Montag, 29. Juli 2019

Kohlerdflöhe / Phyllotreta gewinnen, Kohlgemüse verlieren

Kohlerdfloh an Kraut
Kraut war früher einmal das häufigste angebaute Gemüse in Mitteleuropa und gehörte zu den problemlosesten Kulturen, obwohl bis in die Neuzeit noch keine Pflanzenschutzmittel zur Verfügung standen. Auch andere Kohlsorten waren und sind ungebrochen populär - Grünkohl, Rettiche, Blumenkohl, Blattkohle wie der Chinakohl und vieles mehr.

Kohlerdfloh: Starker Zuwachs


Der Anbau von Kohlgemüse zählt leider zu den grossen Verlierern der letzten Jahre. Der Brandbeschleuniger dafür war das veränderte Klima. Die meisten Arten leiden schwer unter den gehäuft auftretenden trockenheissen Sommern, plötzlichen Starkniederschlägen, immer unbeherrschbareren Krankheiten. Am schlimmsten leiden Kohlsorten unter einigen tierischen Schädlingen, die früher nur selten aufgetreten sind. Heute verursachen sie im Nutzgarten regelmässig komplette Ernteausfälle. Stark zugenommen hat beispielsweise die Verbreitung von Kohldrehherzmücken, Kohlfliegen, weissen Fliegen und einem Schädling, der bei mir alle Rekorde schlägt: Der Kohlerdfloh, Gattung phyllotreta. Mindestens vier Arten sind am Kohl zugange: phyllotreta atra, cruciferae, nemorum, nigripes, undulata. Am häufigsten ist wohl der Gewelltstreifige Erdfloh, phyllotreta undulata. Er liebt trockene Wärme und davon hatten wir letzten Jahre mehr als genug. Dazu kommt noch der verwandte Rapsglanzkäfer, der nach demselben Prinzip dieselben Schäden verursacht.

Lebensweise und Schäden von Kohlerdflöhen


Befall im Juli. In Stunden skelettiert.
Die Viecher sind aufgrund ihrer Lebensweise leicht zu beschreiben. Die Larven leben unterirdisch oder minieren Blätter. Der echte Problemschädling ist erst der fertige Käfer, das sind kleine dunkle Tiere, die auf Kohlblättern und anderen Wirtspflanzen der Kreuzblütler-Gruppe hocken. Ärgert man sie mit Wasser, Bewegung, Annäherung, dann hüpfen sie wie ein Floh mit einem weiten Sprung weg und kommen später einfach wieder zurück. Man kann sie gut sehen und leider auch ihre Wirkung: Sie stechen in die Blätter ihrer Wirtspflanze und durchlöchern sie. Die Schadschwelle ist bei nur 10% zerstören Blattflächen erreicht. Jungpflanzen leiden ganz besonders darunter, innerhalb eines einzigen Tages können kleine Sämlinge restlos zerstört werden. Auch ältere Pflanzenblätter ihrer Lieblingsarten werden innerhalb sehr kurzer Zeit skelettiert, dazu gehören Chinakohl, alle Retticharten, Rauke und die letzten Jahre auch verstärkt Weiss- und Rotkohl. Das heisst leider nicht, dass andere Kohlarten keine Probleme damit hätten, die Zerstörung dauert nur etwas länger. Die Pflanzen kümmern, Jungpflanzen gehen ein, Ernteausfall.

Auch alte Blätter werden durchlöchert. Rettich.

Neuer Ärger


Eben aufgegangen, schon angestochen
Die Literatur dazu stimmt nicht mehr, die Verhältnisse haben sich stark geändert. So ist von einer Generation ab Anfang August pro Jahr die Rede, die letzten Jahren hatten wir aber Probleme von Mitte Juli bis Ende September und im April sowieso. Sind es zwei Generationen geworden oder haben sich die Frasszeiten ausgeweitet? Ganz besonders katastrophal ist die Generation, die Ab Mitte Juli jedes Jahr ein lawinenartiges Massenvorkommen erreicht. Die Käfer überwintern. Sie hüpfen dann bereits ab April an die Wirtspflanzen, mit frühen Aussaaten kann man also kaum mehr ausweichen. Befallspausen gibt es nicht mehr, einige Käfer sind immer da. Im Mai paaren sie sich erstmalig, der Befall wird dann etwas schwächer, im Juli kommt dann die Lawine der Folgegeneration. Diesen Massenbefall gab es früher definitiv nicht, jetzt ist er die Regel. Letzte Woche habe ich wieder einen Massenbefall der Generation erlebt, die im Frühling Eier gelegt hat. Innerhalb von zwei Tagen waren grosse, alte Rettichblätter teilweise oder ganz zerstört, erwischt hat es natürlich auch alle anderen Kohlarten. Auch in anderen Gegenden kam es zeitgleich dazu - die Sommergeneration ist geschlüpft.

Bekämpfungsmethoden


Chinakohl, besonders beliebte Wirtspflanze
Schlaue Menschen und schlaue Bücher geben viele Tipps gegen Kohlerdflöhe. Ich habe endlos Taktiken der Vorbeugung und Bekämpfung ausprobiert, um trotzdem noch etwas anbauen zu können. Eine unvollständige Liste:
  • Unkrautbekämpfung. Wirtspflanzen sind unter anderem das behaarte Schaumkraut, ein häufiges Gartenunkraut. Beseitigt man die Wirtspflanzen, die wie das Schaumkraut ganzjährig zur Verfügung stehen, senkt man die Attraktivität des Standorts, so die Behauptung. Habe ich konsequent bekämpft. Effekt: Null.
  • Anbaupause. Ein komplettes Jahr ohne Kohlgemüse ausprobiert. Vielleicht wirft sie das ja zurück, wenn sie keine Wirtspflanzen finden. Effekt: Null. Ende April waren sie im Folgejahr in voller Stärke sofort wieder zur Stelle. Auch die Neuanlage eines separat gelegenen Gartenstücks brachte keinen Vorteil. Entweder sie wandern aus weiten Entfernungen zu oder sie sind sowieso überall. Angesichts ihrer sehr guten Springfähigkeiten glaube ich, dass sie einfach durch die Gegend hüpfen bis sie Wirtspflanzen finden.
  • Feucht halten, mulchen. Feuchtigkeit mögen sie angeblich nicht. Eine Kultur beregnete ich täglich mehrmals ein paar Minuten über Kopf, mulchte. Effekt: Null. Auch öfter hacken nutzt nichts. Mit der dauernden Feuchtigkeit holt man sich ausserdem Pilzkrankheiten.
  • Rapsöl als Pflanzenschutzmittel, z.B. "Naturen bio Schädlingsfrei". Effekt: Null. Sie hüpften weg und waren sofort wieder da. 
  • Mischkulturen. Gerne wird Salat und Spinat empfohlen. Effekt: Null. Der Rettich, eingekreist von Salat war genauso schnell durchlöchert wie ohne Pflanzen daneben.
  • Nützlinge. Igel und Spitzmäuse fressen sie angeblich. Von beidem haben wir massenhaft Tiere im Garten. Effekt: Null. Raubkäfer und Schlupfwesen sollen auch für Druck sorgen. Wie kriege ich die her? Unser Garten ist eh sehr naturnah. Mehrere Folgejahre mit starkem Befall hätte den Nützlingen gute Lebensbedingungen bieten müssen, aber offenbar hatten die keine Lust auf die reichhaltig gedeckte Tafel mit massenhaft Kohlerdflöhen drauf.
  • Gut entwickelte Jungpflanzen setzen statt im Beet aussäen. Das hat früher besser funktioniert, mittlerweile ist der Befallsdruck so stark, dass auch solche gesetzten Pflanzen schnell totgestochen werden. Ausserdem sind gut entwickelte Jungpflanzen von einigen Kulturen unmöglich - Radies, Rettich, Teltower Rübchen, um einige zu nennen.
  • Mit Gesteinsmehl bestäuben. Effekt: Null. Der ausbringende Mensch hustet mehr wie die vermaledeiten Flöhe.
  • Leimfallen, Gelbsticker. Effekt: Null. Einzelfänge, die irrelevant bleiben. Vielleicht klappts besser, wenn man Leimtafeln mit eingearbeiteten Senfölen hätte, die nach Kohlblatt riechen. Habe ich nicht, gibts nicht.
  • Sehr teuer, mühsam aber teilweise wirksam sind Netze oder dichtes Vlies. Die Maschenweite darf höchstens 0,9mm betragen. In der Anwendung sind Netze schwierig. Bereits bei der Aussaat oder Pflanzung muss das Netz sofort aufgelegt werden. Anwendbar nur auf Flächen, die im vorigen Jahr kohlerdflohfrei gewesen sind. Die Ränder muss man eingraben, vorher darf wie gesagt kein Kohlgemüse an der Stelle gewachsen sein, damit keine Larven aus dem Boden kommen und dann schon im Netz drin sind. Die Netze sind teuer und begrenzt haltbar, sie müssen mit Abstandhaltern zur Erde hin gelegt werden damit die Pflanzen nicht plattgedrückt bleiben und bei Hitze haben Netze gravierende Nachteile, vor allem heutzutage, wo die Sonne schon ohne Netz Kohlgemüse totbrennt. Hacken gegen Unkraut geht mit Netz nicht mehr so einfach. Es wird noch heisser unterm Netz, das Risiko steigt dass die Pflanzen schiessen oder den Hitzetod sterben. Sie sind nur etwas für den Frühling oder wenn im Juli beim massenhaften Auftreten der nächsten Generation zufällig einige Wochen kühles Wetter herrscht. Im Bioanbau ist Vlies im Frühling beliebt, bis die Pflanzen ein gutes Entwicklungsstadium haben, dann wird es heruntergenommen. Das klappt aber nur, solange es kühl ist und der Zuwanderungsdruck gering bleibt. Vlies mit Verletzungen ist für den Abfall und Vlies im Sommer geht nicht.
Kohlrübenblatt, ältere Blätter werden eher vom Rand her
angestochen
Im kommerziellen Anbau nutzt man mehrere Insektizide und wechselt ab, um die Entstehung von Resistenzen zu verzögern. Ein beliebtes Mittel im kommerziellen Anbau enthält Lambda-Cyhalothrin, ein synthetisches Pyrethroid. Ein Pyrethrum steht auch dem privaten Nutzgärtner zur Verfügung, es ist in einigen Universalinsektiziden enthalten, kann aber nur bei kühlen Temperaturen angewendet werden. Der Nutzgärtner wird Pflanzenschutzmittel natürlich vermeiden wollen. Ein verzweifelter Versuch damit brachte kurzfristige Erleichterung, aber nur eine sehr kurze Wirkung, neue Flöhe wanderten bald wieder zu und machten einfach weiter. Sinnvoller wäre ein systemisches Mittel gewesen, das eine Weile in der ganzen Pflanze wirkt. Mittel mit Dimethoat sollen das leisten - angeblich. Sie sind aber nur noch für Zierpflanzen und bald gar nicht mehr zugelassen und alles andere als gesund. Von den Pflanzenschutzdiensten für den kommerziellen Anbau empfohlen wird ein Chlorantraniliprol - Präparat, Wirkung zeigt auch Spinosad, Thiacloprid, Acetamiprid.

Letztere Beide sind Neonikotinide. Andere früher gegen Kohlerdflöhe eingesetzten Neonikotinide sind vor einigen Jahren nicht ohne Grund verboten worden. Sie sind zum Beispiel auch bienengefährlich. Es gab auch eine trickreiche Methode unter Zuhilfenahme von Neonikotiniden, die im Rapsanbau gut wirkte, ohne dass Pflanzenschutzmittel versprüht werden musste. Das Saatgut wurde pilliert und gebeizt, so dass es bereits bei der Aussaat ein systemisches Mittel mit bekam. Bis zum Sechsblattstadium war der Raps damit optimal vor Kohlerdflöhen geschützt. Abrieb und sehr lange Bodenhalbwertszeiten waren aber auch hier ein grosser und entscheidender Nachteil. Doch das sind alles historische Betrachtungen von Methoden, die dem privaten Nutzgärtner ohnehin nie zur Verfügung stehen oder standen und die er auch nicht anwenden will. Seine Ansichten sind aber irrelevant, er konsumiert sie trotzdem mit und sorgt indirekt sehr wohl für ihre Anwendung, wenn er das Gemüse kauft statt selbst anbaut.

Grünkohl, die zarte Blattmitte wird bevorzugt angefallen. Und die weissen Fliegen sind auch schon da.
Was bleibt also dem Nutzgärtner? Nur eine Kombination verschiedener Methoden. Jungpflanzen vorziehen, teure Netze im Frühling nutzen, bei Massenbefall mit Pyrethrum behandeln.

Mittwoch, 26. Juni 2019

Puffbohne, Teil 2 - Sommeranbau, Ernte, Zubereitung

Dicht geschlossener Bestand an dicken Bohnen
Im letzten Beitrag über Dicke Bohnen ging es um ihren möglichen Winteranbau. Die Bohnen haben Ende April zu blühen begonnen, die Blüte dauert folgernd bis Ende Mai an, dann setzen sie Schoten an wie immer und sind nun erntereif. Die Bestände der Wintersorte waren ab Anfang Mai dicht geschlossen. Von da an wurde jedes Unkraut sehr effektiv unterdrückt. Nach der Ernte ab Ende Juni erhält man einen unkrautarmen Boden, der mit Stickstoff angereichert ist. Für die Samengewinnung lasse ich immer einige Pflanzen noch länger stehen.

Sommeranbau


Guter Fruchtansatz im Bestand, Blick von oben
Für den Sommeranbau sät man sie ab Ende Februar, spätestens Mitte März. Wenn der Boden nirgends mehr gefroren ist, steckt man das Saatgut ca. 4-6cm tief in den Boden, also relativ tief. Der Aufgang dauert Wochen, nicht gleich ungeduldig werden. Laub und Kerne sind gut frostfest, -8°C werden noch vertragen. Einer ihrer Nachteile beim Sommeranbau ist ihr hoher Wasserbedarf. Puffbohnen wollen immer feuchten Boden, Hitze schätzen sie nicht. Im Mai aussäen und dann im Sommer ernten funktioniert nicht. An den Boden werden ansonsten wenig Ansprüche gestellt. Schwerer Boden ist für die Keimung nicht gut, aber wenn sie mal da gekeimt sind, wachsen sich auch dort. In feuchtkühlen aber milden Jahren bei früher Aussaat laufen sie zu Höchsterträgen auf. Man könnte deshalb auf die Idee kommen dass sie auch im Halbschatten gedeihen. Das tun sie tatsächlich, aber sie setzen dann kaum Schoten an. Leider wollen sie es auch hell für gute Erträge. Das merkt man auch dann, wenn man sie zu dicht gepflanzt hat. Wer stärker beschattet wurde, trägt weniger.

Erntereif, Kernfarbe wechselt
Ab Ende Juni wird geerntet. Die optimale Erntereife lässt sich an den geöffneten Bohnenschoten erkennen. Die Bohnen darin verändern sich in der Farbe, hellen an den Rändern auf. Der Nabel beginnt, sich leichter zu lösen. Wird der Nabel gelb, sind die Bohnenkerne für Saatgutgewinnung richtig, aber für die Küche sinkt die Qualität dann wieder. Sie werden vollreif zu hart, zu grob und die Samenschale wird zäh. Zu frühe Ernte zeigt sich daran, dass die Kerne noch zu weich sind, die Keimblätter darin zu wenig aufgebaut. Oft sind an den Pflanzen auch noch kleine Schoten. Es lohnt sich nicht, darauf zu hoffen dass die noch gross werden. Die Kerne darin bleiben klein. Mehr packt die Pflanze im Sommer nicht, das Laub vergilbt auch schon. Am Besten immer alles komplett abernten.

Wurzeln, Knöllchen mit Stickstoffsammlerbakterien drin
Geerntet wird, indem die Triebe bodennah abgeschnitten werden, dann die Schoten von den Trieben abgerissen und ausgehülst. Innerhalb eines Tages die Kerne verbrauchen, alle übrigen Kerne wie unten beschrieben behandeln. Alle Wurzelstöcke verbleiben im Boden, werden bei der Beetvorbereitung für die Nachkultur mit der Hacke zerteilt und dann ganz untergehackt. Nur so nutzt die Fähigkeit der Wurzeln, Luftstickstoff zu binden auch dem Boden und der Nachfolgekultur etwas.

Wer nur ein einzelnes reinsortiges Beet im Garten anlegt, kann Saatgut gewinnen, die Bohnen können sich dann nicht verkreuzen. Mit dem Ackerbohnenkäfer befallene Kerne sind gut zu trocken und dann für zwei Wochen einzufrieren. Das schadet ihnen nicht, aber dem Käfer. Saatgut zu haben ist wichtig, im Samenhandel sind Puffbohnen für eine uralte, lizenzfreie und problemlose Hülsenfrucht geradezu sündhaft teuer, denn man bekommt immer nur wenige Bohnen weil die Kerne so gross und schwer sind. Das Standardtütchen reicht nur für ein paar Pflanzen, eine kurze Einzelreihe.

Erträge


Ertrag einer mehrtriebigen Pflanze, Wintersorte Priamus

Die Erträge von Ackerbohnen sind oft frustrierend niedrig. Bei guter Kulturführung komme ich auf:

  • pro Pflanze, die mehrtriebig wächst auf 200g frische Bohnenkerne
  • 10 Quadratmeter bringen 12kg Schoten, darin sind 10kg frische Bohnenkerne
  • 10qm erbringen ausserdem 20-24kg grünes Bohnenstroh, die Trockenmasse habe ich nicht gemessen, vermutlich aber um die 3kg.
  • hinzu kommen die tiefen Wurzeln mit ihren Knöllchen, in denen die stickstoffixierenden Bakterien leben. Die Biomasseproduktion der Pflanzen ist also nicht schlecht.
Entscheidend für einen guten Ertrag ist eine durchgängige Wasserverfügbarkeit bis Mitte Juni und eine gute Belichtung von Einzelpflanzen. In der Mitte eines geschlossenen Bestandes ist nicht mit so guten Erträgen zu rechnen, weil sich die Pflanzen gegenseitig beschatten. Vom Ertragsstandpunkt aus ist eine Pflanzung in Einzelreihe ideal und bei Flächenpflanzung hohe Abstände von 40cm zwischen den Bohnenstauden. Man darf sich da nicht von Bohnenfeldern in der Landwirtschaft täuschen lassen, die es im Bioanbau gelegentlich gibt. Dort stehen die Pflanzen eng, es geht aber nicht um den Bohnenertrag sondern um den gebundenen Stickstoff, um die produzierte Biomasse der gesamten Pflanze und um die Unkrautunterdrückung.


Mehrtriebig wachsende Sorte

Sorten


Sommersorten für den Hobby-Nutzgärtner gibt es nicht wirklich viele, dafür aber mehr Namen, die auf dieselbe Sorte verweisen. So ist Witkiem die Sorte "Frühe Weisskeimige". Dann gibt es noch "Hangdown",  "Dreifach Weisse", "Piccola". Die Unterschiede im Anbau sind oft gering, ich konnte in Pflanzen, Ertrag und Reifezeit meist nur wenig Unterschiede feststellen. Daneben gibts noch ein paar wenige historische (z.B. "Sussex Wonder") und neuere Sorten und die mit roten Blüten ("Karmesin"). In meinem windböengeplagten Garten nehme ich gerne "Hangdown", die halbwegs standfest ist. "Karmesin" ist hübsch, hat mir aber zu niedrige Erträge. Der gute Blütenduft scheint überall gleich stark zu sein.

Krankheiten


Von Krankheiten und Problemen war bisher kaum die Rede. Das hat einen Grund: Es gibt fast Keine, die wirklich ärgerlich sind. Mit drei Ärgernissen hatte ich im langjährigen Anbau schon zu tun:
  1. Windböen reissen die Halme um. Heutzutage sind Gewitter bereits früh im Jahr normal und die Zahl der katastrophalen Böenwindlagen hat deutlich zugenommen. Viele Sorten halten Böen nicht aus und werden abgerissen. Sie sind nicht standfest genug. Puffbohnen anbinden wäre viel zu viel Mühe, die einzige Möglichkeit sind standfeste Sorten. Ganz standfest ist Keine, aber manche sind da unempfindlicher, z.B. "Eleonora" und auch der Klassiker "Hangdown" ist bei mir ganz gut. Auch die Wintersorte Priamus ist zwar hoch, aber hat recht fest dicke Halme, die Böen gut aushalten.
  2. Schwarze Bohnenlaus
    Die schwarze Bohnenlaus ist ein sehr häufiger Gast. Sie tritt meist auf, sobald die ersten kleinen Schoten da sind. Bevorzugt werden weiche, junge Blätter und der obere Teil des Triebs befallen. Es bringt aber überhaupt nichts, sich über diesen Befall aufzuregen. Natürlich kann man mit Seifenlösung, einem kräftigen Wasserstrahl oder sonstigen Mittelchen dagegen vorgehen, aber das ist verschwendete Zeit und hinausgeworfenes Geld. Die Läuse schaden kaum mehr und zudem kommen sehr bald massenhaft Läusevertilger. Das sind Marienkäfer, ihre Larven, Florfliegenlarven und anderes Getier. Meistens werden die Läuse nach wenigen Wochen so radikal weggefressen, dass sie ganz verschwinden.
  3. Der Ackerbohnenkäfer (Bruchus rufimanus) sticht die Körner an und legt Eier hinein. Das führt zu angefressenen Bohnenkernen. Nicht alle Käfer schlüpfen, manche bleiben in den Bohnen, werden im Folgejahr mit ausgesät und infizieren so den neuen Bestand. 
Gelber Nabel, reife Kerne. Und bereits angefressen von einer Ackerbohnenkäferlarve

 

 

Verwendung und Tricks in der Küche


Grundregeln für die Zubereitung von dicken Bohnen:
Geschälter Bohnenkern, zu sehen sind die Keimblätter
Samenhaut entfernt und gedünstet, grüne und gelbe Sorte.
Zart und edel.
  • Nicht salzen, während das Bohnengericht kocht! Auch nicht in geringen Mengen. Diese Regel verletzen erstaunlich viele Köche und wundern sich dann, dass die Bohnen hart werden. Der Effekt ist von einigen Hülsenfrüchten bekannt, aber keine Hülsenfrucht ist so empfindlich und reagiert so stark auf Salzgaben wie Puffbohnen. Sie beantworten Salz mit Härte, die ganze Konsistenz verändert sich, jede Zartheit ist dahin. Salz erst nach Abschalten der Hitze und dem Ende des Kochvorgangs zufügen. Bei kalten Gerichten wie einem Salat erst dann salzen, wenn die Bohnen abgekühlt sind.
  • Bohnen im richtigen Reifezustand ernten, dann sind sie am Besten. Der ist erreicht, wenn sich die ersten Kerne leicht vom Nabel brechen lassen. Wird der Nabel bereits gelb und löst sich von selbst, hat man zu lange gewartet. Sie werden dann härter, verlieren ihre Zartheit, die grüne Farbe leidet, sie schmecken grober. In diesem Zustand sind sie richtig, um sie zu trocknen und als Saatgut fürs nächste Jahr zu verwenden.
  • Hat man sie zu lange reifen lassen, gibt es noch eine Rettungsmöglichkeit, um sie zu essen, allerdings verursacht das Arbeit. Die Kerne können nämlich auch geschält werden, die zähe Samenhülle wird abgestreift, so dass die beiden grünen und zarten Keimblätter zum Vorschein kommen. Kurz in Butter gedünstet sind sie ein wirklicher Hochgenuss, aber viel Arbeit.
  • Puffbohnen sind erstklassig fürs einfrieren geeignet. Dazu die Kerne kurz in Wasser (ohne Salz!) blanchieren, wer hat kann es mit Bohnenkraut ansetzen, nach wenigen Minuten Kochzeit abgiessen, kalt abschrecken, gut abtropfen und portionsweise in Gefrierbeutel abfüllen. Auftauen geht genauso, einfach in sprudelnd kochendes Wasser werfen und dann verwenden wie frische Puffbohnen.
  • In Sardinien wahrscheinlich auch anderen Mittelmeergegenden gibt es erstaunlich leckere eingelegte Puffbohnen im Glas. Die Zutatenliste: Puffbohnen 63%, Sonnenblumenöl, natives Olivenöl extra, Petersilie, Fenchel, Knoblauch, schwarzer Pfeffer, Weinessig, Salz, Zucker, Säurekorrektor: Zitronensäure. Einfach und gut. Gegessen habe ich die schon oft, eine Eigenproduktion steht noch auf der Aufgabenliste.
Teil 1: Puffbohne, dicke Bohne im Winteranbau

Sonntag, 2. Juni 2019

Totalausfall beim Frühlingsblütenhonig

Der Honig tropft nur, Zeichnung meiner Tochter
Die wichtigste und beste Honigsorte unserer Region ist dieses Jahr komplett ausgefallen. Es gibt dieses Jahr keinen Frühlingsblütenhonig. Der wird hier ansonsten oft sehr, sehr gut, denn er enthält viel Nektar verschiedener früh blühender Steinobstarten: Vor allem Wildkirschen aus dem Wald, Schlehen, viele Wildpflaumen, Zwetschgen, Myrobalane. Das ergibt leckere, differenziert schmeckende Honige, hellgelb und auch ohne rühren nicht besonders hart, sondern meist noch streichfähig. Allerdings kristallisieren sie spät und dann etwas grob.

Ja, auch das gibt es, Jahre in denen man viel Mühe, Zeit und Energie investiert, aber einfach nichts dabei herauskommt. Zum Beispiel dieses Frühjahr. Wie kam es dazu? Wie so oft in den letzten Jahren hatten wir mit einem Donnerschlag Hochsommer ab März bis Ende April. Es war viel zu trocken und heiss, die Blüte rauschte rasend schnell durch wie ein Superschnellzug. Ehe die Bienenvölker auch nur annähernd stark genug waren um Nektarüberschüsse sammeln zu können, waren die Blüten schon verblüht. Normalerweise geht es aber im Mai noch zwei Wochen weiter, Raps, Quitte, Weissdorn und andere Blühpflanzen kommen dann noch. Anders dieses Jahr: Mit einem weiteren Donnerschlag folgte ein Winter im Mai. Bitterkalte Nächte mit kräftigem Bodenfrost und einmal sogar Luftfrost, auch immer wieder Regen, der vorher so dringend vermisst wurde. Im Obstbau gab es Schäden, Weinreben sind abgefroren, Blüten von spätem Kernobst wie Quitten geschädigt. Es gibt fast kein Jahr mehr ohne Frostschäden, weil lange Wärmeperioden ab Spätwinter für sehr frühen Austrieb sorgen und dann doch noch Frost kommt. In Jahren wie 2017 sogar mit Totalausfall aller Obstarten nach bis zu -8°C am 20. April. Die Kälte vernichtete viel junge Brut bei den Bienen, die Entwicklung wurde zurückgeworfen. Es war ausserdem zu kalt, um zu fliegen. Bienen können erst ab 15°C richtig fliegen, vorher kommen ihre Flugmuskeln nicht mit der Kälte klar.

Das war nicht alles. Ein paar wenige Völker schafften es, stark genug zu sein um etwas Honig einzulagern. Doch in den Kälteperioden wurde der nicht weiter getrocknet und weiterverarbeitet, sondern blieb halbreif in den Waben und wurde teilweise gleich wieder ausgefressen. Was überhaupt vorhanden war, hatte viel zu hohe Wassergehalte. Dieser Honig bekommt recht bald Probleme mit unerwünschter Gärung und hat auch nicht das Aromaniveau normaler Jahre. Man kann ihn eigentlich nur als Backhonig oder zum wieder Einfüttern im Spätsommer verwenden.

Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, fiel auch die Rapsblüte aus. So herrschte letztes Jahr eine Jahrhunderttrockenheit, die bis Ende November andauerte. Es war viel zu trocken, der im Herbst ausgesäte Raps konnte in der Staubwüste nicht keimen. Somit gibt es dieses Jahr auch fast keinen Raps, wohl die wichtigste Trachtpflanze die den Bienen die Landwirtschaft noch bietet.

Die Kälteperioden im Mai brachte auch noch Stress bei den Bienen selbst, die bei solchen Reizen gerne in Schwarmstimmung geraten. Schwärmt ein Volk ab, ist auch eine eventuelle spätere Sommertracht futsch, denn die meisten Bienen sind auf und davon.

Im Nachbarbezirk gab es dazu noch besonderen "Spass", dort brach die Faulbrut aus, kranke Bienenvölker mussten vernichtet und verbrannt werden, ein Sperrbezirk wurde eingerichtet. Damit sind so ziemlich alle denkbaren Katastrophen gleichzeitig auf Bienen und Imker herniedergeprasselt und ich hoffe, das Unglückskonto ist nun etwas geleert und abgearbeitet, so dass wir in einem Jahr "Neues Jahr, neues Glück" spielen können.

Honig gibts im Supermarkt, nicht beim Imker
An Honig herrscht trotzdem kein Mangel. Nicht von hier, aber importiert. In Deutschland gibts es sowieso fast kaum Honig, daran hat man sich gewöhnt. Gerade mal 20% des Bedarfs wird von heimischen Honigproduzenten gedeckt. Die Preise sind schlecht, Hobbyimker stecken generell mehr Geld hinein wie aus Honigverkauf erlösbar ist. In der EU sieht es etwas besser aus, aber auch dort kann der benötigte Bedarf nicht einmal annähernd gedeckt werden. Es wird also kräftig importiert. Fast 40 Prozent der gesamten EU-Importe kommen aus China. Wahrscheinlich noch viel mehr, denn Falschdeklarationen oder Umwege über Drittstaaten, um die Herkunft reinzuwaschen sind in diesem Geschäft Usus. Der letzte Importstopp aus China wegen antibiotikabelastetem Honig führte zu einer wundersamen schlagartigen Erhöhung der Ausfuhren Malaysias in Höhe des vorherigen chinesischen Exports. Und zu Honigimporten Malaysias aus China in derselben Höhe.

Gekauft wird einfach alles, Hauptsache billig. So ist es in China üblich, Honig unreif zu entnehmen, ihn zu erwärmen und in industriellen Vakuum-Trocknungs-Anlagen zu behandeln, in Deutschland ist das alles verboten. Damit fehlen die wertvollen bieneneigenen Enzyme. Über ausgefeilte weitere chinesische Tricks hatte ich schon einmal geschrieben, die ganz speziell für die gängigen Analyseverfahren der Labore massgeschneidert sind, um die Fälschung mit Zuckersirupen und Panscherei zu verdecken.

Chinesischen Importhonig etwa gibt es auf dem Weltmarkt bereits für 1,20 Euro pro Kilogramm. Kostendeckend in Deutschland bei kleinen Imkern sind 12 bis 15 EUR pro Kilo, also ab 6 EUR das Glas Honig. Die meisten Imker kalkulieren gar nicht erst und wenn, dann rechnen sie nicht alle tatsächlichen Kosten ein. Augenfällig sind nur Kosten fürs Material und Bienenfutter. Aber Fahrten zum Bienenstand incl. Fahrzeugnutzung, Kosten der Nachverarbeitung, Kosten für Lager und Platz, Kosten das ganze Handwerk überhaupt zu lernen und stetig weiterzulernen, Kosten der Vermarktung und die Zeit sowieso nicht. Es summiert sich gewaltig.

6 EUR bekomme ich natürlich auch nicht fürs Glas und über Preise zu jammern ist für Hobbyimker kein Thema, unsere Erfüllung finden wir bei den Bienen. Auch deshalb bereitet mir der Ausfall dieses Jahr wenig Sorgen. Das Hobby kostet sowieso immer Geld und für mich selber reicht der Honig vom letzten Jahr noch gut und lange. Und für die Anderen: Wohl bekomms und guten Appetit bei der Honigmischung "aus EU-Ländern und Nicht-EU-Ländern". Und schön billig ist Made in China ja immer, jedenfalls auf kurze Sicht.

Sonntag, 26. Mai 2019

Die Errettung der Kürbisse und Melonen vor dem Spätfrost

Kürbis nach der Auspflanzung
Der Anbau von Melonen und anspruchsvollen Kürbissorten, vor allem der Art C. moschata (Moschuskürbisse) ist oft ein Pokerspiel mit dem Frühlingsklima als Mitspieler. Wünschenswert wäre ein möglichst früher Vegetationsbeginn. Das wirkt sich wesentlich auf Erträge und Qualität aus. Melonen sollen normalerweise aber erst nach den Eisheiligen Mitte Mai ins Freiland, wenn die Nächte warm werden. Aber selbst frühe Sorten werden dann frühestens Ende Juli reif. Weniger frühe Sorten liefern erst im August erste reife Früchte. Da werden die Schatten schon länger, die Früchte weniger süss und das Risiko für Pflanzenkrankheiten steigt von hoch zu sehr hoch. Ein reifender zweiter Fruchtansatz ist dann auch nicht mehr zu erwarten, dafür reicht die Zeit nicht mehr. Ab Ende August lassen Aroma und Süsse der dann noch reifenden Melonenfrüchte immer weiter nach.

Melonen schon im April auspflanzen?


In den letzten Jahren war es aber oft schon ab Mitte April sommerlich warm und keine kühle Nacht störte das Wachstum. 2018 war auch so ein Jahr, im Prinzip herrschte ab Mitte April dauerhaft Hochsommer. Die Melonen wurden schon Anfang Juli reif und fruchteten danach noch viel länger, die gesamte Saison brachte eine herrliche Melonenschwemme.

Geringere Anforderungen bei Kartoffeln
Vlies einfach übergezogen
Aber das klappt eben nicht immer. Von Sorten, von denen das Saatgut nicht teuer ist ziehe ich deshalb in der Regel mehr Pflänzchen vor wie verfügbaren Pflanzplätze da sind. Die erste Serie wird früh ausgepflanzt. Kommt doch noch Frost, habe ich noch eine weitere Serie in der Hinterhand und ich pflanze nach. Kommt kein Frost und wächst die erste Serie gut, habe ich das Glücksspiel mit dem Wetter gewonnen. Und diverse Freunde ebenfalls, denn dann verschenke ich die überzählig gewordenen Pflänzchen der zweiten Serie an sie.

Richtig schwierig sind Jahre wie jetzt, 2019. Der April war sommerheiss mit warmen Nächten. Die Aussichten waren sehr gut. Ich pflanzte die erste Serie Melonen und Kürbisse aus. Gepflanzt wurde wie immer in sechs Monate altem Pferdemist, der mit schwarzem Vlies abgedeckt war und mit Schlitzen an der Pflanzstelle geöffnet. Doch ab Ende April kam der Winter unerwartet heftig wieder und das mit zwei je dreitägigen deftigen Bodenfrostserien, die Letzte erst Mitte Mai. Für einige schon weit in der Entwicklung befindlichen Obstsorten hatte das katastrophale Folgen, beispielsweise sind Quittenblüten erforen, der Wein ist entweder abgefroren oder schwer geschädigt. Und sämtliche Gurken, Melonen, Kürbisse wären ohne Schutz ebenfalls draufgegangen. Unter diesen schweren Bedingungen wollte ich ausprobieren, ob die ausgepflanzten Pflanzen trotzdem zu retten waren.

Die Sache mit dem Frostschutzvlies


Vlies über den sehr frostempfindlichen Kiwis
Oben trotzdem Frostschäden, unten Richtung Boden nicht.
Ein Vlies drüberziehen reicht dafür aber nicht aus. Direkt unter dem Vlies wird es zu kalt. Das Vlies verhindert nur, dass der Boden seine Wärme in den Himmel abstrahlen kann. Direkt am Boden bleibt es dann wärmer, während rauf zum Vlies hin die Temperatur in Richtung Umgebung absinkt. Und die ist kalt. Saukalt in dieser niedrigen Höhe. Wenn in zwei Metern noch 2°C herrschen, kann es am nackten Boden knackige -3°C haben. Dieses Jahr ging es laut Messung bis auf 0°C und am Boden -5°C herunter. Entweder, man hängt das Vlies höher, was aber von der Konstruktion her und bei Wind gar nicht möglich ist. Der Wind hört zwar nachts auf, aber um Mitternacht wird man im Dunklen nicht mehr loziehen wollen, um das Vlies aufzulegen, zudem ist dann der Boden schon zu stark abgekühlt. Alternative: Man isoliert das Vlies zusätzlich richtig gut.

Erst das Pflänzchen unters Vlies schieben...
Die Zusatzisolierung habe ich diesmal probiert und zwar durch Aufstreuen von billiger Gartenerde aus dem Gartenmarkt und wahlweise mit humusartigem, trockenen Pferdemist vom letzten Jahr. Unten die Pflanze, dann ein Vliesstück drübergelegt, 3cm Humus drübergestreut. Die jeweils drei Tage während der Frostperiode liegen gelassen, dann abgezogen. Die Kürbisse haben den dreitägigen Lichtmangel sehr gut weggestreckt, keine Ausfälle, keine vergilbten Blätter. die Melonen teils gut, teils mässig. Wassermelonen zeigten sich zickiger wie Zuckermelonen. Nur bei 10% der Pflänzchen habe ich nachgepflanzt aus Furcht vor eventuellen Schädigungen, die das Wachstum vielleicht noch wochenlang bremsen. Alles in allem ein guter Erfolg und dazu geeignet, die Pflanzen trotz unerwarteter Wetterstürze im Mai überleben zu lassen.

... dann mit Erde bestreuen. Das Brett, damit der Wind nichts hochhebt.

Eine Woche nach dem Frost - alles wächst prima weiter.

Melonen: Mehr Sorten und Schwemme trotz Kaltjahr
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Melonen, was brauchen sie?
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Melonen im Nutzgarten: Sortenerfahrungen und Sortenempfehlungen
Melonen: Koreanische Chamoe-Melonen

 

Sonntag, 19. Mai 2019

Gartenzone stirbt?

Vorsicht, es folgt teilweise eine Tirade. Wer nur die frohe bunte Gartenwelt im Frühling sucht, sollte den Beitrag nicht lesen. Aber immerhin: Es geht vorwiegend um Gärten.

Die Entwicklung der Gartenzonen


"Entwicklung" neuer Beton- und Schotterfelder auf vormals
bestem Boden - Platz ohne Ende?
Nüchtern betrachtet sterben Gartenzonen. Leute, die keine Zucchini kaufen, die vom LKW über 2000km Autobahn und über Lagerhallen aus Spanien hergekarrten wurden sondern selber neben der Haustür eine Zucchini pflanzen sind eine stark geschrumpfte Kleinstgruppe. Auch ihre Gärten sind stark schrumpfend, die Kleinflächen werden zu Kleinstflächen, die Kleingärten zu Baugebiet mit gar nichts mehr.

Leben in immer stärkerem Widerspruch


Öffentliches Vorbild: Das Freibad wurde "umgestaltet"
Auch der Bürger gestaltet um
Gestaltung von Natur und Seele
Nutzgärten sind von gestern oder sogar von vorgestern. Out. Man hat heute Schottergärten, gar keine Gärten, Sitzplatzgärten, Grillgärten, Gärten voller Bauwerke und Gartenhütten, erregt sich zwar über Pflanzenschutzmittel und Autoverkehr, kauft aber weit hergekarrtes Gemüse aus Intensivkultur und brettert dafür mit Hilfe von 1,5 Tonnen Blech mit -zig Pferdestärken in einen Supermarkt. Man mäht seinen Kleinrasen zehnmal im Jahr mit viel Energie und unter Motorengebrüll, aber die Obstwiese einmal im Jahr mähen ist "zu viel Arbeit" und der Apfelbaum am Haus macht ebenfalls zu viel Arbeit. Oder man zahlt für die "Gartenpflege" an der Mietswohnung, die im Rasen mähen und Müll aus dem Cotoneaster klauben besteht. Ganz unmöglich, dort einen Obstbaum zu pflanzen. "Hilfe, wer soll denn all die Früchte essen? Und dann kommen bloss die Wespen?" Man eröffnet mit viel Publikum und 20 Sponsoren wieder einen Schulgarten, der kaum 20 Quadratmeter an Beeten hat, ein halbes Jahr später ist er von einer "dekonstruktiv tätigen" Schülergruppe zerstört und den Sommer übersteht er auch nicht, weil sich niemand findet der in den Sommerferien gelegentlich danach sieht. Mallorca für den Verwaltungsangestellten / Toskana oder Neuseeland für den Studienrat und der neue Supergrill gehen vor. Das Obst kommt von weit her, auf dem Grill liegt Fleisch, für das die EU 80% der proteinreichen Futtermittel importiert - gentechnisch verändertes Soja von Flächen in Südamerika, die einmal Urwald waren. Praktischerweise werden auch gleich die Leiharbeiter des Fleischwerks importiert, die LKW-Fahrer, alles wofür möglichst wenig Lohn gezahlt wird. Sogar die Sozialleistungsempfängerkaste wird importiert. Welch ein Fortschritt, Hauptsache die Leute werden fetter und "der Ranzen spannt", also alles gut?

Garten?
Wer auf Nutzgarten und Selbstversorgung steht statt nur den Umweltschützer und Blumenfreund vorzuzeigen, ist noch viel mehr von gestern. Out. Der begriffsverwandte "Kleingärtner" ist ein Schimpfwort und vermittelt miefige Spiessigkeit. Ein Gartenzwerg. Jemand, der "nicht über den Gartenzaun sieht". Tagsüber Gift im Garten spritzen, die Nachbarn beobachten, abends mit dem blanken Bierbauch am Grill sitzen, das ist das Bild des Kleingärtners. Ich bin auch schon länger Imker. Imker sind dagegen momentan schwer modern, sie sind Umweltschützer, Tierfreunde, Helfer der Natur, sie schwimmen in den Medien und der Gesellschaft wie Fettaugen oben auf der Suppe. Wankelmütig ist die Gunst des Volkes und ganz besonders die der Medien.

Vor der eigenen Haustür keinen Deut besser


Ausgleichsflächen heute, die wegen anderen Beeinträchtigung
der Natur geschaffen werden müssen: Zusammengefahren
und verlottert in der Agrarwüste
Hier in der Kleinstadt Möckmühl ist das wie überall im Land dasselbe, manche Effekte sind sogar schlimmer und sichtbarer. Man hat an vielen Ecken den Eindruck, die Mehrheit der Leute lehnt Freiheit, Naturnähe, nicht zugemauerte Gegend, die eigene Lebensumgebung, Selbstbewusstsein und selbst Geschaffenes letztlich immer ab. Freiflächen scheinen überall geldscheingepflastert zu sein, auch in Möckmühl. Der Gebäudebauer, der Investor wartet schon und vergoldet das Grundstück, damit er darauf seinen Beton abkippen darf. Und der eigene Garten? Der ist auch hier Reservefläche für eine vergrösserte Garage, Kulissenrandstreifen für gepflasterte Grill- und Sitzplatzlandschaften, Aufmarschplatz für "Sichtschutz-Koniferen".
Erst Feld, dann Aussiedlerhof für die Landwirtschaft,
jetzt versiegelt, Beton, Paläste im Vorstadtstil hinter
Koniferenplantagen
Seit 50 Jahren mahnen in Deutschland tausende Organisationen einschliesslich einiger Parteien wegen anhaltend hoher Flächenversiegelung, Vernichtung und Entwertung von Lebensräumen. Fakt ist und bleibt jedoch: Die Bautätigkeit um gravierende Veränderung auf vorher un- oder wenig bebauten Flächen nimmt sogar noch zu. Auf allen Ebenen. Privat, öffentlich, kommerziell. Unbremsbar. Unabhängig davon, welche Parteien gerade das Sagen haben. In ehemals ländlichen Gemeinden wie Möckmühl so wie in Berlin. In Kleinstädten wie Möckmühl sogar weit schlimmer, weil man dort irrigerweise glaubt, man hätte ja den Platz, um sich auszutoben. Ein grandioser Irrtum. Nichts hat man. Fläche ist überall eine unveränderliche Konstante. Jede Wachstumskurve mit konstanter Wachstumsrate verläuft exponentiell, jede Kurve die gegen eine Konstante läuft, wird daran zerschellen. Der Zeitpunkt, wann der Aufprall auf diese Mauer in der Sackgasse stattfindet wird durch die Kurvensteigung bestimmt, aber nicht dass er stattfindet. Das tut er aber zwingend früher oder später.

Extreme Beispiele finden sich vor jeder Haustür. Wir haben hier unter anderem ein viele Hektar grosses gigantisches "Logistikzentrum" der Firma Kaufland, in dem auch Zucchini aus Spanien umgeladen werden. Ausgerechnet Zucchini sind vorher auch auf dieser Fläche gewachsen, ein grosser Hersteller von Fertigsalaten aus der Region hat sie verarbeitet. Zucchini waren das Beispiel oben und sie sind leider kein Witz, denn dort sind vorher tatsächlich öfter Zucchinifelder gewesen. Ich habe noch Fotos davon, in Diskussionen wird das nämlich gerne weggelogen. Der Boden ist tiefgründig und erstklassig, der Beste der ganzen Gemeinde mit einer Ackerzahl deutlich über 70. Gewesen. Kaufland statt lebendes Land, ein volltreffendes Wortspiel. Auf den (noch!) übrigen schrumpfenden Flächen wachsen häufig Salate, viele Radicchiosorten und Kürbisse aufgrund der hohen Bodengüte und Bewässerbarkeit.
Auch die grünen Gemeinderäte wollen dort weiterbauen und -zerstören. Ich würde sehr viel geben, so einen Boden im Garten zu haben. Der ist Geschichte, er wurde tief abgebaggert und landete teilweise in Oberkessach auf einer mir bekannten Privatwiese und hat dort noch einen Halbtrockenrasenlebensraum zerstört. Andere Flächen wurden aufgefüllt mit Baugrubenerde eines weiteren riesigen Projekts des selben Konzerns südlich von Heilbronn. Als ich mangels Fläche nach einem grösseren Garten gesucht habe und auch bei der Stadt anfragte, wurde ich (natürlich) ignoriert.
Aufmarschgebiete des "Fortschritts"
Das haben dann mehrere suchende Bürger ebenfalls getan, es gab einen halbherzigen Versuch Gartenland zu finden, der schnell versandet ist. Wir sind die lästigen Spinner. Wer Milliardär ist (Kaufland gehört zu Lidl & Schwarz, der Gründer wurde damit einer der reichsten Milliardäre des Kontinents), Bagger auffährt, einen der schönsten Plätze auf historisch bedeutsamen Grund auf weithin sichtbarer Aussichtslage mit hohen Blechhallen bebaut, wahnsinnigen LKW-Verkehr mit sich bringt, grösstenteils "sehr günstige" einfache Arbeiter aus Ländern Richtung Osten indirekt und direkt beschäftigt, deren üble Arbeitsbedingungen sogar die ansonsten handzahme Lokalzeitung mehrfach kritisiert hat, minimal Gewerbesteuer zahlt (Möckmühl ist nach wie vor steuerschwache Gemeinde trotz der wahnsinnigen Ressourcen, die man den LKW-Firmen beschert hat!), ist dagegen geachtet und normal. Die von der Gemeinde Möckmühl angesiedelten weiteren Betriebe sind fast ausnahmslos "Logistikdienstleister" mit riesigen asphaltierten LKW-Aufmarschplätzen. Diese plattmachende Gigantomanie hat in unserer Kleinstadtgemeinde Flächen grösser wie das Reichparteigelände in Nürnberg von Albert Speer zerstört - absolut irre. Die LKW-Fahrer beschafft man sich auch hier aus den Ländern, die gerade am allerbilligsten sind, es sind Sklaven der globalisierten Welt. Übernachtet wird in Containern, die Slums der heutigen Zeit, Bebauungsplan und Erlaubnis hin oder her, das interessiert nicht. Immer Sachzwänge. Was irgend möglich ist, wird auch einfach so durchgezogen, es bringt Geld und diese Rechtfertigung schlägt einfach absolut alles.

Vorher Garten auf Schwemmland, jetzt Schotterfläche
Im Kleinen läuft es genauso. Die letzten beiden traurigen und kleinen Reste der ortsnahen Krautgärten, die es früher in ausnahmslos jeder Gemeinde gab, sind nun auch unter Druck und weiter zerstört worden. Die Gier auf diese paar Quadratmeter ist so gross wie die Gier auf alles andere, das noch nicht zerstört ist und zu Geld gemacht werden kann. Nicht nur das Gebiet "Im Haag" weckt seit Jahren Begehrlichkeiten für "Umgestaltung" und weitere Bebauung, man hoffte erst auf einen fünften fetten Supermarkt. Die Restgärten auf Schwemmland "Im Waagerner Tal" sind ebenso unter Druck und kürzlich wurde wieder ein grosses Stück zugeschottert. Selbst solche kleine Reste führen zu unstillbarem Drang, mit ihrer endgültigen Zerstörung Umsätze zu machen. Daneben waren früher nur grosse Gärten, dann Totalüberbauung mit einem Autohaus, wahrscheinlich auch mit Bodenlastung, nun Ruine. Jeder kennt das, die Ortsnamen sind austauschbar, Möckmühl ist die bittere Regel und keine Ausnahme. Das Gebiet "Im Haag" hat nur eine Chance, wenn der dort nötige Hochwasserschutz teurer bleibt wie die mit der Fläche erzielbaren Gewinne. Oder sich irgendwelche Grundbesitzer mit der Gemeinde zerstreiten, sich mit zu wenig Geld abgespeist sehen.

Bald ist hier Kommunalwahl. Die Liste der Gemeinderatskandidaten ist ein einziges Trauerspiel. Antreten dürfen nur Listen und Parteien, keine unabhängigen Kandidaten. In den Listen stehen in die grosser Mehrheit die Zerstörungsgewinner, egal unter welcher Flagge sie segeln. Dazu gehören alle Parteien, auch die ebenso bigotten Grünen, die schon auf Landesebene vor der Wahl beispielsweise ausdrücklich weniger Flächenverbrauch versprochen haben, als sie gewählt waren verdoppelte sich Flächenverbrauch prompt von 2016 auf 2018 (Zahl: Statistisches Landesamt). Ihr Ministerpräsident besuchte die Region einmal, als die für den Hardhäuser Wald katastrophalen Windkraftanlagen eröffnet wurden, dabei führt er an den riesigen Lager- und LKW-Bechhallen vorbei. Für Strom aus 15x2000 Tonnen Beton quer durch grundwasserführende Schichten, Stahlmasten, Aufschotterung grosser Flächen, Abholzung, Insekten-, Vogel- und Fledermaustod erklären sich die Grünen für zuständig, für den Strom von den ohnehin schon bestehenden Blechhallendächern für unzuständig. Alle Parteien möchten die Gemeinde "voran" bringen und was das heisst, kann jeder an den vielfältigen Hinterlassenschaften der letzten Voranbringer live besichtigen: Schrott in immer grösserer Quantität unter stetigem Abbau der Qualität. Ich hatte Riesenmühe, die 20 Stimmen überhaupt unterzubringen (schon abgestimmt, da Briefwahl), weil mir viele Leute persönlich bekannt sind und ich aus der Nähe weiss, wie sie denken, handeln und abstimmen - und genau das stösst mich bei Vielen ab. Denn: Gut gemeint ist auch daneben, wenn dumm gemacht dabei herauskam, was bei Politikern die Regel ist.

Was kann man überhaupt tun?


Vorher schönste Obstwiese der Gemeinde, jetzt
Beerdigungsinstitut, Parkplatz, Cotoneaster. Man dankt.
Wer die Entwicklung hinterfragt, dem wird rückwärtsgerichtetes Jammern unterstellt, wir seien gestrige Gartenzwerge, denen paar Krautsköpfe wichtiger seien wie Menschen und "Entwicklung" (wohin eigentlich?). Aussagen diesen Stils zu widerlegen ist sinnlos, das fehlende grundlegende Verständnis über unsere Umwelt, der Grundlage unseres Lebens kann man nicht mit Argumenten erzeugen. Was also tun? Die Gartenzone rät:
  • Positiv und konstruktiv Beispiel geben, auch wenn es klein und irrelevant wirkt. Ich führe Leute durch den Garten, helfe bei Kursen mit, verschenke Pflanzen und Geerntetes, helfe wenn jemand etwas pflanzen will, versuche die Gemeinde (auch dort gibt es Leute mit breiterem Horizont, für die Blechhallen nicht alles sind!) zu unterstützen wenn es z.B. um Dinge wie Bepflanzungen geht. Sieht der Nachbar, wie mir leckere Weintrauben in den Mund wachsen, setzt er sich vielleicht selbst eine statt sich nur welche in Plastikschale zu kaufen, hergeschafft aus Chile und die Fläche für die nächste Garagenerweiterung zu nutzen.
  • Entwicklung bedeutet für Viele, grössere Parkhäuser zu bauen,
    damit das SUV endlich reinpasst.
    Politisch haben wir keine Heimat, schon gar nicht bei Parteien wie den Grünen, wie nicht nur kommunal, sondern auch die grüne Landesregierung in Baden-Württemberg eindrucksvoll in negativer Weise unter Beweis gestellt hat. Wer politisch agieren will, sollte vielmehr Parteien und ihre Lobbysteuerung entmachten und für mehr direkte Demokratie kämpfen. Viel, viel mehr. Es passiert zwar nicht oft wegen der hohen Hürden in Deutschland, aber Abstimmungen, insbesondere Bürgerentscheide auf Gemeindeebene sind der einzige  Machtfaktor, der Idiotenprojekte beenden kann. Nehmt den Parteien die Macht aus der Hand anstatt euch anlügen zu lassen, Parteien wären der Weg zu politischer Partizipation. Tatsächlich sind sie die Blockade für Partizipation, das Problem und nicht die Lösung. Oft bewirkt schon die Ankündigung eines Bürgerentscheids etwas, Planungen werden geändert weil die Planer das Projekt zustimmungsfähig machen wollen und erklären müssen. In Baden-Württemberg gibt es eng begrenzte Bürgerbegehren (§21 Gemeindeordnung), die die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses haben. Natürlich darf weder über Bauprojekte noch Geld entschieden werden. Der Bürger soll sich gefälligst von wichtigen Dingen fern halten und sich darauf beschränken, sich mit der Farbe des Werbe-Ortsschildes zu beschäftigen. Was mit seinem Geld passiert, hat ihn nichts anzugehen.
  • Organisiert euch. Ja, auch im popeligen Gartenbauverein. Die sind nicht immer so verstaubt wie ihr glaubt. Sie sind das, was ihr darin selbst macht. Publiziert, schreibt, redet, geht auf die Leute zu, die Gemeinderäte mit mehr Weitsicht. Verschwendet keine Energie auf die Kommunikation mit Idioten, die in ihrer Dummheit über euch grinsen, stärkt lieber die, die mit mehr Grips ausgestattet wurden.
Das ist nicht viel, aber besser als nichts. Genug der Tirade. Ab und zu sollte man eben auch eine Gartenzone grundsätzlicher betrachten

Dienstag, 7. Mai 2019

Indianerbanane Pawpaw Teil 4: Befruchtungsfragen

Pawpawblüten in drei Stadien
In den letzten drei Beiträgen zur Asiminia Triloba, der "Indianerbanane" Pawpaw ging es um viele Aspekte hinsichtlich ihres Anbaus im eigenen Nutzgarten. Einen bisher noch nicht ausführlich angesprochenen Punkt daraus möchte ich nun vertiefen: Die Befruchtung der Blüten, damit überhaupt Früchte entstehen können. Dazu werden oft Fragen gestellt, weil man weder Bienen noch Hummeln an den Blüten sieht und trotz grosser Blütenzahl die Pflanzen fast alle abgeblühten Blüten sang- und klanglos abwerfen, anstatt Früchte zu bilden. Stimmte etwas mit der Befruchtung nicht?

Aufbau der Blüte


Junge Blüte, Pollenstände noch geschlossen (gelb)
Narbe (grün) bereits klebrig, wartet auf Pollen
Alle Pawpawblüten haben einen männlichen Teil, der die Pollen liefert und einen weiblichen Teil, auf dem Pollen keimen können und aus dem sich dann der Fruchtcluster entwickelt. Der weibliche Teil kann bereits Pollen aufnehmen, während der männliche Teil noch keine Pollen liefert. So wird verhindert, dass die Pollen innerhalb der Blüte von den Pollenständen auf die Narbe stauben. Selbstbefruchtung ist bei der grossen Mehrheit aller Pflanzenarten unerwünscht, nur der Pflanzensex zwischen verschiedenen Sorten einer Art kann neue Genkombinationen bringen. Die Entwicklung einer sexuellen Fortpflanzung mit zwei Geschlechtern hat die Evolution bei Pflanze und Tier stark beschleunigt und die Anpassungsfähigkeit an veränderte Umweltbedingungen enorm erhöht. Um Selbstbefruchtung zu verhindern, können deshalb häufig auch keine Pollen der eigenen Pflanze auf der Narbe keimen. Sie kann sich nicht selbst befruchten, es müssen genetische Unterschiede vorhanden sein. Auch die Pawpaw gilt als selbstunfruchtbar.

Befruchtung hat geklappt
Das ist aber nur teilweise richtig. Total selbstunfruchtbar sind sie nicht. Aber die Befruchtung zwischen den Blüten einer Pflanze gelingt schlecht, so dass nur wenige Früchte entstehen. Bei zwei Sorten klappt das aber deutlich besser, sie gelten deshalb als selbstfruchtbar: Die Sorten "Prima 1216" und "Sunflower". Es existiert also kein Schalter, der von selbstunfruchtbar auf selbstfruchtbar schaltet, sondern die Sorten sind mal weniger, mal mehr für Selbstbefruchtung geeignet. Auch Prima 1216 trägt besser, wenn eine blühende zweite Sorte vorhanden ist.

Optimalerweise muss man deshalb die Monokultur aus vielen Pflanzen einer Sorte vermeiden, sondern mehrere Pawpawsorten nebeneinander setzen, Sorten in der Pflanzung mischen.

Befruchtung misslungen
Fruchtknoten klein und weitgehend braun
Gelingt die Befruchtung, verdickt sich der Fruchtknoten und fängt zu wachsen an. Bei jungen Bäumen fallen sie dann in der Regel trotzdem bald ab. Erst ab einem Baumalter von einigen Jahren (sieben Jahre und mehr sind keine Seltenheit) sind die Bäume in der Lage, die Früchte zu ernähren und zur Reife zu bringen. Aber auch bei abfallenden Fruchtknoten kann man erkennen, ob die Befruchtung nicht geklappt hat oder ob der Baum noch zu jung war.

 

Wer befruchtet die Blüten? 



Blütenknospe am aufbrechen
Jetzt gerade Anfang Mai haben alle meine Bäume die Vollblüte beendet, in der sie zwei Wochen lang standen. Das ist relativ früh, eine Blüte ganz im Mai wäre auch normal gewesen. Eben hat sich entscheiden, ob es dieses Jahr mit der Befruchtung der Blüten geklappt hat. Den Pollentransport von Blüte zu Blüte übernehmen Insekten. Oft wird gesagt, die aus Nordamerika stammenden Pawpaws würden dort von Befruchterinsekten beflogen, die es in Europa gar nicht gibt und deshalb müssen man für eine anständige Ernte bei der Befruchtung mit dem Pinsel nachhelfen. Das ist falsch. Es gibt zwar unterschiedliche Insektenarten in Europa und Amerika, aber gerade unter den Pawapawbefruchtern existiert eine Vielzahl ähnlicher Arten mit ähnlichen Verhaltensweisen in
Blüten mit offenen Pollenständen (schwarz)
Blütenblätter fallen bereits ab, Fruchtknoten vergrössert
derselben ökologischen Nische, die auch in Europa als Befruchter taugen. Kurz gesagt, die Schmeissfliegen Europas sind gar nicht viel anders wie ihre amerikanischen Kumpels. Einige Arten sind sowieso weltweit verbreitet, zum Beispiel die Goldfliege (Lucilia sericata). Die Blüten der Pawpaws liefern keinen Nektar, aber die Blütenblätter sind dunkelrot wie gammelndes Fleisch und duften leicht nach Aas. Deshalb kommen keine nektarsuchenden Hummeln und Bienen, aber die Pawpaw lockt mit dem Duft Schmeissfliegen an, Fruchtfliegenarten, Käfer, Pollenräuber. Diese Locktaktik nutzen auch andere Pflanzen, während Bienenpflanzen auf Nektarproduktion setzen, um nektarsuchende Bestäuber für ihre sexuellen Dienstleistungen einzuspannen.

Problem: In einem aufgeräumten Garten wimmelt es nicht gerade von Aasfliegen. Das ist die Stunde des Pinselbefruchters. Mit einem Wasserfarbenpinsel geht man zu den Blüten mit offenen Pollenständen, holt sich Blütenstaub von Blüten eines Baum und streicht ihn auf die Narben in den Blüten des anderen Baums. Allerdings ist das mühsam. Es geht nur bei Blüten, die in Reichweite sind und man läuft Gefahr, die nicht sehr fest hängenden kleinen Blüten abzureissen.

Den Fliegen den Job schmackhaft machen


Goldfliege, Lucilia sericata im Hühnergehege
Schmeissfliege, aussen auf Pawpawblüte sitzend.
Die Fliegen werden vom Duft angezogen.
Lassen wir besser die Fliegen die Arbeit machen. Dazu kann man nachhelfen. Letztes Jahr habe ich es mit frischem Pferdemist versucht, den ich zur Düngung auf die Baumscheiben legte. Aber Pferdemist lockt wenig Aasfliegen an, er ist attraktiv für andere Insekten, vor allem Käfer, aber keine Kot- und Aasfliegen. Eine andere Mistart schafft das jedoch sehr gut und die Lieferantentiere haben wir sogar im Garten, leider am anderen Ende und mit ihnen die zugehörigen Schmeissfliegen: Hühnermist. Die Insekten darauf sind keine Freude. Fliegen wie die blaue Schmeissfliege oder Goldfliegen sind zwar oft schön anzusehen, aber es ist sehr bäh, wenn sie direkt vom Hühnermist auf die Terrasse fliegen und sich dort auf den Kuchen setzen. Nutzen wir die lästigen Fliegenviecher besser für die Pawpaw. Und so habe ich eine Ladung Hühnermist mit Einstreu neben die Bäume geworfen. Siehe da: Es klappte tatsächlich und ich konnte es sogar fotografisch dokumentieren. Immer wieder sitzen verschiedene Fliegenarten auch auf die Blüten. Wenn man das beobachtet, versteht man auch wie die Befruchtung damit funktioniert. Die Fliege setzt sich auf die fleischigen, roten Blütenblätter, dort wo sie am meisten nach Aas duften, mal aussen, mal innen. Innen streift ihr borstiger Rücken an dem dicken Knubbel in der Blüte, auf dem die Pollenstände sitzen. Die Fliege bekommt Pollen "ins Fell". Fliegt sie zu einer weiteren Blüte, muss sie dort an der Narbe vorbei und es werden immer wieder Pollen von der vorigen Blüte darauf gelangen. Befruchtung geklappt!

Schmeissfliegen in Pawpawblüten in verschiedenen Blühstadien

Mit diesem Hühnermist ist es mir tatsächlich gelungen, eine Rekordanzahl von befruchteten Blüten zu bekommen. Grund genug, das auch künftig zu probieren. Später sind zwar trotzdem noch viele in befruchtetem Zustand abgefallen, aber das lag an den zu jungen Bäumen, die erst wenige Jahre alt sind. Übriggeblieben sind aber diesmal noch genug. Hoffen wir auf passendes Sommerwetter ohne Sturm, Hagel und Trockenkatastrophen, damit im Herbst eine fette Pawpaw-Ernte zu holen ist.

Befruchtete Pawpawblüte (Sorte Prolific), Blütenblätter beginnen abzufallen, Reste der Pollenstände noch vorhanden


Teil 1: Indianerbanane Pawpaw, der ewige Star von morgen
Teil 2: Indianerbanane Pawpaw: Anbau
Teil 3: Indianerbanane Pawpaw: Früchte und Fruchtqualität
Teil 4: Indianerbanane Pawpaw: Befruchtungsfragen