Dieser Tage haben wir die letzten Obstbaum-Neupflanzungen auf der Obstwiesen erledigt. Der Zeitpunkt war nicht optimal. Eigentlich sollte in unseren Breiten im Herbst gepflanzt werden. Das ging 2018 aber nicht, die Trockenheit war derart brutal und anhaltend dass noch im November der Boden tiefgründig trocken und hart war. Statt in so einen Boden zu pflanzen kann man die Gehölze auch gleich verfeuern. Ziehen wir den Sonderfaktor (hoffentlich) Extremtrockenheit ab, haben Herbstpflanzungen folgende Vorteile:
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Gute Containerware, nicht überständig |
Das Wurzelwerk wächst auch im Winter und das nicht wenig. Vorbei sind die Zeiten, in denen gefrorener Boden das Wachstum blockierte. Heute sind lange Warmphasen Standard geworden. Der neu gepflanzte Baum bildet bereits in nun milderen Wintern wertvolle Feinwurzeln. Das tut ihm im wichtigen ersten Standjahr besonders gut, die Gefahr dass er eingeht oder Trockenschäden bekommt ist geringer. Giessen sollte man im ersten Jahr allerdings sowieso immer.
- Baumschulen halten wurzelnackte Ware nur für eine Saison vor. Häufig sind die Wunschorten sehr schnell ausverkauft. Wer im Herbst kauft, hat bessere Auswahl und kann sich die besser gewachsenen Bäume aussuchen. Im Frühling bleibt vielfach nur der Schrott übrig.
- Im Herbst ist noch Zeit, Alternativen für nicht zu bekommende Sorten zu suchen. Man kann sich beispielsweise auch vornehmen, in der Winterruhe Reiser zu schneiden und selbst zu veredeln. Im Frühling ist das alles durch und nichts geht mehr bis zum nächsten Winter.
- Im Frühling wird auch gerne schon Containerware statt wurzelnackter Ware ausgeliefert. Gegen gute Containerware ist nichts einzuwenden, aber vor allem Versandbaumschulen verschicken gerne Bäume in zu lange gestandenen, wurzeldurchgewachsenen, kleinen Töpfen, die schon lange gepflanzt gehört hätten. Im Hausgarten kann man mit etwas Mühe daraus noch etwas machen, auf einer Obstwiese gelingt das kaum. Dort herrschen raue Bedingungen, man kann oft nicht gut giessen, die Wurzeln müssen in die Tiefe und Breite statt sich am Stammfuss ineinander zu verschlingen.
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Frisch aus der Baumschule, wurzelnackter
Jungbaum, Tüte gegen schnelle Austrocknung |
Gepflanzt haben wir vor allem Nachpflanzungen für eingegangene oder lange kümmernde Bäume. Abgänge gab es letztes Jahr wegen Trockenheit, aber auch eigenen Fehlern. Vor einigen Jahren war ich noch nicht so konsequent, Bäume mit wirklich geeigneter Unterlage zu setzen und habe mich zu sehr von idiotischen Baumschulratschlägen beeinflussen lassen. Beispielsweise bei Pfirsichen: Wir haben schlechten, flachgründigen Boden. Auf so einem Boden die St. Julien A Unterlage (eine Haferpflaumenart) zu verwenden ist schlichtweg Schwachsinn. Die Bäume kümmern und vergreisen frühzeitig, viel zu wenig Wachstum, Halbstämme sind damit nicht sinnvoll erziehbar. Trotzdem bietet sie jede Baumschule an. Weil die Massenvermehrer im Osten und Süden Europas sie für Plantagen und kleine Hausgärten produzieren überschwemmt sie den Markt. Pfirsiche für die Obstwiese sollten vorzugsweise auf Bromptonpflaume oder der arteigenen Unterlage Rubira stehen. Sie ist standfest, induziert gutes Wachstum, kommt mit Trockenheit, wenig Pflege und schlechteren Böden besser klar. Damit werden meine Pfirsiche etwas, auf St. Julien A versagen sie durchweg.
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Wildwachsende Blausterne auf der Obstwiese |
Wer kann, sollte persönlich in der Baumschule kaufen. Auch dieses Jahr wurde ich wie jedes Jahr von Versendern schlichtweg beschissen, mir wurden trotz eindeutiger Bestellung wieder einmal Bäume auf falschen Unterlagen geliefert. Bäume zurückschicken? Nicht einfach.
Fehler, die letztes Jahr zu eingegangenen Bäumen führten waren vergessene Pflanzschnitte in Kombination mit der extremen Trockenheit oder nur die Trockenheit. Giessen auf der Obstwiese hat Grenzen, wenn es von Juni bis November keinen Tropfen regnet und sich die Klimakurve von Casablanca in Marokko durchgängig kühler zeigt wie hier.
Welche Sorten?
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Baumscheiben unbedingt freihalten, hier kommt noch
Pferdemist obenauf |
Was steht nun neu auf der Wiese? Die
Zwetschge Juna, eine der letzten Neuzüchtungen von Zwetschgenpapst Hartmann aus Stuttgart-Hohenheim. Mit seiner Pensionierung wurde dort die Züchtungsarbeit eingestellt, jetzt wird nur noch an einem Ort in Deutschland in bescheidenem Umfang Zwetschgen gezüchtet. "Juna" ist eine sehr frühe Zwetschge, ähnlich vielseitig zu verwenden wie "Kathinka", ebenfalls eine frühreifende Hartmann-Züchtung, die aber oft etwas kleine Früchte bringt und bei mir ziemlich viel Zweigmonilia hat. Ich versuche, einige sehr frühe Zwetschgen zu bekommen, da die guten Spätsorten von der eingewanderten Kirschessigfliegenkatastrophe stark betroffen sind. Sie werden bei Reife vom Schädling abgestochen und faulen am Baum.
Die
Kirsche Kordia, Nachpflanzung für eine abgegangene Kordia. Eine moderne Sorte aus Tschechien, die ich früher schon hatte, die Kirschen sind gross und platzfest, Schaufrüchte. Wie alle moderne Sorten eine Knorpelkirsche. Eine alte Sorte wären mir lieber gewesen, aber geeignete Sorten im späten Reifebereich sind sehr schwer zu beschaffen.
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Pflanzschnitt Kirsche |
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Pfirsich auf Pfirsichunterlage |
Einen weiteren
Pfirsich, den "Royal Gem" vom Grosszüchter Zaiger in Kalifornien, der einen schier endlosen Ausstoss von Sorten auf den Markt wirft. Er hat dunkelrote Haut, wird früh reif und ist robust gegen die Kräuselkrankheit. Wie bei allen Frühsorten ist er nur bedingt steinlösend. Er leidet nicht unter dem übertriebenen Fruchtansatz wie "Red Haven" und damit keine oder weniger Ausdünnarbeit. Und er passt von seiner Reifezeit perfekt zu meinen anderen Sorten. Frische Pfirsiche kann man bei geschickter Sortenplanung von Ende Juni bis Ende September haben, beginnend mit Tastired (Zairisup) und Maicrest bis Valley Sweet.
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Pfirsichblütenknospen 8.März |
Die grosse
"Kasseler Renette", ein Apfel. Nicht aus Kassel, sondern aus dem flandrischen Cassel. Viel Säure, viel Zucker, eine der völlig aus der Mode gekommenen berosteten Renetten. Äusserst gut lagerfähig ist er und soll mit trockenem Boden gut zurechtkommen, was ein sehr wichtiger Punkt für mich ist. Er trägt auch in schwierigen Jahren und ist auch nicht schorfanfällig, wie ich an einem älteren Baum schon feststellen konnte.
Ein
Säulenapfel, die neue Sorte
Jucunda, gezüchtet in Weinsberg. Mit Säulenäpfeln experimentiere ich schon länger. Wirklich lagerfähige und gute Sorten sind nicht darunter, aber die Wuchsform ergibt herrliche Fruchthecken. Leider ist das Pflanzmaterial teuer. Ein Säulenapfel passt einfach überall hin. Meinen Jucunda bekam ich auf der Unterlage MM111, die ist mittelstark wachsend und gut standfest. Säulenäpfel auf schwachwachsenden Unterlagen sind mehr etwas für die Terrasse, Topfobst.
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Aprikosenblütenknospen 8. März |
Die
Aprikose Harlayne. Aprikosen sind sehr kurzlebig wegen kaum beherrschbarer Krankheiten wie Monilia und Pseudomonas, gemäss einem Versuch hat man die wenigsten Baumausfälle mit der Unterlage "Wavit" und einer Veredelungshöhe von 60cm. Haralyne zeigte sich in deutschen Versuch robust, wenig anfällig gegenüber Monilia. Wir werden sehen. Ein Erfolg ist es schon, wenn Bäume mehrere Jahre durchhalten. Alte Aprikosen findet man in unseren Breiten nur unter Dachüberständen an Hauswänden.
Quitte "Cukurgöbek". Nachdem die einstmals grosse Quittenvielfalt in Deutschland gründlich abgeräumt und zerstört wurde und jahrzehntelang nur eine handvoll Sorten lieferbar war, sucht man mitterweile im Ausland nach neuen Sortenerlebnissen. Was sich davon bewährt, muss sich aber erst zeigen. Quitten sind ein bisschen in Mode gekommen. Ich werde bald noch weitere Sorten selbst auf sorteneigene Unterlagen veredeln. Interessant sind für mich gute Saftsorten,
Quittensaft und Druckmost aus Quittensaft sind mir unverzichtbar geworden.
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