Montag, 11. Februar 2019

Honigwein, Met - der Honig zum kippen

Honigmet kann ein herrliches Genussmittel sein. Aber nicht jeder. Kommerzielle Produkte aus dem Laden schmecken oft (eigentlich fast immer) zum abgewöhnen schlecht. Da findet man Fehlaromen, klebrig Süsses, Schönung, gestoppte Gärung mit Methoden die Nebenwirkungen haben, minderwertige Ausgangsstoffe - das kann man wirklich besser machen. Von Negativerlebnissen darf man sich nur nicht abhalten lassen, dieses Getränk wirklich zu entdecken.

Und wer ihn selber macht, merkt nach den ersten Versuchen schnell: Den richtigen Honig muss man haben. Ausserdem sind Geiz, Zeitmangel und ersetzen von Wissen durch Technik Garanten für Minderqualität. Gut zu sehen im unsäglichen Haufen endloser Youtube-Videos, oft nur verkappte Werbung: Da wird filtriert und pasteurisiert, in der Hoffnung mit Technik Fehler und Probleme auszugleichen die man gar nicht hat, wenn man gut arbeitet und gute Rohstoffe hat. Zur Balance eines ausgeglichenes Getränks mit Tiefe, anhaltendem Honigaroma und hohem Genussfaktor ist es ein langer Weg.

Der verwendete Honig muss nicht die speziellen Qualitäten für eine Abfüllung in Gläser haben, aber spezielle Qualitäten für Honigmet. In Frage kommen vor allem auch:

  • Seimhonig wie zum Beispiel ausgeschmolzener Melezitosehonig. Der wurde beim Schmelzprozess erwärmt und ist damit ein erstklassiger Backhonig. Oft lohnt sich die Abfüllung in Gläser nicht, weil es nicht viel ist, man lässt ihn im Lagereimer und entnimmt benötigte Mengen direkt. Davon hatte ich in der letzten Saison ausnahmsweise mehrere Eimer. Er eignet sich generell sehr gut für die Verarbeitung, weil das Honigaroma voll da ist, er einen sehr wohlschmeckenden Honigtauanteil hat. Er schmeckt meistens lecker nach Nadelwald, aber nicht mehr nach der früher blühenden zu eindimensionalen minzartigen Linde. Ich habe damit auch mehrmals erstklassige Lebkuchen gebacken, ihn als Zutat für allerlei Back- und Kochrezepte verwendet. Für Met kann er eine fantastische Grundlage sein, daraus stammt mein bester Met.
  • Honig, der aus irgendwelchen Gründen erhöhten Wassergehalt hat. Das macht im Kellerlager keine Probleme, aber steht er zu lange in einem warmen Ladengeschäft, steigt das Risiko, dass er anfängt zu gären. Passiert mir nur manchmal im Ausnahmefall, wenn das Wetter zur Erntezeit anhaltend feucht ist. Oder es kann auch manchmal Gründe geben, Honig eines Volks abzuschleudern der noch nicht ganz reif ist. Man kann solche Honige aber auch den Bienen erneut als Futter geben, wenn man sie anderweitig nicht verwenden will.
    Geschmacklich kann dieser Honig noch so gut sein, ins Glas fülle ich ihn nicht. Aber für Met ist er je nach Stil wie geschaffen.
  • Bei der Honigverarbeitung kann auch etwas passieren, zum falschen Zeitpunkt abgefüllt kann eine starke Phasentrennung bereits abgefüllter Gläser (oben setzt sich eine flüssige Phase ab, unten eine feste) entstehen. Einwandfreier Honig mit vollem Aroma, aber eben optisch nicht mehr schön - Met!
  • Wer Probleme mit der Vermarktung hat, hat manchmal einfach zu viel Honig. Auch den kann man im Sommer wieder den Bienen geben, die sie wieder im Überwinterungsvorrat einlagern. Oder eben anders verwerten - für Met.
Goldener Honig, goldener Met. Abgefüllt in 0,5l Bügelflaschen.

Diese Honigverarbeitung zu Met ist ururalt, schon die Kelten haben in riesigen Kesseln Met gebraut. Grundlage ist immer Honig, der vorher in Wasser aufgelöst wurde und dann vergoren wird, sehr viel mehr wird im Grunde nicht benötigt. Davon stelle ich ab und zu kleine Fässchen her, zum trinken, zum verschenken, zum verkaufen. Hat man den richtigen Honig, genügend Geduld und kann sauber arbeiten, dann wird das was, das man sehr gerne trinkt.

Kommerziell zubereiteter Met schmeckt häufig so, wie wenn bei der Herstellung eindeutig untauglicher Honig verwendet wurde. Im Allgemeinen verwenden kommerzielle Methersteller zusammengekippten Importhonig unterster Kategorie aus dem grossen Tank.

Welcher Honig ist am besten?

 
Verkaufsstand. Honig, Met, Glühmet, Honiglebkuchen.
Aber welcher Honigstil ist denn nun geeignet? Taugliche Sorten sollten mindestens einen Waldanteil haben, also Honigtau von Laub- oder Nadelbäumen enthalten. Reiner Blütenhonig ist zu dezent im Aroma. Er macht nur süss, bringt aber in der Verdünnung des Mets hinter dem Alkohol zu wenig sonstige Aromen, hat auch nur sehr wenig Säure. Sortenhonig als Ausgangsstoff können im Geschmack des Mets zu penetrant werden, Honig mit Lindenanteil zum Beispiel (minzig, manchmal scharf) oder Sonnenblumenhonig (Heftpflasteraroma) oder Kastanienhonig (Aroma nach einem durchgeschmorten Trafo). Auf dem Honigbrot sehr gut, aber flüssig wird es unbalanciert. Ein Übergangshonig von Frühling zu Sommer kann dagegen sehr gut sein, Brombeernektar erzeugt erstklassige Met-Aromen, Weissdorn, auch einige landwirtschaftliche Blütenmischungen in den letzten Schleuderungen, Phacelia sollte aber wenig enthalten sein - bringt einen Süsseüberhang und Aromen, die leicht untergehen. 
 

Das Rezept

Trocken-Weinhefe aus Polen in Papiertütchen. Kurz haltbar.

Das Standard-Honigmetrezept für mässig süssen Met, nach dem ich vorgehe ist sehr einfach und sieht so aus:

10 Liter Wasser, 5 Kilo Honig, Hefenährsalz nach Päckchenanweisungen, 1 Liter Apfel-Direktsaft, Reinzuchthefe für schwere Süssweine (Portwein, Malaga), Agrest. 

Die Zutaten gibts im Hobbykellereibedarf oder über grosse Handelsplätze wie ebay. Dort findet sich auch sehr preisgünstige Ware aus Osteuropa, die zwar meistens nur sehr kurz haltbar ist (Trockenhefe in Papiertütchen) aber mich qualitativ noch nie enttäuschte wenn man sie sofort verwendet hat. Auf Agrest und eventuelle Säuerungsmittel komme ich unten noch zu sprechen.

Benötigt wird für diese Menge ein Gärgefäss mit 15-20 Litern. Ein 15-Liter Fässchen wird sehr voll. Entgegen häufiger Warnungen entstand aber bei der Gärung nie nennenswert Schaum, so dass überschäumen kein Problem war. Vergoren wird bei Zimmertemperatur oder leicht kühler. So wird der Ansatz hergestellt:

15l - Fass mit Gärspund

Hefe im Apfelsaft auflösen und einen bis zwei Tage warm stellen, bis die beginnende Gasentwicklung den Arbeitsbeginn der Hefe anzeigt. Das ist wichtig, denn direkt ins Honigwasser gekippt werden mag die Hefe gar nicht, sie geht am schlagartig steigenden osmotischen Druck kaputt. Den Apfelsaft und alle restlichen Zutaten auf Zimmertemperatur bringen (kein kaltes Wasser direkt aus der Leitung nehmen) im Gärfass zusammenrühren. Kräftig rühren, Honig löst sich manchmal erstaunlich schwer auf. Dafür lässt sich auch ein Honigrührstab verwenden, den Imker sowieso haben wenn sie feincremigen Honig abfüllen. Der sollte nachher mit sehr heissem Wasser gereinigt werden, damit keine lebende Hefe dranbleibt und beim nächsten honigrühren Hefen in den Honig bringt.

Und dann: Gärspund drauf, zusehen, gären lassen. Es dauert ein, zwei Monate bei 15°C (die heutige normale Kellertemperatur), bis keine Gasentwicklung mehr da ist und sich die Hefe am Boden abgesetzt hat. Die Gärung stoppt, wenn die Hefe an ihrer Leistungsgrenze angekommen ist und ca. 17% Alkohol erzeugt hat. Ja nach Hefe kann das auch bei 15% oder 20% passieren, es gibt auch Hochleistungshefen. Der Zucker wird jetzt ganz oder weitgehend vergoren sein, das Zwischenergebnis liegt also zwischen nicht süss bis mässig süss. Dann zieht man den Met von der Hefe ab - mit einem Schlauch in saubere Eimer oder ein zweites Fässchen. Das Gärfässchen wird gereinigt, der Met ins Fass zurückgegeben Dabei sollte man ihn leicht schwefeln und kann ihn auch mit weiterem Honig aufzuckern, wenn man ihn süsser haben will - das ist Geschmackssache. Geschwefelt wird mit Kaliumdisulfit für Lebensmittel, E224. Dafür verwendet man 0,5 bis 1 Gramm Pulver pro 10 Liter Met. Bei Met mit wenig Restzucker besser an ein Gramm herangehen. Met oxydiert grundsätzlich leicht durch die geringe Säure und bekommt schnell einen Sherryton. Gesetzlich erlaubt wäre auch die doppelte Menge an Schwefeldioxid oder Kaliummetabisulfit bis zu 200 mg/l im fertigen Erzeugnis, berechnet als SO2. Das ist übertrieben.

Die Säure

 
Honig enthält meistens nicht viel Säure. Am meisten noch Waldhonig, der deswegen und wegen seiner langkettigen Zuckerarten auch weniger süss schmeckt. Etwas Säure kommt mit dem Apfelsaft ins Produkt. Für süssen Met sollte unbedingt zusätzlich Säure zugegeben werden, sonst wird es zu einseitig klebrig-süss. Dafür empfiehlt man oft Zitronensäure, Milchsäure, Apfelsäure. Die Richtwerte lauten: 30ml (oder 30g) 80%ige Milchsäure für 10 Liter Gesamtansatz. Das sind eineinhalb Schnapsgläser in der Standardgrösse 2cl, reicht das nicht kann man später langsam mehr geben. Geschmacklich finde ich Milchsäure aber nicht sehr befriedigend, sie wirkt neutral aber stechend. Diese Dosierung gilt auch für Zitronensäurepulver oder Apfelsäurepulver (E 296). Will man den Met verkaufen, darf man laut den "Leitsätzen für weinähnliche und schaumweinähnliche Getränke" maximal 3 Gramm pro Liter Met Zitronensäure zusetzen, seltsamerweise nur Zitronensäure. Andere Säuren nehmen ist nicht aufgeführt (aufgeführt in Punkt I.B.7 der Leitsätze für weinähnliche und schaumweinähnliche Getränke, BAnz. AT 27.01.2015 B1, GMBl 2015 S. 113), wofür ich keine Begründung erkennen kann. Hopfen und Gewürze sind auch erlaubt sowie Mischungen mit Fruchtsäften, wenn entsprechend deklariert.

Mein Trick ist, stattdessen selbst produzierten Agrest als Zutat zu verwenden, das ergibt geschmacklich für meinen Geschamck die beste Version. Agrest ist Traubensaft aus unreifen Weintrauben. Er sorgt für ein angenehmes, breites und nicht spitzes Säuregefühl im Mund und bringt erwünschte sekundäre Stoffe mit sich. Das Problem dabei ist aber, dass Agrest keine einheitlichen Säuregehalte aufweist. Die Analyse kommerzieller Agrest-Säfte ergibt 20-35g Säure pro Liter. Mein selbsthergestellter Agrest lag da deutlich darüber und ich erreichte bereits mit 100ml pro 10 Liter-Ansatz gut schmeckbare Säure im fertigen Met. Wer es selbst mit Agrest probieren will, sollte unbedingt erst vorsichtig eine Teilmenge zugeben, zu wenig Säure kann man erhöhen; zu viel Säure wird man nicht mehr los.

Abfüllen

Nach dem Abzug von der Hefe sollte man den fertigen Met unter Luftabschluss noch mindestens einen Monat lagern. Hat man noch Honig zugegeben, kann noch einmal eine leichte Weitergärung stattfinden. Dann sollte man ihn probieren, eventuell ein bisschen nachsäuern. Etwas Gärnebenprodukte dürfen sich noch im Aroma bemerkbar machen, die verschwinden später. Dann geht es geht ans Abfüllen. Ideal sind Flaschen mit Bügelverschluss in den Grössen zwischen 0,2 und 0,7 Liter. Er lagert sich abgefüllt in kühler Dunkelheit sehr gut und wird nur besser. Der beschriebene Met wurde nie erhitzt und nie filtriert. Ein paar Probeflaschen von meinen früheren Versuchen schmeckten nach Jahren spitze, sehr rund, Honigaroma voll da, ein Göttertrank. Was man nicht tun sollte: Von Zeit zu Zeit aus dem Fass zapfen wäre schlecht, oben im Fass vergrössert sich der Luftraum, das Aroma verschwindet wie bei offen stehendem Wein, Luftgeschmack kommt.

Prost

Süsser Met schmeckt zwischen kühl und lauwarm gut. Oberhalb Zimmertemperatur bis hin zu Glühmet-Zubereitungen bei 60°C ist eine weniger süsse Version zum empfehlen. Auch hier: Das ist Geschmackssache. Die Hefe schafft normalerweise um die 17° Alkohol, bevor sie aufgibt. Der unvergorene Honig sorgt für die Restsüsse, darunter auch nicht vergärbare Zuckerarten wie den Dreifachzucker Melezitose. Das Zeug haut also gut rein, Vorsicht! Wer ihn nicht pur trinken mag, kann ihn mit Fruchtsäften verschneiden (beliebt ist Kirschsaft), würzen, wie beliebt. Wird er mittels einem Fruchtsaftzusatz verschnitten und bleibt noch einmal stehen, kann er jedoch wieder zu gären beginnen weil der Gesamtalkoholgehalt durch die Zugabe alkoholfreien Safts wieder gesunken ist. Kommerzielle Anbieter machen eine Feinfiltration oder Kurzzeiterhitzung, um das zu verhindern. Meine Empfehlung wäre dagegen: Mischen und sofort trinken.


Met ist bei mir ein Getränk fürs Dessert oder einen Winterabend. Zum Dessert mag ihn jeder süss. Die trockenen Varianten sich auch zu anderen Gelegenheiten passend, aber da ist oft das Problem die Reproduzierbarkeit. Honig ist eben ein äusserst individuelles Ding, die Ansätze zeigen entsprechend unterschiedliche Geschmacksergebnisse.