Einige meiner Bienenwachskerzen für Weihnachten |
Bienenwachs ist ein geheimnisvoller Stoff und war lange Zeit sehr wertvoll. Stoffe mit ähnlichen Eigenschaften waren nicht in ausreichender Menge vorhanden. Verwendet wurde es zum Beispiel zur Kerzenherstellung, zum Modellieren, als Trennmittel bei Metallgusstechnik (unerlässlich für Bronzeguss), zur Imprägnierung, zum Schreiben auf Wachstafeln, zum Abdichten, als Bindemittel, für Versiegelung, in der Medizin, der Kosmetik. Bienenwachs war in der Hanse sogar Währung, die gehandelten Mengen waren riesig. Für Kerzen verwendeten es bereits die Römer. Ab dem 6. Jahrhundert tauchten Bienenwachskerzen auch in Gräberfunden nördlich der Alpen auf. Sie waren gezogen und geknetet, der Docht bestand aus Pflanzenfasern oder Holzspänen. Sie russten deshalb und brannten nicht optimal ab, mussten mit dem fortschreitenden Abbrand gekappt ("geputzt") werden, waren aber immer noch besser als alle anderen Beleuchtungsmittel jener Zeit, das war Herdfeuer, Tran- und Talglampen, Kienspäne.
Bienenwachs, was ist das?
Chemisch besteht das Wachs der heimischen Bienen häuptsächlich aus Myricin und Cerin (einem Gemisch aus Cerotinsäure und Melissinsäure), es sind aber 300 weitere Stoffe enthalten. Myricin ist das Palmitat eines langkettigen Alkohols. Bienenwachs schmilzt ab 62° und erstarrt wieder bei 58°, verdampft ab 250°C. Wachs ist wenig leichter als Wasser, löst sich in organischen Lösungsmitteln wie Alkohol, heissem Fett, Benzin, Terpentin. Wachs mit Wasser aufgekocht ergibt oben schwimmendes ruhiges Wachs, während darunter das Wasser Dampfblasen hindurchblubbert. Das Wachs entsteht im Körper der Bienen, die Biene produziert winzige Wachsplättchen in ihren Wachsdrüsen in ihren Bauchsegmenten. Die Plättchen knetet sie mit ihren Mundwerkzeugen und reichert sie mit Stoffen aus der Kopfdrüse an. Die ganz neuen Plättchen sind weiss und transparent, später bei der Verarbeitung bekommt Wachs vor allem durch Pollenöle und Propolis seine gelbe Farbe. Mögliche natürliche Farben liegen zwischen fast weiss, hellgelb, zitronengelb, dunkles warmes Gelb. Wachs aus der Frühlingszeit ist leuchtend gelb, danach wird die Farbe mit der Rapsblüte bleicher, gedeckter. Unbebrütetes Wachs ist hell, Wachs das der Imker aus eingeschmolzenen alten Brutwaben gewinnt ist sehr viel dunkler. Wird es älter, verfärbt es sich weiter.
Für die Bienen ist die Wachsproduktion sehr energieaufwendig. Um ein Kilo Wachs zu erzeugen verbrauchen sie viele Kilo Honig. Es wird 60mal so viel Honig wie Wachs im Bienenstock produziert. Entsprechend sparsam gehen sie mit ihrem Baumaterial Bienenwachs um.
Bienenwachskerzen
Brennende Bienenwachskerze - goldoranges Licht |
Ursprünglich wurden Bienenwachskerzen durch tauchen von Dochten (Pflanzenstengel, Fäden) in heisses, flüssiges Wachs hergestellt. Kerzengiesser hatten seit dem Mittelalter eigene Innungen und Bienenwachs war ein wichtiges international gehandeltes Gut. Die Kerzen waren aufgrund der Knappheit von Bienenwachs Luxus und wurden deshalb vor allem in der Kirche und vom Adel verwendet. Das gemeine Volk hatte nur rauchende, kurz brennende Kienspäne oder stinkende und ebenfalls russenden Talglichter, zudem musste ihr Docht regelmässig gekürzt werden.
Mit der Säkularisation sank der Bedarf. Dann kam der Umstieg auf Stearin, dann billiges Paraffin aus Erdöl, damit wurden die teuren Bienenwachskerzen endgültig zur Ausnahme. Mit dem elektrischen Licht wurden Kerzen insgesamt vom Gebrauchs- zum Dekorations- und Stimmungsartikel. Eine wichtige Erfindung des 19. Jahrhunderts betraf die Dochte. Man erfand Tricks, um einen Docht so zu flechten, damit er sich beim Abbrennen krümmt. Die Spitze ragt damit bogenförmig aus der Flamme und verbrennt, der Docht kürzt sich selbst, die Kerze russt nicht mehr, ohne dass jemand von Hand den Docht kürzen musste. Diese Genialität ist den Menschen heute nicht mehr bewusst, wenn sie eine Kerze anzünden und sich an ihrem ruhigen Abbrand erfreuen.
Bienenwachs brennt nur leicht schneller wie Paraffinkerzen. Bis heute sind Bienenwachskerzen unerreicht angenehme Lichter. Ihr Licht wirkt wärmer, mehr orange. Ihr leichter, süsslicher Duft ist auf natürliche Weise wunderbarer Nebeneffekt. Kerzen überhaupt: Der Mensch blickt seit 400 000 bis 700 000 Jahren fast täglich in von ihm kontrolliertes Feuer, verbindet es mit Ruhe, Essenszubereitung, Schutz, Wärme.
Bienenwachskerzen aus dem Supermarkt
Nur unter 2% beträgt der Marktanteil der Bienenwachskerzen. Gerne werden auch Mischungen verkauft, vor allem bei Weihnachtsbaumkerzen, da ist dann ein Drittel Bienenwachs drin, der Rest Paraffin. Das Bienenwachs kommt bei Supermarktware nie von heimischen Bienen. Wie beim Honig wird kräftig importiert, vor allem aus Südamerika und Asien. Auch Mischungen mit Wachs anderer Bienenarten existieren, zum Beispiel der asiatischen Apis Cerana. Deren Wachs hat eine etwas andere Zusammensetzung und enthält auch kein Propolis, aber in der Mischung ist wenig Unterschied zu bemerken.
Wachsplatten des Frühlings: Leuchtend |
Weniger weit gereistes Wachs gibts bei Imkern. Oft, aber nicht immer. Denn Imker benötigen das Wachs für ihren Wachskreislauf, der Standard- Hygienemassnahme im Bienenstock: Alte Waben werden irgendwann eingeschmolzen, der Trester mit den Puppenhäutchen abgetrennt, das Wachs gereinigt und daraus wieder die Grundplatten für neue Waben gegossen, die dann den Bienen in den Stock gegeben, damit sie darauf neue Zellen bauen. Nur mittels dieses eigenen Wachskreislaufes kann man sicher sein, sich keine unerwünschten Stoffe von aussen ins Bienenvolk zu holen. Deshalb kauft so mancher Imker lieber Importbienenwachs in schüttbarer Linsenform zu, um daraus die Kerzen zu machen statt aus dem Eigenwachs. Dann sind die Kerzen zwar von Imkerei XY hergestellt, aber das Wachs stammt z.B. aus Kasachstan. Das Kilo Importwachs kostet Stand heute rund 10 EUR. Deutsches Wachs fängt bei etwa 20 EUR an. Ist es biozertifiziert, wird es noch weit teurer.
Wie mache ich meine Kerzen?
Meine Kerzen sind ausschliesslich aus Bienenwachs meiner Völker hergestellt. Es gibt keinen Wachszukauf. Gekauft wird nur der Baumwolldocht. Da ich keine grossen Mengen produziere (denn der Aufwand ist erheblich), gibt es keine Schwierigkeiten mit dem eigenen Wachskreislauf. So geht das vor sich mit den Kerzen:
Das Rohwachs aus Bienenwaben der Bienenvölker wird in einem Dampfwachsschmelzer gewonnen. Das ist eine recht grosse Edelstahltonne mit Einsatzsieb, Abfluss, gut schliessendem Deckel. Den lasse ich mit einem elektrischen Dampferzeuger immer dann laufen, wenn die Sonne scheint, damit der benötigte Strom von der Solaranlage geliefert werden kann.Abtrennen der Pollenschicht vom Wachsblock - Die daraus entstandenen dicken Teller aus Wachs wiegen 2-3kg und enthalten noch einige Fremdkörper. Sie werden noch einmal in einem grossen Kochtopf geschmolzen, das Flüssigwachs fein gesiebt und in einem Gefäss langsam erneut erstarren gelassen. Am unteren Rand des wieder festen Wachskörpers bildet sich bereits eine graue Zone, das ist Wachs mit hohem Pollenanteil und feinen Fremdkörpern, das wird lauwarm abgeschnitten. In kaltem Zustand kann man nichts mehr schneiden, dann wird das Wachs zu hart.
Nun wird alles aufwendig: Rund 5 Kilo dieser vorgereinigten Wachsbarren werden in weichem Wasser erneut geschmolzen, Dampfbläschen sprudeln hindurch, wichtig für die Reinigung. Alles wird in einen Edelstahleimer gefüllt und der bei 65-70°C warm gehalten, ohne dass die Flüssigkeit irgendwie bewegt wird. Die Kochplatte ist dafür ungeeignet, weil die Wärme von unten das Wachs in leichter Strömungsbewegung hält. Der Eimer kann in einem Ofen oder Wärmeschrank stehen. Mindestens über Nacht. In dieser langen Zeit sinken weitere Pollen und kleine Fremdkörper ganz langsam nach unten.Rechts der unbrauchbare Pollenwachsanteil
Langsam abkühlen lassen. Aus dem Eimer klopfen. Unteren Rand abschneiden, dort konzentrieren sich die Pollen, das sieht grau aus. Hat man alles ganz abkühlen lassen, um es aus dem Eimer zu bekommen, muss man den Block wieder erwärmen, sonst ist er nicht zu schneiden.Gereinigt, gestückelt, schmelzfertig - Alles wiederholen. Ergebnis: Nach mehreren Tagen hin und her liegt ein Block gut gereinigtes Wachs vor, nun auch für Kerzen geeignet. Der Pollenwachstrester kann noch zum Versiegeln verwendet werden, etwa beim Edelreiserschnitt. Der abgetrennte Teil ist normalerweise aber ein Verlust, das macht 15-35% aus, je nach Rohwachszustand.
- Der grosse Block ist unhandlich. Warm wird er in einige Stücke geschnitten oder alles sofort verarbeitet.
- Gereinigtes Wachs schmelzen, Kerzenformen befüllen, abkühlen lassen, Kerzen entfernen, erneut giessen, bis man so viele Kerzen hat, wie man haben wollte. Die Dochte werden vor dem giessen eingespannt oder nachher durch freigehaltene Kanäle eingezogen. Es gibt auch gezogene Kerzen, mache ich nicht.
- Die fertigen Kerzen müssen ganz abkühlen, damit sie aus der Form zu klopfen sind. Sie haben zunächst ein schönes, glänzendes Aussehen. Man macht von Hand noch kleinere Korrekturen, prüft ob die Kerze gerade und stabil steht, tränkt den Docht in Wachs.
- Frisch gegossene Kerzen brennen nicht optimal. Kühl gelagert verbessert sich die Wachsstruktur mit der Zeit. Gelagert werden muss immer dunkel und kühl. Ältere Kerzen verändern auch ihre Oberflächenstruktur, sie sehen weiss bemehlt aus, wie alte Schokolade. Das ist eine typische Eigenschaft von Bienenwachs und ein Qualitätszeichen. Beseitigen kann man das mit einem Fön oder kurzes tauchen in 70° C warmes Wasser. Die Kerzen sind damit ein einer Sekunde optisch verjüngt.
Schmelzen, um Kerzen zu giessen |
Kerzen unterschiedlichen Alters |
Nun ist auch klar, wieso handwerklich hergestellte Kerzen vom Imker teurer sind als industrielle chinesische Paraffinkerzen aus dem Übersee-Container. Allein der Rohstoff ist 25mal so wertvoll. Die Arbeitszeit darf der Imker sowieso nicht berechnen, sonst würde er gar nicht erst anfangen. Nur als Hobby ist diese Aufwand/Ertragsquote zu rechtfertigen.
Kerzen wie Skulpturen
Bienenwachskerze in Rosenform |
Fans toller Kerzenformen kommen bei dieser Eigenproduktion aber voll auf ihre Kosten. Es gibt Kerzenformen von Rosen über Figuren bis hin zum lebensechten Wachspenis als Scherz. Mein Stil ist das alles nicht, ich liebe die einfacheren, eleganteren und praktischeren Leuchterkerzen, Tischkerzen, Teelichte, Weihnachtsbaumkerzen. Es ist das warme Licht, der Duft, der schöne Abbrand, der die Attraktivität für mich ausmacht, nicht eine sprechende Form der Kerze. Auch das kann schön sein, aber die Kunstkerzen verschenkt man eher, dann stehen sie herum bis sie grau sind. Aber genau wie bei verschiedenen Honigsorten gilt: Alles Geschmackssache. Ein alter Verkauftstrick ist es, neben zeitlos schönen Formkerzen auch absichtlich ein paar eher abstruse Designs zu stellen. So findet der Käufer leichter zu "seiner" Form, und erleichtert ihm die Auswahl, weil auch Kerzen dastehen, von denen er gleich weiss, dass er die ganz sicher nicht will.
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