Freitag, 17. November 2023

Immer mehr Mispeln

Langsam wächst die Zahl meiner Mispelsorten. Am 14.11.2023 hab ich die Bäume und Bäumchen abgeerntet. Die Verarbeitung ist schon in einem früheren Beitrag beschrieben: https://gartenzone.blogspot.com/2019/11/mispeln-mespilus-germanicus-letzte.html.

Diesmal geht es mehr um Erfahrungen mit Sorten. Ich habe fünf, vier davon sind jetzt parallel geerntet. Ob sie wirklich sortenecht sind, ist nicht bewiesen, Mispeln sind nicht so leicht zu unterscheiden wie die meisten Apfelsorten voneinander zu unterscheiden sind. Mit was soll man vergleichen? Gute Sortenbeschreibungen existieren nicht. Man muss sich auf den Baum- oder Edelreislieferanten verlassen. Was schon bei besser bestimmbaren Obstsorten zu oft schiefgeht, Fehllieferungen gibt es immer wieder. Züchterisch ist Mespilus Germanica nicht sehr bearbeitet. Früchte an einem Baum variieren optisch oft stärker untereinander wie Früchte zwischen verschiedenen Sorten. Am besten messbar sind noch Durchschnittsfruchtgrössen und die Analysewerte. Studien, die genetische Abstammungs- und Zuordnungsuntersuchungen gemacht haben, sind mir nicht bekannt.


Metzer Mispel

Metzer Mispel, etwa 60% der Gesamternte

Kein Bäumchen mehr, fast schon ein Baum. Ziemlich typischer Habitus mit dem schleudernden, oft sehr einseitigen Wuchs. Im Vergleich zu den anderen Kultursorten kleine Früchte, auch am nun älteren Baum. Bekommt manchmal Sonnenbrand. Reife etwas spät. Hoher Fruchtbehang, aber die mässig grossen Früchte bringen dann nicht viele Kilo.

Die Früchte dieses Jahr satte 100° OE, Gerbstoff- und Säuregehalt sind ebenfalls hoch, auch das Aroma. Sollte ich mal genug zusammenbekommen, wird das die Sorte sein, deren Maische zum brennen vergoren wird. Von Jahr zu Jahr erreicht diese Sorte höhere Zuckergehalte, weil das Wetter immer wärmer und die Sommer immer länger werden. Am Anfang waren 60° OE normal, seit 2018 sind es immer 90° und mehr. Mein Baum ist da keine Ausnahme, ältere Bäume woanders haben sich ebenso gesteigert.


Macrocarpa

Mispel Sorte Macrocarpa
Robuster Baum, typischer Habitus, wächst aber schwach auf meinem Standort. Die Früchte werden grösser, wenn der Baum grösser wird. Auch sie hat gute Erträge. Sie reift früher wie "Metzer", Früchte teigen schon von innen her, während die Metzer noch durchgängig hell und hart ist.

Die Früchte erreichten 75° OE, sie sind hübsch, das Aroma ist süss, wenig Säure, auch wenig Gerbstoffe, wenn sie sich vom Ast lösen lassen oder fallen, kann man sie auch direkt essen, ohne enzymatische Umwandlung. Das ist die Lieblingssorte für Desserts, zum einfrieren und auftauen, um sie dann weich zu essen oder weiterzuverarbeiten.


Kurpfalzmispel

Zwei Kurpfalzmispeln

Der Baum ist noch jung, das Wachstum noch nicht klar, aber es ist kräftig. Die ersten Früchte sind bereits recht gross. Sie erreichten aber nur 60° OE, wurden noch früher reif wie "Macrocarpa", hatten mittleren bis niedrigen Gerbstoffgehalt und etwas Säure. Möglicherweise wird ein älterer Baum noch mehr Zucker schaffen. Mispeln haben ohnehin einen Altersdimorphismus, ältere Bäume steigern auch ihre Fruchtgrösse sehr deutlich.

Royal

"Royal", halbierte frische Frucht

Auch sie ein junger Baum, aber erstaunlich starkes Wachstum, bisher sogar ausgeglichenere Astbildung, was ein stabileres und schöneres Baumbild ergibt.

Früchte mit 78° OE, das Aroma etwas schwächer wie das der Metzer, aber grössere Früchte, die sich leichter und mit höherer Ausbeute pressen liessen

Nottingham

Niedriger Wuchs, aber in die Breite. Von ihr hatte ich einmal mehrere Bäume. Einer ging ein, er war auf Weissdorn veredelt, aber diese Unterlage ist für Mispeln weder langlebig noch sinnvoll, sondern nur billig, deshalb ist sie bei Baumschulen immer noch beliebt. Sie produziert unangenehme dornige Schosser aus Wurzel und Stamm, erhöht die Feuerbrandempfindlichkeit, führt bei den ohnehin instabilen Mispeln zu Sturmabrissgefahr weil sie im Durchmesser fast immer stark unter der Mispel bleibt, grosser Stamm auf kleiner Unterlage und hat immer wieder Kompatibilitätsprobleme, je nach druntersitzendem Weissdorn. Vorzuziehen ist stattdessen Quitte BA29 oder arteigen Mispel.

Die Sorte braucht guten Boden und Wasser. Die Früchte an älteren Bäumen werden riesig, um die 7cm Durchmesser sind normal. Früchte eher breit als lang. Bei dieser Sorte besteht auch die Gefahr, dass sie auseinanderbricht, weil der Fruchtbehang recht schwer werden kann. Keine Messung dieses Jahr, in früheren Jahren um 80° OE, wahrscheinlich heute darüber. Die Gerbstoffe und Säure waren deutlich, optisch auch recht schöne Früchte, schon wegen der Grösse.

Verwendung

Die Ernte ist leider nach wie vor zu wenig für einen Maischeansatz, der dann gebrannt werden kann. Dafür sind etwa 150kg nötig, daraus 50% Saft, 50% gemahlene Maische. Also mache ich Saft aus den Früchten. Sie sind schon etwas zu teigig, das mag die Obstmühle nicht, das Ergebnis ist ein schmieriger, schwerer Teig und viel Putzarbeit an der benutzten Obstmühle.

Macht aber nichts. Die weitere Verarbeitung: Zugabe von Pektinase, tags darauf pressen mit dem Handpressbeutel und dann noch einige Pressvorgänge mit einer älteren Spindelpresse. Die Hydropresse deshalb noch einmal anzuwerfen und dann zu reinigen lohnte sich nicht.

Die knapp 3 kg Maische pro Pressung ergeben 1,25 Liter Saft plus 1,7 kg trockenen Presskuchen, die Ausbeute liegt also bei über 40%, was okay ist für so einfache Technik. Der Saft wird aufgekocht und heisssteril in Glasflaschen gefüllt. Er schmeckt kräftig, aufgrund der Vollreife sind mittlerweile kaum mehr Gerbstoffe vorhanden. Dem hohen Zuckergehalt steht mittlere Säure entgehen. Die Aromen liegen bei Bratapfel, etwas Gummibärchen, insgesamt breiter und voller wie Apfelsaft. Als Mispelsaft erkennbar ist er nicht, in einer Blindverkostung würde man ihn als sehr kräftigen, würzigen Apfelsaft einer besonderen Sorte werten. Mit Mispeln in diesem guten Reifezustand hergestellt finde ich ihn klasse.


Mispelmaische, in einfacher Spindelpresse

Der übrige trockene Presskuchen

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