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Dienstag, 18. Februar 2025

Nutzgarten in der Politik?


LKW-"Wirtschaft" - Qualität?
Bald sind Wahlen. Wie vor anderen Wahlen wird gewichtig auf die Pauke geschlagen mit grossen, furchtbar wichtigen Themen von globaler Bedeutung, obwohl die Zuständigkeit der jeweils gewählten Gremien immer nur eng begrenzte Bereiche hat. Gibt es auch etwas, das für uns interessant ist, für Leute mit diesem winzig kleinen, nicht ernstzunehmenden Hobby, den Obstbäumchen, dem Garten, der Leben und Lebensmittel liefert? Sogar in der untergegangenen DDR war das ein wichtiges Thema, der Garten lieferte damals ein sagenhaftes Drittel des landesweiten Gemüsebedarfs, Erträge wurden sogar von Läden aufgekauft, die Gärten wurden gefördert mit Wasseranschlüssen, ein Verband war auch sehr stark in der Kommunalpolitik. Aber heute, in welchen Parteien zeigen sich Spuren davon? Was wollen wir, was wollen Leute überhaupt, die den Planeten im eigenen Garten retten, ihr Leben und ihre Lebensmittel mehr um sich haben wollen statt ausschliesslich plastikverpackt und aus Plantagen herangekarrt? Ich würde die Wünsche von Nutzgärtnern so sehen:

  • Qualitatives statt quantitatives Wachstum. Ein Wachstum, das unsere Landschaft mit Blechhallen, Asphalt, Freiflächensolaranlagen (während gleichzeitig die Blechhallendächer daneben leer bleiben) fetten Baugebieten zukotzt, verbessert bestenfalls die Lebensqualität von Besitzern und erstickt jeden Anderen einschliesslich unserer Gärten nur. Quantitatives Wachstum bedeutet, das Gaspedal auf dem Weg in die Sackgasse noch weiter zu treten, denn alle Systeme dieser Erde sind konstant, wachsen nicht mit. Jedes Wachstum, das von konstanten Ressourcen frisst läuft zwingend gegen eine harte Wand. Wachsen soll die Qualität unseres Lebens, unserer Lebenswelt, nicht die Quantität, der Verbrauch endlicher Ressourcen. Mehr Gesundheit statt mehr Fett; Besser statt Mehr!
  • Nutzgärtner leben in der komplett falschen Zeit. Menschen, die selbst Ressourcen schaffen und wenig benötigen sind in dieser Welt für fehl am Platze erklärt worden. Flächen dafür können sie sich nicht leisten, ihr wirtschaften wird belächelt, abgedrängt und sogar reglementiert. Mittlerweile sind die bürgerlichen Kleingartenanlagen in vielen Städten unter Druck geraten und werden zu Bauland für teure Gebäude. Förderung der eigenen Wohnung: Gut so. Förderung von Methoden und Leuten, die selber anpacken und erzeugen: Gut so. Aber Bürgerpalast-Schottergärten ausweisen? Sobald das Baugebiet verkauft ist, unternehmen die meisten Bewohner sofort alles, um den lästigen Garten auf dem zugebauten Restgrundstück wieder loszuwerden und umzunutzen. Man füllt mit Schotter auf und nennt das Steingarten, pflastert den Boden tot, baut Doppel- und Dreifachgaragen für Krempel und Blech, hält zugeteerte Abstellflächen die grösser wie die Wohnflächen sind für unbedingt nötig. Am besten noch Gebäude mit Klimaanlagen, weil sich diese Steinwüsten im Sommer gnadenlos aufheizen. Für den Staat scheint die Hauptsache zu sein, dass die Mehrwertsteuer für Zucchini aus Spanien und Grillfleisch aus Argentinien stimmt, hergekannt über die Schneisen der energieversoffenen Verkehrsmittel. Zu fordern wäre der Fokus auf das Leben!
  • Wahnwitzige Reformen wie die neue Grundsteuer zerstören unseren Raum. Ein Garten, der die Lebensmittel- und Erholungsquelle vor der Haustür ist, abartig zu besteuern wie wenn das eine Villa mit Pool wäre, zeugt von bodenloser Dummheit und Ignoranz der Mächtigen. Ergebnis: Planiert und vermietet als Wohnmobil-Stellplatz, um Umsatz zu machen, damit die Steuern bezahlt werden können. Denn Gärten machen keinen Umsatz, sie liefern kein Geld, sondern beste Lebensmittel für den Eigenverbrauch. Gärten zu berücksichtigen wäre sehr leicht gewesen, dass das nicht passiert ist, kann nur auf Absicht der Politfiguren zurückgehen, auf ein System das beweisbar kaputter Schrott ist, aber mit voller Absicht beibehalten wird. Keine Zerstörungsprämien!

In den Parteien kommen wir nicht vor oder werden nur als Gartenzwerge lächerlich gemacht.

In der CDU existieren wir nicht, nur der "ländliche Raum" soll gefördert werden - vermutlich durch Ausweisung von mehr Baugebieten. Totalausfall. Die SPD hat sich auf kommunaler Ebene in Großstädten für den Schutz von Kleingartenanlagen eingesetzt, sie seien die "grüne Lunge" von Städten, in anderen Städten beteiligte sie sich an Zerstörungen. Immerhin kein Totalausfall. Die AfD fordert Schutz und Neuausweisung von Kleingartenanlagen auf kommunaler Ebene und will die Rechte der Gärtner stärken. Sie fordert die Stärkung der Rechtssicherheit für Kleingärten und den Abbau von Regularien, um es breiten Bevölkerungsschichten zu ermöglichen, Lebensmittel selbst zu erzeugen und so die genetische Vielfalt zu erhalten sowie einen Beitrag zur Krisenvorsorge zu leisten. Das ist erstaunlich weitsichtig und fundierter wie die Politkonkurrenz. Die Grünen wollen wie in Hamburg kommunal "abwägen", ob Wohnungen oder Kleingärten. Sie sehen "ökologischen und sozialen Wert" in Gärten, aber stimmen dann dagegen. Die FDP ist kommunal für die Bebauung von Gärten und will sie lieber irgendwoandershin verlegen. Doppel-Totalausfall.

Wer wie ich Obstwiesen und Reststücke bewirtschaftet, bekommt noch ganz andere Seiten der Parteien und Kommunnen zu spüren. So ist in meinem Bundesland unter einer Regierungsführung der GRÜNEN der Flächenfrass maximiert worden, die Obstwiesen sind am stärksten verkommen, die unwirksamste Förderung wurde gefahren, man hat generell den Eindruck, vollgefressene Sekttrinker würden das Thema aus Sicht von Spaziergängern betrachten, die ihren Hund in einem städtischen Speckgürtel ausführen und Obstwiesen nur von da her kennen. Von aussen, losgelöst von der Realität, nie selbst etwas getan, keine Ahnung von den Problemen, nur "schön grün und öko" Wünsche. Dazu kommt eine vollkommen realitätslosgelöste und kontraproduktive Regelungsflut. Probleme? Die erste Reaktion ist immer eine eifrige Verantwortungsverschiebung.

Das Thema ist für viele der tätigen Leute aber sehr wichtig, entsprechend der miesen Behandlung in der Politik gibt es sogar eine Gartenpartei, auch wenn kaum jemand davon gehört hat: https://gartenpartei.eu

Sonntag, 26. Januar 2025

Die letzten Gärten

So wars zuletzt, bereits geschrumpft

...sind weg. Kürzlich schrieb ich über die aufsummierten Kleinigkeiten gegen Insekten, Natur, ökologischen Wert, die die Gemeinden selber vollbringen. Nun ist eine Großigkeit dran: Mittlerweile wurde der letzte Rest eines Gartengebietes mit Nutzgärten (keine unsäglichen "Freizeitgrundstücke"!) auf fruchtbarem, gut gelegenem Gebiet zwischen zwei Flüssen durch die Gemeinde radikal abgebaggert und vernichtet. Dort entstehen anschliessend massive Bauwerke mit einer Flächenversiegelungsquote von de facto 95%.

Dann so

Es war das letzte kleine Gartengebiet der Gemeinde, an dem vorher schon unter Regie der Gemeinde stetig gefressen wurde und nun überbaut wird. Andere Gärten flussabwärts entlang dem Tal wurden bereits bis auf einen winzigen, fast zugemauerten Rest Stück für Stück, Garten für Garten über zwei Jahrzehnte zugebaut, oder zubetoniert. Sie lagen ebenfalls in der erweiterten Hochwasserzone. Heute ist das Flusstal mit Flutmauern verengt. Flächen versiegelt, so dass weniger versickert und Niederschläge weniger aufgenommen werden. Das nennen die Verantwortlichen "Entwicklung". Ihr bekommt geliefert, was ihr bestellt habt - das sollten wir antworten, wenn Bürgermeister und Bürger über Überflutungen plärren.

Ausgeräumt, abgebaggert.

Die neue Grundsteuer macht solche Ortsgärten übrigens seit diesem Jahr auch teuer. Es spielt keine Rolle, ob Garten oder Hochhaus, es zählt nur ein einheitlicher Bodenrichtwert für einen grossen Bereich, Quadratmeter und der einheitliche Hebesatz. Damit nimmt der Baubauungsdruck weiter zu. Wer keinen Umsatz mit Fläche macht, bekommt um so mehr Druck, Einnahmen zu erzeugen. Mit Hühnern, Gras und Kürbissen ist das nicht zu erreichen - nur mit Beton.



Fehlen noch 10000 Tonnen Beton, die kommen noch.


Donnerstag, 7. März 2024

Der schleichende Abschied von Bienen und Hummeln


Ehemaliges Biotop gem. §33 BNatSchG

Wenn man imkert oder anders die Welt der Insekten entdeckt, sieht die Welt plötzlich anders aus. Die Perspektive verändert sich. Was man vorher im vorbeigehen unbeachtet liess, sieht man plötzlich aus Sicht von Bienen und anderen Insekten. Man erkennt Pflanzenarten und Habitate, Naturnähe, anthropogene Veränderungen statt achtlos am langweiligen "Gehölz", der "Böschung" vorbeizurauschen. Stattdessen gibts mehr Hinsehen, was wo wohnt, fliegt, krabbelt wächst - oder leidet. Das beschränkt sich auch nicht nur auf imkerliches Blüten gucken, weil sie einem vielleicht Tracht bescheren und damit den Honigeimer füllen könnten, sondern generell auf die Bedürfnisse von Insekten, ihrer reichen und vielfältigen Lebenswelt. Man kann gar nicht anders. Der Planet hat sich für den Beobachter erweitert, der Horizont ist grösser geworden. Die Pespektiverweiterung passiert fast jedem Imker, der damit selber in die faszinierende Welt der Bienen eingetaucht ist. Das bezieht sich nie nur auf Honigbienen oder einen direkten Nutzen, weil sich in einem Ökosystem sowieso niemals trennen und separieren lässt.

So gehen auch Gemeinden mit wertvollen
Insektenhabitaten in Biotopen um

Leider ging es stark abwärts mit Insektenhabitaten. Die letzten Jahrzehnte waren gekennzeichnet von einem rapiden Arten- und Populationsschwund bei fast allen Hautflüglern. Wir sind gradlinig dabei, etwa die Hälfte der Arten auszurotten, was eine Zerstörung von historischem Ausmass bedeutet. Der Abschied passiert schleichend, aber kontinuierlich. Honigbienen sind nur ein kleiner Teil der Insektenwelt und nicht abzutrennen, auch wenn sie mehr Aufmerksamkeit erhalten, weil sie vom Menschen gepflegte Insekten sind, dringend erwünschte Nutzfunktionen für den Menschen übernehmen. Aber auch bei ihnen sieht es oft trübe aus. Ihre Wohnung stellt der Mensch, natürliche Wohnungen wie Baumhöhlen hat dieser Mensch in "seinen" Wirtschaftswäldern längst beseitigt. Die Waldwirtschaft will Holz ernten. Er hat stattdessen Wald durch Wirtschaftsforst ersetzt und eine ganze Reihe neuer und absolut katastrophaler Parasiten und Fressfeinde aus anderen Kontinenten eingeführt, die Honigbienen unter Druck setzen, etwa die Varroamilbe, die asiatische Hornisse, den Beutenkäfer, vermutlich auch bald die Tropilaelaps-Milbe. Er hat sie durch Zucht genetisch verändert, Bienenrassen eingeführt die hier nie heimisch waren. Die anthropogene radikale Vernutzung tut ihr übriges: In landwirtschaftlich "normal" genutzten Gegenden können Bienen sowieso nicht überleben, die ausgeräumten Landschaften bieten weder genug Pollen noch Nektar übers Jahr. Nach der (ebenfalls landwirtschaftlich verursachten) Raps-Massentracht ist meistens schon Schluss.

Wohnung und Nahrung

Ein Jahr vorher: Wildhecken. Dann abgefräst und
als illegale Durchfahrt missbraucht. Grosse legale
Einfahrt über einen Weg nur 30m weiter.

Doch für Hummeln und Wildbienen ist direkter Nahrungsmangel noch nicht einmal das Schlimmste. Schlimmer für sie ist, keine Wohnung zu finden, keine Nistplätze. Die meisten Arten benötigen Pflanzenteile, hohle Stängel, Altholz, einige nisten im Boden, am besten ungestört und offen. Nahrung benötigen sie natürlich auch, Pollen, Nektar. Die Verfügbarkeit dieser Ressourcen für Insekten war in der Vergangenheit in innerörtlichen Gebieten manchmal besser wie auf freiem Feld. Aber nur relativ. Genauergesagt hat sich der innerörtliche Bereich schlecht entwickelt und der landwirtschaftliche Bereich sehr schlecht. Die Landwirtschaft hat wenig Wahl: Heutige Landwirtschaft muss effizient sein, wer die Felder nicht wirtschaftlich orientiert bewirtschaftet geht pleite und verschwindet selber.

Der riesige und stetig auf Kosten von noch unbebauten Flächen wachsende örtliche Bereich lässt ebenfalls stark nach. Die Gründe liegen dort natürlich nicht beim Zwang zur Effizienz industriell-maschineller Bearbeitung oder maximaler Nahrungsmittelproduktion, sie liegen in stetiger drastischer antropogener Umgestaltung. Was dort wie passiert, möchte ich am Beispiel meines Wohnorts hier in Möckmühl zeigen und damit auch dazu aufrufen, selbst hinzusehen und sich dem aktiv entgegenzustellen, so klein die Möglichkeiten auch sind. Zwei Räume sind zu unterschieden:

Privatgrundstücke

Privatgarten heute - lästig

Was Privatleute mit ihren Flächen machen, wird oft thematisiert. Dort sind die Sünden auch allgemein bekannt: Schottergarten, massive Flächenversiegelung mit Bauwerken. Der alte Garten wird abgetrennt und ein extra Bürgerpalast hineingeklotzt, damit vernichtet, fette Doppelgaragen zusätzlich hingespuckt statt Gehölz. Ein stetiger Anstieg versiegelter und damit totgemachte Flächen findet statt, rund ums Haus, überall - zupflastern, beenden. Wenn Pflanzen, dann werden einseitige Pflanzenstrukturen bevorzug, oft mit weniger insektenfreundlichen Neopythen statt heimischen Pflanzen, wichtiges Kriterium ist der vermutete Pflegeaufwand. Darüber will ich hier nicht zusätzlich lamentieren. Die Bilder kennt jeder, jeder hat sie vor der Haustüre. Besser wurde nichts, man hat immer weniger Zeit, will zwar Fläche besitzen weil das Prestige im Steinzeitgehirn bedeutet (Drang nach Reviergrösse), die aber gleichzeitig so lästig ist, dass man sie zuplaniert oder zuschottert. Das kann man, also tut man es auch. Früher mit Schaufel und Eigenarbeit wäre das richtig Arbeit gewesen und man hätte sich genau überlegt, was man macht und was nicht. Heute reicht ein Anruf, die Maschinen und LKWs kommen, eine Woche später ist der lästige Garten ein toter Steinbruch mit Belag aus chinesischem Ziermarmor oder der Hang ist einfach abgebaggert zugunsten einer Betonmauer, damit ein weiterer Parkplatz mit maximaler Maschinengewalt dorthingezwängt werden kann. 

Die Stadt selbst, die Gemeinde

Mit riesigem Abstand der grösste Flächengestalter sind aber nicht Privatbesitzer, sondern die Gemeinden. Sie kontrollieren alle Strassen und Wege samt breiter Strassenränder, Gewässerränder, Erholungsflächen, viele Gebäuse- und Freiflächen und nicht wenige Betriebsflächen. Die Planung, Pflege, Pflanzung, Bewirtschaftung passiert durch die Gemeinde oder im direkten Auftrag der Gemeinde.

So ist das selbstverständlich auch hier in Möckmühl. Und auch hier findet die volle Bandbreite zerstörerischer Massnahmen statt, die Stück für Stück wichtige Insektenhabitate unwiderbringlich vernichten. Ich habe einige Beispiele zusammengetragen, die alle im kleinen Umkreis von nur 200m stattfanden. In der gesamten Gemeinde kann man das gut und gerne um zwei oder drei Kommastellen hochrechnen.

Für sich genommen sieht jede Veränderung klein und unwichtig aus. Über Jahre, Jahrzehnte hinweg summiert es sich ungeheuerlich auf, wie man mit Hilfe alter Karten und Bilder leicht sehen könnte. Einfach den tatsächlichen Zeit- und Summenfaktor wegzulügen ist der unausgesprochene Haupt-Psychotrick. Oder Fragen danach zu diffamieren: "Hab nicht so, du Ökospinner, ist doch nicht viel, spiel nicht den Verhinderer wegen wegen ein paar komischen Käfern". Insekten sind geschützt, aber ihre Lebensräume de facto nicht. Hier nur also:

Ex-Biotop. 70m weiter existiert bereits eine
breite Strasse den Hang runter. Kosten? Egal.

1. Zerstörererischer Wegebau mitten durch ein Biotop. Unterhalb der Schule bis zum Talgrund existiert ein baum- und buschbestandener Nordhang, zu steil für grassierende Bebauung (trotzdem wurde in seinem Verlauf noch kräftig gegraben und fremder Erdaushub aufgeschüttet, um den letzten Quadratmeter für Bauprojekte herauszuholen). Dort ist der Boden ungestört, es gibt eine Trockenmauer und es wächst ein dichts Feldgehölz mit Vogelkirschen, rotem Hartriegel, Feldahorn, Pfaffenhütchen, Schlehe, Wald-Zwenke, Weissdorn, Waldrebe, Wald-Heideröschen, Goldnesseln, Rainkohl, Liguster, Leinkraut, Zwetschge, Heckenrosen, Katzbeeren, Salweiden, Arzneibaldrian... Der ganze Bereich ist gesetzlich geschütztes Biotop nach §33 BNatSchG, genau definiert in Anlage 2. Es gibt eine öffentliche Karte des Landesamts für Umwelt Baden-Württemberg, wo dies auch dort eingezeichnet ist. 
Plötzlich fahren Bagger und LKWs vor. Die Stadt hat beschlossen, unter Missachtung des Schutzstatus mit einer gigantischen Erdaufschüttung einen breiten, massiven Weg dort hoch zu bauen. Für viel Geld. Meiner Vermutung nach ging es darum, viele Kubikmeter Erde irgendwo hinkippen zu können und ein bisschen Holzernte zu treiben. Vielleicht auch um Dinge, die aus persönlichen Verbindungen von Beteiligten entspringen. Hoffentlich nicht.

Also habe ich nachgefragt. So rotzfrech bin ich noch nie angelogen und für dumm verkauft worden. Der Weg soll offiziell eine Verbindung zum Sportplatz im Tal sein. Ein Witz, denn eine richtige Strasse mit Fussgängerbereich existiert bereits und der Weg darüber ist kürzer wie über das neue Bauwerk. Behauptet wurde seitens der Gemeinde auch, der Weg liefe auf einem historischen Weg. Eine freche Lüge, detailliertes Kartenmaterial reicht 200 Jahre weit zurück, dort ist nirgends ein Weg gewesen, auch kein Pfad. So eine Querung wäre auch unmöglich gewesen, dort waren langgezogene Obstwiesengrundstücke, von oben und unten erschlossen.

Ein Jahr vorher war das die artenreichste
Wildobstfläche des Stadtteils

2. Flächenversiegelung und Hallenbau auf der grössten Wildobstfläche des Wohngebiets. Hinter dem Hallenbad liegt die artenreichste Wildobstzone des Stadtteils, die Pflanzung wurde noch von einem städtischen Mitarbeiter geplant, der damals an vielen Stellen ausnehmend hübsche, insektenfreundliche, gebietstypische, ökologisch hochwertige Arten setzte, seine "Handschrift" ist noch zu erkennen. Genau diese Wildobstdickichtareale sind reiner Zucker, Lebensraum und Wohnung, eminent wichtig auch für die flächige Vernetzung - Wildbienen fliegen nur 50m weit, auf einer "Insel" können sie nicht überleben, Inzuchteffekte lassen sie verschwinden. Wichtig auch, weil deshalb nicht mit dem LKW reingefahren werden kann, der Boden ist ungestört, die Wohnung von Wildbienen, Hummeln, Tieren.

Vormals ungestörter wärmebegünstiger ungestörter Boden
und Gehölz mit enormem Wildbienenbesatz

Das ist radikal zerstört worden. Planiert, betoniert, ein Hallenbau darauf gesetzt. Um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, dahinter ein Betonsteinpflaster auf die letzten intakten Quadratmeter gedonnert, damit zweimal im Jahr dort jemand sitzen kann. Grund: Die Stadt hat anderswo ein grosses Gelände zerstört und will dort ein Grossprojekt hochziehen lassen. Aber anstatt wieder im Grossprojekt am gewohnten Ort einen Geräteraum einzurichten, baute man woanders eine neue Halle. Nämlich mitten im Wildobst. Gratulation. Nirgendwo werden bereits zerstörte, nicht mehr gebrauchte Flächen genutzt, sondern es wird mit geradezu zwanghafter Sucht eine noch nicht zerstörte Fläche ganz zerstört, vermutlich weil man damit die Kosten spart, seine eigenen Ruinen erst abräumen zu müssen.

Die Halle ist für den DLRG und um der typischen fehlgehenden Ausrede gleich entgegenzuwirken: Es geht mir und Anderen nicht um DLRG oder Ressourcen. Das ist ein engagierter, segensreicher, wichtiger und toller Verein, der jede Unterstützung verdient. Einer aus der Familie ist Mitglied. Keiner will dem DLRG Räume verweigern, die er hatte. Es geht um planmässige Zerstörung natürlicher Grundlagen und um bodenlose, automatisch stattfindende Ignoranz gegenüber diesen Grundlagen, die fast immer gewählte "Zerstörungalternative".

"Vorbild" Gemeinde - hier standen
30 Jahre überall kleine Felsenbirnen

3. Vernichtung von Blüh- und Fruchtgehölzen an vielen Stellen, Ersatz durch gebietsfremde "Plastikgehölze" die weder Blüte und Frucht haben und minderwertig für heimische Insekten und Symbioten sind. An mehreren Stellen finden Fällaktionen statt, manchmal bei Umgestaltungen, manchmal einfach so, weil einem etwas gerade nicht passt. Die nahe Schule verlor so per Kettensäge eine Birnbaumreihe entlang der Schule, Strassenränder verloren ihre kleinen Felsenbirnen, kleine Streifen zwischen Parkplätzen verloren Kornelkirschen und Scharlachdorn, überall wurden Weissdornbäumchen abgesägt. Wenn überhaupt nachgepflanzt wird, dann aus dem Katalog des Grauens: Endlos niedrige Hainbuchenhecken, trotzdem pflegeintensiv und damit teuer weil schnittbedüftig, Sumpfeichen, Zierkastanien. Letztere haben wenigstens Blüten, der Rest keine für Insekten, die Hälfte gebietsfremd, keine Früchte, ökologischer Wert unterklassig.

Was tun?

Soweit eine kurze Umschau in allernächster Umgebung. Was man nicht tun sollte: Schlechtgelaunt durch die immer kaputtere Gegend schleichen und sich von den Zerstörungen frustrieren lassen. Besser: Sich selber dort anders verhalten, wo man es kann, wo man die Kontrolle hat. Positive Ansätze initiieren, verstärken. Auch in den Gemeinden gibt es eine Menge engagierte und bewusst handelnde Menschen. Die verbale Faust braucht man nicht immer in der Tasche lassen: Bei all diesen Zerstörungen wird gerne privat und sogar aus einem Amt heraus gegen Leute polemisiert, die das nicht gut finden. "Jaja, die Käferfreunde haben wieder was gegen ein nötiges Bauwerk". Oder die einfach rotzfrech volle Kanne gegen jeden Beweis anlügen, wie es die Stadt Möckmühl es bei mir getan hat. Enttäuschend. Trotzdem: Höflich nachfragen, nachfragen, nachfragen, zum Grund vordringen, fordern. Deutlich werden, wenn man merkt, dass man ohnehin für dumm verkauft wird. Damit zeigt man immerhin, dass es Leute gibt, die Katastrophen nicht hinnehmen. Die Gemeinde sind auch die Einwohner, fragen viele Leute, wird es auch für die Zerstörer ungemütlicher und zäher.

Vorher: Blühende Weissdornbäumchen
Jetzt: Amerikanische Säulen-Sumpfeichen
Nektarlose, traurige Plastikmöblierung

Donnerstag, 4. Januar 2024

Der Biber erntet Obst, Schutz dagegen

Mahlzeit, Herr oder Frau Biber

Biber haben wir in der Gegend nach einer Pause schon seit Jahrzehnten wieder, obwohl es gar nicht so viel Raum für sie gibt. An den Flüssen hat er sich sehr schnell wieder ausgebreitet. Bäche und andere Oberflächengewässer gibt es in der Gegend jedoch nicht so viele und wenn, dann liegen die lange oder sogar den grössten Teil des Jahres trocken. Hier im Muschelkalkgebiet versickert sehr viel und sehr tief in den Untergrund. Das ist keine Biberfreude, denn bei trockenfallendem Gewässer sind vor allem seine Jungtiere ungeschützt und können Beute von Mardern, Füchsen, Greifvögeln werden. Auch die Gehölzzonen an den Trockenbächen bleiben eher klein, es gibt wenig vernässte Zonen, keinen Sumpf, keinen Bruch, damit hat er weniger Nahrungspflanzen.

Dieses fette Nagetier frisst Rinde lebender Gehölze, bedient sich aber auch opportunistisch an landwirtschaftlichen Kulturen wie Mais. Man kann lange Listen mit positiven und eben auch negative Folgen herableiern, Vorteile wie Konflikte. Optisch sofort jedem Menschen auffallend ist: Wo es auftaucht, sterben Bäume. Ganz besonders Apfelbäume. Diese Eigenart des Apfelvorzugs konnte ich schon länger an wassernahen Grundstücken beobachten und nun habe ich sie auf der eigenen Wiese erlebt: Ein Biber hat mir eine mittelalte Renette weitgehend abgefressen. Er verwertet diesen Obstbaum auf seine Weise. Auch wenn das schmerzt und man unkeusche Gedanken an Biberfellmützen und Bibergrillsteaks bekommt: Er war früher da, er ist da, er gehört zur Natur.


 "Mein" Biber mit der Wildkamera. Frisst Geäst wie Spaghetti.

 

Der Biber räumt auf bzw. ab

Mein Apfel - geerntet vom Biber.
Art und Höhe deuten auf ein Jungtier hin.

Natürlich ärgerlich. Aber was das Ereignis so unerwartet macht, ist der Ort, die Wiese liegt nämlich nur an einem Graben, der den grössten Teil des Jahres knochentrocken ist. Trotz langjährigen Biberrevieren am Fluss gab an diesem Graben niemals Biber. Deshalb hatte ich mich auch auf solche Schäden nur zu 90% und nicht zu zu 100% vorbereitet. Von den 20 Bäumen dort sind 15 recht gut mit Drahthosen oder Manschetten geschützt, vor allem weil auch schwere Fegeschäden durch Wild stattfinden. Grössere Stämme weiter weg vom Bach sind nicht mehr geschützt. Wild fegt nur an dünneren Stämmen. Nachdem schon Draht eingewachsen ist und die Befürchtung aufkam, damit auch der Waschbärenpest eine Kletterhilfe zum Obst hoch zu bieten, fehlen sie an den dickeren Stämmen abseits vom immer schon biberfreien Graben.

Nun fanden aber zum ersten Mal seit 21 Jahren wieder über drei Monate anhaltende Regenfälle von Herbst bis jetzt statt. Der Graben führte schon im Frühherbst plötzlich Wasser und das seither ständig, weil es ausnahmsweise fast täglich regnete. Das fliessende Wasser verführte Jungbiber, sofort einzuwandern und auch sogleich Obstbäume zu "ernten". Bei meinem Apfel zeigte sich auch eine weitere Spezialität: Der stand gar nicht am Bach, sondern ein Stück den Hang rauf. Ungeschützt im Bach standen eine Birne und zwei Steinobstbäume. Und hunderte grosse und kleine Gehölze aller Art. Da musste er direkt vorbei, aber die hat er nicht angerührt. Der Apfel musste es sein. Nur den hat er abgenagt. Dafür nimmt er auch unbequeme Wege in Kauf. Ein Verhalten, das ich auch auf den Wiesen andernorts sehen konnte, wo der Biber sowieso schon in angrenzenden Gewässern lebt: Apfel wird ganz klar bevorzugt. Er frisst Rinden und alle Hölzer, aber eben am liebsten Apfel. Und dafür watschelt er auch einen Hang hinauf, an Weide, Birne, Erle, Zwetschge vorbei.

Des Jungbibers Fussabdrücke, Hinterpfoten gross, Vorderpfoten klein
 

Was tun gegen Biber am Obstbaum?

Vorbeugen. Im Internet gibt es viele Beispiele für einen Stammschutz. Hier in der Gegend werden Estrichmatten als Stammschutz empfohlen, eine Art Armierungsgitter. An dem 2mm dicken verzinkten Stahl verliert selbst ein Biber die Nagelust. Die Matten werden rund gebogen und um die Stämme befestigt, am Boden verankert damit der Biber sie nicht einfach hochschiebt. Zusammenbinden kann man die gebogenen Matten mit Kabelbindern oder Draht.

Das ist nicht teuer. Die Naturschutzbehörde und der hiesige Wasserbauhof halten sogar solche Matten vor, sodass sie schnell bei Biberproblemen zur Verfügung stehen und so erhaltenswerte Bäume geschützt werden können. Das ist eine optimale Lösung, und ein gutes Beispiel für unbürokratische Problemlösung die wirklich etwas bringt, vorausgesetzt man weiss das und gerät gleich an die richtigen Ansprechpartner. Was nun jeder Leser dieses Beitrages auch versuchen kann, wenn er Obst an Wasserläufen hat, an denen Bibereinwanderung droht oder schon erste Schäden an Obstbäumen da sind und es deshalb eilig ist.

Estrichmatten. Leicht und biegsam, trotzdem sehr robust. Wenn man sie parat hat.

Zwei geschützte Bäume, jung und mittelalt. Unten der Graben, der Bütten"bach".


Was bleibt? 

Eindeutige Biberfraßspuren an Schnittgut. Er ist da.

Der Biber vermutlich nicht. Im wieder trockenen Graben wird er sicher die Lust verlieren, weil er monatelang auf dem Trockenen sitzen wird. Vorher soll er gefälligst noch was arbeiten. Ich habe Schnittgut vom Obstbaumschnitt in den Graben geworfen, vielleicht kriegt er dann Lust dazu. Angenagt hat er die Äste bereits, er ist also weiterhin präsent und betrachtet das als sein Revier. Ein Damm wäre perfekt. Der Graben hat nämlich das Problem, dass er wie eine Regenrinne bei Gewittern kurz und heftig Wasser führt, weil an seinem Oberlauf Quadratkilometerweise Flächen mit gigantischen Grosslagern und noch gigantischeren LKW-Aufmarschplätzen mit mies bezahlten Billigarbeitsplätzen zubetoniert wurden. Aus dieser konsequent vernichteten Landschaft fliesst Regenwasser sofort und heftig ab und überflutet auch extra angelegte Stauräume (auch wieder auf bestem Boden) schnell. Auf Asphalt, Beton und Blech versickert nun mal nichts, die Flächen unter all den Betongrabsteinen fallen als natürliche Speicher für Wasser aus, die sie vorher waren. Angesichts der ungünstigen Wetterveränderungen obendrauf ist das doppelt folgenreich.


Eine der vielen Folgen: Der Graben frisst sich deshalb metertief ein, Erosion nimmt die gute Erde mit, dann wieder monatelang staubtrocken und tot. Das stört dann keinen Bürgermeister und keinen Gemeinderat mehr, die vorher bestes Land planmässig und billig vernichten liessen. Ein Bekannter sagte dazu "das Schmiergeld ist schon kassiert, wie es weitergeht ist dann egal". So hätte ich das nicht gesagt, aber die Blindheit gegenüber unseren natürlichen Grundlagen zugunsten künstlich herbeigeredeter Sachzwänge und sehr kurzfristigem Denken ist eine Tatsache. Es herrscht rein quantitatives Wachstum bei qualitativem Zusammenbruch. Vielleicht lässt sich der Biber wenigstens an diesem Graben als Helfer einspannen und er baut noch einen Damm dort, bevor er wegen Trockenheit die Lust verliert - Dämme wären genau richtig gegen solche Wasserstürze, wenigstens auf ein paar Abschnitten. Ich helfe ihm jedenfalls dabei mit Schnittholz. Noch lieber wären mir Beton-Biber, die die nahen Betongrossprojekte zu Fall bringen.

"Biberrutsche". Sein Aufgang vom Bach zur Wiese.
Abdrücke seiner hinteren Watschelpfoten mit Schwimmhaut und Krallen sind zu sehen.

Hinterpfote, auch Schwimmhaut ist zu erkennen.

Apfel mit restlicher Drahthose, die zu klein wurde.
Der Biber frisst jede erreichbare Rinde. Andere Baumarten in der Nähe blieben alle unberührt.

 

Freitag, 16. Dezember 2022

Der Streusalzwahn

Streufahrzeug im Einsatz der Gemeinde
Selten genug kommt es hier vor, heute noch seltener als früher: Es schneit im Winter und ein bisschen Schnee bleibt auch wenige Tage liegen. Passiert es nachts, merkt man es hier in Möckmühl schon morgens vor dem Aufstehen. Es rumpelt, Traktoren fahren umher, auch im Wohngebiet, das hört man. Auch jetzt wieder, dieses Jahr.

Im Auftrag der Gemeinde wird gestreut. Leider in der Regel kein Splitt oder eines der modernen organischen Streumittel, sondern Salz, Streusalz, jährlich 1,5 bis 4 Millionen Tonnen davon im Land. Also bis zu 50 Kilo pro Einwohner! Bezahlt werden dafür schwindelerregende 400 Millionen Euro, die Tonne kostet 100 Euro plus Kosten für die Ausbringung. Es enthält Natriumchlorid (Kochsalz) und andere Chloride, Calcium- und Magnesiumchlorid und weitere Salze. An Steigungsstrecken ist Streuen sicher sinnvoll (aber nicht zwingend mit Salz), im flachen Tempo-30 Wohngebiet und bei seit Jahren vorgeschriebener Winterbereifung ist das einfach nur hirnrissig. Es kostet die Gemeinde, also den Steuerzahler viel Geld und die Streufahrzeugfahrer viel Arbeit. Und vor allem kostet es mich Pflanzen am Strassenrand.

Strasse und mein Vorgarten, in dem das Strassensalz
auch landet.

Unsere Wohnstrasse ist relativ schmal, hat keinen Gehsteig, kein Randstein. Kommt das Streufahrzeug, fliegt das Streusalz auch auf den Rand unseres Vorgartens und versalzt mir den ohnehin nicht guten Boden. Dort am Rand zur Strasse wächst blütenreiches Wildobst und das zeigt erschreckend viele Ausfälle. Das Salz reichert sich über die Jahre im Boden an. Die Folgen: Feinwurzeltod, verstärkte Verschlämmung, Schädigung von Bodenlebewesen. Schäden erscheinen zeitverzögert, ein vermeintlicher Trockentod im Sommer fand vielleicht nur deshalb statt, weil die Pflanze wegen Versalzung vorgeschädigt war. Das Lamento der weiteren Schäden an Bauwerken, an Fahrzeugen, an Tierpfoten, dem Abwassersystem, Fracht des feingegefahrenen Salzstaubs per Wind in weitere Entfernungen will ich gar nicht erst anstimmen, das ist bekannt und denkende Menschen wissen das schon lange.

Immer drauf. Reines Streusalz.


Völlig irre wird es, wenn einige Mitbürger streuen, leider in unserer Gemeinde mehr Regel wie Ausnahme. Motto: Mit beiden Händen voll raus oder mit irgendwelchen Streuhandwagen, die wallartige Salzhaufen hinterlassen. Dann landet oft mehr Salz als Schnee auf Wegen, ausgerechnet auch noch dort, wo sich Vegetation direkt anschliesst und Schmelzwasser in den Boden läuft.

Viel = Viel gut? Auf ebener Anliegerstrasse...
Gefällestrecke, da ist Streugut eher nötig
In Schweden, Finnland, der Slowakei und anderen Ländern wird kein Streusalz verwendet. Städte wie München (wo es wesentlich öfter Schnee und Frost hat wie hier), viele Andere und auch eine unserer Nachbargemeinden haben das längst abgestellt und damit viel Geld und Umweltschäden eingespart. Ein Hinweisschild an der Stadtgrenze weist darauf hin. Streusalzverwendung ist dort auch Privatleuten generell verboten. Die Gemeinde streut nur auf einigen Hauptstrassen, Gefällestrecken und an besonderen Stellen wie einigen Fussgängerüberwegen. Privatleute können Streusalz unabhängig von Gemeindeverboten säckeweise in jedem Baumarkt kaufen.
Gemeinde streut auch, wenn es trocken und eben ist

Wer am Grundstücksrand Probleme mit seinen Pflanzen hat, sollte mal prüfen, ob ihm im Winter vielleicht Salzfracht beschert wurde. Durch Streufahrzeuge oder streuende Nachbarn direkt, durch spritzenden Schneematsch, in dem Streusalz enthalten ist, durch von der Strasse hereinlaufendes Tauwasser mit Streusalz. Die Gemeinden mit ihrem eigenen Verhalten und ihren Regelungen sind das Problem, so wie auch in unserer auch auf anderen Feldern sehr umweltzerstörenden Gemeinde: Sprecht Gemeinderatsmitglieder an, den Bürgermeister. Kommt nicht mit radikalen Forderungen, sondern mit Geld sparen durch besonnene Verwendung und vor allem mit Beispielen von umliegenden Gemeinden, in denen das bereits praktiziert wird. Kein Gemeinderat interessiert sich für eure toten Gartenpflanzen und sehr wenig für Umweltschäden, aber wenn etwas Geld kostet und sich das leicht sparen lässt, gehen die Ohren schon viel eher auf.

Der Privatmann greift zum Salz - Garten daneben


Dienstag, 1. März 2022

Scharlachdorn, das leckere Wildobst

Angebissenes Früchtchen

Jetzt ist Pflanzzeit für ein nahezu unbekanntes, aber wertvolles Wildobst. Er sieht auch jetzt im Winter eindrucksvoll aus und meine erste Begegnung mit ihm vor ein paar Jahren löste eine intensive Suche nach der genauen Art aus. Begegnet bin ich ihm in der Hecken- und Gehölzzone am städtischen Hallenbad, wo viele interessante Pflanzen gewachsen sind. In den 1970er Jahren gab es hier in Möckmühl einen Gartenbauer in städtischem Auftrag oder jemand des städtischen Bauhofs, der richtig was drauf hatte. Bepflanzungen aus dieser Zeit stechen richtiggehend heraus. Es wurden viele insektenfreundliche Blühgehölzarten gepflanzt, sehr standortangepasst, robuste Arten, fast immer auch fruchttragend, Wildobst für Vögel, pflegeleicht. Oft einfallsreich und mit Liebe zur Vielfalt, nicht nur die gerade modischen Standartarten der damaligen Zeit. Irgendwann in den 1990er Jahren gab es dann offenbar einen Verantwortlichenwechsel und was ab dann gepflanzt wurde, wurde sichtlich wertlos, lieblos, langweilig. Seit einigen Jahren fand dann ein totaler Zusammenbruch statt. Den alten Blühpflanzenbeständen begegnet das heutige Personal regelrecht hasserfüllt, es wird seither rücksichtslos ausgeholzt, abgesägt und durch absolute Katastrophen ersetzt, wenn man gezwungen ist etwas Neues zu pflanzen. Wildbirnen - Kettensäge, stattdessen Zwergkastanien. Blühhecken - abgesägt, stattdessen Hainbuche. Weissdorne - Kettensäge, stattdessen schmale Sumpfeichen. Kornelkirsche - abgegraben, stattdessen gar nichts. Es ist kaum mehr etwas übrig aus der befähigten Gartenbauergeneration.

Früchte in Vollreife, teilweise schon abgefallen 29.8.

Bis vor einigen Jahren war auch um das städtische Hallenbad herum noch viel dieser tollen ursprünglichen Bepflanzung vorhanden. Darunter auch mehrere auffallende weissdornartige Gewächse, etwa 3-3,5m hoch und mit eindrucksvollen langen Dornen. Da habe ich sie kennengelernt. Im Spätsommer hatten sie rote Früchte, die ich probiert habe und davon sehr überrascht war. In Deutschland wachsende Weissdornarten sind normalerweise nur für Vögel interessant, die Früchte sind zwar geniessbar, aber als Wildobst für den Menschen wenig attraktiv. Sie sind mehlig und haben kaum Aroma. Aber der hier war richtig gut, hat sich deutlich und positiv von anderen Weissdornen abgehoben.

Früchte gesammelt 29.8.
  • Fast schon saftige Früchte jedenfalls viel weniger trocken wie die anderer Weissdorne
  • Für einen Weissdorn Früchte mit guter Grösse, etwa 1,5cm Durchmesser im Schnitt. Weich, innen Kerne, die man mitessen konnte oder ausspucken, leichter trennbar als bei anderen Weissdornen.
  • Das Beste war der Geschmack, das Aroma: Im Gegensatz zu den bekannten Weissdornen war dieser kräftig, mit deutlichen Aromakomponenten (in der Reihenfolge) nach Hagebutte, Orange, Apfel, süss mit angenehmer Säure und keinen unrunden Gerbstoffnoten. Farbe des Fruchtfleischs: Gelborange, oft kräftig gefärbt.

Aber was war es? Von weitem wirkte die Pflanze wie ein Zierapfel. Weissdornarten der Gattung Crataegus gibt es wie Sand am Meer, dazu noch Hybriden, Kreuzungen, ich war mir nicht mal sicher ob es überhaupt ein Baum dieser Familie ist. Schliesslich der Treffer: Es handelte sich um "Scharlachdorn" (Crataegus pedicellata oder Crataegus coccinea oder Crataegus intricata), eine Weissdornart aus Nordostamerika.

Scharlachdorn - der Baum

Habitus des Baums im Winter

Die Art wächst manchmal etwas sparrig und wird nur ein paar Meter hoch. Er ist schnittverträglich, man kann ihn auch als Hecke mit 1-2m Höhe ziehen. Optisch wirkt er wegen der Dornen gefährlich, ist aber nicht so eng und undurchdringlich wie dieser Eindruck nahelegt. Wie die meisten amerikanischen Laubholzarten bekommt er eine schöne Herbst-Blattfärbung. Er blüht sehr reichlich und schön mit typischen Rosacea-Blüten (für Bienen sehr attraktiv, Nektar und Pollen) ab Mitte April, die Früchte sind ab Ende August, September reif.

Fruchtsorten und Auslesen auf Fruchtqualität scheint es nicht zu geben, gefunden ich ich keine. Leider, denn er wäre es wert. Als Wildobst ist er nicht bekannter wie andere Weissdornarten. Optisch ähnliche Früchte haben auch der Arnold-Weißdorn (Crataegus arnoldian), der Punktierte Weissdorn (Crataegus punctata) und der Pennsylvanische Weissdorn (Crataegus pennsylvanica. Von diesen ebenfalls amerikanischen Arten gibt es auch Auslesen, Zbigniew, Ljudmyl, Shamil, benannt in der Ukraine.

Blüten Scharlachdorn, eben aufgegangen am 15. April


Eigener Anbau

Eindrucksvolle Dornen

Lange lebten sie nicht mehr, die Scharlachdorne. Bis auf eine letzte, traurig verkümmerte Pflanze hat die Stadt sie wie üblich alle einfach abgesägt oder die Blühheckenreste mit ihnen abgebaggert, teils zugebaut oder zubetoniert - die übliche Ignoranz, Ablehnung, Inkompetenz, Bebauungsdruck, an dessen Ende immer dauerhaft tote Flächen stehen.

Für mich war Scharlachdorn so interessant, dass ich die Art in die Hecke am Rand der Obstwiese gepflanzt habe. Dort zeigte sich zunächst recht langsames Wachstum, das sich dann plötzlich beschleunigte. Ohne die "Pflege" der Gemeinde wuchs er schön, mit einem leicht geschwungenen Haupttrieb, durchaus ein ansehnliches kleines Bäumchen. Hitze, Winterfrost und Trockenheit überstand er von Anfang an. Er fing bald an zu fruchten, wobei die Früchte zunächst etwas kleiner bleiben, bei älteren Pflanzen werden sie grösser. Da zwar baldiger Fruchtbehang, aber kein anderer Scharlachdorn in der Nähe war, ist er offensichtlich selbstfruchtbar oder heimischer Weissdorn befruchtet ihn, letzteres unwahrscheinlich aber möglich. Und Vorsicht, trotz der Dornen werden weiche Jungtriebe vom Wild gefressen, Jungpflanzen müssen also geschützt werden. Die Früchte sind wie alle kleinen roten Früchte für Vögel attraktiv. Krankheiten gleich welcher Art waren nicht sichtbar. Weissdorne sind meistens gesunde, unempfindliche Pflanzen, aber feuerbrandanfällig, was ich am Scharlachdorn aber nicht beobachtet habe. Kalkboden ist von Vorteil.

Knospe am 21.12. mit schönem, lackartigem Schutzharz überzogen
Reife Früchte, schwach doldenartig

Die Früchte sind wie gesagt überraschend lecker, am Besten frisch gegessen und die Kerne bei Bedarf ausgespuckt. Die Reife findet folgernd statt, vollreife Früchte fallen von selbst vom Baum  und können dann noch gut verwertet werden. Man kann auch schütteln oder direkt pflücken. Die Verarbeitung ist einfach, da die Früchte weich sind. Für das Fruchtmus dreht man sie zerquetscht durch eine Passiermühle und für Saft (zur Geleebereitung) lässt man die Maische mit etwas Pektinase stehen, wie in früheren Beiträgen https://gartenzone.blogspot.com/2021/12/der-saftladen.html beschrieben. Optisch sehen ältere Bäume Dank der leuchtenden Früchte reich behangen aus, aber die "Erntetonnage" ist nicht so riesig. Besser also gleich zwei Bäume setzen, wenn man es auf die Verwertung der Früchte abgesehen hat.

Seine begrenzte Grösse und anderen Vorteile machen ihn auch für Haus- und Vorgarten geeignet. Scharlachdorn - einer der wertvollsten Weissdorne.

Austrieb, aufbrechende Knospen am 19.2.

Jungbaum nach ein paar Jahren im Winter

Blätter und unreife Früchte Scharlachdorn 30.5.

Sonntag, 22. Dezember 2019

LKW-Gärten

Vorsicht, es folgt wieder einer der seltenen Rants, der aber durchaus etwas mit Gärten zu tun hat.
Die Geschwindigkeit, mit der Landschaft, Gärten, wertvolles Ackerland verschwindet ist beängstigend. Der Nutzgärtner findet nicht einmal Kleinflächen, während gigantische Industrie- und Wohngebiete auf Grossflächen in nie gekanntem Ausmass gebaut werden. Warum setzt man auf quantitatives Wachstum, das zerstört und Substanz frisst?

Ist-Zustand Maisenhälden. Krasser Brutalismus
zerstörte Landschaft, gigantische Überformungen
Unsere Gemeinde Möckmühl ist dafür leider keine Ausnahme, sondern ein besonders krasses Beispiel, über das schon hier spezielles und grundsätzliches zu lesen war. Vor zwei Wochen hat nun der Bürgermeister im Gemeindeblatt an prominenter Stelle mit Foto den neuesten Schlag bekannt gegeben: Es wäre ihm gelungen, sage und schreibe neue 134000 Quadratmeter an einen "Logistikdienstleister" zu verhökern, diesmal die Firma "ECE Industrie und Logistics GmbH & Co KG". Dieser Wahnsinn in einer weithin sichtbaren Höhenlage soll schon in wenigen Monaten durchgepeitscht und betoniert werden. Was dort passiert und wie er über den Tisch gezogen wurde, weiss der Kleinstadtbürgermeister nicht. Die Firma ist ihrerseits eine Art Zwischenhändler, selber ein in sechs Ländern tätiger Immobiliengigant mit englischer Startseite, sie vermietet an andere Logistiker. Der Konzern ist gross und undurchsichtig, existiert als maximal risikominimierende Rechtskonstruktion. Die Gemeinde hat also nicht einmal mehr etwas zu melden, wer dort dann mit was Business macht, was an Gewerbesteuer zu erwarten ist, das bestimmt dieser Privatkonzern.

Landstrassenränder = LKW Parkplätze
In diesem wahnwitzig grossen Industriegebiet wird damit Dank Bürgermeister Stammer und offenbar auch der Gemeinderatsmehrheit die bereits riesige Horde der LKW-Aufmarschplätze potenziert. Die Bauleitplanung hat die Gemeinde. Theoretisch ist sie ebenfalls an das Grundgesetz gebunden, das in Artikel 20a eine Verpflichtung zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen vorschreibt. Es gibt dort in "Maisenhälden" ausschliesslich solche Firmen, Riesige Lager, LKW-Vermieter, LKW-Firmen. Die Arbeitsplätze dort werden zu einem hohen Prozentsatz von Billigkräften aus dem ferneren Osteuropa besetzt, was nicht nur das Industriegebiet, sondern auch die ganze Gemeinde immer stärker prägt. Qualifizierte und besser bezahlte Stellen sind im Verhältnis dazu sehr wenig darunter. Die Arbeiter sind selber eine unter Druck gehaltene Verfügungsmasse und auch über Leiharbeitsfirmen beschäftigt. Diese Betriebe bekommen aus guten Gründen in den meisten Gemeinden auch für viel mehr Geld keinen Quadratmeter mehr verkauft. Vor kurzem wurde beispielsweise sogar Amazon mit einem geplanten Verteilzentrum in Schwäbisch Gmünd hinausgeworfen und dafür genau die Gründe angeführt, die auch hier gelten: Sie sind extrem flächenfressend, der irrwitzige LKW-Verkehr verursacht allerlei Kollateralschäden, die Arbeitsplätze gehören zu den miesesten überhaupt, die laufenden Gewerbesteuereinnahmen der Lager und "Logistikdienstleiter" sind lächerlich niedrig - Möckmühl ist deshalb auch "steuerschwache Gemeinde". Die Gemeinde kann das nicht einmal kalkulieren, weil sie die Hoheit, wer dort überhaupt einzieht abgegeben hat. Nicht einmal die Angestellten bringen Kaufkraft in die Gemeinde, im Gegenteil, sie fliesst ab. Die sowieso schon geringen Löhne wandern sofort ins Ausland, aber Infrastruktur benötigen diese Menschen trotzdem hier. Man muss schon komplett lernresistent sein, um all diese schlechten Tatsachen wieder und wieder in seiner Gemeinde auszuweiten. Welche Interessen sind da eigentlich am Werk?

Gut geeigentes neues Stadtwappen für Möckmühl
Der Irrwitz der schweren LKW-Aufmarschplätze und Giganto-Lager ist exakt die Art des wirtschaftens, die sich die Welt eigentlich schon lange nicht mehr leisten kann und darf. Sie sorgt für grosses rein quantitatives, ressourcenfressendes Wachstum und den stärksten qualitativen Absturz. Während die Möckmühler Schulkinder jede Woche eine halbes Jahr lang Klimaschutzdemonstrationen veranstaltet haben, hat der Bürgermeister den nächsten riesigen LKW-Aufmarschplatz an Land gezogen und die Eltern dieser Kinder, wenn sie im Gemeinderat sind, haben das mehrheitlich gebilligt. Vormittags demonstriert der Nachwuchs, Abends stimmen die Übertölpelten für die Fortsetzung einer der grössten Zerstörungsaktionen in der Gemeinde. Sie hinterlassen ihren Kindern zerstörte Böden, zerstörte Landschaften, LKW-Ruinen und Asphalt einer Vollgas-Entwicklung in die Sackgasse.

Lageskizze und Grössenvergleiche
Die Flächen sind so riesig geworden, dass allein in diesem einen Industriegebiet jede Familie der Stadt Möckmühl dort ein 500 Quadratmeter grosses Grundstück haben könnte, um einmal die Verhältnisse und Ausmasse zu verdeutlichen. Die Lager- und Verkehrsfläche pro Kopf möchte ich gar nicht ausrechnen, aber von dem, was auf dem gründlich zerstörten, aber ehemals erstklassigen Boden mit erstklassiger Ackerzahl (=Bodenqualität) wächst, könnte eine halbe Grossstadt mit Brotgetreide versorgt werden. Wie konnten wir nur all die Jahre ohne diese ins unermessliche wachsenden Logistiker überleben? Ohne die donnernden schweren Diesel - LKWs mit ihren immer müde aussehenden Fahrern aus Litauen oder Rumänien, die uns beispielsweise mit immer mehr Schrott aus China, Fleisch aus mit südamerikanischen Sojabohnenfutter gepäppelten Tieren, Gemüse aus Plantagen in Marokko versorgen? Was für ein Riesenwohlstand uns doch vorher entgangen ist und wie sich unsere Lebenqualität durch diese "Wirtschaft" erhöht hat.

Auf dieser Fläche sind die nächsten LKW-Hallen geplant
Der Bürgermeister argumentiert, dass die Stadt die Einnahmen aus dem Grundstücksverkauf für andere Projekte, vor allem für die Erschliessung neuer Baugebiete benötige. Das ist direkte Folge des grandiosen Fehlers, nur gewerbesteuerschwache LKW-Schuppen anzusiedeln und diesen Fehler wiederholen die Verantwortlichen Personen wie Brummfliegen, die wieder und wieder gegen ein geschlossenes Fenster prallen. Wieso plant eine Stadt eigentlich überhaupt Baugebiete mit negativem Saldo, als Zuschuss-Verlustgeschäfte? Wieso wird mit der Zerstörung einer Fläche die Zerstörung anderer Flächen finanziert? Was ist das für eine Art zu wirtschaften, wenn man nur mit solchen bedingungslosen Kapitulationen im Industriegebiet zu Geld kommt? Was, wenn keine Flächen mehr da sind, die man gegen Geld verheizen kann? Das ist Leben von der Substanz, die damit unwiderbringlich zerstört wird. Das neue Projekt findet auf einem kräftig abfallenden Gelände in weithin sichtbarer Aussichtslage statt, das zu planieren wird schon für sich gigantisch, das Gesicht der Gegend wird damit ebenso weithin sichtbar komplett verändert, LKW-Industriell umgeprägt. Vermutlich werden die bis zu 35 Meter Höhendifferenz auch noch als Erddeponie missbraucht, wie es bei einem danebenstehenden Grundstück bereits passiert ist.

Symptomatisch für die grenzenlose Kurzsichtigkeit, mit der Menschen, Natur und Verstand abwickelt werden stehen auch kleinere Projekte in der Gemeinde. Eine der letzten innerörtlichen Obstwiesen wurde mit einem Ärztezentrum bebaut - in einer wichtigen Frischluftschneise, ausgerechnet direkt neben einem grossen leerstehenden Krankenhaus, das weiterhin ungenutzt gammelt. Wo blieb da die Immobilienhandelsfachkunde der Verantwortlichen? Zerstörung "rechnet sich", neben dem Leerstand die letzte Wiese des Stadtteils zu vernichten ist billiger anstatt Bestehendes für das an sich löbliche Projekt eines Ärztezentrums zu renovieren, also wird es gemacht. Schon der Gedanke ist Widersinn, gesunde Menschen mit einer immer kränkeren Umwelt schaffen zu wollen. Die Frischluftschneise ist ebenfalls kein Spass, Stadtklimatologisch hat Möckmühl sowieso schon lange sich verschärfende Probleme, die Temperaturen am Kesselgrund lagen in den Hitzejahren noch einmal 2° höher wie an den Rändern. Nicht nur im Sommer gibt es zunehmend Probleme, im Winter wirken sich die vielen Kaminholzheizungen dort fatal auf die Luftqualität aus. Die starke Luftschichtung merkt sogar jeder, der mit seinem SUV aus der Stadt braust und dabei gelegentlich auf die Temperaturanzeige neben dem Tacho blickt.

Mitten im zerstörten Wald, die geschotterten Flächen vor den
Windkraftanlagen werden als LKW-Parkplätze missbraucht,
weil die LKW-Flut permanent überschwappt
Bei mir setzt sich immer mehr die Einsicht durch, am falschen Ort zu wohnen, in der falschen Zeit zu leben. Als Niemand habe ich so wie andere Bürger auch Null Einfluss auf die fortschreitende Zerstörung, nach öffentlicher Meinungsäusserung und Nennung von Ross und Reiter werden mich wohl Einige nicht mehr grüssen (ungeachtet der Tatsache, dass ich nur die Sachebene beschreibe und nicht die Person des Bürgermeisters), obwohl die Zerstörer ja jedesmal immer die Sieger bleiben und alles durchsetzen können. Beton und LKWs sind die all-time Dauergewinner. Leute mit anderer Ansicht haben keine Rückzugsmöglichkeit mehr. Nutzgartengeeignete Bereiche sind im teuren und immer vollgequetschteren Süddeutschland sehr schwer zu finden und den Kindern will ich die gewachsenen sozialen Beziehungen auch nicht nehmen. Ich sollte vermutlich besser eine LKW-Firma gründen und versprechen, eine Blumenwiese zuzubetonieren, dann würde ich sofort von manchen Bürgermeistern hofiert und mit Grundstücken auf allerbestem Boden in schöner Aussichtslage beglückt.

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