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Sonntag, 9. November 2025

Haferwurzel, Tragopogon porrifolius - neue Freude trotz alt und vergessen

Erdfrische Haferwurzeln

Die letzten Jahre hatte man den Eindruck, dass immer weniger Gemüsesorten im Garten etwas werden. Hitze und Trockenheit machen den Sommer von der Wachstumszeit zum Sommerloch, in dem beispielsweise alle Kohlgemüse das Wachstum einstellen, nichts mehr keimt, alles verzwergt, Salat ab Mai nicht mehr geht, der Sonnenbrand Früchte und Blätter empfindlicher Sorten zerstört. Dieses Jahr waren zum Beispiel auch Pastinaken nicht mehr zum keimen zu bringen, Frost und Rekordhitze in kurzer Abfolge liessen noch nicht einmal dieses robuste Wurzelgemüse etwas werden.

Auf einem Beet, auf dem die geliebten Pastinaken einfach nicht zum keimen zu bringen waren, probierte ich deshalb relativ spät im Jahr etwas ganz Neues, das eigentlich etwas ganz Altes war, nämlich Haferwurzeln, Tragopogon porrifolius. Hatte eh nichts zu verlieren. Aussaat der länglichen Samen erst Ende Mai, kurz nach dem Spätbodenfrost am 22.5, das war auch so ein Wetterextrem. Mal ausprobieren ohne grosse Hoffnung auf eine vernünftige Ernte, aber vielleicht mit Spass dabei. Um das Ergebnis vorwegzunehmen und nicht erst wie in Youtube-Videos endlos herumzulabern damit einem Werbung reingedrückt wird: Es war überraschenderweise auf Anhieb ein voller Erfolg. Aber was ist das denn überhaupt für ein Zeug, die Haferwurzel? Kennt ja keiner mehr.

Was sind Haferwurzeln?

Haferwurzeln, fast wie eine Wiese

Haferwurzeln stammen auf der Familie der Korbblütler und liegen im selben Tribus wie eine Reihe anderer Nutzpflanzen, etwa die Wegwartensalate Radicchio, Zuckerhut, Chicoree oder alle Garten-Blattsalate, die sehr nahe verwandten Schwarzwurzeln, Gemüse-Gänsedisteln. Ihre Wildformen wachsen mit Schwerpunkt im östlichen Mittelmeerraum. In Kultur waren sie der Wurzeln und Blätter wegen (auch die noch geschlossenen Blütenknospen sind beliebt gewesen) seit Tausenden von Jahren. Heute will man ihr vor allem an die Wurzeln. Viele Verwandte sind auch in Deutschland heimisch, es sind die Wiesenbocksbärte, an Blüten und Blättern sieht man die Verwandtschaft sofort. Der nahe Verwandte "Schwarzwurzel" hat ihren Schwerpunkt im westlichen Mittelmeerraum.

Bester Pflanzabstand

Ihre wichtigste Zeit als Gemüsepflanze hatte sie bis ins 19. Jahrhundert und wurde dann wie so viele andere Wurzelgemüse von der Kartoffel verdrängt, die bessere Erträge hat. Satt werden war eben am wichtigsten. Kaufen kann man sie fast nicht, wenn dann auf Erzeugermärkten, aber auch dort wird man viel eher die Schwarzwurzel bekommen. Von der bin ich nicht so der Fan, auch im Anbau nicht. Sie schält sich unangenehm mit ihrem vielen Latexsaft oder sie muss vorher gekocht werden, dann geschält, sie wird schnell innen hohl wenn sie dicker ist, für meinen flachgründigen Boden hat sie zu lange Wurzeln und ihr Aroma bleibt durchweg blass. Auch sie hat es selten bis nie in die Supermärkte geschafft, nur als Dosengemüse fristet sie ein traurig-mattes Restdasein.

Bei den Inhaltsstoffen liegt sie auf ähnlichem Niveau wie andere Wurzelgemüsse, z.B. besagte Schwarzwurzel, Klettenwurzel, Pastinake. Gelbe Rüben weichen etwas ab, sie haben auch nur die Hälfte der Kalorien. Eine Besonderheit der Haferwurzel ist ihr Inulinreichtum, da liegt sie in der Gruppe von Topinambur, Schwarzwurzel, Klettenwurzel. Inulin wirkt präbiotisch, ist gut für die Darmflora, fördert Bifidobakterien, bis man sich daran gewöhnt hat kann es aber blähen. Das verbessert sich bei häufigerem Konsum.

Haferwurzel im Jahresverlauf

Keimung auf dem verschlämmten Boden

Ausgesäht habe ich sie in der vorletzten Maiwoche. Angeblich kann man das auch schon zwei Monate früher ab Ende März - sie hält etwas Frost aus und auch Vernalisation ist angeblich kein Problem, d.h. sie schiesst deshalb nicht mit früher Blütenbildung. Kleine Kerbe in den Boden gezogen, Samen reingebröselt, wieder zugeschoben, also rund 2cm Saattiefe. Natürlich angegossen. Am besten haben die Samen in der Reihe mindestens 3cm Abstand. "Zu eng stehen" ist aber nicht so richtig tragisch. Auch was etwas enger steht, wird oft was.

Und schon die erste Überraschung: Das Zeug ging bombengut ohne Lücken auf. In einer Woche, schneller als alle Gartenbücher behaupten. Und das auf meinem schweren Boden, der immer bald Trockenrisse zeigt und hart wird. Nach dem Bodenfrost kam sofort Hitze, das schadete weder der Keimung noch den Jungpflanzen. Dabei gleich die nächste Überraschung. Trotz Hitze räumten Schnecken im Garten immer noch stark ab, aber nicht so bei den Haferwurzelpflänzchen, darauf hatten sie keine Lust. Grösster Nachteil war, dass die Jungpflanzen lange wenig konkurrenzstark sind und auch später das Beet immer licht wirkt, weil die schmalen Blätter keinen geschlossenen Bestand zuliessen. Damit bleibt das Thema Unkraut während der gesamten Kulturdauer wichtig. Man sollte nicht auf verunkrautetem Beet säen wie man das mit Mais tun kann, der später allen unerwünschten Beikräutern das Licht nimmt. Vielmehr sollte man auch die Unkrautbekämpfung schon bei der Aussaat beachten, etwa in möglichst geraden Linien säen, damit man später rückenschonend leicht die Pendehacke durchziehen kann.

Anfang Juli
...und im August
Haferwurzel, Oktober, nach Sturm

Das Wachstum in den folgenden Monaten passierte sehr kontinuierlich, stetig wurden Blätter geschoben und von der Seite sah das Beet aus wie eine Wiese oder eng gesetzter Junglauch. Ab August verlangsamte sich das Blattwachstum. Besondere Düngung gab es nicht, aber Gartenboden ist natürlich immer besser versorgt wie eine umgebrochene Wiese. Das Zeug wuchs einfach, obwohl der Standort alles andere als gut war. Morgens Schatten, dann pralle Nachmittagssonne mit Hitzestau, unterbrochen von zwei Wochen kühlfeuchter Nässe ab Ende Juli, dann wieder trocken. Bis dahin habe ich sie auch wie den übrigen Garten bewässert, aber immer nur knapp. Andere Gemüsearten zeigten Trockenschäden, mir ging es darum die begrenzten Wasservorräte nicht in kurzer Zeit hinauszublasen. Ab August wurde noch weniger bewässert. Der Boden wie gesagt schwer, hat auch Steine und ist nur rund 25cm tief, was für Wurzelgemüse wie Petersilienwurzel, gelbe Rübe, Klettenwurzel ein Riesenproblem ist. Nur Pastinake kommt durch und wird was, wenn man sie zum keimen und durch die Jungpflanzenphase bringt.

Anfang September zeigte sich Mehltau auf den Blättern, ansonsten nicht die Spur einer Krankheit. Der Mehltau verschwand wieder in den Folgewochen ohne Blattschäden zu hinterlassen. Stürme zerzausten die Blätter, alle lagen am Boden. Und standen wieder auf, die Haferwurzel wuchs weiter. Haferwurzeln schien einfach nichts zu bremsen, absolut nichts.

Ernte

Ernte meiner allerersten Haferwurzel

Da sie Frost aushält und auch lange im Boden bleiben kann, habe ich erst Ende Oktober die erste Wurzel gezogen. Ernten soll man sie ab November, angeblich wachsen sie noch im Spätherbst. Auch das war überraschend. Es erschein eine schöne, gerade, beige Wurzel ohne Mehrbeinigkeit, wie eine schlanke gelbe Rübe aus Sandboden. Auch ohne Schneckenfrass, wie das Grün oben. Mit gut 20cm ideal lang. Leicht zu reinigen. Vorsicht aber beim ziehen, sie können abbrechen und wer mit einer Schaufel hantiert, verletzt sie leicht. Besser mit dem Spaten die Reihe blockweise hochbringen und dann die Wurzeln herausklauben. Als ich dann eine grössere Ladung herausholte, zeigte sich eine recht variable Grössendifferenz bei den Wurzeln und auch ein paar mehrbeinige Pflanzen. Das kommt also schon vor, aber bei unserem schweren Boden ist das bei gelben Rüben, Petersilienwurzel & Co viel problematischer. Vor allem gelbe Rüben kann man fast vergessen. 

Ein paar Haferwurzelpflanzen kann man stehen lassen, eventuell über den Winter Stroh draufschütten. Im Folgejahr schieben sie schöne violette Blüten, aus denen Samen mit Schirmchen entstehen, wie bei anderen Bocksbärten. So schafft man ohne Mühe eine eigene Samengewinnung.

Verwendung, Rezepte

Leicht geschält, bald in Pfanne mit Deckel gedünstet

Im frühen 18. Jahrhundert verschwindet sie in deutschen Kochbüchern oder nur noch die ähnliche Schwarzwurzel fristet als regionale Spezialität eine kleine Rolle. In der Gegenwart hat die französische Küche mit Abstand die größte Rezeptvielfalt und lebendigste Tradition im Umgang mit der Haferwurzel, gefolgt von der italienischen und britischen Küche. Einzelne Rezepte gibt es auch in Spanien ("salsifí") und der flämischen Küche. Typische Zubereitungen sind gekocht und in Butter geschwenkt, mit Bechamelsosse, Sahnesosse, in Teig ausgebacken (GB), in Gemüsesuppe, überbacken, püriert (GB), mit Eiersosse (Flämisch). Sie ist sogar roh essbar, wie alle Bocksbartgewächse. Roh schmeckt sie aber recht neutral.

Pflanzensaft wie Nougat. Vorsicht, der klebt.

Zu Beginn probierte ich sie pur, schälte sie leicht mit dem Sparschäler, schnitt sie in Stücke und kochte sie mit etwas Salz. Bürstet man sie gut ab, kann man sich schälen auch noch sparen. Heraus kam ein leicht süssliches Gemüse, im Aroma ähnlich anderen Wurzelgemüse-Speicherknollen, etwas erdig, etwas Artischocke und gekochter Mais oder Klettenwurzel, aber die Haferwurzel war einen Strich nussiger, süsser plus etwas Säure, mit angenehmen schwachen Bitterton (aber nie bitter) ähnlich Radicchio, auch die gelegentlichen Vergleiche mit Austern kann man nachvollziehen. Sie wirkt rustikal, anpassungsfähig, rund. Weitere Versuche waren mit Sossen, gekocht in der Pfanne mit Wasser, Weisswein, Olivenöl, dann mit einer Bechamelsosse aus Milch, Butter, Mehl fertiggegart. Gewürze zurückhaltend Muskat oder Muskatblüte, Salz, Pfeffer. Auch bei Kräutern ist eher Zurückhaltung angebracht, Petersilie, Schnittlauch, Kerbel. Orientieren kann man sich an Spargel.

Gekocht, in leichter Bechamelsosse finalisiert

Immer herausragend war die Konsistenz. Sie ist markig-sämig, ohne trocken zu wirken, gart in mässiger Zeit gut durch, keine Fasern, keine Hohlräume. Ich mag diesen "Bodenspargel" auf Anhieb sehr.

Aber Vorsicht. Sucht man im Internet, kommt ein Riesenschwung aufwendiger Schwachsinnsrezepte mit kaum zu beschaffenden Spezialzutaten, die dieses Gemüse geschmacklich plattwalzen. Oder es wird eine Regionalität erfunden, die gar nicht existierte oder existiert. Manche Seiten korrigieren auch den Suchbegriff "Haferwurzel" zwanghaft zu "Haferflocken", weil die viel häufiger Zustat sind. Viele Treffer, falscher Inhalt. Anzuraten ist, erst einmal Grundrezepte damit zu probieren.

Lagerung

 

Die Lagerung ist einfach und orientiert sich an anderen Wurzelgemüsen. Ausgraben, grob säubern, in eine Kiste mit feuchtem Sand legen, Sand drüberstreuen, Kiste mäuse- und frostsicher aber kühl lagern - Gartenhaus, Erdmiete, Aussengarage... Oder man lässt sie einfach im Garten stehen, heutzutage ist der Boden sowieso nie mehr wirklich lange gefroren, so dass man sie auch herausbekommt. Wie für Samengewinnung kann man auch Stroh über das Beet drüberstreuen, damit kein starker Kahlfrost Schaden anrichtet. Ich lass sie draussen, grabe sie aus wenn ich damit etwas vorhabe, bürste sie dann unter fliessend Wasser ab und lege sie bis zur Verwendung ins Kühlschrankgemüsefach. Dort halten sie auch über eine Woche.
 

Fazit

 
Der austretende Milchsaft wirkt fast violett
Die Haferwurzel ist eine Freude für Nutzgärtner und Geniesser. Sie macht wenig Arbeit, benimmt sich problemlos im Garten selbst unter schwierigen Bedingungen, ist gut zu verwerten, ich finde kaum ein Haar in der Suppe. Kritisch könnte man die geringen Flächenerträge werten, die Wurzeln sind halt nicht schwer und nicht fett, auch verzwergte Pflanzen sind immer eingestreut. Das macht einen kommerziellen Anbau unwirtschaftlich, uniforme Ergebnisse und die Kilo auf der Verkaufswaage kriegt man nicht bzw. wollen nicht bezahlt werden. Das neue Sommerwetter hält sie im Gegensatz zu vielen anderen Gemüsearten aus, sie profitiert vom milden Herbst und Winter. Wer wegen seines Bodens immer Probleme mit Wurzelgemüse hatte, dem sei sie besonders ans Herz gelegt. Ausprobieren ist es wert. Bei mir kommt sie ins Dauerprogramm.
 
Haferwurzeln mit Blaukraut und Semmelknödeln

Donnerstag, 27. Oktober 2022

2022 im Garten: Reiner Stress

Diesen Sommer gab es keine neuen Blogeinträge. Der Grund ist einfach: Stress. Mittlerweile herrscht ein Jahresklima, das in unserer ohnehin schon trockenwarmen Region zum Abgewöhnen aller gärtnerischer Ambition geeignet ist und zu enormer Aufwandssteigerung führt.

Das Frühjahr ist seit Jahren grundsätzlich sehr trocken. Aber Hitzeperioden enden meistens Ende April mit knackigen Spätfrösten wie eh und je. Im Spätfrühling wird es generell heiss, Hitze, die bis weit in den August oder September anhält. Sommer ganz ohne Niederschlag sind normal geworden. Dieses Jahr kratzen die Temperaturen dreimal an den 40°, nicht weit von hier wurde der Temperaturrekord gemessen. Es bleibt trocken, wenn, dann kann es ab Mitte August regnen. Dann aber sehr kurz und sehr brutal - dieses Jahr nach vier trockenen Hitzemonaten ohne einen Tropfen dann 60 Liter pro Quadratmeter in sehr kurzer Zeit. Anschliessend war mein Grundstück kleiner, ein sonst immer trockener Graben grub sich wegen der oberflächlich abfliessenden Wassermassen einen Meter tiefer ein und riss die Böschung mit. Die fruchtbare Erde ist jetzt in der Nordsee. Das passiert nun alle zwei Jahre, nun ist da eine Schlucht mit Geröll.

Im Garten nichts besser. Man steht da und fragt sich, ob man diesen Stress noch mitmachen soll. Der Bewässerungs-, Giess-, Beschattungsaufwand ist exponentiell gestiegen. Auch Dinge wie Melonen sind regelrecht verbrannt, sogar Feigen haben Trockenschäden. Vieles geht gar nicht mehr. Ohne riesigen Regenwassertank, Pumpen und Schläuche braucht man gar nicht mehr auszusäen. Gesät wird mittlerweile im Keller in Pflanzplatten und -schalen, in der Hitze oben keimt nichts mehr.

Auf der Obstwiese herrscht Endzeit. Mehr als die Hälfte der Bäume und fast alle älteren Bäume sterben am Rindenbrand. Neupflanzungen verdorren. Obst gibt es gar nicht mehr oder immer seltener, Spätfröste, Hitzeschäden, neue Schädlinge en masse, die jüngsten Neuankömmlingen sind die grüne Reiswanze aus Afrika und die marmorierte Baumwanze aus Asien und haben Obst zerstört. Früher konnten wir regelmässig zwei Tonnen Äpfel ernten, heute sind wir froh, wenn es zwei Kisten werden. Misteln breiten sich aus. Das wird sich bessern, in der Umgebung sind bald die letzten Obstbäume abgestorben und damit der Wirt des Parasiten. Spätfröste haben für jahrelangen Totalausfall von Steinobst gesorgt, jedes Jahr treiben die Bäume aufgrund von Winterwärme extrem früh aus, dann kommt jedes Jahr Frost. Einige Obstarten kommen nicht mit der Sommerhitze klar, Pawpaw, der Flachwurzler Kornelkirsche, viele Birnen, die mit Laubschäden, dann Abwurf reagieren.

Wo nicht ständig bewässert werden kann, ist Ende Gelände. Im Aussengarten wächst wieder einmal nur noch Unkraut und mit sehr viel Mühe ein paar Kürbisse. Den Rest verbrennt die Glut. Die Spitzentemperaturen sind höher als in den Tropen. Wir hatten es wie fast jeden Sommer heisser und trockener als in Casablanca, Marokko. Es gibt nur noch Extreme.

Und dieses Jahr hat sich das überregional ausgeweitet: Was bei uns schon länger üblich ist, weitete sich nun kräftig aus. Plötzlich sind auch andere ehemalige Gunstlagen zu trocken und zu heiss geworden. Leute, die vorher ungläubig über meine Schilderungen den Kopf schüttelten und etwas von "Anpassung" faselten, haben inzwischen dieselben Probleme wie wir. Die Gunstlagen schrumpfen.

Aufgegeben habe ich nicht. Es gibt auch Erfolge. Obstsorten, die überleben, veränderte Anbautechniken für einige Gemüsesorten, neue Arten - ausprobiert habe ich sehr viel und jetzt im Herbst hoffentlich genug Zeit, auch darüber zu berichten.

Mit den Bienen im Wald, Spätfrühling. Trocken, aber noch grün


Nachwuchs bei den Wyandotten, die umsichtige Glucke passt auf ihre Küken auf. Es gab insgesamt sechs Junghühner.


Heiss. Melone mit Sonnenbrand.


Wo ist Mama!?


Feigen, Sonnenbrand.


Weintrauben. Alles verbrennt, was nicht ganz im Schatten ist.


Auch die Quitten mit Sonnenbrand.


Gras verdorrt. Teils so gründlich, dass sogar im feuchten Herbst kahle Stellen bleiben.

Sonntag, 22. Dezember 2019

LKW-Gärten

Vorsicht, es folgt wieder einer der seltenen Rants, der aber durchaus etwas mit Gärten zu tun hat.
Die Geschwindigkeit, mit der Landschaft, Gärten, wertvolles Ackerland verschwindet ist beängstigend. Der Nutzgärtner findet nicht einmal Kleinflächen, während gigantische Industrie- und Wohngebiete auf Grossflächen in nie gekanntem Ausmass gebaut werden. Warum setzt man auf quantitatives Wachstum, das zerstört und Substanz frisst?

Ist-Zustand Maisenhälden. Krasser Brutalismus
zerstörte Landschaft, gigantische Überformungen
Unsere Gemeinde Möckmühl ist dafür leider keine Ausnahme, sondern ein besonders krasses Beispiel, über das schon hier spezielles und grundsätzliches zu lesen war. Vor zwei Wochen hat nun der Bürgermeister im Gemeindeblatt an prominenter Stelle mit Foto den neuesten Schlag bekannt gegeben: Es wäre ihm gelungen, sage und schreibe neue 134000 Quadratmeter an einen "Logistikdienstleister" zu verhökern, diesmal die Firma "ECE Industrie und Logistics GmbH & Co KG". Dieser Wahnsinn in einer weithin sichtbaren Höhenlage soll schon in wenigen Monaten durchgepeitscht und betoniert werden. Was dort passiert und wie er über den Tisch gezogen wurde, weiss der Kleinstadtbürgermeister nicht. Die Firma ist ihrerseits eine Art Zwischenhändler, selber ein in sechs Ländern tätiger Immobiliengigant mit englischer Startseite, sie vermietet an andere Logistiker. Der Konzern ist gross und undurchsichtig, existiert als maximal risikominimierende Rechtskonstruktion. Die Gemeinde hat also nicht einmal mehr etwas zu melden, wer dort dann mit was Business macht, was an Gewerbesteuer zu erwarten ist, das bestimmt dieser Privatkonzern.

Landstrassenränder = LKW Parkplätze
In diesem wahnwitzig grossen Industriegebiet wird damit Dank Bürgermeister Stammer und offenbar auch der Gemeinderatsmehrheit die bereits riesige Horde der LKW-Aufmarschplätze potenziert. Die Bauleitplanung hat die Gemeinde. Theoretisch ist sie ebenfalls an das Grundgesetz gebunden, das in Artikel 20a eine Verpflichtung zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen vorschreibt. Es gibt dort in "Maisenhälden" ausschliesslich solche Firmen, Riesige Lager, LKW-Vermieter, LKW-Firmen. Die Arbeitsplätze dort werden zu einem hohen Prozentsatz von Billigkräften aus dem ferneren Osteuropa besetzt, was nicht nur das Industriegebiet, sondern auch die ganze Gemeinde immer stärker prägt. Qualifizierte und besser bezahlte Stellen sind im Verhältnis dazu sehr wenig darunter. Die Arbeiter sind selber eine unter Druck gehaltene Verfügungsmasse und auch über Leiharbeitsfirmen beschäftigt. Diese Betriebe bekommen aus guten Gründen in den meisten Gemeinden auch für viel mehr Geld keinen Quadratmeter mehr verkauft. Vor kurzem wurde beispielsweise sogar Amazon mit einem geplanten Verteilzentrum in Schwäbisch Gmünd hinausgeworfen und dafür genau die Gründe angeführt, die auch hier gelten: Sie sind extrem flächenfressend, der irrwitzige LKW-Verkehr verursacht allerlei Kollateralschäden, die Arbeitsplätze gehören zu den miesesten überhaupt, die laufenden Gewerbesteuereinnahmen der Lager und "Logistikdienstleiter" sind lächerlich niedrig - Möckmühl ist deshalb auch "steuerschwache Gemeinde". Die Gemeinde kann das nicht einmal kalkulieren, weil sie die Hoheit, wer dort überhaupt einzieht abgegeben hat. Nicht einmal die Angestellten bringen Kaufkraft in die Gemeinde, im Gegenteil, sie fliesst ab. Die sowieso schon geringen Löhne wandern sofort ins Ausland, aber Infrastruktur benötigen diese Menschen trotzdem hier. Man muss schon komplett lernresistent sein, um all diese schlechten Tatsachen wieder und wieder in seiner Gemeinde auszuweiten. Welche Interessen sind da eigentlich am Werk?

Gut geeigentes neues Stadtwappen für Möckmühl
Der Irrwitz der schweren LKW-Aufmarschplätze und Giganto-Lager ist exakt die Art des wirtschaftens, die sich die Welt eigentlich schon lange nicht mehr leisten kann und darf. Sie sorgt für grosses rein quantitatives, ressourcenfressendes Wachstum und den stärksten qualitativen Absturz. Während die Möckmühler Schulkinder jede Woche eine halbes Jahr lang Klimaschutzdemonstrationen veranstaltet haben, hat der Bürgermeister den nächsten riesigen LKW-Aufmarschplatz an Land gezogen und die Eltern dieser Kinder, wenn sie im Gemeinderat sind, haben das mehrheitlich gebilligt. Vormittags demonstriert der Nachwuchs, Abends stimmen die Übertölpelten für die Fortsetzung einer der grössten Zerstörungsaktionen in der Gemeinde. Sie hinterlassen ihren Kindern zerstörte Böden, zerstörte Landschaften, LKW-Ruinen und Asphalt einer Vollgas-Entwicklung in die Sackgasse.

Lageskizze und Grössenvergleiche
Die Flächen sind so riesig geworden, dass allein in diesem einen Industriegebiet jede Familie der Stadt Möckmühl dort ein 500 Quadratmeter grosses Grundstück haben könnte, um einmal die Verhältnisse und Ausmasse zu verdeutlichen. Die Lager- und Verkehrsfläche pro Kopf möchte ich gar nicht ausrechnen, aber von dem, was auf dem gründlich zerstörten, aber ehemals erstklassigen Boden mit erstklassiger Ackerzahl (=Bodenqualität) wächst, könnte eine halbe Grossstadt mit Brotgetreide versorgt werden. Wie konnten wir nur all die Jahre ohne diese ins unermessliche wachsenden Logistiker überleben? Ohne die donnernden schweren Diesel - LKWs mit ihren immer müde aussehenden Fahrern aus Litauen oder Rumänien, die uns beispielsweise mit immer mehr Schrott aus China, Fleisch aus mit südamerikanischen Sojabohnenfutter gepäppelten Tieren, Gemüse aus Plantagen in Marokko versorgen? Was für ein Riesenwohlstand uns doch vorher entgangen ist und wie sich unsere Lebenqualität durch diese "Wirtschaft" erhöht hat.

Auf dieser Fläche sind die nächsten LKW-Hallen geplant
Der Bürgermeister argumentiert, dass die Stadt die Einnahmen aus dem Grundstücksverkauf für andere Projekte, vor allem für die Erschliessung neuer Baugebiete benötige. Das ist direkte Folge des grandiosen Fehlers, nur gewerbesteuerschwache LKW-Schuppen anzusiedeln und diesen Fehler wiederholen die Verantwortlichen Personen wie Brummfliegen, die wieder und wieder gegen ein geschlossenes Fenster prallen. Wieso plant eine Stadt eigentlich überhaupt Baugebiete mit negativem Saldo, als Zuschuss-Verlustgeschäfte? Wieso wird mit der Zerstörung einer Fläche die Zerstörung anderer Flächen finanziert? Was ist das für eine Art zu wirtschaften, wenn man nur mit solchen bedingungslosen Kapitulationen im Industriegebiet zu Geld kommt? Was, wenn keine Flächen mehr da sind, die man gegen Geld verheizen kann? Das ist Leben von der Substanz, die damit unwiderbringlich zerstört wird. Das neue Projekt findet auf einem kräftig abfallenden Gelände in weithin sichtbarer Aussichtslage statt, das zu planieren wird schon für sich gigantisch, das Gesicht der Gegend wird damit ebenso weithin sichtbar komplett verändert, LKW-Industriell umgeprägt. Vermutlich werden die bis zu 35 Meter Höhendifferenz auch noch als Erddeponie missbraucht, wie es bei einem danebenstehenden Grundstück bereits passiert ist.

Symptomatisch für die grenzenlose Kurzsichtigkeit, mit der Menschen, Natur und Verstand abwickelt werden stehen auch kleinere Projekte in der Gemeinde. Eine der letzten innerörtlichen Obstwiesen wurde mit einem Ärztezentrum bebaut - in einer wichtigen Frischluftschneise, ausgerechnet direkt neben einem grossen leerstehenden Krankenhaus, das weiterhin ungenutzt gammelt. Wo blieb da die Immobilienhandelsfachkunde der Verantwortlichen? Zerstörung "rechnet sich", neben dem Leerstand die letzte Wiese des Stadtteils zu vernichten ist billiger anstatt Bestehendes für das an sich löbliche Projekt eines Ärztezentrums zu renovieren, also wird es gemacht. Schon der Gedanke ist Widersinn, gesunde Menschen mit einer immer kränkeren Umwelt schaffen zu wollen. Die Frischluftschneise ist ebenfalls kein Spass, Stadtklimatologisch hat Möckmühl sowieso schon lange sich verschärfende Probleme, die Temperaturen am Kesselgrund lagen in den Hitzejahren noch einmal 2° höher wie an den Rändern. Nicht nur im Sommer gibt es zunehmend Probleme, im Winter wirken sich die vielen Kaminholzheizungen dort fatal auf die Luftqualität aus. Die starke Luftschichtung merkt sogar jeder, der mit seinem SUV aus der Stadt braust und dabei gelegentlich auf die Temperaturanzeige neben dem Tacho blickt.

Mitten im zerstörten Wald, die geschotterten Flächen vor den
Windkraftanlagen werden als LKW-Parkplätze missbraucht,
weil die LKW-Flut permanent überschwappt
Bei mir setzt sich immer mehr die Einsicht durch, am falschen Ort zu wohnen, in der falschen Zeit zu leben. Als Niemand habe ich so wie andere Bürger auch Null Einfluss auf die fortschreitende Zerstörung, nach öffentlicher Meinungsäusserung und Nennung von Ross und Reiter werden mich wohl Einige nicht mehr grüssen (ungeachtet der Tatsache, dass ich nur die Sachebene beschreibe und nicht die Person des Bürgermeisters), obwohl die Zerstörer ja jedesmal immer die Sieger bleiben und alles durchsetzen können. Beton und LKWs sind die all-time Dauergewinner. Leute mit anderer Ansicht haben keine Rückzugsmöglichkeit mehr. Nutzgartengeeignete Bereiche sind im teuren und immer vollgequetschteren Süddeutschland sehr schwer zu finden und den Kindern will ich die gewachsenen sozialen Beziehungen auch nicht nehmen. Ich sollte vermutlich besser eine LKW-Firma gründen und versprechen, eine Blumenwiese zuzubetonieren, dann würde ich sofort von manchen Bürgermeistern hofiert und mit Grundstücken auf allerbestem Boden in schöner Aussichtslage beglückt.

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Donnerstag, 27. September 2018

Das heisse Wüstenjahr

Was für ein Jahr für den Nutzgärtner... wenn so der Klimawandel aussieht, dann ändert sich nicht nur etwas, sondern alles.

In unserer sowieso schon trockenen Gegend war es besonders extrem. Unsere Klimadaten zeigen den gesamten Sommer und Frühling über ein Jahr, das durchweg heisser und trockener war wie das Wetter in Casablanca in Marokko, Nordafrika. Wir hatten 22 Tagen mit mehr als 32°C, in Casablanca waren es nur vier. Die letzten nennenswerten Niederschläge gab es bei uns Anfang Juni. Zusammen mit der Hitze wurde die Katastrophenschwelle für den Garten Ende Juli überschritten und fürs Obst Mitte August. Es gab ab und zu Regen - aber das war nur soviel, dass er nicht einmal auf den Boden gelangte, sondern die wenigen Tropfen schon auf den Blättern wieder verdunsteten.

30° bis Mitte September und wenige Tage später ein Absturz in kräftigen Bodenfrost am 26.9., damit war dann auch die Hoffnung auf einen Herbst zerstört in dem der Garten bei mässigen Temperaturen noch einige Wochen gedeihen konnte. Die Kulturen gingen stattdessen nahtlos vom Hitzeschaden in den Frostschaden über. Kürbis, Süsskartoffeln, Yakon, Paprika - Frostschaden. Trotzdem gibts wichtige Erkenntnisse, die uns dieses Jahr beschert, Erkenntnisse wie sich Anbautechniken und Gartenkulturen verändern müssen, um noch etwas zu ernten, wenn dieses Wetter in Zukunft häufiger vorkommt. Auf Erfahrungen kann man kaum zurückgreifen, alles ist sehr neu und einzigartig.

Der Nutzgarten


Zuckerhut verzwergt und hat Innenbrand
Die Dauerhitze sorgte für Schäden an 80% der Kulturen. Es zeigte sich, dass Überkopfbewässerung unumgänglich war, um Blatt- und Brandschäden zu verringern. Pilzkrankheiten waren kein Problem, da alles sofort wieder abtrocknete. In der letzten Juliwoche ging unserer Regenwasserzisterne das Wasser aus.  Die 7500 Liter reichten für 100 Quadratmeter acht Wochen lang. Wer sich also eine Zisterne anschafft: So gross wie nur irgend möglich. Nur wer Wasser hat, kann ernten. Sehr viel Wasser. Ausgebracht nicht nur per Tropfschlauch, sondern per Beregnung, um Blätter zu kühlen und die oberen Bodenschichten zu befeuchten, was für Flachwurzler und Jungpflanzen wichtig ist. Einige der Erkenntnisse:

Es zeigt sich schon seit Jahren: Kartoffeln werden bei trockener Hitze nichts. Braunfäule bleibt aus, das ist aber auch schon der einzige Vorteil. Das Kraut bekommt Hitzeschäden, bleibt dünn, die Knollen winzig. Obwohl der Boden im Juni noch feucht war, ging ohne Bewässerung überhaupt nichts, die Ernte war trotzdem elend schlecht, späte Sorten hatten Totalschaden. Süsskartoffeln sind gelungen, aber nur wenn dauernd bewässert wurde. Klappte das nicht wie in unserem Aussengarten: Totalschaden.

Sonnenbrand an Paprika
Wärmeliebende Sorten wie Paprika oder Tomaten profitierten nicht, sondern litten. Tomaten hatten Hitzeschäden und bekamen stark Alternariakrankheit wie es sonst das Hauptproblem in Spanien ist. Paprika wuchsen nicht mehr und Blüten fielen unbefruchtet ab, vermutlich weil die Pollen geschädigt wurden. Den Flachwurzlern konnte man gar nicht genug Wasser heranschaffen, sie hatten jeden Tag stark hängende Blätter. Alle südseitigen Früchte bekamen Sonnenbrandschäden. Sogar die sonst sehr hitzefesten Auberginen strichen die Segel, die Früchte wurden gallenbitter, weil die Pflanzen Stress hatten.

Eine positive Überraschung waren früh ausgesäte gelbe Rüben / Karotten. Sie wuchsen mit etwas Zusatzwasser unbekümmert durch die Hitze und setzten kräftig-grosse Wurzeln an. Weniger gut erging es Spätsaaten, die gar nicht mehr aufgingen oder laubgeschädigt klein blieben.

Sellerie, hitzeverbrannt, keine Knolle gebildet
Pastinake, Sellerie, Petersilienwurzel: Kein Aufgang, Schäden (Pastinake), kompletter Ausfall (Petersilienwurzel, Maca) oder Kümmerwuchs mit Blattschäden (Sellerie, Zwiebeln). Bewässerung nutzte nichts mehr.

Salate erlebten Totalschaden, sogar der eigentlich sehr hitzetolerante Eissalat und Bataviasalat. Verkümmert, schlaff, von den Rändern her nekrotisch. Der einzige Salat mit brauchbarer Ernte war früh vorgezogener Romanasalat, spätere Auspflanzungen verkümmerten. Zuckerhut für den Herbst, gesetzt im Juli und August hatte Totalschaden. Er verträgt die Dauerhitze nicht, egal wieviel Wasser er bekommt. Der verwandte Endivien verkümmerte entweder oder er ist geschossen. Gut geworden sind alle Radicchiosorten unter stetiger, flächiger Bewässerung. Vorziehen war generell Pflicht.

Melonen, Gurken - sogar diese Kinder der Hitze hatten Sonnenbrandschäden an Blättern und Früchten, ausserdem wurde der Krankheitsdruck nicht schwächer, nur die Krankheiten wechselten. Gurken verabschiedeten sich bereits im Juli. Wassermelonen sind gelungen. Kürbisse ebenfalls, aber nur wenn sie direkt im wasserspeichernden Pferdemist standen. Dann war die Ernte sehr gut. Sorten sind gut gewachsen, die sonst nur in Italien etwas werden. Leider wurden dann doch viele Früchte nicht reif, weil der extreme Absturz in den Frost im September die Pflanzen frühzeitig tötete. Der Frost war so heftig, dass sogar die Früchte Schäden hatten.

Ananaskirsche, Hitzeexitus
Ebenfalls positiv: Zuckermais. Schaffte man es, den Boden feucht zu halten, wuchs er unbekümmert in die Hitze hinein und da es bis September eine Gewitterböen gab, hat es ihn auch nicht umgerissen wie es dabei oft passiert. Die Sturmfront Mitte September hat die Spätsaaten allerdings ausnahmslos umgerissen.

Buschbohnen hatten Zwergwuchs, schwachen  Fruchtansatz, früher Tod. Spätsaaten teilweise erfroren.

Physalis und Ananaskirsche - Pflanzen permanent unrettbar im Hitzestress, Wachstumsstopp und Abwurf der halbreifen Früchte. Physalis sind empfindlicher wie gedacht.

Fenchel - Frühlings und Sommeraussaat Totalschaden, geschossen.

Kohlgemüse hatte ich dieses Jahr nicht. In der Presse stand allerdings, dass die Erträge kommerzieller Anbauer aller Kohlgemüse drastisch gesunken sind und nicht nur Preissteigerungen, sondern leere Regale drohen. Das gesamte Wintergemüse wird sehr knapp. Importe sind nicht möglich, weil die Nachbarländer unter denselben Problemen gelitten haben.

Das Obst


Sommerbirne Stuttgarter Geisshirtle -verbrannt
Das war ohne Wenn und Aber eine totale Katastrophe. Der sehr gute Fruchtansatz von hundert Bäumen verschiedenster Sorten auf den Obstwiesen wurde bis auf eine einzige Quitte komplett zerstört. Und ein paar Walnüsse sind reif geworden. Obst zu ernten gab es nur am Hausgarten, wo konsequent bewässert werden konnte. Das war doppelt bitter, da es letztes Jahr ebenfalls Totalschaden gab Dank eines extremen Spätfrostereignisses. In anderen Gegenden war es noch mal schlimmer, dort war auch das Jahr davon nichts zu ernten, weil es dort im Sommer schweren Hagelschlag gab. Der Trend sieht danach aus, dass sich das milde Mitteleuropa in eine instabile Gegend voller Extreme entwickelt, die uns so einiges ausknipsen. Da Deutschland mit seiner hohen Bevölkerungsdichte und geringen landwirtschaftlichen Möglichkeiten sowieso schon der grösster Lebensmittelimporteur der Welt ist, kann man nur hoffen dass es weiterhin jemand gibt, der uns etwas verkauft.

Die Situation war je nach Bodenart und lokalen Gewitterereignissen unterschiedlich. Ein paar Kilometer weiter südlich zog einmal ein Augustgewitter mit einmaligem Regen durch, kombiniert mit den tiefgründigen Böden dort rettete das die Obsternte. Bei uns nicht.

Glockenapfel, Trockenschaden
Äpfel haben durchweg Totalschaden. Die Früchte sind 3cm gross geblieben, trocken, bitter, verwelkt. Das zeichnete sich schon im Juli ab. Alle Neupflanzungen sind vertrocknet (ein Schaden von einigen hundert EUR), ältere Bäume verbrannt. Es gab keine Sorten und keine Unterlagen, die das ausgehalten haben.

Birnen haben allesamt Blattschäden von der Hitze, aber dort wo sie tief wurzeln konnten und auf arteigener Unterlage standen (pyrus hat eine Pfahlwurzel), haben sie relativ lang durchgehalten, bis etwa Ende August. Dann war auch dort die Grenze erreicht.

Die Pfirsichernte. 2-3cm Fruchtleichen, abgeworfen.
Zwetschgen, Renekloden, Mirabellen - klein, bitter, trocken, ungeniessbar. Einige Bäume wurden zudem in der Sturmfornt vom September umgerissen, weil das Holz trocken und nicht mehr biegsam war. Auch südliche Arten wie Pfirsiche hatten früh Totalschaden. Am längsten hielten Mirabellen durch. Weiter südlich kamen sie sogar bis zur Reife.

Quitten hielten wurzelecht am längsten durch. Ein alter Baum hat sogar fast normalgrosse Früchte. Das sind die wahren Hitze- und Trockenkönige.  Junge Bäume bekamen nur unbrauchbare Minifrüchte.

Das Wildobst ist fast durchweg verbrannt, vertrocknet. Kornelkirschen, Ribes-Arten, Ölweiden, Aronia, Sanddorn, alle kamen sie an Grenzen und starben oder gingen ins Trockennotprogramm mit Blattabwurf.

Kornelkirsche, vertrocknete Zwergfrüchte

Montag, 4. Juni 2018

Der neue Frühling ist der alte Sommer



Rekordhitze im Mai, die erste Juniwoche fast täglich 30°C, der Frühling ist auch nicht mehr das, was er einmal war. Wärmeliebende Gartenpflanzen im Freiland galoppieren geradezu davon. Früher waren selbst Gewächshauspflanzen um diese Zeit noch nicht so weit. Ein kurzer Gang durch den Garten:

Tomaten im Freiland mit Früchten, die fast schon Endgrösse haben - in der ersten Juniwoche!


Physalis, selbst gezogen, Sorte "Heitmann". Soll eine kleiner bleibende Sorte mit kleinen Beeren, aber sehr früher Reife sein.


Erste Fruchtansätze am Hokkaido-Kürbis. Die Pflanze ist schon 3m lang.


Selbst die Wassermelonen ranken schon meterweit und haben kleine Fruchtansätze produziert. Sonst passiert das erst Anfang Juli.

Beim Obst ist es nicht anders. Der grosse Kirschbaum, "Grolls Schwarze" ist bald pflückreif. Sonst schafft er das erst zwei Wochen später.


Die Tafeltrauben ebenso. Blüte beendet, Beeren wachsen.


Die hochempfindlichen Charentais- und Cantaloupe-Melonen sind bereits im Mai geradezu explodiert und haben nun grosse Fruchtansätze. Selbst gezogen, ungeschütztes Freiland. Die Fruchtbildung ist nach vier bis fünf Wochen abgeschlossen, Anfang Juli dürften sie reif sein. In vielen Jahren hat da gerade erst die Fruchtbildung begonnen.


Das Laub einer Melone. Aussergewöhnlich weit gewachsen und dieses Jahr noch keine Brennfleckenkrankheit, Alternaria.


Die dicken Bohnen haben es bei der Hitze schwer. Verzwergte Pflanzen, kaum Schotenansatz.


Die ersten Kartoffeln. Mit Vliesauflage gezogen wird in der Region schon seit zwei Wochen geerntet. Aber sie leiden unter der Trockenheit.


Eine der Arguta-Kiwis. Blüte abgeschlossen, Früchte wachsen.


Paprika sind empfindlich auf tiefe Nachttemperaturen. Dieses Jahr auch im Freiland bereits Fruchtansatz, Pflanzen gut gewachsen. Das verspricht, ein paprikareicher Sommer zu werden.


Zucchini, meine bewählte alte Lieblingssorte "Coucourzelle". Wir essen die Jungfrüchte schon seit ein paar Tagen, die Ersten im Mai. Die Pflanzen sind bereits riesig.

 

 Zuckermais. Gross und Pollenstände bereits sichtbar, sie schieben sich aus dem Herz nach oben.

 

Freilandaubergine. Mit Blüten und Fruchtansatz. Die im Gewächshaus sind schon doppelt so gross und die erste Frucht kann bald geerntet werden.