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Donnerstag, 19. November 2020

Neues zum Anbau von Süsskartoffeln

Wurzelknollen bei der Ernte, 3kg

Auch dieses Jahr habe ich wieder mehrere Sorten Süsskartoffeln angebaut. Geerntet wurden sie am 2. November, kurz bevor Nachtfrost angesagt war. Die gut entwickelten Pflanzen schafften wie jedes Jahr problemlos rund 3kg Ertrag pro Pflanze. Das ist einiges mehr im Vergleich zur Nachtschatten-Kartoffel. Pflanzt man sie in Reihe im 50cm-Abstand, Reihenabstand 1m kommt man auf zwei Pflanzen pro Quadratmeter, was 6kg Ertrag pro Quadratmeter ergibt. Nachtschattenkartoffeln kommen selbst im intensiven kommerziellen Anbau nur auf gut 3kg/qm, im Hausgarten in unserem nicht mehr kartoffelgeeigneten Klima sind es meist noch deutlich weniger. Sicher kann man auch anders rechnen, aber klar ist: Süsskartoffeln brauchen sich beim Ertrag nicht vor Nachtschattenkartoffeln verstecken, eher umgekehrt. Nachtschattenkartoffeln haben nur wenig Vorteile: Es gibt Frühkartoffelsorten, so dass ab Anfang Juli eine zweite Kultur auf derselben Fläche gepflanzt werden kann und die Kartoffeln sind ohne Wärmebehandlung haltbar, ausserdem ist das Pflanzgut deutlich billiger wenn man es kauft. Aber das Ertragsrennen verieren sie bei mir mit Pauken und Trompeten, da liegen sie hoffnungslos zurück. Jedenfalls im hiesigen heimischen Garten.

Süsskartoffeln gebacken zum Abendessen

Da Süsskartoffeln im mitteleuropäischen Nutzgarten eine neue Kultur sind, gibt es über die beste Anbautechnik und -Bedingungen noch viel zu lernen. Seit ich sie habe, versuche ich herausbekommen welche Bedürfnisse sie haben, was ihnen entgegenkommt.

In diesem Jahr hat sich zufällig einiges über die Art ihres Wasserbedarfs enthüllt. Schon länger klar war, dass sie so wie viele Kulturen in den zunehmend trockenen Sommern zusätzliches Wasser benötigen. Die Niederschläge haben die letzten Jahre nie ausgereicht. Im Aussengarten ohne Extrawasser blieben die Pflanzen immer klein und die Erträge gering.

Im Hausgarten hatte ich sie dieses Jahr an drei Stellen. Boden, Besonnung und Sortenspektrum überall gleich. Natürliche Niederschläge gab es ab Pflanzung bis Ende September wieder einmal keine nennenswerten. Die Ergebnisse waren sehr interessant:

3. Platz: Anfangs wenig Wassergaben
  1. Platz: Neben Paprikapflanzen. Ab Pflanzung bis Ernte immer gut bewässert, weil Paprika regelmässig Wasser benötigten, denn ihr Wurzelraum ist nicht gross. Ergebnis: 3kg Knollen pro Pflanze, schön geformte Knollen.
  2. Platz: Neben Wassertonne. Der Boden bleibt dort etwas länger feucht und ich habe ab Pflanzung ein bisschen gegossen, bis die Tonne leer war. Nicht viel. Mitte Juli war Schluss mit Extrawasser. Ab da mussten die Pflanzen selbst nach Wasser graben. Ergebnis: 3kg Knollen pro Pflanze, sehr schöne geraden Knollen. Exakt dasselbe wie von der duchgängig bewässerten Stelle.
  3. Platz. Neben Tomaten. Die halten es länger ohne Extrawasser aus, aber ab Mitte Juli war damit Schluss. Ab dann habe ich mehrmals kräftig gewässert. Ergebnis: Geringere Erträge, 1,8kg pro Pflanze. Die Knollen waren an allen Pflanzen ineinander verwickelt, sie sahen etwas aus wie unsere hohenlohischen Schneeballen. Das Bild zeigt sich auch bei den unbewässerten Pflanzen im Aussengarten, dort sind die Knollen dann noch kleiner.
Adventivwurzel, bereits zur Knolle ausgebildet


 

Wasserbedarf: Wann und wieviel?

Auch das Laub hat Masse: >2kg pro Pflanze
Sie können auch gerade wachsen

Damit ist klar geworden, dass Süsskartoffeln für gute und schwere Knollen vor allem am Anfang ihrer Entwicklung (in den ersten beiden Monaten) regelmässig Wasser benötigen. Danach sinken ihre Bedürfnisse nach Extrawasser. Kein Wasser ab Juli änderte die Erträge nicht mehr wirklich. Man schätzt das zunächst automatisch anders ein, denn Süsskartoffeln wachsen lange Zeit nach der Pflanzung nur sehr wenig. Die Pflanze steht optisch still. Mit und ohne Wasser. Kein Unterschied zu sehen. Die Ranken beginnen erst spät im Jahr, kräftig zuzulegen und in die Länge zu gehen. Ganz offensichtlich entwickelt sich aber in dieser ersten Zeit das Wurzelwerk, Lage und Zahl der Speicherwurzeln werden angelegt. Daraus werden später die grossen Knollen. Und diese ersten Anlagen gelingen nur, wenn Wasser da ist. Hat sie ihren Wurzelraum, schafft sie selber mehr Wasser ran und lässt die Ranken ranken. Grosse Bewässerungsmühen kann man sich dann sparen. Das Spiel wird am Anfang entscheiden, nicht ab Mitte.

Nun ist mir auch deutlich geworden, wieso Süsskartoffeln vor zwei Jahren nach einem feuchten Frühling trotzdem noch gute Erträge hatten, obwohl der Sommer danach sehr trocken wurde.


Zwei Sorten Süsskartoffeln beim Frittieren in Pflanzenöl







Samstag, 26. Oktober 2019

Süsskartoffeln: Neue Sorten

Süsskartoffelblüte
Süsskartoffeln sind seit ein paar Jahren im Standardprogramm unseres Nutzgartens. Auch dieses Jahr habe ich weitere Batatensorten ausprobiert. Da der Mai sehr kalt war, habe ich erst Ende Mai bei beginnender Sommerwärme gepflanzt. Die Hitzewochen danach mit regelmässig über 35°C gingen ohne Schäden vorbei, ab und zu habe ich aber bewässert. Nicht so im Aussengarten, wo sie ohne zusätzliches Wasser waren.

Die Ranken wuchsen ungerührt in der Hitze, ab Ende August war ein dicht schliessender Teppich mit enorm viel grüner Biomasse gebildet, einzelne Triebe gingen mehrere Meter in Nachbarbeete. Das war so beabsichtigt. Daneben standen nicht ganz dicht schliessende Kulturen mit Tomaten, Paprika, Auberginen. Auf diese Weise konnte der Platz optimal genutzt werden, pro Süsskartoffelpflanze war kein halber Quadratmeter wirkliche Freifläche nötig.

Gepflanzt habe ich die Sorten "Bonita", die ich schon mal hatte sowie "Evangeline" und die violettfleischige "Sakura". Bonita reift früh, Sakura gehört dagegen zu den hierzulande späten Sorten.

Bonita


Ist die Sorte mit den schönen Blüten. Täglich gingen morgens mehrere herrliche Büten auf, die aber ab Mittag bereits verwelken. Sie erinnern an manche Prunkwindenarten (Bataten sind mit Winden verwandt, das merkt man), es sind weisse Blüten mit violettem Inneren, durchaus dekorativ.

Laub zieht vom Pflanzplatz her ein.
Bonita gehört zu den Sorten mit der kürzesten Vegetationszeit. Dieses Jahr ist erstmalig ab Anfang Oktober das Laub gelblich geworden. Das war keine Krankheit, sondern die Pflanze hatte genug und zog ein, hatte das Ende ihrer Vegetationsperiode erreicht. Das habe ich bei Süsskartoffeln bisher noch nicht erlebt, sonst hat man immer bei noch vollgrünem Laub geerntet mit dem Eindruck, sie hätte durchaus noch einige Wochen weiter wachsen können.

Der Ertrag pro Pflanze lag bei gut 3,6 kg, noch besser wie in den letzten Jahren. Die Knollen waren wieder schön gleichmässig gross, gelegentlich verformt aber insgesamt gut zu verarbeiten. Sie wirkte dieses Jahr auch ein wenig süsser. Weissfleischig, röstet gut, zerfällt kaum. Frittiert ist sie am Besten.

Fette Ernte bei Süsskartoffel Bonita


Evangeline


Die etwas misslungene Evangeline
Eine dunkelrote Sorte, dunkler wie beispielsweise Beauregard. Grosse Pflanze, aber mit der lief etwas schief. Der Ertrag war gering, dafür fanden sich enorm viele ringelnde Wurzeln. Entweder war sie zu lange im Topf oder virusbefallen oder sonst etwas war falsch. Das Aroma erschien mir auch nicht besser wie bei der innen ebenfalls orangen "Beauregard" aus den Jahre vorher, aber süss ist sie.

Sakura


Laub der Süsskartoffelsorte Sakura
Eine Überraschung in mehrfacher Hinsicht. Zunächst mal Laub und Wuchs: Die Blätter sahen ganz anders aus wie bei den übrigen Sorten, einerseits grösser, andererseits aber stark gelappt. Offenbar gibts bei Süsskartoffelsorten für Mitteleuropa durchaus deutliche Diversität. Auch der Wuchs unterschied sich, Sakura wächst horstiger und macht weniger lange Ranken weg von der Pflanze. Als spätreifende Sorte habe ich weniger Ertrag erwartet. Die Ernte war entsprechend überraschend, fast 4 kg verwertbare Knollen. Die zudem aussergewöhnlich gerade, regelmässig und gleich gross waren. Optisch und für die Verarbeitung absolut perfekt.

Noch fettere Ernte bei Sakura
Im Aroma wirkte sie weniger süss, was an ihrer langen Vegetationszeit liegen könnte, die nichtsortenbedingte Süsse hängt mit dem Wetter am Ende ihres Wachstums zusammen. Liegt das zu spät im Herbst, kommt wenig zusammen. Das Aroma erinnerte aber an Esskastanien. Das etwas marmorierte violette Fruchtfleisch wird beim backen ganz violett, farblich ein tolles Ding im Schmorgemüse. Kocht man sie in Wasser, wird das Kochwasser grünlich. An Farben sparen Süsskartoffeln wirklich nicht.

Problem war dieses Jahr an allen Sorten die Mäuseplage, die deutschlandweit aufgetreten ist. Süsskartoffeln sind attraktiv für Mäuse, mir wurden mehrere Knollen angenagt oder aufgefressen. Auch bei Sakura, die Erträge hätte ohne Mäuse bei über 4kg gelegen.
Die marmorierte Sakura
Schale von Sakura

...und die klassischen Kartoffeln?


Derweil machen die Nachtschatten-Kartoffeln immer weniger Spass. Die Frühkartoffeln sind halbwegs gelungen, wenn auch die Erträge zu wünschen übrig liessen. Als es nach zwei Monaten Trockenheit Ende Juli (pünktlich zum hiesigen Ferienbeginn) plötzlich kräftig regnete, trieben die späten Sorten durch und wurden unbrauchbar. Knollen weich, Fehler in der Struktur, geringer Stärkegehalt. Ich hätte vorher dauerbewässern müssen, was selbst im Hausgarten nicht so einfach ist und im Aussengarten gar nicht geht.

Jedes Jahr gibt es irgendeine Katastrophe, wieso die Nachtschatten-Kartoffeln versagen und geringe Erträge haben. Mal Alternaria, mal frühe Braunfäule, ständig zu wenig Wasser, Hitzeschäden. Auch in der kommerziellen Landwirtschaft sinken die Durchschnittserträge seit etwa zehn Jahren. Mehr Fläche, weniger Ernte. Der Anbauaufwand wird immer grösser, weil ohne Bewässerung immer weniger geht. Nebenan wuchern die Süsskartoffeln mit viel weniger Aufwand, aber Flächenerträgen, die im Nutzgarten doppelt so hoch wie die Kartoffeln liegen. Werden wir bald vor allem Süsskartoffeln haben und die Nachtschatten-Kartoffeln teuer aus Island und Finnland importieren?

Frühere Beiträge:
- Süsskartoffelernte, vier Sorten und zu wenig Wasser
- Süsskartoffeln Dank Klimawandel

Sommermorgen bei den Bataten

Mittwoch, 24. Oktober 2018

Süsskartoffelernte, vier Sorten und zu wenig Wasser

Am 22.10. habe ich unsere Süsskartoffeln geerntet, in derselben Kalenderwoche wie letztes Jahr, hier der Beitrag dazu: https://gartenzone.blogspot.com/2017/10/susskartoffeln-dank-klimawandel.html. Da der Anbau von Ipomoea batatas bisher schon so gut funktioniert, wurde es in diesem Wüstenjahr spannend, denn ich hatte mehrere Sorten an drei Orten ausgepflanzt.

Die Sorten Bonita, Murasaki, Orleans, Beauregard - nicht die grössten oder wohlgeformten Knollen,
sondern die, die für einen schnellen Kochversuch am besten sind.


Anbauergebnisse


Im Hausgarten war zwar der Boden am schlechtesten, aber es konnte wenigstens gelegentlich bewässert werden. Bei fast fünf Monaten ohne nennenswerte Niederschläge war das ein enorm wichtiger Vorteil. Erntemengen und Knollengrössen entsprachen fast exakt den Werten vom letzten Jahr. Pro Pflanze ergaben sich rund 3,5kg verwertbare Knollen, die grösste Knolle jeder Pflanze lag wieder bei einem Kilo.

Süsskartoffel-Laub, heute Nacht erfroren
Die Ranken bleiben allerdings bei der trockenen Dauerhitze deutlich kürzer wie letztes Jahr und wuchsen auch nirgends bodendeckend. Im September gab es erste Blattverluste, tagsüber heiss, nachts Frost schädigte das Laub. Süsskartoffeln sind da sehr empfindlich, wo Paprika, Tomaten und sogar Zucchini trotz leichter Reifbildung noch schadlos überleben, werden die Süsskartoffelblätter bereits glasig und sterben. Dem Ertrag tat das keinen Abbruch.

Standort 2 hatte ein Sommergewitter mehr, das den Boden einmal gut durchfeuchtete. Damit konnten die Pflanzen wenigstens eine Zeitlang wachsen und erreichten etwas ein Kilo pro Pflanze. Danebenstehende Karotten zeigten sich deutlich trockenfester und erreichten Rekordgrösse. Süsskartoffeln wurzeln ganz offensichtlich nicht tief.

Standort 3 hatte kein Gewitter. Das Ergebnis war Totalschaden, die Pflanzen vertrockneten bereits im Laufe des Augusts restlos. Ein Versuch, sie zu giessen brachte auch nichts mehr. Pikanterweise wuchs dort aber die Ackerwinde weiter, ein Unkraut das als Windengewächs mit Bataten verwandt ist, die zu den Prunkwinden gehören. Von der Ackerwinde ist bekannt, dass sie eine typische Trockenheitspflanze ist, sehr tief wurzelt, Wurzeln mit hoher Saugkraft besitzt

Es zeigte sich, dass nur die flächige Beregnung/Bewässerung Sinn hatte, die Wurzeln verlaufen bei dieser Kulturpflanze nicht so tief, aber ausgreifend. Wässert man nur um die Pflanze herum, schlappt sie bald wieder. Im direkten Vergleich mit danebenstehenden Kartoffeln benötigten sie zwar weniger Wasser, aber waren eindeutig immer noch auf regelmässige Feuchtigkeitsgaben angewiesen.

Die Sorten: Beauregard, Orleans, Bonita, Murasaki


Diesmal klappte auch ein direkter Vergleich von vier Sorten unter identischen Bedingungen. Um Unterschiede im oberirdischen Wachstum sicher festzustellen waren es aber nicht genug Pflanzen.
Bonita, Murasaki, Orleans, Beauregard aufgeschnitten

Beauregard


Rosa bis rote Schale, dunkelorange Fruchtfleisch. Kocht in Wasser schnell mehlig, zerfällt dann. Die Haupt-Supermarktsorte. Kräftiges, spezifisches Aroma, ziemlich "karottig" in Farbe und Geschmack, deutliche Süsse. Geschmack wie letztes Jahr, das extreme Wetter hat wenig am Geschmack verändert, vielleicht leicht süsser. Frittiert mit mässigem Ergebnis. Gute, gleichmässige Erträge, alle Pflanzen sehr ähnlich.

Orleans


Kleine Stücke, gekocht. Rechts oben Orleans,
Murasaki, Bonita, Beauregard


Kräftig rote Schale, orange Fruchtfleisch. Die einzige Sorte, die auch roh bereits etwas Süsse zeigt. Kocht etwas langsamer mehlig wie Beauregard. Im Geschmack ähnlich wie diese, vielleicht etwas weniger süss. Frittiert mit mässigem Ergebnis. Guter Ertrag.

Bonita


Kocheigenschaften wie Beauregard, im Stil in der Mitte zwischen Murasaki und Orleans, wie eine sehr schnell kochende mehlige Kartoffel. Deutlich weniger süss. Weisses, homogenes Fleisch bei blassrosa Schale. Die weissfleischigen Sorten sollen angeblich alle weniger süss sein. Frittiert recht gut, die mehlig-sämige Konsistenz der Geschmackstyp passt gut zum Ausbacken in heissem Fett. Ertrag etwas schwächer wie Beauregard, weniger aber dicke Knollen.

Murasaki


Süsskartoffelblüte, ein eher seltener Anblick
Weissgelbliches Fruchtfleisch bei leuchtend violetter Schale, die Strukturen wirken gelber. Kocht sich ebenfalls nicht schnell mehlig, wird erst gleichmässig sämig, ähnlich einer Kartoffel, zerfällt später. Gibt ein schönes Pürree. Im Stil nicht so süss wie Beauregard und mit einem eigenständigem Aroma, das sich deutlich von den anderen diesjährigen Sorten unterscheidet und nicht diesen Karottenton hat. Dafür angenehm, nussig, lecker. Frittiert fast so gut wie Bonita. Diese Sorte schaffte auch ein paar Blüten - das kann aber auch Zufall gewesen sein. Die Knollen wirkten etwas verdrehter und weniger gleichmässig, der Ertrag ist auch ungleichmässiger.


Damit zeigt sich auch eine erfreuliche Vielfalt von Farben und Aromen. Vor allem die Aromabandbreite ist grösser wie die von Kartoffeln. Bei konstant über 3kg pro Pflanze sofern Wasser verfügbar ist liegen die Erträge deutlich über dem, was ich hier mit Kartoffeln hinbekomme.

Noch mehr Sorten und Erfahrungen 2019: https://gartenzone.blogspot.com/2019/10/susskartoffeln-neue-sorten.html

Montag, 23. Oktober 2017

Süsskartoffeln Dank Klimawandel

Süsskartoffeln jetzt auch als Pommes im Supermarkt
Zur wachsenden Gruppe der Pflanzen, die im Nutzgarten immer anbauwürdiger werden haben sich Süsskartoffeln oder Bataten (Ipomoea batatas) gesellt. Sie stammen ursprünglich aus Mittelamerika, wie so viele wertvolle Nahrungspflanzen. Man kennt sie mittlerweile auch in Deutschland und importiert sie. Seit ein paar Jahren tauchen sie regelmässig in Discountern auf, Herkunft erst USA, jetzt am häufigsten Portugal, Spanien. Am deutschen Markt durchgesetzt haben sich rote Süsskartoffeln mit orangefarbenem Fruchtfleisch. Es gibt aber auch weisse, gelbe,
Süsskartoffelfertigprodukte
rosa oder violette Sorten. Lange Zeit wurde behauptet, Süsskartoffelpflanzen wären nur etwas für die Tropen und Subtropen. Nichts für Mitteleuropa. Nun gibt es in unserer Region mit Holger Wagner aber jemand, der sie bei Heilbronn sogar kommerziell anbaut, immerhin auf zwei Hektar. In den Tropen ist es umgekehrt, da ist sie weit verbreitet und Kartoffeln (Solanum tuberosum) der Exot. Süsskartoffeln sind mengenmässig die Nr. 3, was die Weltproduktion an Wurzelnahrungspflanzen angeht.

Natürlich konnte ich auch davon nicht die Finger lassen und habe den Anbau ausprobiert. Das Ergebnis in Kürze: Es lohnt sich.

Süsskartoffeln anbauen

Blattwerk Süsskartoffel
Im Detail gibt es natürlich noch ein bisschen mehr zu sagen. Zunächst mal zur Pflanze: Die hat botanisch mit Kartoffeln nicht einmal entfernt etwas zu tun, sondern ist eine Windenart und kein Nachtschattengewächs. Blätter und Wuchsart erinnern auch optisch stark daran. Ich bekam Jungpflanzen der vielfach für unser Klima empfohlenen Sorte "Beauregard" (verwendet auch Holger Wagner, neuerdings auch "Murasaki"), die ich Ende Mai an eine trockene, warme Stelle im Garten gepflanzt habe. Erst hat sich eine Zeitlang nichts getan, dann begann ein kräftiges Wachstum von kriechenden Ranken, das bis zum ersten Herbstfrost anhielt. In der Kernzone war es flächendeckend und unterdrückte auch das Unkraut. Alles blieb kerngesund, keine Spur von Krankheit oder Problemen.
Sechs Meter langer Trieb
Am Ende waren die Triebe sagenhafte sechs Meter lang, das habe ich abgemessen. An Blattachseln bildeten sich Adventivwurzeln ähnlich wie bei Kürbisarten, so dass man die langen Triebe nur in der zweiten Hälfte woanders hin legen kann, wenn sie mal in die falsche Richtung gewachsen sind.

Im Spätsommer erhob sich am Pflanzort der wenig gepflegten Pflanzen eine Art Hügel. Die Knollen bzw. Wurzelverdickungen waren entstanden und drückten die Erde hoch. Stellenweise lugten die roten Rhizome auch hervor. Noch im Oktober hatte ich in der letzten warmen Woche den Eindruck, dass sie deutlich wachsen. In kühlerem Klima dürfte es kritisch werden, wenn die Vegetationszeit etwas kürzer ist. Als ich am 18.10. erntete, kamen über 3,5kg pro Pflanze aus der Erde. Davon drei richtig fette Wurzeln, die dickste mit 1,2kg. Der Anteil unbrauchbarer, verwachsener Rhizome war gering. Besonders interessant war, dass sich an den ersten Adventivwurzeln bereits wieder der Beginn roter Wurzeln gebildet hat, einige sogar in einer Grösse, die man verwenden kann.

Knollenansatz einer Pflanze, horstig in der Erde.
Diese Menge war angesichts des geringen Pflegeaufwandes beeindruckend, das habe ich mit Kartoffeln nie erreicht. Bei Sortenversuchen in Deutschland werden bei Süsskartoffeln bisher etwa die Hälfte der Hektarerträge von Kartoffeln erzielt. Eigentlich mehr, aber Süsskartoffeln haben auch einen nicht mitgezählten deutlichen Anteil an nicht vermarktungsfähigen Wurzeln, die dünn oder verwachsen sind. Das war bei mir allerdings kaum der Fall.

Ernte einer einzigen Pflanze. Bis zu 30cm lange Knollen,
die über 1kg schwer werden.
Da ich die Triebe zwischen Paprika- und Auberginenpflanzen wachsen liess, konnte ich damit den Raum im Garten gut ausnutzen. Die Pflanzen waren nicht einmal voll besonnt, standen aber sehr warm und trocken. In der Küche lassen sich die Knollen gut verwenden, der süssliche Geschmack ist nicht penetrant. Süsskartoffelrezepte gibt es wie Sand am Meer. Mittlerweile kann man schon Tiefkühlpommes aus Süsskartoffeln und diverse Fertigprodukte daraus kaufen. Die Einführung auf allen Ebenen gelang aussergewöhnlich schnell.

Die grössten Nachteile

Seitentrieb an Blattachsel
Als Schwierigkeiten habe ich empfunden:
  • Die Vermehrung ist viel zu kompliziert und zeitaufwendig. Gekaufte Jungpflanzen sind teuer. Man kann nicht einfach eine Knolle in den Boden stecken. Genauergesagt kann man schon, aber Süsskartoffeln werden stark von vielen Viren befallen, die direkt vegetativ entstehenden Pflanzen haben viele verwucherte und verdrehte Wurzeln, die Erträge sinken weiter ab. Man muss stattdessen im Januar im Haus eine lagerfähig gemacht Knolle (härten mit Wärme und Feuchtigkeit, siehe unten) austreiben lassen und warten, bis sich Triebe mit Adventivwurzeln bilden. Triebstücke mit Wurzeln schneidet man ab und setzt diese Sprosstecklinge im Mai in den Garten. Viel Aufwand, gerechtfertigt für Versuche aber auf Dauer für einen effizient geführten Nutzgarten nicht erfreulich.
    Samen bilden viele Sorten wenig bis gar nicht. Ein Kanadier zeigt die Vermehrung hier.
  • Die Kartoffel ist der Sieger im Lager und hält sich ohne grossen Aufwand sehr lange. Einfach die Kartoffelkiste in einen dunklen Keller stellen. Süsskartoffeln halten sich dagegen nur ein paar Wochen, faulen oder werden holzig. Gelagert werden sollte warm und trocken. Portugiesische Ware ist im tiefsten Winter lieferbar, die Haltbarkeit wird mit einer besonderen Behandlung verlängert, dazu unten mehr. In den Tropen lässt man sie im Boden, bis man sie braucht, hat aber dann mit allerlei Frassfeinden zu tun. Auch hierzulande sind die Knollen futsch, wenn Mäuse merken was da wächst.
  • Dicker Dinger frisch aus dem Boden
    Vielfalt sucht man in Deutschland vergeblich. Weltweit gibt es zwar massenhaft Sorten, aber für den äussersten nördlichen Anbaurand sind die Meisten ungeeignet. Nur wenige Sorten werden für Mitteleuropa empfohlen, in Versuchen des Gartenbauzentrums Bayern Süd-Ost in Dammkultur mit Mulchfolie auf Isar-Schwemmland haben sich "Beauregard" und "Orleans" als Sieger entpuppt. Probleme waren starker Drahtwurmbefall und Mäuse. Die Züchtung konzentriert sich natürlich nicht auf kältere Klimate, dort wird das Anbauvolumen immer begrenzt bleiben. Die israelische Firma Hishtil propagiert den Anbau in Europa stark und beliefert den Markt mit Jungpflanzen.
  • Bei einer so langen Kulturdauer bis in den Oktober hinein sind keine Nachkulturen mehr möglich. Meine Frühkartoffeln sind Anfang Juli erntereif, dann folgen andere Gemüsesorten auf dieser Fläche. Ich kann mindestens zweimal ernten, bei Süsskartoffeln bleibt das Beet die ganze Saision über belegt.

Die grössten Vorteile

Als wichtigste Pluspunkte empfinde ich:
Adventivwurzeln, die sich bereits wieder verdicken
  • Null Krankheiten, kaum Probleme. Das kann man nicht hoch genug einschätzen, nachdem auch dieses Jahr wieder drei Sorten meiner Kartoffeln braunfäulebefallene Knollen hatten, die dann faulten. Dann die Sorte "Cherie", die bereits im Juni kompletten Laubverlust durch Alternaria erlitt und damit auch die Ernte lächerlich klein ausfiel. Die beiden Jahre vorher hatte ich Hitzeschäden am Laub bei manchen Sorten, Trockenschäden, Schäden wegen heftigem Kartoffelkäferbefall und ziemliche Probleme mit Kartoffelschorf. Die Süsskartoffeln wuchsen einfach nur los und hatten noch im Oktober gesundes Laub. Das übrigens ebenfalls essbar sein soll.
  • Wenn die Erträge so gut bleiben wie dieses Jahr, liegen sie im Nutzgarten bei unserem warmen, trockenen aber luftfeuchten Klima wesentlich höher wie bei Kartoffeln. Das mag im kommerziellen Anbau mit viel Pflanzenschutz und geeigneten Böden anders aussehen, aber in meinem Hobbyanbau auf schwierigem Boden sind die Kartoffelerträge generell niedrig, der Anbauaufwand jedoch erschreckend hoch. Weder Boden noch Klima behagen ihnen. Die ökologische Anbaubreite von Kartoffeln ist tatsächlich geringer wie es den Anschein hat. In zwei von drei Jahren hätte man zum Beispiel Kartoffeln bewässern müssen, damit sie brauchbare Erträge liefern. Ihre Erträge steigen nicht mehr, sondern sinken sogar ab, weil lange Trockenperioden zur Normalität geworden sind. Süsskartoffeln sind keine Wunderpflanzen für die Wüste, aber bringen bei mehr Hitze und mehr Trockenheit noch länger Erträge wie Kartoffeln.
  • Um die Pflanzstelle herum wachsen Süsskartoffeln dicht, weiter entfernt davon kann man die Triebe so führen, wie man will. Sie eigenen sich ideal für einen Garten, den man in der Fläche statt in der Zeit voll ausnutzen will. Am Weg entlang, in lichtere Kulturen hinein, hängend aus dem Hochbeet heraus - das ist alles kein Problem bei Süsskartoffeln.

Vergleich gekauft - Eigenanbau

Innenstruktur der halbierten Knolle
Im Ofen geschmort habe ich sie mit Süsskartoffeln derselben Sorte aus Portugal (auch dort ist "Beauregard" Exportstandard) verglichen. Die aus Portugal waren eindeutig süsser, wurden auch schneller weicher. Die Eigenen hatten mehr andere Aromen und zeigten beim aufschneiden nur noch wenig mehr Strukturen aus Siebröhren und Milchröhren. Sie sind also auch bei mir so gut wie vollreif geworden, Aromabildung sehr gut, Zuckereinlagerung nicht ganz auf Portugal-Niveau. Die Süsse ist Geschmackssache: Man kann sie als penetrant und aromaüberdeckend empfinden oder als leckere Abwechslung. Wer es ein bisschen weniger süss mag, kann dieses Ergebnis mit Eigenanbau erreichen.

Geschmorte Stücke im Ofen. Dazu Kräuterquark.
Die Knollen sind übrigens roh essbar, das soll sogar gesund sein. Andere behaupten, sie würden Blausäure und Oxalsäure enthalten, aber relevante Mengen davon kann ich mir bei den heutigen Zuchtsorten schwer vorstellen. Die Konsistenz ist frisch geerntet ziemlich genau die einer gelben Rübe / Möhre, aber Aroma und Süsse fehlen und lassen sich beim besten Willen nicht herausschmecken, das entwickelt sich erst gekocht. Ich mag sie roh nicht - zu neutral, zu langweilig.

Die Sache mit der Haltbarkeit

Milchiger Pflanzensaft. Vorsicht, klebrig.
In unserem Klima mit dem langen Winter sind Methoden zu Haltbarmachung wichtig. Dafür gibt es bei Süsskartoffeln einen Trick, der auch für gehandelte Ware verwendet wird: Man härtet die Schale. Dazu wird sie für eine Woche bei hoher Luftfeuchtigkeit bei 30°C gelagert, dann kühl und trocken. Die Schale härtet sich, auch an Verletzungen. Angeblich sind sie dann monatelang haltbar, aber das muss ich erst noch im Versuch selber bewiesen bekommen. Richtig praktikabel ist die Methode nicht, konstant 30° bei 90% Luftfeuchtigkeit lässt sich für eine Kiste Süsskartoffeln nicht so leicht für eine Woche herstellen, Klimaräume sind selten in Wohnungen. Eine beheizte Kochkiste für kleinere Mengen habe ich aber und mit einer Schale Wasser drin müsste auch die Feuchtigkeit passen.

Zum Schluss noch ein Rat für die Ernte: Vorsicht, die Rhizome brechen erstaunlich leicht. Sie sondern dann einen weissen, klebrigen Milchsaft ab, den man an den Händen schwer wieder los wird. Dafür duftet er angenehm. Nach der Ernte die Wurzeln antrockenen, restliche Erde abstreifen, warm, dunkel und trocken lagern.

Beitrag zu Erfahrungen mit mehr Sorten 2018: https://gartenzone.blogspot.com/2018/10/susskartoffelernte-vier-sorten-und-zu.html
Noch mehr Sorten 2019: https://gartenzone.blogspot.com/2019/10/susskartoffeln-neue-sorten.html