Sonntag, 5. November 2023

Noch mehr Neues von der Yakon, Polymnia sonchifolia

Yakonblüte, schön, aber kommt spät im Jahr

Yacón, das hört sich an wie ein mexikanischer Drogenhändlerboss. "Yacón will wissen, was du für 100 Kilo Stoff zahlst." Vor ein paar Jahren habe ich sie erstmalig angebaut und dort https://gartenzone.blogspot.com/2018/12/yakon-polymnia-sonchifolia-wieder-was.html darüber berichtet. Sehr begeistert war ich nicht. Aber aufgegeben wird auch nicht, ich habe immer wieder gepflanzt, mehrere Sorten, mehrere Orte, viele neue Erfahrungen. Jetzt habe ich die diesjährige Ernte eingefahren und möchte noch einmal darüber berichten.

 

Ertrag und Pflanzplatz

Die Erträge waren in den Folgejahren lange mies, die Pflanze wuchs nicht oder die Knollen brachten nicht viel. In voller Sonne gab es Blattschäden und bei hohen Temperaturen stellte sie wie alle diese Hochlandpflanzen das Wachstum ein. In Norddeutschland oder Hochlagen mag das anders laufen, aber wir haben eine sehr sommerheisse Gegend. Im Dreiviertelschatten wuchs sie ein bisschen besser, setzte aber wenig an. Es war praktisch immer zu trocken für die Pflanze, vor allem auf meinem Boden. Yacón sind Säufer! So viel Wasser brachte ich gar nicht an die Pflanze, wie sie will. Die Erträge kamen dann auf 1 bis 1,5 kg pro Pflanze, was ich für mager halte. Blüten waren selten zu sehen, hoch wurde sie gar nicht erst.

Jungpflanze am idealen Platz. Richtung Süden die Teilverschattung

Erst mit der Zeit hatte ich den Dreh raus und erst dieses Jahr war alles so weit optimiert, dass sie ein Volltreffer wurde. Mein Nachbar hat mich nämlich auf meiner Südseite komplett zugebaut. Direkt auf der Grundstücksgrenze. Eine Garage, Wassertanks, hohe Pflanzen und dann eine riesige Balken-Foliendachkonstruktion. Ein breiter Streifen auf meiner gesamte Gartensüdseite ist dadurch verschattet. 

Aber die Yacónpflanzen explodierten dort förmlich, wie ich feststellte. Ich pflanzte hinter den Foliendächern. Die schatteten zu 50 % ab. Zum Pflanzzeitpunkt im Mai bis Anfang Juli stand zudem die Sonne so hoch, dass ohnehin noch viel Licht hinkam. Dann wanderte der Schattenwurf wegen Folien und hohen Tomaten. Aber meine Yacon-Pflanzen hatten auch Höhe gewonnen, die wuchsen so schnell wie der Sonnenhöchststand mit dem Jahresverlauf sank. Damit war der Boden und der untere Bereich im Schatten, oben war Luft und Sonne. Ideal, immer gleich teilverschattet, diesmal keine Hitzeschäden! Die grossen Pflanzen mit den grossen Blättern sorgten nebenbei auch dafür, dass kaum Unkraut kam.

August. Sie wächst kräftig.
September. Blüte. Oben immer Sonne trotz Herbstbeginn.

Durch den früh beschatteten Boden war auch Verdunstung und Verschlämmung gebremst. Nochmal ideal. Und schliesslich packte ich eine dicke Mulchauflage rund um die Pflanze. Auch das erwies sich als ideal. Es verbesserte die Wasserversorgung entscheidend: Das Giesswasser drang viel leichter in den Boden, die Verdunstung nach oben blockiert, bessere Nährstoffversorgung. Anders als behauptet habe ich durchaus den Eindruck, dass Yacónpflanzen ganz schön Nährstoffe ziehen, sie aber nur nutzen können, wenn auch alle anderen Punkte stimmen. Dann explodiert sie. Und so hatte ich im Oktober Pflanzen, die aus einem Stangenwald berstanden, der 2 m Durchmesser erreicht und 2 m Länge. Aber nicht 2m Höhe, denn die langen Triebe fielen etwas auseinander statt immer steil senkrecht zu wachsen. Sie blühten ab September, sogar Samen zeigten sich. Im Oktober wurden einige Blätter vom ersten Nachtfrost zerstört, Ende Oktober erntete ich die Wurzeln und bekam pro Pflanze 4,5 kg verwertbare Wurzeln. Das war dann doch eine ganz andere Nummer wie die Jahre vorher.

Direkt nach der Ernte

Probleme durch Schnecken trotz starkem Schneckenbesatz von Arion Hortensis hatte sie nach wie vor nicht, keine Krankheiten, keine Schädlinge. Das ist eine echte Stärke dieser Art.

Und schliesslich die Sorte: Am meisten brachte die Sorte "Morado", die es auch häufig zu kaufen gibt. Die Knollen sehen auch gut aus, bei der Ernte rot, später dann dunkler. An den Pflanzen waren keine Unterschiede zu anderen Sorten zu sehen, das kann aber durch andere Faktoren überlagert sein. Morado soll überdurchschnittlich gross werden. Wird sie. Die oberirdische Biomasseproduktion zusätzlich zu den Knollen ist nicht schlecht, so wie bei vielen Helianthae und Smallanthus. Einige aus diesen Gattungen (zum Beispiel Silphium perfoliatum) sind sogar als Energiepflanzen nutzbar, die Biogasausbeute ist mit Mais vergleichbar.

Gewaschen, netto 4,5kg
Einzelknollen bis zu 739g
Auch die Stängel sind Brummer. Unten am Stock sinds sogar bis 4cm Durchmesser


Das Aroma

In der Sonne süss werden lassen

Direkt nach der Ernte sind sie praktisch ungeniessbar, das stimmt weiterhin auch bei dieser Sorte. Man sollte die Wurzelknollen möglichst unverletzt lassen, abspülen und für einige Tage auf einen Gartentisch in der Sonne legen, jedenfalls bei Frostfreiheit. Das ergibt dann nach spätestens einer Woche mildes, saftiges, süsses Fruchtfleisch, das viel mehr von Obst hat wie von Wurzelgemüse. Im Hintergrund steht noch etwas Erdaroma, etwa Richtung Topinambur. Sie isst sich roh ganz angenehm, schälen sollte man sie aber. Sie bräunt etwas an der Luft. Mittlerweile kommen auch immer mehr Verwendungs- und Rezepttipps im deutschen Sprachraum an. Sie bleibt beim Kochen fest. Und da nun endlich gute Rohware da ist, kann ich da loslegen. Kaufen kann man sie nach wie vor nur im Ausnahmefall. Markt, Bioladen, selten, frech, teuer. Kilopreise um die 10 EUR sind die Regel.

Die Vermehrung

Rhizome, Wurzeln, Speicherknollen, Stengel

Das bleibt ein Problem. Die Jungpflanzen sind sauteuer. Selber vermehren ist also wichtig. Die dicken Knollen sind reine Speicherorgane und dienen nicht der Vermehrung. Dafür sind die Rhizome da, das sind die unterirdischen Sprossachsen, der Wurzelstock. Rhizome sind nicht die Wurzeln selbst. Eine Wurzel besitzt weder Nodien (Sprossknoten) noch Internodien (Verdickungen). Von dem Rhizom gehen nach unten die eigentlichen Wurzeln und Knollen, nach oben die Triebe der Blätter aus. Die Rhizome der Yacon sind kleine, manchmal (ja nach Sorte) rote Verdickungen direkt unter der Erde. Man lagert den ganzen Block und teilt dann im Frühjahr die Rhizome ab, setzt sie einzeln in einen 8 cm Topf mit Erde, zieht die Pflanzen vor. Aus einem gut entwickelten Stock kann man bis zu 20 Rhizome gewinnen.

Den Stock sollte man trocken in Sand bei 1-4° über den Winter lagern. Das ist im Nutzgarten natürlich schwierig. Der Keller ist wärmer, Gartenhäuser nicht frostfrei. Ideal wäre eigentlich ein kühl eingestellter Kühlschrank. Wer aber einen weiteren Kühlschrank deswegen benötigt, kann gleich die Jungpflanzen kaufen, das ist billiger wie die entstehenden Stromkosten.

Meine Überwinterungsversuche fanden bisher in der Garage statt, in einem Eimer mit Sand. Und der richtige Erfolg war es noch nicht, bisher nur Teilerfolge - ich muss die Rhizome recht früh wider in einen Topf setzen, sonst halten sie nicht bis ins Frühjahr. Hat man einen geeigneten Boden, wäre noch eine Überwinterung in der Erdmiete einen Versuch wert. Maus- und feuchtigkeitsgeschützt natürlich. Da gibt es noch etwas zu entdecken.

Halbierte Yacon Blütenstände mit Samen

Da Yacon auch Blüten bilden, könnte man auf die Idee kommen, sie aus Samen zu vermehren. Das wäre dann eine generative statt vegetative Vermehrung und das Ergebnis könnte von der ursprünglichen Sorte abweichen.

Problem ist dabei, dass die Blüten erst spät im Jahr erscheinen, ähnlich wie bei Topinambur und dann die Samen nicht mehr voll ausreifen. Trotzdem habe ich einzelne braue Samen in meinen Blüten gefunden, die aber nicht reif genug waren. Mit etwas Nachreife im Haus, Blütenstängel in Vase und später dann die Blüten trocknen lassen, könnte vielleicht etwas keimfähiges herauskommen.

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