes Neemöl mit Emulgator pro Liter Wasser verwenden. Man kann Neemöl fertig gemischt mit Emulgator kaufen oder irgendein Pflanzenschutzmittel, das Neemöl enthält. Beispiel: "Schädlingsfrei Neem"
  2. Die Applikation: Gründlich von unten mit der Lanze eines Drucksprühers gegen alle Blätter sprühen, dann etwas von oben. Sehr wichtig ist die Temperatur und UV-Strahlung. Niemals bei Sonne und Hitze sprühen! In den heutigen Sommern habe ich Neemöl nur spätabends ausgebracht. Neemöl verliert sofort an Wirksamkeit, wenn die Sonne drauf scheint und es heiss ist. Windstill muss es natürlich auch sein.
  3. Die Anwendungsbreite: Nicht nur Auberginen besprühen. Angrenzende Pflanzen oder Kulturen mitbehandeln. Spinnmilben befallen viele Pflanzen, will man nicht, dass sie sofort auf die Auberginen zurückwandern, muss man auch die Pflanze an den Rändern behandeln. Unkräuter sind auch Wirte - beseitigen.
  4. Weiter beobachten. Im Gewächshaus sind meistens mehrere Sprühcluster bis Herbst nötig, im Freiland weniger, nur bei anhaltend heissem Wetter, das Spinnmilbenbefall beschleunigt.

Weitere Probleme bei Auberginen:

Beginnende Braunfäule an Auberginenblatt
  1. Verticillium-Welke. Eine Krankheit durch einen Bodenpilz. Der Pilz verstopft die Leitungsbahnen, die Pflanze wird welk, stirbt dann. Wird ein welker Trieb abgeschnitten, so sieht man, dass die Gefässleitungen braun-gelb verfärbt sind. Hier gibt es keine Rettung. Deutlich welkende Pflanzen ganz entfernen, möglichst mit der Wurzel. Müll oder in einen Eimer, kochendes Wasser drüber giessen, dann kompostieren. Gut versorgte und wachsende Pflanzen an gutem Standort werden kaum befallen.
  2. Kartoffelkäfer. Ist ein Problem, wenn Kartoffelbeete in der Nähe sind. Die Larven fressen, nicht die Käfer. Sieht man Frassschäden: Pflanzen durchgehen und absammeln.
  3. Andere Milben. Es gibt neben Spinnmilben noch andere Milbenarten, die sich an Auberginen vergehen, Weichhautmilben, Blattpockenmilben. Neemöl nehmen, siehe oben. Blattläuse, eher selten an Aubergine: Dasselbe.
  4. Schnecken. Fressen auch Früchte an, wenn runde Löcher zu sehen sind waren es höchstwahrscheinlich Schnecken. Schneckenbekämpfung starten.
  5. Grauschimmel an Blütenknospe
  6. Grauschimmel. Passiert im Gewächshaus in luftfeuchten Phasen und im Herbst fast immer, wenn die Türen immer zu sind, im Freiland bei anhaltender Feuchtigkeit. Pflanzenhygiene betreiben, Luftfeuchte senken, befallene Stellen fortschaffen. Am häufigsten trifft es Jungfrüchte, auch Blütenansätze.
  7. Zu lesen ist oft von Weisser Fliege, Kraut- und Braunfäule. Das habe ich noch nie erlebt, obwohl auch schon braunfäulebefallene Kartoffeln in der Nähe waren und Pflanzen mit weisser Fliege. Braunfäule kommt erst im Herbst, wenn die Pflanzen sowieso den Abgang machen. Die Symptome sehen anders aus als an Tomaten, es sind braune, verteilte Blattflecken.
  8. Gelbe, welke Blätter von unten. Wenn die Pflanzen grösser werden, werden die unteren, älteren Blätter gerne gelb, welk und fallen ab. Das ist normal und passiert an rundum gut belichteten Pflanzen und versorgten Pflanzen weniger.
Alte Blätter - keine Krankheit
Grauschimmel an Frucht - Krankheit


Die Sache mit dem Erntezeitpunkt

Ein Dauerthema bleibt: Wann erntet mal sie? Auberginen haben die seltene Eigenschaft, sich ab einer gewissen Fruchtgrösse optisch nur noch wenig zu ändern. Sie hängen dann scheinbar unverändert weiterhin am Strauch und bilden innen ihre Kerne aus, je nach Sorte steigt das Risiko, dass sie bitter wird und dass Kavernen (Hohlräume) in der Frucht entstehen. Das Fruchtfleisch verändert sich auf jeden Fall negativer, es wird oft wattig, am Rand fester. Der beste Zeitpunkt zur Ernte ist bei etwa drei Viertel der Endgrösse und vor Beginn der Kernausbildung. Dann sind sie homogen, haben Aroma, verwendbar für alle Zwecke. Soweit der Rat. Aber wie erkennt man nun, wie weit sie ist? Die Kerne erkennt man erst, wenn man sie aufschneidet und die Endgrösse, wenn sie wirklich nicht mehr wächst und alt geworden ist. Hinterher ist man immer klüger...

Kamo im perfekten Erntezustand, noch glänzend, sieht aus wie gebohnert

Glücklicherweise zeigen uns die Früchte einiges, wenn wir genau hinsehen. Es ist die Haut, die es uns verrät. Im Verlauf des Wachstums wird die Schale wunderschön glänzend, beim Anfassen fast klebrig, der darüber streichende Finger gleitet nicht, sondern es fühlt sich an wie eine Anti-Rutsch-Fläche. Mit der Zeit beginnt ein Strukturumschlag und die Optik wechselt zu matt. Auch die Fruchtfleischkonsistenz wird anders, was man durch drücken feststellen kann. Vorher prall, nachher wattiger, aber auch zäher. Der perfekte Erntezeitpunkt liegt VOR dem matt werden. Sind die Früchte noch glänzend, aber schon gross, dann runter damit. Man kann eine Einzelfrucht etwas weiter reifen lassen, um zu sehen, wie sich Gewicht und Grösse entwickeln. Ein Vorteil ist dabei die Ernte nach Kohorten, erntet man alle Früchte gleichzeitig, dann reift die nächste Ladung auch fast gleichzeitig. Beim matt werden der ersten Frucht erntet man wieder alle ab, bevor auch die Anderen auch matt werden. Sie sind in ihrer Reife nicht weit hinter der Ersten.

 
Ebenfalls "Kamo": Haut ist matt geworden, überreif.
Überreife: Feste Kerne, Kavernenbildung. Nicht mehr optimal.

 

Verwendungstipps

Auberginen alla parmigiana

Auberginenrezepte gibts wie Sand am Meer. Will man richtig Masse verarbeiten, eignet sich am besten der europäische absolute Klassiker, Melanzane alla parmigiana. Dafür werden viele dicke Früchte benötigt, ein bis eineinhalb Kilo sind normal für eine Vier-Personen-Vorspeise. Wir machen das mehrmals im Sommer, die grossfrüchtigen Sorten wandern in den Auflauf.

Die einfachste Rezeptversion ist genau richtig, sie besteht aus 4 mindestens mittelgrossen Auberginen, stark eingekochten Tomaten mit Basilikum, 120g geriebenem Parmesan. Die Auberginen in Scheiben werden gesalzen, trocken getupft, dann mit etwas Mehl paniert und in Olivenöl beidseitig gebraten. Wechselweise in Auflaufform einschichten, unten Auberginen, dann Tomate und Käse, nochmal Aubergine, Tomate, Käse. 15-20 Minuten bei 200°C backen, lauwarm essen als Vorspeise oder mit Sauerteig-Weizenbrot als Hauptgericht.

Ein weiterer europäischer Auberginenklassiker ist südfranzösisches Ratatouille.

Sehr simpel und immer möglich: Braten der 1cm dicken Scheiben in Olivenöl. Das ist aber eine Kunst für sich und schwieriger als es aussieht, zu leicht wird es ein Olivenölorgie oder die Auberginen sind nicht durch, dafür aussen schwarz. Dafür sind alle Arten von Auberginen verwendbar. Das Öl sollte ziemlich heiss sein, bevor man die Auberginen anbrät, ausserdem sollte man die Auberginenscheiben vorher salzen, damit sie etwas Wasser schwitzen und eventuelle Bitterkeit vermindert wird. Einfacher gehts, wenn sie von oben her im Backofen angeröstet werden.

Haltbar machen für den Winter ist leider ein Schwachpunkt dieser Fruchtgemüseart. Trocknen, einlegen, blanchiert oder gebraten einfrieren, das geht alles, aber das Ergebnis wird blass, den Aufwand kaum wert, nicht mehr gut weiterzuverarbeiten. Gewiss gibt es tolle Rezepte, eingekochte Chutneys, Tipps fürs Einfrieren - aber das bleiben meistens einmalige Aktionen, weil es sich einfach nicht lohnt. Auberginen eingelegt werden zu Füllstoff, ihr Aroma ist ohnehin nicht stark, es dominieren Gewürze und andere Zutaten. Die meisten Sorten werden recht weich.

Japan kennt viele alte und erstklassige Auberginenrezepte. Typisch sind Miso-Auberginen (Nasu Dengaku, am besten Kamo Aubergine dengaku) oder mit Teriyaki-Sosse. Die japanischen Gerichte benötigen mässig grosse, festfleischige Sorten.

In China ist sie ein typisches Sommergemüse, gerne als Pfannengericht gebraten oder geschmort. Populär sind schmale Auberginen, lange wie kurze Sorten. Typisch: Yu Xiang Quie Zi, Szechuan-Küche.

Thailand dürfte das Epizentrum der Auberginen sein. Hier gibt es sogar eine weitere verwandte Art, Solanum virginianum, kleinere Früchte, teilweise sehr stachelig. Thai-Auberginen der weltweit verbreiteten Standardart Solanum melongena sind auch sehr viele eigenständige, besondere Sorten mit ungewöhnlichen Farben und Aromen. Klassiker daraus: Viele Currygerichte mit Aubergine.

Die Arabische und Türkische Küche kennt ebenfalls viele Auberginenrezepte. In einem Baba Ganoush wandert sie in Sesampaste und wird zum Dip. Das türkische Imam Bayildi schmort sie. Dort wird sie allerdings auch gerne mit Hackfleisch zusammengebracht. Auberginen sind mir jedoch bei vielen Rezepten aus dem Nahen Osten zu sehr Füllstoff, ihnen wird zu wenig Eigenständigkeit zugetraut. Populäre Sorten von dort sind entsprechend meist eher an Ertrag und Optik, nicht an Qualität orientiert.

Eines meiner Lieblingsrezepte kommt aus Indien. Auberginen mit Kartoffeln, Baingan Aloo. Typisch gewürzt, saugut, gegessen mit Roti oder Paratha.

Guten Appetit!

Mittwoch, 9. November 2022

Auberginen: Anbautipps fürs Freiland

Ernte einiger Auberginen vom 3. November
Mitte: White Knight, ein Massenträger

Im ersten Beitrag über Auberginen wurde der Anbau dieser Früchte unter den neuen Wetterbedingungen schon ausgiebig vorgestellt und seither in weiteren Beiträgen immer wieder viele Sorten beschrieben. Dieses Jahr war die Ernte wieder riesig und mittlerweile erntet man sogar noch im November viel - auch aus dem Freiland. Anlässlich dieser Schwemme sollen ein paar Anbaudetails für Freilandauberginen jetzt nachgereicht werden, wie immer durch mehrjährige eigene Erfahrungen gewonnen. 

Gartenbücher sind wie bei fast allem Anderen auch bei Auberginen nicht mehr viel wert, es hat sich am Klima so viel geändert, dass Vieles ganz anders läuft wie irgendwann einmal empfohlen und dann nur noch abgeschrieben wurde. "Extreme in alle Richtungen" und "Hitze" ist das neue Stichwort. Es herrschen anhaltende Wetterlagen - 2018-2022 knochenharte Hitze- und Trockenjahre mit Jahrtausendrekorden, aber 2021 ist alles abgesoffen. Es spricht viel dafür, dass das Wetter nicht wieder in frühere Muster zurückkehrt.

"White Knight" im November, Freiland - gesund



Vorteil für Auberginen

Auberginenblüte - hübsch sind sie ebenfalls

Stand früher die bange Frage im Mittelpunkt, ob sie in unseren Breiten genug Wärme, Sonne, Vegetationsdauer bekommen und ob man sie ausserhalb des Gewächshauses anbauen kann, stellte sich die letzten Jahre mehr die Frage, wie sie mit mehrwöchigen Trockenphasen, Temperaturen bis zu 40°C bei gleichzeitig hoher UV-Einstrahlung, mit nächtlicher Taubildung in schwülen Wetterlagen zurechtkommen. Die Frage kann ich beantworten: Sie kommen erstklassig damit klar. Nichts gedeiht in regenarmen Hitzesommern so gut wie Auberginen. Wo mir Paprikafrüchte, Tomaten und Tafeltrauben von Sonnenbrand angesengt oder zerstört werden, haben Auberginen trotz der dunklen Fruchtfarbe keine Schäden an Frucht oder Blatt. Auch die wochenlangen Taunächte des Sommers 2021 mit drückender Schwüle haben sie wieder einmal erstklassig ohne Pilzkrankheiten überstanden, während die beiden nachtschattenverwandten Tomaten und Kartoffeln den frühen Braunfäuletod gestorben sind. 2021 sind unter den Nachtschattengewächsen nicht einmal Frühkartoffeln zur Reife gelangt und alle Tafeltrauben verfaulten wegen verschiedenen Mehltaukrankheiten. Blattschäden beginnen bei Auberginen aber erst mit kalten Nächten und oft nicht einmal dann. Unter den häufiger gewordenen Gewitter- und Starkwindböen, die leider auch vermehrt Pflanzen umreissen, leiden sie kaum, die sind zäh und nicht bruchgefährdet. Höchstens, dass Riesenfrüchte hohe Triebe herunterziehen.

Scheinbar kühle Jahre wie 2021 überstehen sie ebenfalls gut. Die Tagestemperaturen waren zwar nicht so heiss, aber wichtiger sind ohnehin die Nächte. Die reichten 2021 absolut aus, um gute Kulturen zu erhalten. Der längst ungewohnte wirkende sommerliche Regen, von dem wir schon ganz entwöhnt waren, hat keine Schäden verursacht. Die Früchte bleiben nur kleiner, der Fruchtansatz schwächer, das ist auszuhalten.

Nun wieder ein Sommer ohne Regen und Hitze über tropischen Werten, da war wieder aus dem Vollen zu schöpfen, wenn man keine Anbaufehler machte. Das galt für fast ganz Deutschland, etwas weniger an den Küsten und ganz im Norden. Das Verhältnis hat sich umgedreht, wo früher nur in ein Sommerwärmelagen Freilandauberginen gute Erträge brachten, sind es heute nur ein paar sommerkühlere Lagen, in denen das nicht der Fall ist. Vor allem am Alpenrand, den Mittelgebirgen hat sich alles grundlegend geändert.

Anzucht

Juli: Gut entwickelte Pflanzen,
viele Fruchtansätze, Freiland

Beginnen wir mit der Anzucht: Mit den Tomaten säe ich sie ab Mitte/Ende März im Zimmergewächshaus aus. Sie benötigen von Anfang an viel Licht, was ich in dunklen Wochen mit einer LED-Pflanzenlichtlampe verbessere. Allerdings stiegen auch im Frühjahr die Sonnenscheinsummen, so dass das heute selten nötig ist. Bald in 8cm-Plastiktöpfchen gesetzt kommen sie ins Gewächshaus, wenn die Nächte warm sind. In Kälteperioden sollten sie wieder ins Haus geholt werden. Auberginen haben dasselbe Problem wie Paprika: Nachtkälte unter 5°C (am Boden, nicht die Lufttemperaturen in 2m Höhe, die der Wetterdienst angibt!) führen zu nicht sichtbaren Schäden, die in eine anhaltende Wachstumsdepression münden. Wird es wieder warm, wachsen sie nur sehr zögerlich weiter und bleiben auch später kleiner. Deshalb erst Auspflanzung im Freiland im Mai, wenn die Wettervorhersage stabile warme Nächte vorhersagt. Wenn nicht, sollte man noch zuwarten, notfalls bis in den Juni hinein. Sie werden auch nicht so leicht überständig im Topf. Dann aber raus in den Garten. Auspflanzen vertragen sie gut. Pflanzabstand 40 cm, festbinden an Pflanzstäben.

Was sie natürlich wollen, ist Sonne, volle Sonne und wie schon erwähnt warme Nächte. Sonne am Tag und Standort an wärmespeichernden Plätzen hilft am meisten, während Düngergaben nicht so unumgänglich sind. Ich würde sie sowieso höchstens als Mittelzehrer bezeichnen. Sie lieben aber humusreichen Boden. Es gab je nach Boden ziemlich drastische Unterschiede in Erntemenge und Wachstum. Wir haben schweren Boden, der zudem leicht verschlämmt, das mögen sie überhaupt nicht. Sie bleiben klein, zeigen früh Welkeerscheinungen, erhöhtes Risiko von Wurzelkrankheiten. Das verbesserte sich enorm durch gründliches Einbringen von gut eingehacktem altem Pferdemist. Der enthält nicht mehr viel Nährstoffe, aber speichert in Verbindung mit dem lehmig-tonigen Boden besser Wasser, schliesst Bodennährstoffe auf, bringt Luft in den Boden. Eine mässige frühe Stickstoffgabe in Form eines Depotdüngers, der Stickstoff nur langsam gibt ist sinnvoll, denn wenn das organische Material im Boden abgebaut wird, wird dabei gebundener Stickstoff verbraucht. Beispiel für Düngung: Bedarf 10g Reinstickstoff pro Quadratmeter für Mittelzehrer wie Auberginen. Hornspäne enthalten 14% Stickstoff. Das macht 70g Hornspäne pro Quadratmeter. Andere Nährstoffe wie Phosphor, Kalium, Magnesium sind in Gartenböden meistens sowieso genügend vorhanden, wenn man unsicher ist schafft eine Bodenanalyse Klarheit. Alter Pferdemist oder Kompost haben meistens gute Gehalte von Kalium und vor allem Phosphor, Zudüngung dieser Elemente vermeiden. Auch in Hochbeeten gelingen Auberginen toll, dort nimmt man sowieso humusreiche Substrate.

Erste Früchte schnell ernten

Idealblattfarbe, Adern violett, Blätter violetter Schimmer

Ist es warm, vor allem nachts, dann werden sie wachsen. Beginnt die Blüte und bildet sich ein Fruchtansatz, dann diese Früchte keinesfalls gross werden lassen, auch wenn die Versuchung dazu stark ist. Lieber früh ernten. Nur so wächst die Pflanze sofort weiter und bildet mehr Blattmasse. Reife Früchte bilden ohnehin nicht mehr Aroma, sondern nur feste Kerne und manchmal Bitterkeit aus, die wir nicht wollen. Und nur mit vielen Blättern kann sie in der entscheidenden Hochsommerzeit viele und grosse Früchte liefern. Hat sie genug Sonne? Das zeigt sich an den Blattadern oder später den kleinen oberen Blättern: Die Adern sollten kräftig violett sein, die Blätter sollten einen Violettschimmer aufweisen. Die Pflanze reagiert damit auf UV-Strahlung. Die Farbe wird stärker ausgebildet bei grösseren Temperaturunterschieden von Tagen zu Nächten, deshalb verstärkt sich die Farbe in einem sonnenreichen Herbst, wenn die Nächte kühler werden. So ist das auch bei den Früchten. Was im Gewächshaus weiss oder grün bleibt, kann im gut besonnten Freiland tiefviolett werden.

Blätterbildung noch im sonnigen Herbst

 

Das liebe Wasser

Ihr Wasserbedarf wirkt niedriger als der von Paprika, weil sie nach einem guten Regen viel länger durchhalten, aber das täuscht. Sie haben längere Wurzeln, ähnlich wie Tomaten, können Wasser aus mehr Bodenfläche holen, so halten sie länger durch. Tatsächlich schlucken sie aber einiges, über die grossen Blattflächen verdunstet viel, sobald der Boden ausgetrocknet ist, brauchen sie kräftig Nachschub. Giessen und Perlschlauchbewässerung machen den Boden dabei immer nur stellenweise feucht. Nur an der Pflanze zu giessen verursacht schnell wieder Hitzeschlappheit. Ab und zu eine kräftige, flächige Überkopfberegnung bringt ihnen am meisten, im Gegensatz zu Tomaten rafft sie dann auch keine Pilzkrankheit darin. Beregnen trotzdem immer nur dann, wenn anschliessend die Blätter gut abtrocknen können und er Boden warm bleibt. Nur luftwarmes Wasser nehmen. Ich habe auch schon in der Hitze mit voller Sonne beregnet, das vertragen sie, jedoch verdunstet dann viel Wasser sofort wieder. Ideal wäre eng verlegter Perlschlauch, dann aber kontrollieren wie viel Wasser da wirklich rauskommt.


Haupternte

Das liefern zehn Pflanzen jede Woche

Nach den ersten Einzelfrüchten gehen die Pflanzen am Ende Juli in die Haupterntephase über. Sie fruchten oft in Wellen, mehrere Früchte reifen gleichzeitig. Man erntet sie ab, die Nächsten werden sofort angesetzt. Der Höhepunkt findet im August und Anfang September statt. Es gibt Sorten mit kleineren Früchten, die schaffen in der Spitzenphase alle paar Tage zehn Auberginen. "White Knight" ist so eine Sorte, zudem enorm robust - gut für einen Anfangsversuch.


Topfanbau

"Kamo" im Topf, Südseite, Juni, sehr heiss

Überraschend gut gelingt der Topfanbau von Auberginen. Im Topf hatte ich sogar Ernterekorde. Eine "Kamo", ohnehin eine empfindliche und kleiner bleibende Sorte brachte fünf Wellen mit jeweils fünf Früchten a 250g aus dem Topf, das sind sechs Kilo erstklassiger Auberginen von einer einzigen Pflanze in einem 12 Liter Topf. Sie stand auf der Südterrasse, hinter sich die weisse Hauswand, dort stieg die Temperatur noch deutlich höher als die 40°C des Sommers und die Sonne brannte unbarmherzig. Davor standen Feigen, die Sonnenbrandschäden erlitten. Die Auberginen nicht. Sie brauchten zwar zwei- bis dreimal täglich kräftige Wassergaben, zeigten aber keinerlei Schäden. Ende September war es vorbei, die Pflanzen wirkten ausgebrannt nach den ständigen Riesenerträgen, während die Gartenauberginen noch weiter fruchteten.

Wer im Garten Probleme hat oder keine guten Plätze, sollte erst einmal mit Topfkultur beginnen, das ist die sicherste Miete. Bei Pflanzung im Topf einen Langzeitdünger verwenden. Klein bleibende Sorten sind im Topf von Vorteil, sie werden nicht umgerissen und das Verhältnis von Pflanze zu Substratmenge ist günstiger. Welche das sind, erfährt man aber meist erst, wenn man sie hat. Die Angaben der Saatgutverkäufer stimmen oft nicht. Ich hatte schon 2 Meter Pflanzen, die mit 50-80cm beschrieben waren. Kamo ist aber definitiv klein bleibende Pflanze, ideal für Töpfe geeignet. Und auch eine Qualitäts- und Aromakönigin.

"Kamo" im Topf in voller Höhe von 1m ab Stammbeginn, viel für diese Sorte

Billigdünger vom Discounter - reicht völlig


Das Ende

Mitte September: Alles noch grün und fruchtbehangen,
aber Blattschäden beginnen

Kommt der Herbst und sinken die Nachttemperaturen, wachsen die Pflanzen nicht mehr in die Höhe, fruchten aber in Zeitlupe weiter, Früchte reifen, bleiben jedoch kleiner. Alles geht langsamer, aber fruchten kann sie bis in den Oktober und reifen bis in den November hinein. Je nach Jahr beginnen früher oder später Blattschäden an alten Blättern. Zu beachten gibt es nicht viel. Lange schrägstehende Triebe sollte man anbinden. 

 

Und sonst?

Ganz ohne Krankheiten und Probleme ist diese Kultur leider auch nicht. Darüber mehr in einem weiteren Beitrag und auch zur detaillierten Klärung der Frage, wann die Früchte reif sind, was nicht einfach zu bestimmen ist sowie einige Hinweise zur Verarbeitung des Auberginensegens.

Sorten: https://gartenzone.blogspot.com/search/label/Auberginensorten

Mittwoch, 2. November 2022

Willkommen im Garten: Klettenwurzel als Gemüse

Die Grosse Klette im Garten, arctium lappa

Seltenere Gemüsesorten haben Konjunktur. Auf der Suche nach Neuigkeiten finden Nutzgärtner, Gourmets und Freunde schmaler Pfade einen reichen Anstrom an Pflanzen, die gegenwärtig etwas im Schatten der Aufmerksamkeit liegen. Nutzgärtner sind da im Vorteil, sie können selber sofort alle möglichen dieser Spezialgemüse anbauen und ausprobieren, sofern die klimatischen Bedingungen passen.

Und so waren dieses Jahr Klettenwurzeln dran. Das sind die dicken Wurzeln der Pflanze "grosse Klette", arctium lappa, einer in Europa, ganz Eurasien immer schon massenhaft verbreiteten Pflanze, auf anderen Kontinenten existiert sie auch als Neophyt. Jeder kennt sie vom Sehen, sie wächst häufig an Waldwegen, am Waldrand, im Auwald. Ihre grossen Blätter und später die kugelförmigen Blütenkörbe mit blauvioletten Röhrenblüten sind recht charakteristisch. Sie gehört in die grosse Gruppe der Carduoideae, zusammen mit Disteln, Flockenblumen, Karden, Artischocken. 

 

Geschichte

Blüten der Wildpflanze

Die grosse Klette wird seit mindestens tausend Jahren als Nutz- und Heilpflanze mit vielfältigen medizinischen Wirkungen verwendet, vermutlich noch viel länger. Die Nutzung der Wildpflanze liegt nahe, sie ist sehr verbreitet. Sie taucht auch im Verzeichnis der Nutzpflanzen auf, das Karl der Grosse im Jahre 795 erstellen liess. Als Nutzpflanze war immer die Wurzel am beliebtesten. Sie hatte im Mittelalter dieselbe Beliebtheit als Wurzelgemüse wie Haferwurzel, Schwarzwurzel, Pastinake, Rüben. Verwendbar sind auch junge Blätter sowie das Mark der Stängel. Das Stängelmark hatte ich früher schon ausprobiert, es ist etwas fest, aber gut essbar, schmeckt "grün". Für die Blätter muss man jedoch Hunger haben, damit sie schmecken. Belegt ist vor allem die Verwendung der Wurzel, die auch als Speicherorgan den energiereichsten Teil der Pflanze bildet. Es ist die Wurzel, die satt macht.

Mit der Ankunft und Verbreitung der Kartoffel aus Amerika verloren alle heimischen Wurzelgemüse in Europa stark an Bedeutung, so auch die Klettenwurzel. Die Kartoffel brachte deutlich höhere Erträge und hatte eine grössere Anbaubreite. Damit waren auch die Zuchtanstrengungen für die alten Wurzelgemüse stark eingebremst, so gibt es in Europa keine echten Kultursorten der Klettenwurzel mit verbesserten Eigenschaften, die dem Menschen wichtig sind. Bis heute sind Klettenwurzeln aber bekannt, zu kaufen - getrocknet für medizinische Anwendungen, Herkunft oft China. Die frischen Wurzeln als Gemüse haben sich nur in Ostasien gehalten, vor allem Japan. Ein sehr bescheidener kommerzieller Anbau in Europa findet in den Niederlanden statt. Die Kilopreise der Frischware liegen bei 8 EUR und die Käufer sind Liebhaber des Besonderen.

 

Die Pflanze

Die grosse Klette und alle andere Klettenarten sind zweijährig. Sie sind Frostkeimer (Keimung erst nach Kältereiz), keimen im zeitigen Frühjahr, bis zum Herbst werden immer grössere Blätter geschoben und die Pfahlwurzel verdickt sich. Die Blätter können auf guten Standorten riesig werden, bis zu fast einem Meter Durchmesser. Die Pflanze speichert ihre Vitalstoffe in der Wurzel, überwintert und treibt im zweiten Jahr wieder aus dieser Wurzel aus. Im zweiten Jahr ist die Wurzel verholzt, ein Blütenstängel wird gebildet, er kann bis zu 1,5 m hoch werden. Ab Juli blüht sie, spät im Jahr. Die kugelförmigen stachligen Blütenkörbe erinnern an Kugeldisteln. Für uns Nutzgärtner ist nur das erste Jahr interessant. Wenn die Wurzel im zweiten Jahr verholzt ist, kann man nur noch junge Blätter und Stängelmark ernten und essen, das lohnt sich nicht. Wer allerdings wieder Samen bekommen will, muss sie zweijährig ziehen. Die Blütenkörbchen mit den Samen drin sind übel stachelig und benehmen sich namensgebend, haken sich überall ein und werden so verbreitet.

 

Der Anbau im Nutzgarten

 
Für die drei heimischen Klettenarten Grosse Klette, Kleine Klette und Filz-Klette kann man Saatgut kaufen, gesammelt aus Wildpflanzen. Alle sind essbar, am besten verwertbar ist die Grosse Klette. Europäische Gemüsesorten oder Kulturformen der grossen Klette gibt es nicht bzw. sind verloren. Ab und zu findet man japanische Sorten: Nakanomiya Early, Watanabe Early, Takinogawa long. Takinogawa ist die häufigste Sorte, lieferbar von De Bolster. Diese Sorte habe ich auch verwendet.

Aussaat in Anzuchtplatte, Jungpflanzen
Jungpflanze im Juni

Ausgesät habe ich Ende April in eine Pflanzplatte, die draussen im Halbschatten stand. Die Keimung gelang schnell und problemlos. Mitte Mai waren die Jungpflanzen dann ausgepflanzt, lange wollte ich sie nicht in der Pflanzplatte lassen, weil sich das mit der Pfahlwurzelbildung nicht verträgt. Auch frühere Aussaaten sind möglich, ab März. Je früher die Aussaat, desto besser die Wurzelentwicklung. Spätere Aussaaten gehen noch bis Juni, das hat sogar Vorteile: Die Wurzeln bleiben dann kleiner, sind schwarzwurzelähnlicher, man kann die Pflanzen dichter setzen. Ausgepflanzt habe ich an verschiedenen Standorten, um sehen, welche Bedingungen sie bevorzugt.

Das Wachstum startet erst einmal langsam, man übersieht die Pflanze leicht, doch Blatt für Blatt wird alles grösser, dann sehr gross. Ab Spätsommer sollte man mit riesigen Blättern rechnen und andere Kulturen auf Abstand halten, sonst werden die verschattet.

Probleme hatten sie mit den hiesigen Schnecken, vor allem im Herbst. Hauptart hier ist die Gartenwegschnecken, Arion hortensis. Da wurden eifrig Blätter abgefressen, die Pflanze scheint dafür sehr attraktiv zu sein. Schutz durch Schneckenbekämpfung war unerlässlich. Ansonsten gab es keine Probleme durch Krankheiten oder Schädlinge.

Gartenwegschnecke (schwarz, klein) an Unterseite von Klettenblatt auf frischer Tat

Auch alte Blätter werden von Schnecken niedergemacht

Hitzeschaden an Blättern

Sehr wichtig war ihre Hitzeverträglichkeit und das Verhalten bei Bewässerung. Um das zu testen war der ganze Sommer bis September geeignet, denn es war knochentrocken und mehrmals bis 40 °C heiss, die Sonne brannte mit viel UV-Energie auf die grossen Blätter. Das meisterte die grosse Klette verhältnismässig gut. Einmal am heissesten Tag gab es Blattschäden, aber das war zu verschmerzen. Sie benötigt zwar viel Wasser, aber Trockenheit killte sie auch nicht gleich, vermutlich weil sie tief wurzelt. Wenn gegossen wird, dann besser viel alle paar Tage und nicht täglich ein bisschen. Gewachsen ist sie mit wenig Düngung, würde sie als höchstens Mittelzehrer einschätzen. Sie kam gut mit dem schweren und flachgründigen Boden zurecht. Dass die Wurzeln sich da nicht optimal ausbreiten können, war mir bewusst. Das Blattwachstum hat es nicht gebremst. Pflanzen mit zu wenig Bewässerung (hatte sie auch im Aussengarten) bleiben jedoch klein, aber starben nicht. Die grossen Blätter suggerieren Schattenverträglichkeit, aber das war sie nicht, Pflanzen im Halbschatten bleiben ebenfalls klein. Sie sollte schon sonnig stehen. 

 

Ernte

 
Kurz vor der Ernte, Spaten zum Grössenvergleich
Mitte Oktober hab ich zum Spaten gegriffen. Und mich gleich gefreut, weil die Blätter aus einer schönen, fetten Wurzel kamen. Und sofort wieder geärgert, die Wurzel ist brüchig, sie zerbricht beim Ausgraben. Und Graben ist eine Heidenarbeit. Die Wurzeln gingen recht gerade weg, meist senkrecht nach unten, ein paar auch schräg nach unten. Unser Boden ist aber nur eine Spatentiefe mächtig, dann kommt Kalkschutt, Ton, Kalkplatten. Die Wurzeln gingen in der Tiefe horizontal weiter, weil sie weiter nach unten konnten. In der schweren lehmig-tonigen Erde war ausgraben eine Knochenarbeit und ich habe sicher nicht mal alle brauchbaren Wurzeln erwischt. Die brauchbare Wurzellänge lag über 40 cm und manchmal weit länger. Ärgerlicherweise reichten die Wurzeln auch in andere Kulturen daneben hinein, die ich nicht ausgraben wollte. Der Gesamtertrag pro Fläche lag bei einem bis zwei Kilo pro Quadratmeter.
 
Das obere Wurzelstück ausgegraben

 
Dammkultur wird gelegentlich empfohlen und sicher kein Fehler. Angesichts der kräftigen und langen Wurzeln wären kräftige, hohe Dämme angebracht. Das würde die Ernte sehr erleichtern und man kommt auch nicht in Versuchung, die anfangs kleinen Pflanzen mit anderen Gemüsearten zuzustellen.
 
Die Wurzel
 

Essen!

Stücke gekocht - gelbgrünes Kochwasser

Endlich die vielleicht wichtigste Frage: Wie schmeckt sie? Taugt sie was? Ja, sie schmeckt. Ja, sie taugt was. Überraschend gut sogar. Zunächst habe ich sie mit dem Sparschäler geschält, in Stücke geschnitten, gut zehn Minuten in etwas Wasser gekocht, nur mit Salz gewürzt. Das Kochwasser färbt sich Gelb mit einem Grünstich. Schälen ist einfach, wesentlich simpler als die Verarbeitung von Schwarzwurzeln mit ihrem furchtbar klebrigen Saft und oftmals kleinen Stangen, tiefen Fehlstellen. Das Aroma war erstaunlich und kräftig. Ich würde es als 20 % Topinambur, 20 Schwarzwurzel, 50 % Artischocke und 10 % Yakon bezeichnen. Topinambur ist die erdige Komponente, leicht Karotte, Wurzelgemüse-erdig, Schwarzwurzel hat das auch. Artischockenaroma ist der kräftigste Teil, sie schmeckt wirklich stark nach Artischockenblütenboden. Das kommt nicht ganz so überraschend, wenn man weiss dass Klettenwurzeln mit Disteln und Artischocken verwandt sind. Schliesslich hatten Klettenwurzeln eine erdige Süsse, wie Yakonwurzeln. Ebenso wie Yakon entwickelt sich die Süsse mit zunehmender Lagerung, zwei Wochen nach Ernte merkt man das schon ziemlich deutlich. Gut ist auch mit einem Kräuterquark, im Eintopf, weil sie nicht zerfällt und Aroma, Süsse bringt. Frittiert oder im Ofen geht sicher auch. Zusammengefasst das Aroma: zunehmende Süsse, immer erdig, immer sehr viel Artischocke. Eine Bereicherung!

Geschält, geputzt

Auch die Konsistenz ist gut. Beim Schälen und Zerschneiden zeigt sich der Wurzelkern oft holzig und faserig, es gibt auch dunkle Ringe, ähnlich wie bei Rettichen, wenn die Wurzel überaltert ist. Etwas frühere Ernte wäre nicht schlecht gewesen. Aber schlimm war es auch nicht, sehr holzig aussehende Bereiche kann man abschneiden, im gekochten Zustand kaut sich dann alles immer noch sehr homogen. Die Stücke bleiben aber relativ fest. Sie zerfallen auch nicht wie eine Topinambur. Im Mund sind sie ebenfalls fest, aber gleichzeitig zart und gut kaubar, etwa wie Teltower Rübchen oder festbleibende Artischockenböden. Keine Fasern. 

Abgebürstete Stücke, roh

Rezepte gibts einige, in Japan ist sie mit Sojasosse, Mirin und Sesamöl und Karotten beliebt. Dieses klassische japanische Gericht mit Klettenwurzel ist "Kimpira Gobo". Hierzulande werden Zubereitungen wie für Schwarzwurzeln oder Haferwurzeln empfohlen. 

Stücke gekocht

Fazit

Nicht viele der weniger bekannten Gemüsesorten laden zu häufigeren Anbau ein. Die Klettenwurzel schaffte das aber. Nachteile sind die Arbeit, die man mit ihr hat, eine schwierige Ernte auf schweren Böden und die mässigen Erntemengen pro Fläche. Ich werde sie sicher wieder anbauen. Das haben bisher nicht viele Spezialgemüse geschafft.