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Lichte Aprikosenkrone mit moniliabefallenen Ästen |
Zweigmonilia, Monilia-Spitzendürre, monilia laxa oder Monilinia ist in meiner und vielen anderen Lagen die beherrschende und begrenzende Pilzkrankheit an sehr vielen Steinobstarten. Am schlimmsten wütet sie an Aprikosen, Renekloden, Sauerkirschen, Koreakirschen. Stark befallen werden auch Mirabellen, viele Kirschen, Mandeln, Zwetschgen, Pfirsiche. In manchen Jahren erwischt es auch Kernobstaustriebe, dann vor allem Birnensorten. Manche Lagen sind besser, luftigsonnige Südostlagen, Höhenlagen, kontinentales Klima haben Vorteile bis hin zu dem Punkt, dass sie dort überhaupt nicht auftritt. Auch überdacht, etwa an Hauswänden mit Dachüberstand ist Steinobst moniliageschützt.
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Wenige Wochen vorher |
Aprikosen trifft es immer am stärksten. Dieses Jahr war der schlimmste Befallsfrühling seit langem. Ausgerechnet! Denn ausnahmsweise sind die Blüten und Jungfrüchte lange nicht abgefroren, wie es seit 2017 immer der Fall war. Stattdessen sind diesmal die Zweige samt Jungfrüchten wegen Moniliabefall sofort nach Blüte abgestorben bis hin zum Totalverlust von Bäumen. Es ist zum mäusemelken, einmal friert nichts sofort wieder ab und dann vernichtet diese Krankheit alles. Wie sieht sie aus, Diagnosebild?
Monilia laxa, das Schadbild
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Monilia an Koreakirschen (prunus tomentosa) |
An Aprikosen ist die Krankheit leicht zu identifizieren. Kurz nach oder schon während der Blüte sterben mindestens die letztjährigen Triebe, sie verwelken. Das kann eine Weile anhalten und auch noch später im Jahr weitergehen. Charakteristisch sind Harztropfen, die durch Saftdruck aus den Ästen austreten. Der Pilz dringt bei Feuchtigkeit (länger Tau nachts reicht) durch die offenen Blüten und Rindenverletzungen in die Äste, breitet sich dort zuerst im jungen Holz aus und blockiert die Saftbahnen. Äste ohne Blüten werden kaum befallen. Hinter der Blockade zur Astspitze hin stirbt der Ast dadurch unrettbar ab, mitsamt Blüten, Früchten, Blättern dran. Vor der Blockade staut sich Saft und Baumharz, tritt schliesslich aus. Man kann zusehen, wie der Baum rückwärts wächst.
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Monilia bei einer Zwetschge |
Der Harzfluss ist auch Pfirsichen und Mandeln zu sehen. An anderem Steinobst nur manchmal oder nicht. An Birnen verwelkt die ausgetriebene Knospe mit den neuen Blüten und Blättern, auch an Kirschen erwischt es zuerst die Blütenbüschel. Betroffene Austriebe welken.
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Monilia in den Austriebsbüscheln von Birnen |
Gerne übersehen, aber dann bitter bereut wird es, wenn Moniliapilze durch Winterschnitt in den Baum kommten Vor allem Jungpflanzen, die nach der Pflanzung einen Pflanzschnitt erhalten sind stark gefährdert. Dort dringen Moniliapilze über die offenen Astringe auch in älteres Holz und machen richtig übel Schaden. Vermeidbar! Niemals Steinobst im Winter schneiden. Das wird von selbsternannten Experten gerne in Abrede gestellt, meist weil sie es mal gemacht und haben und "nichts passierte" oder weil sie gar nicht begriffen haben, dass sich Steinobst und Kernobst in diesem Punkt stark unterscheiden. Oder pures Glück oder eine bevorzugte Lage wird dann voller Ahnungslosigkeit zur Allgemeingültigkeit erhoben. Ein Fehler. Auch ich habe dieses Jahr wieder zwei Bäume, Pfirsich und ein Aprikose, die von der Baumschule mit Pflanzschnitt geliefert wurden (auch, damit sie leichter versendet werden können) und deren Äste dann natürlich von den Schnittorten her weit hinein abgestorben sind. Das war auch die Jahre vorher so, dieser Schnitt ist selbst bei günstigem Wetter eine sehr zuverlässige Eintrittspforte in den vormals gesunden Baum.
Monilia an Früchten?
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Monilia fructigena Fruchtmumie mit veritablem Sporenrasen. Entfernen! |
Wenn also irgendjemand, eine Baumschule von "robst gegen Monilia" daherredet, wäre erst einmal zu fragen, welche Monilia eigentlich gemeint ist. Die in Ästen oder die in Früchten? Entscheidend bei Steinobst ist immer Monilia laxa, die Spitzendürre. Eine höhere Anzahl fauler Früchte kann man leichter ertragen wie sterbende Äste und "rückwärts wachsende" Bäume.
Monilia bekämpfen
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Charakteristischer Harztropfen vor totem Jungholz |
Vorbeugende Massnahmen gegen Zweigmonilia sind:
- Kein Baumschnitt und keine Astverletzungen im Winter. Steinobst "grün", erst nach der Blüte schneiden, wenn es warm und trocken ist.
- Luftfeuchte, windstille, morgenschattige Lagen meiden, wenn man anfällige Gehölze pflanzt. Morgensonne ist wichtig, weil solche Orte nach nächtlichem Tau schneller abtrocknen, die Pflanzen sind kürzer feucht. Hört sich leicht an, aber in diesem engen, sehr dicht besiedelten Land kann man sich natürlich keine Grundstücke heraussuchen, man kann schon froh sein, wenigstens einen kleinen Rest-Hausgarten zu haben. Wer Aprikosen am Haus will, sollte unbedingt einen der wertvollen Orte mit Dachüberstand dafür nehmen, am besten einen der Richtung Ost oder Südost geht - Morgensonne statt Wetterseite.
Sortenwahl: Es gibt keine resistenten Aprikosen. Jede einzelne Sorte war dieses Jahr befallen. Sortenunterschiede existieren aber. Die sollte man unbedingt nutzen, wenn man neu pflanzt. Stark anfällig ist übrigens auch alles, was als Wildaprikose und Zuckeraprikose verkauft wird, ebenso praktisch alle alten Sorten, zum Beispiel die Marmeladenaprikose "ungarische Beste". Renekloden sind auch alle anfällig. Bei Mirabellen zeigt sich die Metzer Mirabelle robuster wie die Nancymirabelle. Etwas weniger anfällig zeigt sich bei mir "Orangered", "Kioto", "Elsa", "Mia". "Congat", eine späte Sorte soll auch besser sein, das muss ich noch ausprobieren. Sehr interessant ist ihre Kombination mit einer späten Blütezeit.Auch durch Verletzungen dringt Monilia ein - Der "luftige Schnitt" wird gerne empfohlen. Eine lichte Krone soll weniger anfällig sein. Das halte ich für eine wertlose Formel. Die besonders betroffenen Steinobstsorten wachsen sowieso nie dicht. Und man schneidet sowieso, damit keine Fruchtäste verschattet sind, damit ist das mit erledigt. Besser eine möglichst starkwachsende Unterlage, damit überhaupt Wachstum stattfindet trotz den nötigen Rückschnitten wegen toter Äste.
- Tote Zweige ausschneiden. Aber erst später ab Frühsommer, niemals zu Infektionszeiten, wenn es feucht und noch kalt ist! Das wird in allen Ratgebern niemals gesagt, ist aber wichtig. Missachtet man das und schneidet noch im Frühling, erreicht man genau das Gegenteil, man zerstört die Äste noch tiefer, durch die offenen Stelle dringen neue Sporen ins lebende Gewebe ein. Erst bei anhaltender Wärme und Trockenheit schneiden, bei Aprikosen schneidet man bis kurz hinter den Harztropfen, von der Astspitze her gesehen.
- Fruchtmonilia: Fruchtmumien konsequent entfernen.
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Monilia: Durch die Blüten eingedrungen |
Aktive Bekämpfung: Das übliche Bild, im kommerziellen Anbau kann die volle Dröhnung von Fungiziden auf die Bäume gedonnert werden. Privatleuten wurde Stück für Stück alles entzogen. Das letzte brauchbare Mittel ist "Duaxo Universal Pilz-frei" (Wirkstoff: Difenoconazol), sicher ist das auch bald weg. "Protect Garden Curacor T Steinobst-Pilzfrei" mit Fenhexamid soll etwas wirken, an Aprikosen aber zweifelhaft. Mit diesen Mitteln muss man mehrfach behandeln, wenn die erste Blüte offen ist, wenn der Baum voll blüht und wenn er verblüht ist. Das ist utopisch und gelingt selten, denn gerade in Infektionsjahren gibt es diese Gelegenheiten gar nicht, das ist ja gerade das Problem: Es regnet und deshalb kann man nicht spritzen. Gleichzeitig ermöglicht der Regen erst die Infektionen. Zugespitzt gesagt: Korrekt spritzen geht nur, wenn es unnötig ist, weil kein Infektionswetter herrscht.
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Später Befall an Aprikose, welkende Blätter |
Der kommerzielle Anbau darf sich mit ganz anderen Mitteln betrinken: Kupfermittel, Mittel mit Fludioxonil, Mefentrifluconazole, Trifloxystrobin, Pyraclostrobin + Boscalid, Tebuconazol + Fluopyram sowie interessanterweise auch Kaliumhydrogencarbonat (enthalten im Produkt "Kumar") - das ist eine Backpulverart, in Lebensmitteln als E501 zugelassen und hier im Blog schon öfter genannt.
Kaliumhydrogencarbonat kann man auch selbst ausprobieren, weil es leicht erhältlich und anmischbar ist. Verboten ist natürlich trotzdem alles. Angewendet wird es ebenfalls ab Blühbeginn. Keine Rückstände, ungefährlich für Bienen. Einziger Nachteil: Schädigt Raubmilben der Art Typhlodromus pyri (fressen Spinnmilben an Obstgehölzen) und räuberische Blumenwanzen der Art Orius laevigatus (fressen Spinnmilben und Thirpse). Auch solche einfachen und ungiftigen Grundstoffe haben Nebenwirkungen. KHCO3 wirkt immer nur präventiv und nicht kurativ (heilend). Es zerfällt in Wasser, CO2 und Pottasche (Kaliumkarbonat). Dessen Anwendung wird mein Projekt nächstes Jahr.
Danke für den tollen Artikel.
AntwortenLöschenBei Kaliumhydrogencarbonat heisst es zum einen Behandlung in die Blüte gegen Monilia. Gleichzeitig heisst es, es verhindert Befruchtung, da Pollen und Blütenblätter verätzt werden (Behandlung Fruchtausdünnung). Ist das eine Frage der Dosierung, oder ist die Behandlung primär vor und nach der Blüte sinnvoll wenn man gegen Monilia behandeln/vorbeugen will...?
Grundsätzlich ist das eine Frage von mehreren Faktoren: Wirkstoffkonzentration, Temperatur und Sonneneinstrahlung sowie Hilfsstoffen. Kumar enthält neben Kaliumhydrogencarbonat etwa 15% Haft- und Netzmittel, die die Wirkung verstärken und verlängern. Die Dosierung speziell zu Monilia Laxa beträgt laut empfohlener Aufwandsmenge in den Anwendungshinweisen 3-6g pro Liter. Damit sind keine Blütenschäden zu befürchten und man wird vermutlich auf der sicheren Seite sein. Die Frage ist nun, wie man dosieren sollte wenn man nur Natriumhydrogencarbonat ohne diese Verstärker hat, zumindest während Behandlungen in die offene Blüte hinein. Das muss man ausprobieren - werde ich nächstes Jahr, erst einmal mit der Obergrenze von 6g und dann sehen, was es gegen Monilia bringt. Ganz wenig Kaliseife (reine Schmierseife) werd ich aber auch hineinmischen, ein Teelöffel pro 10l.
AntwortenLöschenDanke - sehr interessant.
AntwortenLöschenMoin,
AntwortenLöschengibt es eigentlich im Profibereich auch ein systemisches Fungizid, dass von innen wirkt und möglicherweise auch für eine Sommerspritzung geeignet ist....?
Vielen Dank und liebe Grüße
Die oben im Artikel genannten Wirkstoffe des Profianbaus sind Breitbandfungizide und erfassen mehrere Pilzkrankheiten (z.B. auch Schrotschusskrankheit), einige wirken teilsystemisch (Mefentrifluconazole werden über das Blatt aufgenommen und zeigen vorwiegend eine lokalsystemische und translaminare Aktivität), andere systemisch in den Neuzuwachs (Trifloxystrobin), Fludioxonil nichtsystemisch, Pyraclostrobin lokalsystemisch, Boscalid in "Signum" systemisch und so weiter. Das bestrifft aber eben alles den kommerziellen Anbau und ist deshalb für uns nur eine Wissens- aber keine Anwendungssache. Selbst wenn wir an solche Mittel auf welchen Wegen auch immer kommen, die sind teilweise alles andere als harmlos und davon ohne fundierte Kenntnisse besser Finger weg.
AntwortenLöschenSchade ist, das Kupfermittel für uns weg sind. Die Begründung ist unschlüssig und ohne Datengrundlage. Eine Diskussion fand nicht statt.