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Freitag, 26. Dezember 2025

Mandeln auf der Obstwiese

Pumperlgsund, grün und Vollbehang: Mandel

Seit Jahren gibt es wenig Freuden- und Erfolgsmeldung von Obstwiesen. Alles wurde immer nur schlechter, massenhaft neue und verschlimmerte alte Krankheiten, brutale Wetterextreme, sterbende Bäume, es macht in immer mehr Gegenden keinen Spass mehr. In unserer schon recht lange nicht mehr. Geschlossene Obstwiesen sind verschwunden, es geht nicht zu Ende, sondern ist schon am Ende. Erfahrungen darüber, was man noch machen und pflanzen kann, ob extensiver privater Anbau von Obst oder anderen Gehölzen irgendwie weiter entwickelt werden kann bekommen noch einen eigenen Betrag.

Für heute soll es um eine einzelne Art gehen, mit der ich tatsächlich langjährige und gute Erfahrungen gemacht habe: Der Mandel, Prunus amygdalus. Ja, ausgerechnet Mandeln, die früher als Mimosen galten, immer gefährdet, tragen angeblich nie wegen sehr früher Büte und gehen schnell ein. Und doch steht eine bei mir, die schon 15 Jahre alt ist, über fünf Meter hoch und mittlerweile gute Ernten bringt. Und andere wachsen. Problemfrei sind sie nicht und einiges ist zu beachten, falsche Hoffnungen sind zu vermeiden. Aber da läuft was. Gehen wir es im Detail durch, wo die Haken und Stärken meiner Erfahrung nach sind:

Das Beschaffungsproblem

Eben geöffnete Blüte noch mit
verkapselten Pollenständen

Schon der Kauf ist etwas schwieriger. Mandeln sind unüblich oder gelten als Zierpflanzen, eine Ziermandel ist in Deutschland leichter zu kaufen wie Fruchtsorten. Wenn es Sorten gibt, dann nur wenige, am häufigsten ist "Dürkheimer Krachmandel" und "Pfälzer Fruchtmandel". Manchmal werden Findlinge als Sorten verkauft und mit neuen Namen versehen. Auch solche Sorten probiere ich aus, etwa die "Thürheimer". Schon viel seltener gibt es französische Sorten, dort sind Ferragnes, Ferraduel und noch mehr populär. Von dort habe ich neben Ferragnes und Ferraduel auch Guara. Gerade das sind auch interessante Sorten für Deutschland, aber mit Einschränkungen, dazu später mehr. In Frankreich wird auch aktiv gezüchtet, die Ergebnisse draus machen Mandeln robuster und weniger frostgefährdet. Ferner gibt es auch Hybriden mit speziellen Eigenschaften, die selbstfruchtbare Robijn etwa habe ich, hat aber mehr Monilia.

Zum Baum gehört auch die Unterlage, die man sehr wichtig nehmen sollte. Gute Kalk- und Trockentoleranz und genug Zuwachs für eine Obstwiese haben die arteigenen Unterlagen oder Hybriden draus, das ist Mandelsämling, GF 677 (ein Mandel-Pfirsichhybrid) und oft auch Bromptonpflaume. Die Bromptonpflaume hat Vorteile auf schweren Böden und bei anhaltendem Regen, erstere haben den besten Wuchs und die beste Trockenresistenz. Keinesfalls sollte man St.-Julien Pflaume verwenden, ein Klon ("A") wächst entweder zu schwach, der andere ("INRA2") macht Wurzelausläufer.

Das Befruchterproblem

Vollblüte. Und der Duft... Paradies.

Und so blühte meine erste Mandel jedes Jahr wunderschön. Dann fielen immer alle Blüten ab, keine Früchte, auch ohne Frost. Ein Befruchterproblem? Dabei hat mir jemand erzählt, sie könnten von Pfirsich oder Aprikose bestäubt werden? Davon habe ich viele Bäume und Sorten unmittelbar neben der Mandel. Nutzt aber nichts, wie ich seither weiss. Nicht alle, aber die meisten Mandelsorten benötigen eine andere Mandelsorte, sie sind weder selbstfruchtbar noch werden sie durch andere Arten befruchtet. Sie brauchen die eigene Art, Süssmandeln, blühend zur selben Zeit natürlich. Es gibt besondere Ausnahmen, etwa Mandel-Pfirsich-Hybriden, die manchmal auch gute mandelähnliche Kerne liefern.

Dann pflanzte ich mehr Mandeln. Eine Sorte hatte schon im Pflanzjahr Blüten, weil das aufverdelte Edelreis schon mit Knospen ankam. Schlagartig fruchtete auch die grosse Mandel, statt nur Blüten abzuwerfen - die Befruchtung funktioniert und dafür reichten wenige nahe Blüten einer anderen, als Befruchter geeigneten Sorte.

Das Frostproblem

Auch die abgefallenen Blüten
sind noch hübsch und frisch

Früher reicht die Frosthärte der Bäume nur für ein paar Gegenden. Mandeln schaffen -20°C im Winter, sind also noch empfindlicher als Wein. Früher war das ein Riesenproblem in Mitteleuropa, heute nicht mehr, Tiefstwerte unter den -20°C wurden zuletzt am 13.1.1987 in den meisten Teilen Deutschlands erreicht, davor alle paar Winter mal. Die Bäume kamen gar nicht hoch. 

Ein anderes Kälteproblem sind Fröste, die die Blüten erwischen oder die wasserreichen Jungfrüchte danach. Bekannte Sache, weswegen auch weiterhin von Mandeln abgeraten wird. Zunächst sollte man spätblühende Sorten nehmen. Die bekanntesten französischen Sorten sind solche Spätblüher und blühen von allen Mandelsorten ganz zum Schluss. Damit kann man hoffen, den Frösten eher zu entkommen. So wie bei Aprikosen ist das immer noch sehr früh, meistens Mitte bis Ende März, in glücklichen Jahren auch Anfang April. Das ist schon was! Aber nicht viel, häufig kommen Ende April noch Luftfröste, manchmal richtig üble. Dagegen hilft nichts.

Robuste Sorten stecken aber leichte Minusgrade weg, sowohl in Blüte als auch Jungfrucht, ganz ähnlich wie manche Pfirisichsorten, die erstaunlicherweise manchmal noch tragen, obwohl anderes Steinobst und Kernobst-Frühblüher wie Birnen abgefroren sind. Als härteste Mandelsorte zeigt sich die ertragssichere "Ferraduel". Auch die Höhe bringt etwas bei der Temperatur, die Blüten und Früchte an oberen Ästen in 5m Höhe haben im Grenzbereich des Schadens weniger Frostschäden wie bodennahe Äste.

Das Krankheitsproblem

Mandel unreife Jungfrucht

Mandel = Monilia. So war es früher. Das war der grosse Begrenzer. Und ist es nicht mehr, denn es gibt resistente Sorten Dank der französischen Züchtung. Ferragnes und Ferraduel an erster Stelle, auch Ferrastar ist robust. Es stimmt tatsächlich und ist keine Baumschulprosa, mit diesen Sorten habe ich kaum Monilia erlebt, auch nicht im feuchten Frühling. Kleine tiefstehende Ästchen erwischt es manchmal, jetzt höher und luftiger, desto weniger. Dabei ist die Lage ein ziemliches Monilialoch, wie andere Steinobstsorten beweisen, die überdurchschnittlich stark befallen werden.

Frostspanner meiden Mandeln leider nicht so wie sie Pfirsiche meiden, aber die Schäden halten sich sehr in Grenzen.

Schrotschusskrankheit - auch das selten bei den modernen Sorten. Und wenn doch, so luftfeuchte Lagen sind normalerweise auch für andere Steinobst nicht geeignet. Ebenso selten: Kräuselkrankheit. Bleibt bei den Pfirsichen.

Pseudomonas - das ist ein Bakterienbrand. Zeigt sich auch an schrotschussartigen Blattschäden, Gummifluss, Trieb- und Baumsterben. Kann nichts näheres drüber sagen, hatte ich noch nicht.

Das Verarbeitungsproblem

Schwerlast-Nussknacker, auch für Mandeln geeignet

Bei Reife springt die weiche Fruchthaut auf, sie ist grüngrau. Bleibt etwas von ihr am Stein hängen, entfert man sie. Es bleibt der Stein, in dem sich der begehrte essbare Samenkern befindet. Die Fruchthaut wirkt wie ein dünner Pfirsich. Probiert man sie, schmeckt sie sehr sauer und gerbstoffhaltig, aber auch deutlich nach Pfirsich. Sie ist ein stofflich wertvolles Nebenprodukt, man kann sie für viele Dinge verwenden, was auch industriell gemacht wird, aber hier zu weit führt.

Er knackt, wenn auch mit Knalleffekt

Es gibt Papiermandeln mit dünnem Stein und Sorten mit dickem, harten Stein. Ähnlich wie Walnüsse muss man geerntete Mandeln gut nachtrocknen, Schimmel ist auch hier ein Risiko. Die Papiermandeln sollte man sowieso bald öffnen, das geht recht leicht. Die sprichwörtlich harte Nuss sind die Sorten mit dickem, harten Stein. Mit den gängigen Nussknackern für Walnüsse kommt man da nicht weiter. Es geht nicht, die Dinger sind zu hart. Mit einem Steinbrocken draufhauen ist auch schlecht, damit wird oft der Mandelkern zerquetscht, Splitter und Kernteile mischen sich dabei. Was geht, sind spezielle und grosse Nussknacker mit einem Hebel aus spanischer Produktion, es gibt auch ein teures und lautes elektrisches Modell. Damit kriegt man sie klein. Das macht man am besten in einer Schachtel, die Schalenteile und der Kern spritzen auch bei dieser Methode geradezu explosiv weg, wenn der Kern mit so viel Kraft geknackt wird.

Danach sind die Kerne erneut nachzutrocknen oder sofort zu verwenden, Haltbarkeit bei gutem Trockengehalt ein Jahr.

Das Bitterproblem

Erster Fruchtfall

Bittermandeln sind eigene Sorten, bekanntermassen giftig. Sie enthalten das Glycosid Amygdalin in hohen Konzentrationen, das im Körper zu Blausäure umgewandelt wird. Wenn wir hinter den Kernen her sind, lohnen sich solche Sorten nicht. Schöne Zierpflanzen sind es trotzdem. Verwenden kann man sie auch. Durch längeres kochen im Wasser wandelt sich Amygdalin in Benzaldehyd um, das dann auch den erwünschten Würzwert als Backaroma hat. Das giftige Amygdalin selbst hat jedoch nur schwaches Eigenaroma. Deshalb sind beispielsweise Aprikosenkerne wegen ihres besonders hohen Amygdalingehalts noch giftiger wie Bittermandelkerne, obwohl sie nicht so bitter schmecken. Das "Bittermandelaroma" wird erst durch die Abbauprodukte geliefert, insbesondere Benzaldehyd. Je geringer der Abbau, desto giftiger die Kerne, aber weniger bitter. Die Lehre daraus: Niemals die Giftigkeit aufgrund des Bittergeschmacks beurteilen.

Reifezeit. Blätter und Früchte schon teils gefallen.

Leider können auch einige Süssmandelsorten entgegen der Beschreibungen in Deutschland eine unerwünschte Restbittere aufweisen. Bittermandeln reichern viel Amygdalin während der Reife an, damit entstehen wie gesagt auch die aromagebenden Folgeprodukte. Süssmandeln tun das Gegenteil, wenn vorher Amygdalin gebildet wurde (einige tun das gar nicht), dann nimmt der Gehalt mit der Reife ab. Es erfolgt eine Verdünnung des Amygdalins durch Zellwachstum sowie ein enzymatischer Abbau. Nun kommt der Knackpunkt: Spätreifende Sorten haben in Deutschland ausserhalb Gunstlagen Ausreifeprobleme. Das weiss niemand, weil Abschreiben von Beschreibungen statt Eigenanbau und selber ausprobieren üblich ist. "Reife Ende September" heisst bei französischen Sorten September in Südfrankreich. In Deutschland reicht es nur in Gunstlagen. Dieser Faktor verstärkt den Bittereindruck, Amygdalin im frühen Entwicklungsstadium ist höher konzentriert und damit haben auch die Folgeprodukte höhere Konzentrationen. Weitere Faktoren sind Überbehang, Bestäubung durch Bittermandeln, Stress der die Cyanogenglykosid-Synthese fördert.

Stein und Fruchthaut, frisch gefallen

Genau das habe ich bei der oben genannten Sorte Ferraduel erlebt. Die Bitterwirkung nahm im September Woche für Woche deutlich ab, aber erreichte nicht Null. Das kann sich von Jahr zu Jahr ändern, je nach dem wie gut die Reife erreicht wird. Also nicht wundern, sondern auf jeden Fall abkochen, um eventuelles Amygdalin loszuwerden und dann als Backzutat verwenden. Pur gegessen schmeckten die Kerne ungekocht und gekocht oft nicht gut, der restliche Bittergehalt stört. In der Lebensmittel- und Pharmaindustrie gibt es technisch kontrollierte Entbitterungsverfahren, die aber für uns zu aufwendig sind. Sorten, bei denen wirklich alles gleichzeitig stimmte - moniliafest, späte Blüte, frühe Reife - die gibt es noch nicht. Es stimmt aber schon ziemlich viel und der Weg sieht machbar aus, die zu spätreifenden moniliafesten Sorten mit früher reifenden moniliaanfälligen Sorten zu kombinieren.

Die guten Erfahrungen

Gute Mandelernte

Schluss mit den Problemen. Die Bäume sind standfest, haben jährlich guten Zuwachs und sind hammerhart trockenfest, wenn sie einmal eingewachsen sind. Zudem kalkverträglich und kommen auf meinem armen, flachgründigen Boden ganz prima klar. Blütenfrostschäden der spätblühenden Sorten liegen im Bereich von robusten Pfirsichen die auf derselben Wiese wachsen, das ist tragbar. Im Gegensatz zu Pfirsichen vertragen sie sogar Wuchs im Grasland ohne gepflegte Baumscheibe. Auch der Schnittaufwand ist gering. Wenn Schnitt, dann wie auch bei anderem Steinobst angeraten ab Spätfrühling bis Hochsommer. Niemals im Winter, durch Schnittflächen kommt Monilia sofort ins Holz.

Der Baumaufbau ist licht, die Blätter schmal und lang, damit werfen Mandeln wenig Schatten. Dahinterstehenden Gehölzen wird wenig Licht genommen und auch Fussbepflanzungen bekommen noch Licht ab. Damit sind sie leicht und frei auf Grundstücken plazierbar.

Duft und Anblick der blühenden Bäume gehören zudem zu den schönsten Anblicken, die man in Baumgärten geniessen kann. Dazu die Chancen auf eine Ernte. Der Eimer kann zwar voll werden, aber viel ist es netto trotzdem nie, denn von den Früchten bleibt nur der viel kleinere Kern übrig, man arbeitet lange am knacken und bekommt dann Mengen die nicht mehr eindrucksvoll aussehen. Aber sie sind haltbar und nutzbar. Pflanzt Mandeln!

Auch im Winter schön