Freitag, 15. Dezember 2023

Bienenwachs und Kerzen daraus

Einige meiner Bienenwachskerzen für Weihnachten

Bienenwachs ist ein geheimnisvoller Stoff und war lange Zeit sehr wertvoll. Stoffe mit ähnlichen Eigenschaften waren nicht in ausreichender Menge vorhanden. Verwendet wurde es zum Beispiel zur Kerzenherstellung, zum Modellieren, als Trennmittel bei Metallgusstechnik (unerlässlich für Bronzeguss), zur Imprägnierung, zum Schreiben auf Wachstafeln, zum Abdichten, als Bindemittel, für Versiegelung, in der Medizin, der Kosmetik. Bienenwachs war in der Hanse sogar Währung, die gehandelten Mengen waren riesig. Für Kerzen verwendeten es bereits die Römer. Ab dem 6. Jahrhundert tauchten Bienenwachskerzen auch in Gräberfunden nördlich der Alpen auf. Sie waren gezogen und geknetet, der Docht bestand aus Pflanzenfasern oder Holzspänen. Sie russten deshalb und brannten nicht optimal ab, mussten mit dem fortschreitenden Abbrand gekappt ("geputzt") werden, waren aber immer noch besser als alle anderen Beleuchtungsmittel jener Zeit, das war Herdfeuer, Tran- und Talglampen, Kienspäne.

Bienenwachs, was ist das?

Chemisch besteht das Wachs der heimischen Bienen häuptsächlich aus Myricin und Cerin (einem Gemisch aus Cerotinsäure und Melissinsäure), es sind aber 300 weitere Stoffe enthalten. Myricin ist das Palmitat eines langkettigen Alkohols. Bienenwachs schmilzt ab 62° und erstarrt wieder bei 58°, verdampft ab 250°C. Wachs ist wenig leichter als Wasser, löst sich in organischen Lösungsmitteln wie Alkohol, heissem Fett, Benzin, Terpentin. Wachs mit Wasser aufgekocht ergibt oben schwimmendes ruhiges Wachs, während darunter das Wasser Dampfblasen hindurchblubbert. Das Wachs entsteht im Körper der Bienen, die Biene produziert winzige Wachsplättchen in ihren Wachsdrüsen in ihren Bauchsegmenten. Die Plättchen knetet sie mit ihren Mundwerkzeugen und reichert sie mit Stoffen aus der Kopfdrüse an. Die ganz neuen Plättchen sind weiss und transparent, später bei der Verarbeitung bekommt Wachs vor allem durch Pollenöle und Propolis seine gelbe Farbe. Mögliche natürliche Farben liegen zwischen fast weiss, hellgelb, zitronengelb, dunkles warmes Gelb. Wachs aus der Frühlingszeit ist leuchtend gelb, danach wird die Farbe mit der Rapsblüte bleicher, gedeckter. Unbebrütetes Wachs ist hell, Wachs das der Imker aus eingeschmolzenen alten Brutwaben gewinnt ist sehr viel dunkler. Wird es älter, verfärbt es sich weiter.

Für die Bienen ist die Wachsproduktion sehr energieaufwendig. Um ein Kilo Wachs zu erzeugen verbrauchen sie viele Kilo Honig. Es wird 60mal so viel Honig wie Wachs im Bienenstock produziert. Entsprechend sparsam gehen sie mit ihrem Baumaterial Bienenwachs um.

Bienenwachskerzen

Brennende Bienenwachskerze - goldoranges Licht

Ursprünglich wurden Bienenwachskerzen durch tauchen von Dochten (Pflanzenstengel, Fäden) in heisses, flüssiges Wachs hergestellt. Kerzengiesser hatten seit dem Mittelalter eigene Innungen und Bienenwachs war ein wichtiges international gehandeltes Gut. Die Kerzen waren aufgrund der Knappheit von Bienenwachs Luxus und wurden deshalb vor allem in der Kirche und vom Adel verwendet. Das gemeine Volk hatte nur rauchende, kurz brennende Kienspäne oder stinkende und ebenfalls russenden Talglichter, zudem musste ihr Docht regelmässig gekürzt werden.

Mit der Säkularisation sank der Bedarf. Dann kam der Umstieg auf Stearin, dann billiges Paraffin aus Erdöl, damit wurden die teuren Bienenwachskerzen endgültig zur Ausnahme. Mit dem elektrischen Licht wurden Kerzen insgesamt vom Gebrauchs- zum Dekorations- und Stimmungsartikel. Eine wichtige Erfindung des 19. Jahrhunderts betraf die Dochte. Man erfand Tricks, um einen Docht so zu flechten, damit er sich beim Abbrennen krümmt. Die Spitze ragt damit bogenförmig aus der Flamme und verbrennt, der Docht kürzt sich selbst, die Kerze russt nicht mehr, ohne dass jemand von Hand den Docht kürzen musste. Diese Genialität ist den Menschen heute nicht mehr bewusst, wenn sie eine Kerze anzünden und sich an ihrem ruhigen Abbrand erfreuen.

Bienenwachs brennt nur leicht schneller wie Paraffinkerzen. Bis heute sind Bienenwachskerzen unerreicht angenehme Lichter. Ihr Licht wirkt wärmer, mehr orange. Ihr leichter, süsslicher Duft ist auf natürliche Weise wunderbarer Nebeneffekt. Kerzen überhaupt: Der Mensch blickt seit 400 000 bis 700 000 Jahren fast täglich in von ihm kontrolliertes Feuer, verbindet es mit Ruhe, Essenszubereitung, Schutz, Wärme.

Bienenwachskerzen aus dem Supermarkt 

Nur unter 2% beträgt der Marktanteil der Bienenwachskerzen. Gerne werden auch Mischungen verkauft, vor allem bei Weihnachtsbaumkerzen, da ist dann ein Drittel Bienenwachs drin, der Rest Paraffin. Das Bienenwachs kommt bei Supermarktware nie von heimischen Bienen. Wie beim Honig wird kräftig importiert, vor allem aus Südamerika und Asien. Auch Mischungen mit Wachs anderer Bienenarten existieren, zum Beispiel der asiatischen Apis Cerana. Deren Wachs hat eine etwas andere Zusammensetzung und enthält auch kein Propolis, aber in der Mischung ist wenig Unterschied zu bemerken.

Wachsplatten des Frühlings: Leuchtend

Weniger weit gereistes Wachs gibts bei Imkern. Oft, aber nicht immer. Denn Imker benötigen das Wachs für ihren Wachskreislauf, der Standard- Hygienemassnahme im Bienenstock: Alte Waben werden irgendwann eingeschmolzen, der Trester mit den Puppenhäutchen abgetrennt, das Wachs gereinigt und daraus wieder die Grundplatten für neue Waben gegossen, die dann den Bienen in den Stock gegeben, damit sie darauf neue Zellen bauen. Nur mittels dieses eigenen Wachskreislaufes kann man sicher sein, sich keine unerwünschten Stoffe von aussen ins Bienenvolk zu holen. Deshalb kauft so mancher Imker lieber Importbienenwachs in schüttbarer Linsenform zu, um daraus die Kerzen zu machen statt aus dem Eigenwachs. Dann sind die Kerzen zwar von Imkerei XY hergestellt, aber das Wachs stammt z.B. aus Kasachstan. Das Kilo Importwachs kostet Stand heute rund 10 EUR. Deutsches Wachs fängt bei etwa 20 EUR an. Ist es biozertifiziert, wird es noch weit teurer.

Wie mache ich meine Kerzen?


Meine Kerzen sind ausschliesslich aus Bienenwachs meiner Völker hergestellt. Es gibt keinen Wachszukauf. Gekauft wird nur der Baumwolldocht. Da ich keine grossen Mengen produziere (denn der Aufwand ist erheblich), gibt es keine Schwierigkeiten mit dem eigenen Wachskreislauf. So geht das vor sich mit den Kerzen:
  1. Abtrennen der Pollenschicht vom Wachsblock
    Das Rohwachs aus Bienenwaben der Bienenvölker wird in einem Dampfwachsschmelzer gewonnen. Das ist eine recht grosse Edelstahltonne mit Einsatzsieb, Abfluss, gut schliessendem Deckel. Den lasse ich mit einem elektrischen Dampferzeuger immer dann laufen, wenn die Sonne scheint, damit der benötigte Strom von der Solaranlage geliefert werden kann.
  2. Die daraus entstandenen dicken Teller aus Wachs wiegen 2-3kg und enthalten noch einige Fremdkörper. Sie werden noch einmal in einem grossen Kochtopf geschmolzen, das Flüssigwachs fein gesiebt und in einem Gefäss langsam erneut erstarren gelassen. Am unteren Rand des wieder festen Wachskörpers bildet sich bereits eine graue Zone, das ist Wachs mit hohem Pollenanteil und feinen Fremdkörpern, das wird lauwarm abgeschnitten. In kaltem Zustand kann man nichts mehr schneiden, dann wird das Wachs zu hart.
  3. Rechts der unbrauchbare Pollenwachsanteil
    Nun wird alles aufwendig: Rund 5 Kilo dieser vorgereinigten Wachsbarren werden in weichem Wasser erneut geschmolzen, Dampfbläschen sprudeln hindurch, wichtig für die Reinigung. Alles wird in einen Edelstahleimer gefüllt und der bei 65-70°C warm gehalten, ohne dass die Flüssigkeit irgendwie bewegt wird. Die Kochplatte ist dafür ungeeignet, weil die Wärme von unten das Wachs in leichter Strömungsbewegung hält. Der Eimer kann in einem Ofen oder Wärmeschrank stehen. Mindestens über Nacht. In dieser langen Zeit sinken weitere Pollen und kleine Fremdkörper ganz langsam nach unten.
  4. Gereinigt, gestückelt, schmelzfertig
    Langsam abkühlen lassen. Aus dem Eimer klopfen. Unteren Rand abschneiden, dort konzentrieren sich die Pollen, das sieht grau aus. Hat man alles ganz abkühlen lassen, um es aus dem Eimer zu bekommen, muss man den Block wieder erwärmen, sonst ist er nicht zu schneiden. 
  5. Alles wiederholen. Ergebnis: Nach mehreren Tagen hin und her liegt ein Block gut gereinigtes Wachs vor, nun auch für Kerzen geeignet. Der Pollenwachstrester kann noch zum Versiegeln verwendet werden, etwa beim Edelreiserschnitt. Der abgetrennte Teil ist normalerweise aber ein Verlust, das macht 15-35% aus, je nach Rohwachszustand.
  6. Der grosse Block ist unhandlich. Warm wird er in einige Stücke geschnitten oder alles sofort verarbeitet.
  7. Gereinigtes Wachs schmelzen, Kerzenformen befüllen, abkühlen lassen, Kerzen entfernen, erneut giessen, bis man so viele Kerzen hat, wie man haben wollte. Die Dochte werden vor dem giessen eingespannt oder nachher durch freigehaltene Kanäle eingezogen. Es gibt auch gezogene Kerzen, mache ich nicht.
  8. Schmelzen, um Kerzen zu giessen
  9. Die fertigen Kerzen müssen ganz abkühlen, damit sie aus der Form zu klopfen sind. Sie haben zunächst ein schönes, glänzendes Aussehen. Man macht von Hand noch kleinere Korrekturen, prüft ob die Kerze gerade und stabil steht, tränkt den Docht in Wachs.
  10. Frisch gegossene Kerzen brennen nicht optimal. Kühl gelagert verbessert sich die Wachsstruktur mit der Zeit. Gelagert werden muss immer dunkel und kühl. Ältere Kerzen verändern auch ihre Oberflächenstruktur, sie sehen weiss bemehlt aus, wie alte Schokolade. Das ist eine typische Eigenschaft von Bienenwachs und ein Qualitätszeichen. Beseitigen kann man das mit einem Fön oder kurzes tauchen in 70° C warmes Wasser. Die Kerzen sind damit ein einer Sekunde optisch verjüngt.
Kerzen unterschiedlichen Alters

Nun ist auch klar, wieso handwerklich hergestellte Kerzen vom Imker teurer sind als industrielle chinesische Paraffinkerzen aus dem Übersee-Container. Allein der Rohstoff ist 25mal so wertvoll. Die Arbeitszeit darf der Imker sowieso nicht berechnen, sonst würde er gar nicht erst anfangen. Nur als Hobby ist diese Aufwand/Ertragsquote zu rechtfertigen. 

Abbrand einer Wachskerze aus kaum gereinigem Wachs, das noch viele Pollen enthält
 

Kerzen wie Skulpturen

Bienenwachskerze in Rosenform

Fans toller Kerzenformen kommen bei dieser Eigenproduktion aber voll auf ihre Kosten. Es gibt Kerzenformen von Rosen über Figuren bis hin zum lebensechten Wachspenis als Scherz. Mein Stil ist das alles nicht, ich liebe die einfacheren, eleganteren und praktischeren Leuchterkerzen, Tischkerzen, Teelichte, Weihnachtsbaumkerzen. Es ist das warme Licht, der Duft, der schöne Abbrand, der die Attraktivität für mich ausmacht, nicht eine sprechende Form der Kerze. Auch das kann schön sein, aber die Kunstkerzen verschenkt man eher, dann stehen sie herum bis sie grau sind. Aber genau wie bei verschiedenen Honigsorten gilt: Alles Geschmackssache. Ein alter Verkauftstrick ist es, neben zeitlos schönen Formkerzen auch absichtlich ein paar eher abstruse Designs zu stellen. So findet der Käufer leichter zu "seiner" Form, und erleichtert ihm die Auswahl, weil auch Kerzen dastehen, von denen er gleich weiss, dass er die ganz sicher nicht will.

Samstag, 9. Dezember 2023

Obstneupflanzungen im neuen Klima

Neu gepflanzte Champagner Renette

Gründe für Neupflanzungen sind bei mir leider meist traurig: Vorher dort stehende Bäume sind abgestorben. Das Sterben der Obstbäume ist in den letzten Jahren aufgrund der veränderten Wetterbedingungen zur Epidemie geworden. Äpfel sterben in meiner Lage vorrangig wegen Rindenbrand, Steinobst leidet stärker unter Monilia und nun auch viel zu warmen Wintern, die zum Austrieb und dann Absterben von grossen Astpartien oder dem ganzen Baum führen, weil doch noch kräftige Nachtfröste kommen. Zweigmonilia und andere Pilzkrankheiten sind generell virulenter geworden. Junge Bäume sterben, weil Extremsommer ohne Regen gekommen sind und man zu wenig oder zu selten Wasser hinschaffen kann. Andere Bäume sterben einfach so, wie es nun mal passieren kann - aber ganz klar häufiger als früher, direkte Gründe für den Stress sind nicht immer zu sehen.

Also wird neu gepflanzt. Die Baumschulen freut es. Aber nicht mehr die der Region, ich kaufe vermehrt im Mittel-osteuropäischen Ausland, der guten Qualität wegen und weil ich dort die Sorten auf den Unterlagen (nämlich mittelstark wachsende) bekomme, die ich haben will. Ich kann nicht alles selber veredeln. Das Sortiment der meisten deutschen Baumschulen (es gibt fachlich sehr gute Ausnahmen!) passt ausserdem meistens weder zum sich veränderten Klima noch für Hobbygärtner. Die teure Ware wird sowieso immer öfter billig importiert, von grossen Vermehrern aus Ost- und Südeuropa. Früher Baumschule, heute Händler. Aber auf einen Extra-Zwischenhändler kann ich verzichten.

Wie pflanzt man heute am besten?

Wurzelballen von Äpfeln, Idealzustand. Grosse Wurzeln
geschnitten. Nie abtrocknen lassen!

Früher war es noch eine Dauerdiskussion, die Frage ob Herbst- oder Frühjahrspflanzung besser ist. Das Klima hat es entschieden: Gepflanzt wird heute ausschliesslich im Herbst. Der Herbst ist eine endlos lauwarme, trübe Angelegenheit geworden, in der meist nach langer Trockenzeit wieder eine Regenzeit beginnt. Lange Frostperioden im folgenden Winter gibt es nicht mehr, der Boden ist nie mehr als wenige Zentimeter tief gefroren. Wir hatten dieses Jahr zehn Wochen im Frühsommer ohne Regen und sechs Wochen im Spätsommer. Im Herbst begann eine Regenzeit und zwar sieben Wochen täglich (!) Regen. Dieses Muster anhaltender Trockenzeiten und Regenzeiten ab Herbst ist mit wenigen Ausnahmen seit Jahren üblich geworden. Den Wetterstil von früher gibt es nicht mehr, die Wetterlagen sind heute viel statischer, oft bis zur Katastrophe konstant. Das ist eine Folge der Klimaveränderung, der Abschwächung des polaren Jetstreams wegen abnehmender Temperaturkontraste entlang der Breitengrade, deshalb stehen die Rossby-Wellen heute viel ortsfester und mäandern auch viel weiter nach Nord und Süd.

Herbstpflanzung statt Frühjahrspflanzung ist bereits in https://gartenzone.blogspot.com/2019/03/fruhlings-oder-herbstpflanzung-die.html beschrieben und die Argumente von damals haben sich noch verstärkt. Die Angst vor harten Winterfrösten, die Neupflanzungen schädigen ist heute unbegründet. Vielmehr kann man mit einer Herbstpflanzung sogar die neuen Wachstumsmonate im Winter ausnutzen, länger Schnee und tief gefrorene Böden gab es seit Jahren nicht. Die Wurzeln beginnen sofort nach Einpflanzung zu wachsen, neue Feinwurzeln bilden sich, der Baum "schlägt Wurzeln".

Die Pflanzung muss heute mehr denn je den wetterbedingt gestörten Wasserhaushalt berücksichtigen. Zu viel Regen gibt es nicht bei Obstbäumen (wenn sie nicht neben einem Bach stehen und dann unter Wasser), aber zu wenig.

  • Wichtig sind deutliche Giessränder mit grossem Durchmesser um den Stamm herum im Traufbereich der Jungkrone. Erstens sollen plötzliche kurze und starke Regenfälle nicht oberflächlich ablaufen, sondern möglichst in den Boden eindringen. Diese Technik wird in Permakulturen immer schon in verschiedenen Formen angewendet, zum Beispiel durch ziehen geeigneter Furchen. Zweitens muss man Neupflanzungen immer giessen, das mühsam hergetragene Wasser soll ebenfalls nicht über die Wiese, sondern an die Wurzeln des Baums, es braucht Zeit um in die Tiefe zu kommen. Also schon bei der Pflanzung grosszügige Giessränder modellieren, Mindesthöhe 5cm, je mehr desto besser.
  • Die Baumscheibe nicht nur konsequent von Bewuchs freihalten (jede andere Pflanze ist Wasser- und Nahrungskonkurrenz), sondern auch die Oberfläche so gestalten, dass Wasser gut versicken kann und wenig von unten verdunstet. Beispiel: Keine Erde mit Verschlämmungstendenz oben liegen lassen!
  • Pflanzloch, Pfahl, eingestreutes Agrargel
  • In Nordafrika schon länger bei Gehölzpflanzungen angewendet, auch in Deutschland sehr empfehlenswert geworden: Die Verwendung von Agrargel oder Hydrogel im Pflanzloch. Agrargele sind "Bodenhilfsstoffe für Trockengebiete". Superabsorber, die sich bei Wasserzugabe zu einem Gel vollsaugen, ein vielfaches des eigenen Gewichts an Wasser binden und wieder langsam abgeben können. Solche Stoffe werden zum Beispiel in Babywindeln verwendet. Bis vor einigen Jahren waren das biologisch abbaubare Kunststoffe, etwa Natriumpolyacrylat, mittlerweile gibt es auch rein aus Holz hergestellte Gele auf der Basis von Lignin mit denselben Eigenschaften. Damit verlängert sich die Bodenfeuchte in Trockenzeiten und verlängert damit auch die Mindest-Giessintervalle. Details meiner guten Anwendungserfahrungen werden Gegenstand eines eigenen Beitrages sein.

Die übrigen Standardtipps zu Pflanztiefe, Behandlung des Wurzelballens, Pflanzschnitt, anbinden etc. haben sich wenig geändert. Die erste Düngung sollte aber etwas früher erfolgen als in der Literatur angegeben, weil die Bodentemperaturen meistens früher steigen und Stickstoff deshalb früher aufgenommen werden kann, früher benötigt wird, in der späteren Sommertrockenzeit dann weniger. In unserer Gegend am Südwesthang mit magerem Boden gebe ich Stickstoff an bedürftige Gehölze schon im Februar, je nach Wetter. Jungbäume bekommen viel Pferdemist oben auf die Baumscheibe, aber nicht am Stamm. Damit bleibt sie bis zur ersten Mahd bewuchsfrei und der Belag hält das Wasser besser im Boden. Eine Düngewirkung hat der Pferdemist mehr indirekt, weil er auch das Bodenleben anheizt.

Rindenbrand an "Gala"

Vor der Pflanzung kommt das Abräumen toter Bäume. Eine traurige Angelegeheit. Abgeräumt habe ich diesen Herbst einen Apfel der Sorte Roter Bellefleur, toll gewachsen, eine Lagerapfelhoffnung. Er hatte immer stärker schwarzen Rindenbrand und starb im Frühling komplett. Wenn es denn diese Sorte war, in Reiserschnittgärten wurde nach einen genetischen Untersuchung oft der Rheinische Winterrambur als "Roter Bellefleur" vermehrt. Ein geschenkter "Gala" starb auch den Rindenbrandtod. Weissanstrich nutzte nichts. Drei Pfirsiche und eine Aprikose starben aus den Gründen im ersten Absatz. Ein weiterer Apfel, zehn Jahre alt, starb. Eine "Neue Orleans Renette" wurde von einem irregeleiteten Biber abgefressen, der über einen normalerweise trockenen Graben kam, der nur durch anhaltende Regenfälle zum Bach wurde und wieder biberungeeignet trocken fallen wird. Das Tier wird doch nicht überleben, aber vorher frisst es noch meine Bäume. Eine Quitte und eine Rundpflaume, letztes Jahr gepflanzt starben, ich konnte dort schlecht giessen und habe Fehler bei der Behandlung der Baumscheibe gemacht. Den schweren Lehm aus dem Pflanzloch dort liegen gelassen. Der verschlämmt schnell. Eine andere Bodenoberfläche, die Wasser bei Trockenheit leichter versickern lässt wäre besser gewesen - grob mulchen etwa, organisches Material in den Oberboden mischen. Die Rindenbrandbäume habe ich verbrannt. 

Tod Orleans Renette durch Biberfrass

Pflanzungen diese Saison

Was kam neu? Vieles. Da ich die Wiesen und das Obst trotz der Riesenprobleme noch nicht aufgegeben habe, pflanze ich konsequent nach, Obstarten und Obstsorten, die einen Versuch wert sind, ob sie es auch im neuen Wetter schaffen.

Äpfel

Alles stimmt. Giessrand, Anstrich, Pfahl, Biberschutz

Sie war einmal Hauptsorte in Südtirol bis etwa 1960, spätreifender geschätzer Lagerapfel der erst auf dem Spätwinter schmeckt und ist einer der Elternäpfel des Brettacher: Eine Champagner Renette steht jetzt auf der Wiese. Und bleibt hoffentlich ohne Rindenbrand. Die Sorte hat auch ein Bekannter, sie wird in unserem Klima ganz gut, hat durchaus Aroma und kommt mit trockenen Sommern besser als der Durchschnitt zurecht. Sie bleibt auch etwas kleinkronig, so passte sie noch an einen Pflanzplatz im engeren Raster. Halbstamm.

Nachdem James Grieve und Klarapfel den Abgang machen bzw. schon machten, Aldingers Georg Cave versagt, fehlt mir ein Sommerapfel. Deshalb neu im Garten: Ametyst, auf mittelstarkwachsender Unterlage. Neuere tschechische Sorte, eher säuerlich, Robustheit wird gelobt, aber das wird muss sich in der Praxis beweisen.

In fast allen unseren heutigen Sorten im Stammbaum: Die Edelrenette, Reinette franche, schon 1540 erwähnt. Seither als robuster, gut lagerfähiger, sehr aromatischer Apfel bekannt. Fruchtgrösse ist aber klein. Was als derart alte und damit altbewährte Sorte so viele Nachkommen hatte, ist einen Versuch wert.

Mit dem Ribston Pepping habe ich einen zugegeben vermessenen Sortenversuch gepflanzt, allerdings kenne ich auch relativ gesunde Bäume und der Pflanzplatz ist nicht schlecht. Ribston Pepping ist einer der Cox Orange Vorfahren und in der Cox Orange Genealogie wohl die anbaufähigste Sorte unter all den sehr empfindlichen Mimosen wie Cox eine ist. Halbstamm.

Geheimrat Breuhahn, selbst veredelt, nun an seinem endgültigen Platz. Auch etwas kleinkroniger bleibend. Wurde mir sehr empfohlen als robuster Apfel mit gutem Geschmack, der sich lange lagern lässt.

Zehn Jahre alt geworden. Rindenbrand.
Mehrfacher Schutzanstrich wirkungslos.

Auch veredelt und schon am endgültigen Platz ist "Stina Lohmann". Ich bekam Reiser vom Korbiniansapfel, der aber vermutlich gar nicht mehr existiert, sondern verloren ist. Genetische Untersuchungen haben ergeben, dass die unter diesem Namen vermehrte Sorte immer nur die ältere Sorte "Stina Lohmann" ist, ein Langlagerapfel, zwar nicht allerbeste Güte, aber saftig bleibend und haltbar.

Nach einem bisher gesund gebliebenen Court Pendu Gris, einem hierzulande seltenen grauen Kurzstiel kommt nun auch ein königlicher Kurzstiel auf die Wiese. Auch eine sehr alte Sorte, seit 500 Jahren in Deutschland nachgewiesen und immer als sehr gesund beschrieben. Man sollte es allerdings schaffen, ihn luftfeucht zu lagern, sonst welkt er stark. Das bekomme ich hin mit Folienhaubenlagerung. Viel schwieriger wird sein, überhaupt bis zu einer Ernte zu kommen.

Birnen

Überraschung beim Pflanzloch ausheben:
Trockener Boden auch nach einem Monat Regen.

Dafür habe ich nicht viele Pflanzplätze, denn sie brauchen tiefgründigeren Boden. Auf Quitte veredelt nicht so sehr, dafür ist dagegen das Wachstum oft unbefriedigend. Gepflanzt wurde diesen Herbst Liegels Winterbutterbirne, eine schöne und lagerfähige Sorte, aber sehr schorfanfällig. Deshalb steht sie oben an der Hangkante, wo am meisten Wind herrscht. Die Birnen sind klein, rundlich, sehen nicht toll aus, aber das bewahrt sie vielleicht vor Diebstahl.

Winternelis hatte ich schon einmal, sie ging ein, der Platz war aber auch nicht gut. Ein sehr klein bleibender Baum, dünntriebig, aber sehr gute und ebenfalls lagerfähige Früchte, ebenfalls auf der kleineren Seite. Lagerbirnen sind ein seltenes Gut und es gibt nichts schöneres, als mitten im Winter noch süsse, schmelzende Birnen zu haben. Sie kam in eine Ecke mit bestem Boden.

Champagner Bratbirne steht noch im Beet, ist selbst veredelt, harrt noch der Auspflanzung. Leider sehr feuerbrandanfällig, gehört aber zu den hochwertigsten Mostbirnen überhaupt. Ich habe mal den Versuch gemacht, sie auf Quitte BA29 zu veredeln. Mostbirnen wollte man immer starkwachsend auf Sämlingsunterlagen, aber auf Quitte wird der Baum kleiner bleiben, früher in Ertrag kommen und mit dem flachgründigen Boden besser zurechtkommen.

Anderes Kernobst

Quitte am Steilhang - schwierig, aber möglich

Die Muskatquitte auf BA29 ist eingegangen - und wurde gleich nachgepflanzt. Der Standort ist schwierig, am steinigen Steilhang, aber wenn dort etwas zurechtkommt, dann Quitten. Mehrere andere Sorten wachsen dort bereits, eine ist sogar schon ein stattlicher Baum, sie müssen aber die ersten Jahre überleben. Das dornige Gebüsch aus Hagebutten, Mahonien, endlosen Myrobalane-Schösslingen muss kleingehalten werden, Wasser muss mittels Kletterpartien hingetragen werden. Die Quitten haben sich dort sehr gut geschlagen, von vier Quittensorten schafften es drei.

Noch eine Mispel: Eine Kurpfalzmispel. Sie wurde leider auf Weissdorn veredelt geliefert. Ich setzte sie tiefer, damit sie aus der Unterlage herauswächst.

Steinobst

Pfirsiche haben es im neuen Wetter auch schwer, Baumausfälle haben zugenommen, Monilia wurde virulenter, neue Probleme kamen hinzu. Eine neue, angeblich sehr robuste Hoffnung ist nun im Boden, Flaming Fury Lucy13, auf einem arteigenen Sämling veredelt. Die Sorte soll auch gut schmecken, sie ist kurz nach "Red Haven" reif, also Mitte bis Ende August. Die "Flaming Fury" Pfirsiche sind die Serie eines privaten US-Züchters mit -zig Sorten, bislang eher selten in Europa, aber in den USA auch im kommerziellen Anbau und mit Schwerpunkt im späten Reifebereich.

Der Drops ist gelutscht

Coes Golden Drop kommt an den Platz eines rätselhaft dahingegangenen Spillings. Coes Golden Drop ist eine Pflaume, die Richtung Reneklode geht. Steht auf Unterlage Wavit. Zur Reife sehr platzempfindlich bei Regen, sonst sehr gut. Angesichts der trockenen Sommer als neue Regel bedeutet das keine grosse Gefahr.

Bellamira bekam ich von einem Bekannten, der sie auch veredelt hat. Neuzüchtung aus Geisenheim, eine gelbe rundliche Pflaume mit grossen Erträgen. Hofentlich, denn an Erträgen mangelts mir.

Vertige, auch eine Neuzüchtung, Aprikose. Gezüchtet von INRA, Frankreich. Mit deren Mandelzüchtungen habe ich schon sehr gute Erfahrungen gemacht. Veredelt ist sie auf Reneklode, das ist eher selten. In Frankreich steht sie auch im kommerziellen Bionabau, weil sie wenig Pflanzenschutz benötigt, blüht ausserdem spät, angeblich moniliafest, selbstfruchtbar. Da stimmt alles. Ich habe schon mehrere Aprikosen, die Obstart wächst bei mir auf der Südwestwiese erstaunlich gut und einige Sorten auch ohne drastische Krankheiten. Eine "Orangered" ist sogar ein richtig dicker Baum. Auf kräftiger Unterlage kommen sie auch mit dem schlechten Boden sehr gut zurecht. Aber das neue Wetter sorgt bei dieser Obstart schlimmer als bei jeder Anderen für frühe Blüten und frühen Austrieb, der Ernteausfall durch Spätfrost ist praktisch unvermeidlich. Also setze ich auf möglichst spät blühende Sorten und bei kleineren Bäumen vielleicht nächstes Frühjahr auf grosse Hauben.

Mal sehen, was in ein paar Jahren noch steht und wie es trägt. Nicht gepflanzt habe ich subtropische Arten, die zwar ebenfalls zur Freude der Verkäufer schwer in Mode sind, aber mit wenigen Ausnahmen so ziemlich versagten: https://gartenzone.blogspot.com/2023/01/klimawandel-und-neue-obstarten.html

Freitag, 17. November 2023

Immer mehr Mispeln

Langsam wächst die Zahl meiner Mispelsorten. Am 14.11.2023 hab ich die Bäume und Bäumchen abgeerntet. Die Verarbeitung ist schon in einem früheren Beitrag beschrieben: https://gartenzone.blogspot.com/2019/11/mispeln-mespilus-germanicus-letzte.html.

Diesmal geht es mehr um Erfahrungen mit Sorten. Ich habe fünf, vier davon sind jetzt parallel geerntet. Ob sie wirklich sortenecht sind, ist nicht bewiesen, Mispeln sind nicht so leicht zu unterscheiden wie die meisten Apfelsorten voneinander zu unterscheiden sind. Mit was soll man vergleichen? Gute Sortenbeschreibungen existieren nicht. Man muss sich auf den Baum- oder Edelreislieferanten verlassen. Was schon bei besser bestimmbaren Obstsorten zu oft schiefgeht, Fehllieferungen gibt es immer wieder. Züchterisch ist Mespilus Germanica nicht sehr bearbeitet. Früchte an einem Baum variieren optisch oft stärker untereinander wie Früchte zwischen verschiedenen Sorten. Am besten messbar sind noch Durchschnittsfruchtgrössen und die Analysewerte. Studien, die genetische Abstammungs- und Zuordnungsuntersuchungen gemacht haben, sind mir nicht bekannt.


Metzer Mispel

Metzer Mispel, etwa 60% der Gesamternte

Kein Bäumchen mehr, fast schon ein Baum. Ziemlich typischer Habitus mit dem schleudernden, oft sehr einseitigen Wuchs. Im Vergleich zu den anderen Kultursorten kleine Früchte, auch am nun älteren Baum. Bekommt manchmal Sonnenbrand. Reife etwas spät. Hoher Fruchtbehang, aber die mässig grossen Früchte bringen dann nicht viele Kilo.

Die Früchte dieses Jahr satte 100° OE, Gerbstoff- und Säuregehalt sind ebenfalls hoch, auch das Aroma. Sollte ich mal genug zusammenbekommen, wird das die Sorte sein, deren Maische zum brennen vergoren wird. Von Jahr zu Jahr erreicht diese Sorte höhere Zuckergehalte, weil das Wetter immer wärmer und die Sommer immer länger werden. Am Anfang waren 60° OE normal, seit 2018 sind es immer 90° und mehr. Mein Baum ist da keine Ausnahme, ältere Bäume woanders haben sich ebenso gesteigert.


Macrocarpa

Mispel Sorte Macrocarpa
Robuster Baum, typischer Habitus, wächst aber schwach auf meinem Standort. Die Früchte werden grösser, wenn der Baum grösser wird. Auch sie hat gute Erträge. Sie reift früher wie "Metzer", Früchte teigen schon von innen her, während die Metzer noch durchgängig hell und hart ist.

Die Früchte erreichten 75° OE, sie sind hübsch, das Aroma ist süss, wenig Säure, auch wenig Gerbstoffe, wenn sie sich vom Ast lösen lassen oder fallen, kann man sie auch direkt essen, ohne enzymatische Umwandlung. Das ist die Lieblingssorte für Desserts, zum einfrieren und auftauen, um sie dann weich zu essen oder weiterzuverarbeiten.


Kurpfalzmispel

Zwei Kurpfalzmispeln

Der Baum ist noch jung, das Wachstum noch nicht klar, aber es ist kräftig. Die ersten Früchte sind bereits recht gross. Sie erreichten aber nur 60° OE, wurden noch früher reif wie "Macrocarpa", hatten mittleren bis niedrigen Gerbstoffgehalt und etwas Säure. Möglicherweise wird ein älterer Baum noch mehr Zucker schaffen. Mispeln haben ohnehin einen Altersdimorphismus, ältere Bäume steigern auch ihre Fruchtgrösse sehr deutlich.

Royal

"Royal", halbierte frische Frucht

Auch sie ein junger Baum, aber erstaunlich starkes Wachstum, bisher sogar ausgeglichenere Astbildung, was ein stabileres und schöneres Baumbild ergibt.

Früchte mit 78° OE, das Aroma etwas schwächer wie das der Metzer, aber grössere Früchte, die sich leichter und mit höherer Ausbeute pressen liessen

Nottingham

Niedriger Wuchs, aber in die Breite. Von ihr hatte ich einmal mehrere Bäume. Einer ging ein, er war auf Weissdorn veredelt, aber diese Unterlage ist für Mispeln weder langlebig noch sinnvoll, sondern nur billig, deshalb ist sie bei Baumschulen immer noch beliebt. Sie produziert unangenehme dornige Schosser aus Wurzel und Stamm, erhöht die Feuerbrandempfindlichkeit, führt bei den ohnehin instabilen Mispeln zu Sturmabrissgefahr weil sie im Durchmesser fast immer stark unter der Mispel bleibt, grosser Stamm auf kleiner Unterlage und hat immer wieder Kompatibilitätsprobleme, je nach druntersitzendem Weissdorn. Vorzuziehen ist stattdessen Quitte BA29 oder arteigen Mispel.

Die Sorte braucht guten Boden und Wasser. Die Früchte an älteren Bäumen werden riesig, um die 7cm Durchmesser sind normal. Früchte eher breit als lang. Bei dieser Sorte besteht auch die Gefahr, dass sie auseinanderbricht, weil der Fruchtbehang recht schwer werden kann. Keine Messung dieses Jahr, in früheren Jahren um 80° OE, wahrscheinlich heute darüber. Die Gerbstoffe und Säure waren deutlich, optisch auch recht schöne Früchte, schon wegen der Grösse.

Verwendung

Die Ernte ist leider nach wie vor zu wenig für einen Maischeansatz, der dann gebrannt werden kann. Dafür sind etwa 150kg nötig, daraus 50% Saft, 50% gemahlene Maische. Also mache ich Saft aus den Früchten. Sie sind schon etwas zu teigig, das mag die Obstmühle nicht, das Ergebnis ist ein schmieriger, schwerer Teig und viel Putzarbeit an der benutzten Obstmühle.

Macht aber nichts. Die weitere Verarbeitung: Zugabe von Pektinase, tags darauf pressen mit dem Handpressbeutel und dann noch einige Pressvorgänge mit einer älteren Spindelpresse. Die Hydropresse deshalb noch einmal anzuwerfen und dann zu reinigen lohnte sich nicht.

Die knapp 3 kg Maische pro Pressung ergeben 1,25 Liter Saft plus 1,7 kg trockenen Presskuchen, die Ausbeute liegt also bei über 40%, was okay ist für so einfache Technik. Der Saft wird aufgekocht und heisssteril in Glasflaschen gefüllt. Er schmeckt kräftig, aufgrund der Vollreife sind mittlerweile kaum mehr Gerbstoffe vorhanden. Dem hohen Zuckergehalt steht mittlere Säure entgehen. Die Aromen liegen bei Bratapfel, etwas Gummibärchen, insgesamt breiter und voller wie Apfelsaft. Als Mispelsaft erkennbar ist er nicht, in einer Blindverkostung würde man ihn als sehr kräftigen, würzigen Apfelsaft einer besonderen Sorte werten. Mit Mispeln in diesem guten Reifezustand hergestellt finde ich ihn klasse.


Mispelmaische, in einfacher Spindelpresse

Der übrige trockene Presskuchen

Donnerstag, 9. November 2023

Pawpaw, Riesenernte und weitere Erkenntnisse

Pawpawblüte

Dieses Jahr war das Jahr der Pawpaws. Fast das gesamte Baumobst ist wieder einmal ausgefallen, Blütenfrost, Wetter, Schadorganismen. Aber meine Pawpaw-Bäumchen sind mittlerweile etwas grösser und schafften einen richtig guten Fruchtbehang. Die Blüten kommen spät und vertragen Frost relativ gut. Das Gesamtgewicht der Ernte lag bei 20kg. Und auch sonst entwickelte sich einiges weiter bei dieser Obstart, so dass die früheren Beiträge eine Erweiterung verdienen.

Fast im Vollertrag

Die meisten Pawpaw-Bäumchen sind nicht mehr so klein, der Grösste erreicht jetzt 3m Höhe. Er wächst stetig 20-35cm pro Jahr. Der Sommer war diesmal stressarm, alle angesetzten Früchte wurden auch gross. Die Äste bogen sich unter der Fruchtlast, aber nichts ist abgerissen. Pawpaw-Holz ist zwar brüchig, aber Zugbelastung hält es aus.

Guter Behang, fast reif

Das Fruchtgewicht der reifen Früchte reicht von winzigen 20g - Früchtchen bis 400g - Bollen, im Schnitt waren es 100-150g, wie ein Apfel. Innen im weichen gelben Fruchtfleisch befinden sich natürlich auch die Samen, der Anteil beträgt etwa 6-8 Gewichtsprozent. Mit dem Samen sollte man auch die wenig angenehmen Nabelreste entfernen, dunkle Knubbel im Anschluss an die Samen. Einfach mit einem Löffel herausheben.

Essreif


Verpflanzen?

Auf manche Erfahrung hätte ich gerne verzichtet. Mittlerweile sind neue Sorten auch in Deutschland lieferbar, es gibt nun auch eine spezialisierte Baumschule. Ihre Preise sind gesalzen, aber immerhin, die Vielfalt wächst. Ein klein wenig Züchtung findet statt - in den USA. Auch die Sorten des Züchters Neal Peterson und drei Sorten der Kentucky State University haben es nach Europa geschafft. Darunter sind sehr interessante Sorten, gerade für den Hausgarten. Da ich mit einer meiner Sorten unzufrieden war, habe ich sie vorsichtig ausgegraben, verpflanzt und eine Sorte der Peterson - Pawpaws gesetzt. Gekauft in einem Gartenmarkt, mittlerweile sind sie weder selten noch schwierig zu bekommen. Und dabei erlebt, was auch Andere schon sagten: Verpflanzen geht oft schief. Das verpflanzte Bäumchen trieb zwar noch aus, ging dann aber trotz Pflege ein. Pawpaw lieben keine Verpflanzung. Damit kappt man die wichtige Pfahlwurzel.

Sehr wichtig: Die Reifezeit

Nachdem die letzten Jahre angesetzte Früchte immer wieder abgeworfen wurden, weil die Bäume noch zu klein war um sie zu ernähren, zweimal Früchte unreif abgeworfen wurde weil sie im starken Trocken- und Hitzestress litten, gab es diesmal eine anders begründete Enttäuschung: Viele Früchte reiften heran, aber sie reiften nicht mehr aus. Und das in einem Jahr, das einen sehr warmen, langen Herbst erlebte. Andere Pawpaw-Besitzer der Region berichteten ähnliches.

Pawpawblüte in Kälte und Nässe

Was ist passiert? Die Antwort liegt in den Wetterdaten. Es bestätigten sich frühere Beobachtungen: Pawpaws reagieren empfindlich auf kalte Nächte im Frühjahr. Glücklicherweise nicht, indem sie Blüten oder Jungfrüchte abwerfen, sondern indem sie massiv einbremsen. Austrieb, Wachstum, Blühgeschehen laufen wie in Zeitlupe ab. So war es dieses Jahr. Tagsüber zwar oft warm (mit Rückschlägen), aber nachts bis Ende April Phasen mit 1°C und leichtem Bodenfrost, bis fast in die dritte Maiwoche ging es noch auf 3° herunter. Und so zog sich die Blüte schier endlos über vier Wochen hin und lief noch folgernder ab wie ohnehin schon in anderen Jahren. Die sehr lange Zeitlupen-Blühphase führte dann zwar zu einer guten Befruchtung, aber die Früchte hingen im Schnitt erst zwei Wochen später am Baum, was sie auch nicht mehr aufholten bis Oktober. Es fehlte dann "hintenraus".

Reife, von selbst gefallene Früchte

Und so lieferte die Prima 1216 statt in der ersten Oktoberwoche erst Mitte Oktober reife, bitterstofffreie Früchte und da die Reife auch wieder folgerte und wegen beginnender Herbstkälte kaum mehr vorankam, hing noch ein Drittel Anfang November unreif in den Bäumen. Prima 1216 gehört meinen Sortenvergleichs-Erfahrungen nach eigentlich zur mittleren Reifegruppe, ist sogar etwas früher als der Durchschnitt. Nach einer Woche Lagerung waren sie zwar noch gut essbar, aber erreichen nicht die Qualität ganz am Baum ausgereifter Früchte.

Weich, süss, aber unreif

Damit zeigt sich, dass selbst in unserer Weinbaugegend das Risiko zu gross ist, dass mittlere Sorten nicht ausreifen. Jahre wie dieses mit nachtkühlem Frühling sind trotz anschliessender Hitzesommer keine grosse Ausnahme. Unser Klima im maritim-kontinentalen Übergangsbereich der Mittelbreiten ist weit stärker schwankend wie das kontinental-subtropische Klima in ihrem Ursprungsgebiet. Frühe Sorten sind also wie schon vermutet essentiell, etwa Allegheny, Halvin, Kentucky Champion, Atwood, KSU-Benson, NC-1. Auch Sorten, die nur früh anfangen, dann aber sehr lange folgernd "dahintropfen" kommen noch in Frage, dafür ist Shenandoah bekannt. Die ersten Früchte reifen deutlich vor Prima 1216. Man kann damit alle Jahreswettertypen ausnutzen, hat in frühen Jahren ab Ende September bis Ende Oktober frische Früchte und in späten Jahren immerhin noch eine Teilernte. Vielleicht der beste Kompromiss.

Aroma, Qualität bei Pawpaws

Fast erntereif, Frucht wird oben gelblich

Das lässt sich sehr einfach auf einen entscheidenden Punkt reduzieren: stressfreies Wachstum, dann volle Ausreife. Aroma und Qualität drehen sich ausschliesslich um eine gute Reife. Gute gereifte Pawpaws aller Sorten sind aromastark, nicht bitter, gelb, weich, duften das Zimmer voll, haben keine Fremdaromen, etwa die Komponente "vergammelte Banane" bei halbreif geernteten, dann gelagerten Früchten. Pawpaws sind da wirklich tückisch, denn wie schon in einem früheren Beitrag erwähnt bringen auch notreife Früchte gelbe und weiche Früchte, behalten aber Bittertöne und unangenehme Aromen. Sie tarnen und täuschen, um dann zu enttäuschen. Das schreibt der Unkundige der ganzen Obstart zu und schätzt Pawpaws anschliessend insgesamt ungerecht schlecht ein. Die war doch reif! War sie nicht.

Reifekurven, wenn alles gutgeht in einem guten Jahr - mein subjektiver Eindruck

Sorten

Pawpaw-Sämlingsbaum im Herbstkleid

Neben mehreren Prima 1216, einem Sämling, einer Shenandoah, einer Prolific habe ich noch eine Overleese. Eine Allgheny werde ich noch kaufen, die Prolific entfernen, sie reift zu spät und setzt zu schlecht an, die Blüten werden nicht gut von der danebenstehenden Prima befruchtet. Nicht alle Sorten befruchten sich offenbar gleich gut. Die Unterschiede zwischen den Sorten sind überhaupt erstaunlich gross. Der Sämling wächst um einiges stärker und schöner wie alle Namenssorten. Seine Blätter sind viel kleiner und gesünder, besonders Prima 1216 bekommt im Herbst noch lange vor dem Blattfall Blattschäden, nekrotische Stellen. Der Sämling setzte um Jahre später Blüten an, die viel kleiner waren wie die der Sorten. Früchte hat er noch gar keine angesetzt. Ich lasse ihn stehen, er ist hübsch und kann als Befruchter fungieren. 

Verarbeitung

Pawpaw-Sorbet

Die Erntemassen animierten zum Ausprobieren weiterer Verwendungen. Zuerst sollte es Eis sein. Das war schwieriger wie gedacht. Das Rühren in der Eismaschine klappte nicht so gut wie bei anderen Sorten, eine Schicht am Rand fror im Gegensatz zu anderen Eissorten fest. Ein Sorbet mit Eiweiss und Zucker gelang dann gut. Das Eis hatte nettes Pawpaw-Aroma, die Konsistenz blieb etwas seltsam. Dick auf der Zunge, etwas zäh, nicht richtig schleimig, aber klebrig wirkend. 

Etwas Mus habe ich eingefroren, dazu die Früchte zerquetscht und durchpassiert. Die grossen Kerne sollte man vorher ganz herausnehmen, sonst blockiert die Passiermühle.

Was tun mit dem Segen?

Mit dem Pürree ein Quarkdessert zu aromatisieren schwächte das Aroma und auch da war die Konsistenz etwas seltsam, es wirkt zäh und liegt etwas klebrig im Mund. Die Frage stellt sich, ob es Gerichte gibt, in denen man sich diese spezielle Konsistenz zunutze machen kann, wo das erwünscht ist. 

Sehr gut war eine Pawpawmilch, zubereitet wie eine Bananenmilch. Fruchtfleisch mit Milch und Purierstab mixen. 

Sollten die Bäume so weitertragen, wird mir jedenfalls das Rohmaterial für Versuche nicht ausgehen. Festzustellen war auch, dass man schnell an die Mengengrenzen kommt. Die Früchte halten sich ja nicht. Viele habe ich dann verschenkt. Bevor man also mit Sortensammlungen anfängt, sollte man genug Leute kennen, die Pawpaws wollen oder sich Verkaufskanäle schaffen.

Obstteller mit selbstangebauten Früchten im Oktober, links Pawpaw





Eine Woche später: Überreif, wie Bananen.

Sonntag, 5. November 2023

Noch mehr Neues von der Yakon, Polymnia sonchifolia

Yakonblüte, schön, aber kommt spät im Jahr

Yacón, das hört sich an wie ein mexikanischer Drogenhändlerboss. "Yacón will wissen, was du für 100 Kilo Stoff zahlst." Vor ein paar Jahren habe ich sie erstmalig angebaut und dort https://gartenzone.blogspot.com/2018/12/yakon-polymnia-sonchifolia-wieder-was.html darüber berichtet. Sehr begeistert war ich nicht. Aber aufgegeben wird auch nicht, ich habe immer wieder gepflanzt, mehrere Sorten, mehrere Orte, viele neue Erfahrungen. Jetzt habe ich die diesjährige Ernte eingefahren und möchte noch einmal darüber berichten.

 

Ertrag und Pflanzplatz

Die Erträge waren in den Folgejahren lange mies, die Pflanze wuchs nicht oder die Knollen brachten nicht viel. In voller Sonne gab es Blattschäden und bei hohen Temperaturen stellte sie wie alle diese Hochlandpflanzen das Wachstum ein. In Norddeutschland oder Hochlagen mag das anders laufen, aber wir haben eine sehr sommerheisse Gegend. Im Dreiviertelschatten wuchs sie ein bisschen besser, setzte aber wenig an. Es war praktisch immer zu trocken für die Pflanze, vor allem auf meinem Boden. Yacón sind Säufer! So viel Wasser brachte ich gar nicht an die Pflanze, wie sie will. Die Erträge kamen dann auf 1 bis 1,5 kg pro Pflanze, was ich für mager halte. Blüten waren selten zu sehen, hoch wurde sie gar nicht erst.

Jungpflanze am idealen Platz. Richtung Süden die Teilverschattung

Erst mit der Zeit hatte ich den Dreh raus und erst dieses Jahr war alles so weit optimiert, dass sie ein Volltreffer wurde. Mein Nachbar hat mich nämlich auf meiner Südseite komplett zugebaut. Direkt auf der Grundstücksgrenze. Eine Garage, Wassertanks, hohe Pflanzen und dann eine riesige Balken-Foliendachkonstruktion. Ein breiter Streifen auf meiner gesamte Gartensüdseite ist dadurch verschattet. 

Aber die Yacónpflanzen explodierten dort förmlich, wie ich feststellte. Ich pflanzte hinter den Foliendächern. Die schatteten zu 50 % ab. Zum Pflanzzeitpunkt im Mai bis Anfang Juli stand zudem die Sonne so hoch, dass ohnehin noch viel Licht hinkam. Dann wanderte der Schattenwurf wegen Folien und hohen Tomaten. Aber meine Yacon-Pflanzen hatten auch Höhe gewonnen, die wuchsen so schnell wie der Sonnenhöchststand mit dem Jahresverlauf sank. Damit war der Boden und der untere Bereich im Schatten, oben war Luft und Sonne. Ideal, immer gleich teilverschattet, diesmal keine Hitzeschäden! Die grossen Pflanzen mit den grossen Blättern sorgten nebenbei auch dafür, dass kaum Unkraut kam.

August. Sie wächst kräftig.
September. Blüte. Oben immer Sonne trotz Herbstbeginn.

Durch den früh beschatteten Boden war auch Verdunstung und Verschlämmung gebremst. Nochmal ideal. Und schliesslich packte ich eine dicke Mulchauflage rund um die Pflanze. Auch das erwies sich als ideal. Es verbesserte die Wasserversorgung entscheidend: Das Giesswasser drang viel leichter in den Boden, die Verdunstung nach oben blockiert, bessere Nährstoffversorgung. Anders als behauptet habe ich durchaus den Eindruck, dass Yacónpflanzen ganz schön Nährstoffe ziehen, sie aber nur nutzen können, wenn auch alle anderen Punkte stimmen. Dann explodiert sie. Und so hatte ich im Oktober Pflanzen, die aus einem Stangenwald berstanden, der 2 m Durchmesser erreicht und 2 m Länge. Aber nicht 2m Höhe, denn die langen Triebe fielen etwas auseinander statt immer steil senkrecht zu wachsen. Sie blühten ab September, sogar Samen zeigten sich. Im Oktober wurden einige Blätter vom ersten Nachtfrost zerstört, Ende Oktober erntete ich die Wurzeln und bekam pro Pflanze 4,5 kg verwertbare Wurzeln. Das war dann doch eine ganz andere Nummer wie die Jahre vorher.

Direkt nach der Ernte

Probleme durch Schnecken trotz starkem Schneckenbesatz von Arion Hortensis hatte sie nach wie vor nicht, keine Krankheiten, keine Schädlinge. Das ist eine echte Stärke dieser Art.

Und schliesslich die Sorte: Am meisten brachte die Sorte "Morado", die es auch häufig zu kaufen gibt. Die Knollen sehen auch gut aus, bei der Ernte rot, später dann dunkler. An den Pflanzen waren keine Unterschiede zu anderen Sorten zu sehen, das kann aber durch andere Faktoren überlagert sein. Morado soll überdurchschnittlich gross werden. Wird sie. Die oberirdische Biomasseproduktion zusätzlich zu den Knollen ist nicht schlecht, so wie bei vielen Helianthae und Smallanthus. Einige aus diesen Gattungen (zum Beispiel Silphium perfoliatum) sind sogar als Energiepflanzen nutzbar, die Biogasausbeute ist mit Mais vergleichbar.

Gewaschen, netto 4,5kg
Einzelknollen bis zu 739g
Auch die Stängel sind Brummer. Unten am Stock sinds sogar bis 4cm Durchmesser


Das Aroma

In der Sonne süss werden lassen

Direkt nach der Ernte sind sie praktisch ungeniessbar, das stimmt weiterhin auch bei dieser Sorte. Man sollte die Wurzelknollen möglichst unverletzt lassen, abspülen und für einige Tage auf einen Gartentisch in der Sonne legen, jedenfalls bei Frostfreiheit. Das ergibt dann nach spätestens einer Woche mildes, saftiges, süsses Fruchtfleisch, das viel mehr von Obst hat wie von Wurzelgemüse. Im Hintergrund steht noch etwas Erdaroma, etwa Richtung Topinambur. Sie isst sich roh ganz angenehm, schälen sollte man sie aber. Sie bräunt etwas an der Luft. Mittlerweile kommen auch immer mehr Verwendungs- und Rezepttipps im deutschen Sprachraum an. Sie bleibt beim Kochen fest. Und da nun endlich gute Rohware da ist, kann ich da loslegen. Kaufen kann man sie nach wie vor nur im Ausnahmefall. Markt, Bioladen, selten, frech, teuer. Kilopreise um die 10 EUR sind die Regel.

Die Vermehrung

Rhizome, Wurzeln, Speicherknollen, Stengel

Das bleibt ein Problem. Die Jungpflanzen sind sauteuer. Selber vermehren ist also wichtig. Die dicken Knollen sind reine Speicherorgane und dienen nicht der Vermehrung. Dafür sind die Rhizome da, das sind die unterirdischen Sprossachsen, der Wurzelstock. Rhizome sind nicht die Wurzeln selbst. Eine Wurzel besitzt weder Nodien (Sprossknoten) noch Internodien (Verdickungen). Von dem Rhizom gehen nach unten die eigentlichen Wurzeln und Knollen, nach oben die Triebe der Blätter aus. Die Rhizome der Yacon sind kleine, manchmal (ja nach Sorte) rote Verdickungen direkt unter der Erde. Man lagert den ganzen Block und teilt dann im Frühjahr die Rhizome ab, setzt sie einzeln in einen 8 cm Topf mit Erde, zieht die Pflanzen vor. Aus einem gut entwickelten Stock kann man bis zu 20 Rhizome gewinnen.

Den Stock sollte man trocken in Sand bei 1-4° über den Winter lagern. Das ist im Nutzgarten natürlich schwierig. Der Keller ist wärmer, Gartenhäuser nicht frostfrei. Ideal wäre eigentlich ein kühl eingestellter Kühlschrank. Wer aber einen weiteren Kühlschrank deswegen benötigt, kann gleich die Jungpflanzen kaufen, das ist billiger wie die entstehenden Stromkosten.

Meine Überwinterungsversuche fanden bisher in der Garage statt, in einem Eimer mit Sand. Und der richtige Erfolg war es noch nicht, bisher nur Teilerfolge - ich muss die Rhizome recht früh wider in einen Topf setzen, sonst halten sie nicht bis ins Frühjahr. Hat man einen geeigneten Boden, wäre noch eine Überwinterung in der Erdmiete einen Versuch wert. Maus- und feuchtigkeitsgeschützt natürlich. Da gibt es noch etwas zu entdecken.

Halbierte Yacon Blütenstände mit Samen

Da Yacon auch Blüten bilden, könnte man auf die Idee kommen, sie aus Samen zu vermehren. Das wäre dann eine generative statt vegetative Vermehrung und das Ergebnis könnte von der ursprünglichen Sorte abweichen.

Problem ist dabei, dass die Blüten erst spät im Jahr erscheinen, ähnlich wie bei Topinambur und dann die Samen nicht mehr voll ausreifen. Trotzdem habe ich einzelne braue Samen in meinen Blüten gefunden, die aber nicht reif genug waren. Mit etwas Nachreife im Haus, Blütenstängel in Vase und später dann die Blüten trocknen lassen, könnte vielleicht etwas keimfähiges herauskommen.