Freitag, 30. Oktober 2020

Tafeltraubentest: Solotoi Don

Solotoi Don - aufrechte Ranken

Die letzte reif gewordene Tafeltraubensorte in meiner Sammlung ist "Solotoi Don" und die Letzte, die für dieses Jahr in der Tafeltraubentestserie beschrieben werden soll. Der Name legt es nahe: Wieder eine russische Züchtung. Und zwar erneut einer der viel vielen, vielen Wostorg-Abkömmlinge, die Eltern waren Biruinca aus Moldavien und Wostorg. Gedacht war sie als Spätsorte, die man noch lange in den Herbst hinein essen kann. Die Kurzübersicht der Testwertung:


 

Wuchs und Krankheiten

Gewelltes, dunkelgrünes Laub

Solotoi Don wächst recht charkteristisch. Sie will steil nach oben, geht aufrecht weg. Das ist nicht gerade ein pflegeleichter Wuchs, Wein wird meist an Drähten horizontal geführt, nicht wie eine Pappel einfach nur nach oben. Damit verursacht sie mehr Binde- und Pflegearbeit, weil man sie ständig zur Seite zwingen muss und falsch wachsende Ranken beseitigen. Die Ranken sind auch nicht so schön garniert. Fazit: Schwieriger Wuchs. 

Die Blätter haben ebenso einen besonderen, eigenen Charakter. Sie wirken dick, nicht sehr gross und sind alle irgendwie nach aussen gewellt. Dafür scheint das Laub bis zum Herbst gesund zu sein, vor September waren kaum Krankheitsschäden zu sehen, obwohl die Sorte an einem typischen Mehltauplatz steht. Später bekommen sie dann schnell echten Mehltau, da ist das aber kein echtes Problem mehr.

Die Beeren sind leider nicht gesund. Sie wirken früh fleckig. Diese Kratzer oder Sprenkel sind die Anfänge von echtem Mehltau. Die Flecken verheissen keine lange Erntezeit, sondern frühen Verderb. Zu allem Überfluss verrieseln die Trauben auch noch kräftig, so dass die Trauben sehr locker werden.

Beere Solotoi Don im Frühherbst mit Mehltauschaden


Ertrag und Pflege

Das Ertragsniveau ist mässig. Solotoi Don setzt zwar sehr stark an, muss dann aber kräftig ausgedünnt werden. Die kleinen Blätter assimilieren offenbar nicht so recht, so dass die Erträge eher mässig sind, will man den Stock nicht überlasten. Wenn das passiert, bleiben die Beeren klein und die Reife verzögert sich in den Oktober hinein, es kann auch sein dass man gar nichts mehr erntet.

 

Trauben und Beeren

Die Blüten verrieseln leicht, was zu sehr locker aufgebauten Trauben mit teilweise grossen Beeren führt. Gross werden sie aber nur, wenn man gut ausgedünnt hat und innerhalb der Traube eher am oberen Ende. Die Beeren enthalten im Schnitt zwei Kerne, die leider stören. Am schönsten ist ihr Fruchtfleisch: Homogen und fleischig, fast samtig. Solotoi Don kann man auch lutschen. Die Harmonie wird nur durch die Kerne gestört.

 

Inhaltsstoffe, Aroma und Verwendung

Ab Mitte September werden die Beeren essbar. Sie sind schon früh süss, nicht wegen Reife sondern wegen fehlender Säure. Leider auch so ziemlich aromafrei. Noch nicht einmal etwas Säurespiel erfreut die Zunge, geschmacklich herrscht gepflegte Langweile, allerdings sind auch keine Aromen da, die jemand verprellen können. Der Süsseindruck entspricht lange nicht dem Zuckergehalt, sondern wirkt nur deshalb höher, weil die Säure fehlt, das Refraktometer beweist das. Damit wirken die Beeren gleichzeitig abgebaut, ein Zuckerwasser. Wäre die schöne gleichmässig fleischige Fruchtfleischkonsistenz nicht, müsste man sich wirklich fragen, wieso solche Sorten überhaupt auf den Markt kommen.

Festes, kleines Laub mit roten Blattstielen

Leider ist das der Stil, dem mit ein paar glücklichen Ausnahmen viele der neueren osteuropäischen Sorten folgen. Die kleinteilige Tafeltraubenproduktion für die lokalen Märkten verlangt das wohl. Diese Sorten stammen oft aus denselben Elternlinien, bringen allesamt bei entsprechender Pflege grosse Schautrauben (für hiesige Märkte zu gross), auch auf die Beerengrösse wird grosser Wert gelegt, egal welche Nachteile damit einhergehen. Inhaltlich bleibt es bei möglichst süsser, plumper Langeweile - es sind Blender und Sattmacher ohne innere Werte. Weniger störende Kerne haben dagegen keinen hohen Stellenwert. Blaue Sorten dürfen dort keine Gerbstoffe in der Schale haben. US-Züchter sind da ganz andere Wege gegangen, die auch sehr gut bei kommerziellen Anbauern in Südeuropa ankommen und den Markt abräumen. Beispielhaft ist der Erfolg von Sugrasixteen/Sable von Sunworld mit ihren tropischen und intensiven Aromen, der Kernlosigkeit, der Haltbarkeit, der idealen Trauben- und Beerengrösse.


Hintergrundinformationen zum Standort

Sie wächst auf schwierigem, trockenen Boden nahe an einer Garagenwand. Ein Teil ist unter dem Dachüberstand, ein Teil nicht. Weinbauklima mit Spätfrösten und heissen Sommern, geringe Niederschläge.

Freitag, 16. Oktober 2020

Popkornmais, der auch poppt

Perfekt gepopptes Popkorn aus Mais
diesjähriger Ernte, Sorte Kremgolyo
In unserem Aussengarten beflanzen wir seit Jahren eine wechselnde 20qm - Fläche mit Popkornmais. Mais ist eine günstige extensive Kultur für einen Garten, bei dem man nicht ständig vorbeikommen kann um lange Pflegearbeiten durchzuführen. Pflanzen im Mai, vergessen, wenig tun, dann ernten im Oktober. Unkraut wird ganz gut unterdrückt, je nach dem wie dicht man pflanzt. Geht etwas schief, wird er nicht reif, hat man zu viel, können wir den Mais auch an Hühner verfüttern, verwertet wird er auf jeden Fall.


Sorte und Wachstum

 

Popkornmaispflanzen, knapp erntereif

Die Hauptsorte war "Kremgolyo", das ist eine alte samenfeste Popkornmaissorte ohne Sortenschutz, preisgünstig, robust. Sie reift im Gegensatz zu F1-Hybriden ungleichmässig, auch die Pflanzen fallen unterschiedlich aus. In normalen Jahren kann sie sehr hoch werden, ich hatte schon 3m hohe Pflanzen. Dieses Jahr schaffte sie keine 2m, der knochentrockene Sommer und ein später Start wegen kalter Mainächte verhinderte gutes Wachstum. Einige Kolben reiften auch nicht ganz aus, das kalte und dann extrem trockenheisse Wetter verzögerte das Wachstum. Popkornsorten mit normalen Erträgen reifen ohnehin oft sehr spät. Die Reife erkennt man an den gelben werdenden Hüllblättern der Kolben. Das ist der Zeitpunkt, ab dem auch die Vögel beginnen, die Kolbenhüllblätter von oben her aufzureissen und die Kolben abzuräubern. Frühreifende Sorten gibt es, aber sie haben geringere Erträge, oft sogar nur lächerlich gering. Dann sind nur kleine, einzelne Kolben an kleinen Pflanzen mit sehr kleinen Maiskörnern zu finden.

Popkorn aus dunkler Maissorte

Einige Popkornmaissorten sind bunt. Es gibt Popkornsorten mit grünen, roten, schwarzen, weissen, natürlich gelben und farblich bunt gemischten Körnern an den Kolben. Damit kommt noch eine weitere Verwendung hinzu: Als Ziermais zur Dekoration: https://gartenzone.blogspot.com/2018/11/im-farbenrausch-des-popcornmais.html

 

Warum poppt das Zeug nicht?

 

Geröstet, teilweise aufgeplatzt, aber nicht gepoppt

Doch eine Sache war sehr unberechenbar: Der Mais poppte mal sehr gut, mal gar nicht. Mir war nicht klar, woran es lag, dass ganze Ernten Maiskörner ergaben, die entgegen der Sortenbeschreibungen nicht poppten. Lag es an den Sorten, die nichts taugen? Waren sie zu unreif geerntet, nicht richtig ausgereift? Oder zu reif, zu lange an der Pflanze gelassen? Vielleicht falsch gelagert? Falsches Wetter, an Wetterextremen herrscht ja die letzten Jahre kein Mangel? Doch dieses Jahr kamen einige neue Erkenntnisse dazu, nun ist mir zumindest klar geworden, wann der Popkornmais poppt und wann nicht. Den zu erwartenden Poperfolg sieht man nämlich schon sehr gut, wenn die Körner noch am Kolben stecken.

 

Wann poppt Mais?

 

Opak, unreif - poppt nicht!

Zunächst ein Exkurs zur Frage, warum Popkornmais überhaupt poppt. Maisarten für verschiedene Zwecke gibt es viele, der Popmais gehört zur Varietät Zea mays convar. microsperma. Röstmais (der nur aufplatzt wenn man ihn erhitzt, aber nicht richtig poppt) und Gemüsemais ist Zea mays convar. amylacea, Zuckermais ist sacharata, für Polenta geeigneter Mais ist ein Hartmais, indurata, Mais für die kleinen Babymaiskolben ist microsperma, dann gibt es noch den stärkereichen, gut klebenden Mais für Tortillas, Mais mit speziellen Körnerformen (z.B. convar. dentiformis). Es gibt noch viel mehr Variationen. Popkornmais ist ein Hartmais, der aber trotz glasig hartem Korn einen Kern mit erhöhtem Wassergehalt behält. Werden die Körner erhitzt, verdampft das Wasser im Kern, Druck baut sich auf, weil der Dampf nicht durch den sehr harten äusseren Kornbereich entweichen kann. Wird der Druck schliesslich zu gross, poppt der Mais: Der steigende Dampfdruck im Kern sprengt die Schale schlagartig, dehnt und entspannt das Korn damit. Die Stärke schäumt auf, die Popkornflocke entsteht. Popkorn ist ein Extrudat wie Erdnussflips, aber eines das sich selbst von innen heraus herstellt, während Erdnussflips unter hohem künstlichem Druck durch eine Düse in einen Niederdruckbereich hinein gepresst werden müssen.

 

Hinsehen!

 

Und nun kommts: Ob der Popkormais die wichtigste Voraussetzung hat, die ihn poppen lässt, kann man bei genauem Hinsehen vorher erkennen. Die Körner müssen hart, glasig und grösstenteils durchsichtig erscheinen, dann ist er reif. In der Mitte der Körner muss aber auch eine wolkige, opake (undurchsichtige) Zone zu sehen sein. Das ist der Bereich mit erhöhtem Wassergehalt und den kann man in Form innerer Eintrübungen sehen:

Maiskolben mit Popkornmais im Idealzustand. Körner aussen hart, innnen mit Wasser.

Oberster Kolben gut, die Anderen nicht

Ohne das Wasser im Inneren kein Dampf und kein Druck und kein Pop. Wird der Mais zu lange oder falsch gelagert, können die Körner mit der Zeit ganz austrocknen, dann poppt er immer schlechter. Unreif ist er ganz opak, undurchsichtig. Ist er nicht ganz reif geworden, wird er zwar durchsichtig, aber das Korn beibt zu weich. Eine Nachtrocknung hilft manchmal, manchmal nicht - ausprobieren. Ist er in einem heissen und trockenen Jahr lange an der Pflanze verblieben, poppt er auch nicht, das ist mir wie gesagt schon passiert. Die Körner sehen dann durchgängig glasig aus, ohne oder mit schwachem Wolkenkern. Mitverantwortlich ist dafür Trockenstress beim Wachstum. Es findet eine Notreife statt, er trocknet am Kolben, kein Wasser bleibt im Kern der Körner. Gelbe und andere hellfarbige Maissorten sind für die Pop-Prognose im Vorteil, dort herrscht bessere Sicht auf den Kern, an dunkelfarbigen Sorten kann man den opaken Kern schlecht erkennen.

Früher Kälte- und Trockenstress

Ein Versuch, ganz glasig gewordene Körner zu verjüngen, schlug leider fehl. Ich habe sie in viele Wochen in einem feuchten Raum gelagert, aber ihre Popfähigkeit erhöhte sich nicht wieder. Wenn dieser Mais wieder Wasser aufnimmt, dann offensichtlich nicht im Inneren. Der optimale Zustand mit wasserreichem Kern und hartem Aussenbereich ist wohl kaum wieder herzustellen. Manchmal ist er noch als Röstmais zu verwenden, ansonsten nur noch mühsam mit einem Stahlmahlwerk geschrotet zum Brei kochen. Für Getreidemühlen mit Steinmahlwerk ist er zu hart.

 

Im Garten

 

Gesunde Einzelpflanzen Popkornmais

Noch einige gartenbauliche Tips: Dieselbe Sorte (Kremgolyo) wurde im Hausgarten drei Wochen früher reif und setzt deutlich mehr an, weil ich dort gelegentlich bewässern konnte. Die reifen Maiskörner poppten im heissen Topf mit etwas Öl bereits gleich nach der Ernte zu 100%, kein einziges Korn blieb ungepoppt. Im Aussengarten ohne Zusatzwasser lief alles schlechter, mehr unreif gebliebene Kolben, weniger Ertrag, obwohl dort der Boden besser war. Mais ist zwar generell ziemlich trockenverträglich, aber das hat insbesondere bei Popkornmais Grenzen. Wenn es nicht klappt mit dem Poppen: Zuerst mal die Anbaubedingungen verbessern. Vorkultur ab April zur Ernteverfrühung, auspflanzen im Mai, Wasser geben bei Trockenheit, ganz ausreifen lassen.

Frohes poppen!

Donnerstag, 8. Oktober 2020

Tafeltraubentest: Sorte Straschinski

Straschinski-Beeren können gross werden

An einer trockenwarmen Stelle vor einer Wand habe ich eine Tafeltraube, die eine echte Show sein kann: Die Sorte nennt sich "Straschinski". Sie stammt aus Moldavien. Über ihre Eltern habe ich wenig gefunden. Sie macht aber stark den Eindruck, als wäre ein Elternteil die Sorte Alphonse Lavallée gewesen, der sie in einigen Punkten ziemlich ähnelt. Das ist aber nicht der Fall: Für Straschinski wurde Muskat St. Vallier  mit einem Pollengemisch aus Druschba x Katta Kurgan x Dodrelyabi gekreuzt. Letztere sind Sorten, die in Georgien und weiter östlich vorkommen.

In Deutschland wird Straschinski zwar von einigen Rebenverkäufern angeboten, aber sie ist nicht recht populär geworden, dafür ist die Anbaubreite der Sorte zu gering. Aber bei mir an einer geeigneten Stelle und mit Pflege liefert sie viele grosse, schöne Schautrauben, die ab Mitte September bis Mitte Oktober auch noch gut schmecken und ein paar Wochen lang erntefähig sind. Dafür muss man allerdings etwas tun. Straschinski ist mehr etwas für Liebhaber und vielleicht auch, um Nachbarn zu beeindrucken, weniger für "pflanzen, vergessen und ernten".

Zunächst die Kurzübersicht über ihre Eigenschaften:


Wuchs und Krankheiten

Verrieselt

Im Wuchs steht sie auf mittelstarkem Niveau, sie könnte auf besserem Boden aber auch stark wachsen. Das Wachstum hängt stark vom Fruchtbehang ab, bei viel Behang geht viel Kraft in die Beeren und weniger in Triebe. Neutriebe bleiben etwas dünner. Will man das Wachstum nach der Pflanzung fördern, sollte man in den ersten beiden Fruchtbehangsjahre stark ausdünnen. Trägt sie dann, ist man gut beraten, die Triebe anzubinden, denn die schweren Trauben sorgen vor allem bei böigem Wind für Abstürze. Die jungen Ranken halten nicht viel. Das Holz neigt zum verkahlen, Neutriebe an älteren Ranken werden unwillig gebildet.

Warme, geschützte und gut besonnte Standorte sind wichtig für Straschinski. Aroma und Reife bleiben unterentwickelt, wenn sie die Umgebungseigenschaften nicht hat. Sie bleibt dann gering süss, wirkt saftig aber leer. Auch an heissen Orten zeigt das Laub keine Hitzschäden, die Trauben nur sonnenseitig, wenn sie bereits blau sind und der prallen Sonne ausgesetzt waren. Das ist nicht schlechter wie andere blaue Traubensorten.

Ihre Anfälligkeit auf Krankheiten ist durchgängig mittelmässig. Da sie bei mir teilweise unter dem Dach steht, ist echter Mehltau ein deutlich grösseres Problem wie Peronosphora, so ist das auch bei anderen Sorten in geschützten warmen Lagen. Echter Mehltau ist ein Schönwetter- und Wärmepilz. Straschinski ist aber hinreichend robust, um nur selten Ernteausfall deswegen zu erleiden. Ein Befall findet zwar fast immer statt, aber erst so spät im Jahr dass er nicht mehr schadet. Günstig sind ein bis drei Behandlungen zur Blüte mit Backpulver, besser noch Kaliumbikarbonat. Wespenfrass, Stiellähme, vorzeitige Botrytis, damit gibt es ebenfalls keine überdurchschnittlichen Probleme.

Ein Problem ist -ebenfalls wie bei allen blauen Sorten- der verdammte Kirschessigfliegenimport. Wenigstens werden bevorzugt Beeren im unteren Teil der Traube abgestochen, die sind weicher und meistens sowieso weniger aromatisch. Und durch den lockeren Traubenaufbau sorgt eine schimmelnde Beere auch nicht gleich für verdorbene Trauben.

Vögel lieben die Sorte nicht sehr. Die Beeren sind zu gross und hängen zu fest am Stielgerüst. Kleinbeerige Sorten sind generell mehr vogelfrassgefährdet. Die Frostfestigkeit ist leider unterdurchschnittlich, weit absterbende Zweige normal, von einer Pflanzung in winterkalten Lagen ist abzuraten.

 

Ertrag und Pflege

Oben gut, unten
wegen Überlastung schlecht

Beides hängt bei Straschinski eng zusammen, denn Straschinski setzt ernorm viele Gescheine an und trägt sich zuverlässig zu Tode, wenn man nicht kräftig ausdünnt. Ausdünnen ist damit bei dieser Sorte absolut wesentlich, nicht nur um die Sorte nicht zu überlasten, sondern auch um Trauben in guter Qualität zu bekommen. Zu wenig ausgedünnte Stöcke zeigen folgende Effekte:

  • Die unteren Hälften der Trauben bleibt klein, weich und sauer, verschrumpeln manchmal sogar.
  • Der Zuckergehalt aller Beeren bleibt unterdurchschnittlich, alles schmeckt bestenfalls mässig süss.
  • Die Erntereife verzögert sich, dadurch gelingt die Zuckereinlagerung noch schlechter weil später im Jahr weniger Sonne herrscht.
  • Alle Beeren bleiben weicher. Nur nicht überlastete Pflanzen bringen feste, fleischige und grosse Beeren.
  • Das Aroma bleibt sehr schwach. Der Saft wird wässrig.
  • Die Frostfestigkeit des Holzes im Winter sinkt zusätzlich ab, es gibt mehr Frost- und Absterbeschäden. Grund: Mangelnde Holzreife.

Wie sollte man ausdünnen? Da Straschinski gerne sehr lange Trauben bildet deren untere Beeren ohnehin nachlassen oder stärker verrieseln, kann man schon zur Blütezeit lange Gescheine halbieren, die unter Hälfte abschneiden. Das hat auch den Vorteil, dass das Eintüten mit Organzabeuteln gegen Kirschessigfliege leichter gelingt und man nicht so grosse Beutel benötigt. Hat ein Trieb mehr als zwei Gescheine, sollte man alle Weiteren ganz abschneiden. Wartet man mit der Ausdünnung, bis die Beeren erbsengross sind, kann man aus dieser Grünlese noch Agrest herstellen.

 

Trauben und Beeren

Man sieht sofort, was der Hit bei Straschinski ist: Grosse, dicke Dinger. Ihre gut entwickelten Beeren erreichen 12 Gramm Einzelgewicht. Sie färben früh, benötigen dann aber noch lange bis sie Zucker haben und wirklich reif werden, man darf sich also nicht von der frühen Färbung täuschen lassen. Die grössten Beeren finden sich an kleinen, gut versorgten Trauben. Wer zuviel am Stock gelassen hat oder zu spät ausgedünnt oder zu schlechtes Wetter hatte, bekommt nur kleine, locker gewachsene Beeren. Auch die Trauben können gross werden. Das sieht mitunter prächtig aus, auch als Schautraube ist sie gut geeignet. Wie alle grossen Sorten tendiert sie zu Platzern bei Regen, aber auch bei dieser Eigenschaft hält sich das Problem in Grenzen, wenn man es mit anderen Sorten vergleicht, die so grosse Beeren bringen.

Halbierte Beeren mit Kernen

Reife Beeren ohne Überlastung haben eine gute, fleischige Konsistenz, die zu den Kernen hin weicher wird. Sie wirken dadurch nicht immer homogen im Mund, sondern wie eine breite Rinde mit flüssigem Inhalt. Die Haut ist knackig, ist sie es nicht dann hingen die Beeren zu lange oder der Stock war überlastet. 

Die Bestückung mit Kernen liegt etwas unter dem Durchschnitt. Durch die grossen Beeren wirkt sie zusätzlich kernärmer als sie eigentlich ist, weil das Verhältnis Kern / Beere günstiger ist - der Kerne machen in den grossen Beeren einen geringeren Prozentsatz aus wie das in kleinen Beeren der Fall wäre.

Straschinski an der Wand, ausgedünnt und trotzdem noch viel - und gesund
 

Inhaltsstoffe, Aroma und Verwendung

 
Gut behangene Stöcke an der Überlastungsgrenze bringen Beeren, die ab 60°OE Zuckergehalt schmecken und dann nicht mehr viel an Zucker zulegen. Überlastete Stöcke schaffen auch das nicht, da bleibt es bei 55° und wässrigen Beeren mit Gemüsearoma. Die Aromaeinstufung der Kurzübersicht oben sinkt dann auf 1-2. Bei guter Ausdünnung und mässigem Behang bekommt sie ab Mitte September 70°OE und wird erst dann richtig gut, der Reifebeginn kann sich aber auch noch bis Oktober hinziehen. Viel mehr Zucker erreicht sie aber auch dann nicht, sie hat enge Grenzen. Das Aroma wird in diesem guten Fall beerig, hat etwas von dem Stil der nichtverwandten Alphonse Lavallée. Die Schalen steuern nur wenig Gerbstoffe bei, obwohl sie sehr farbkräftig ist.
 
Diese Farbkraft und die Beerenstruktur machen sie auch zu einer guten Safttraube. Eine Maische lässt sich leicht herstellen und pressen. Sogar ohne Standzeit ergibt sich roter Saft, der angenehm schmeckt und einen nicht mit Süsse zuklebt, wie das bei Traubensäften oft der Fall ist. Wein daraus wäre aber zu schwachbrüstig. Aus Übermengen Saft herzustellen ist die ideale Zweitverwertung bei Straschinkski. Einmaischen, abpressen, sterilisieren, in Flaschen füllen.

Rosinenherstellung habe ich auch probiert, dafür die grossen Beeren entkernt. Das ist aufwendig, zu aufwendig. Das Ergebnis war gut, aber etwas sauerschmeckender wie erhofft. Kernlose, säurearme Sorten sind dafür einfach die erste Wahl.
Getrocknete Beeren von Straschinski. Die blaue Haut dunkelt, sieht fälschlicherweise verbrannt aus.

 

Hintergrundinformationen zum Standort

 
Sie steht bei mir auf der Südseite an einer Hauswand, teilweise Dachüberstand. In schlechtem Boden direkt am Haus, trocken, vermutlich Bauschutt im Untergrund, darum herum kalkiger schwerer Lehm. Milde Winter, aber manchmal harte Temperaturstürze. Früher Austrieb, deshalb immer Spätfrostgefahr. Pflanzenschutzmassnahmen gegen echten Mehltau.

Montag, 28. September 2020

Tafeltraubentest: Sorte Canadice

Tafeltraube Canadice

Heute im Tafeltraubentest: Die Sorte Canadice. Canadice ist eine ältere kernlose Züchtung der 1950er Jahre eines Zuchtprogramms der Cornell-University im Staat New York und stammt von den Sorten Himrod (die auch noch eine gängige Sorte ist) und Bath ab. An der Cornell-University gab es lange Zeit Tafeltraubenzüchtungsprogramme, aus denen mehrere bekannte Sorten entstanden sind. In Deutschland wird sie von mehreren Händlern (z.B. Tafeltrauben Schmidt) verkauft, auch bei eBay taucht sie regelmässig auf. Attraktiv ist sie geblieben, weil sie lizenzfrei ist, bei guter Krankheitsfestigkeit kernlose rosa Beeren liefert und wenig Pflege braucht. Das beweist sie auch bei mir im Garten, wo ich sie seit einigen Jahren habe, vor allem der Kinder wegen, die unbedingt kernlose Trauben wollen. Häufig sind kernlose Sorten nicht sehr gesund, das ist bei Canadice nicht so schlecht, wenn auch nicht wirklich gut. Die Kurzübersicht meiner Erfahrungen mit ihr:

Wuchs und Krankheiten

Canadice zeigt sich bei mir als höchstens mittelstark wachsende Rebe. Das erleichtert die Pflege, aber erschwert die Führung der Triebe.

Probleme mit echtem und falschem Mehltau hat sie wenig. Die Blätter zeigen dasselbe Bild wie Muskat blau, kleine nadelgrosse Löcher, das könnte ein Hinweis auf Hypersensitivität gegenüber falschem Mehltau sein. Dabei stirbt das Gewebe um befallene Blattstellen sofort ab, kleine Löcher entstehen, aber der Pilz kann sich nicht ausbreiten. In manchen Jahren bekommt sie jedoch echten Mehltau, aber auch das ist selten. Die Trauben reiften auch immer gut aus, das trifft auch für kältere Gegenden zu. Aber sie neigt etwas zum verrieseln. Die kleinen Beeren platzen nicht, eine wichtige Eigenschaft.

Hitzeschäden Canadice

Grossbeerige Sorten haben da oft Probleme, vor allem auf meinem schweren und flachen Boden, auch leichter Oidiumbefall (echter Mehltau) begünstigt platzende Beeren. Das Stielgerüst ist anfangs robust, mit zunehmender Reife bricht es leicht.

Mit Hitze hat sie auch Probleme. Blattschäden treten dann auf. An einer Süd- bis Südwestwand sollte man sie nicht pflanzen.

Radikaler Vogelfrass inerhalb weniger Tage

Ein grosser Nachteil und Problemfall sind die kleinen, lockeren und rötlichen Beeren, denn sie sind sehr vogelschnabelgerecht. Entdecken Vögel, dass sie reif sind, wird schnell und heftig abgeerntet. Beginnt das, darf man nicht zögern, sondern muss sofort alle Trauben eintüten oder abernten, andernfalls ist die Ernte perdü. Mir ist das schon oft passiert, da die Rebe etwas abseits steht. Nachgesehen, die Trauben waren kurz vor der Reife. Eine Woche später wieder nachgesehen. Nur noch Stengel da, Vogelschiss und Spritzer. Daneben blieben andere Sorten fast unbeschädigt.


Gescheine. Trauben bleiben klein.

Ertrag und Pflege

Die Erträge sind nie so hoch, dass man Arbeit mit Ausdünnung hat. Das Kilogewicht der Beeren pro Laubfläche ist nicht hoch. Ihre gute Anbausicherheit lässt mässige Erträge teilweise verschmerzen. Man bekommt zwar nicht viel, aber immer was. Der Pflegeaufwand ist mittelmässig. 


Trauben und Beeren

Kernlos!

Sie bildet mittelmässig viele Trauben, die aber klein und locker besetzt bleiben, was der Traubengesundheit zuträglich ist. Ihre Beerenfarbe ist ein bräunliches rosa, nicht leuchtend, sieht immer etwas schmutzig aus. Auch die Beeren sind klein, dafür kernlos, das ist ihr Hauptvorteil. Sie werden ab Anfang September reif. Die Beeren sind weich, nicht fleischig. Sie hält sich sehr lange am Stock wenn man sie vor Vögeln und Kirschessigfliege schützt, das Aroma wird dann schwächer. Wer grosse Erträge will, sollte nicht unbedingt Canadice pflanzen.


Inhaltsstoffe, Aroma und Verwendung

Die Beeren bauen früh Säure ab. Der Geschmack der Beeren wird bei Reife ab Anfang bis Mitte September deshalb ziemlich süss und hat lange einen kräftigen, harzigen Ton, den man mögen muss. Es ist nicht der erdbeerige oder parfümierte Fuchsgeschmack vieler Hybridreben, sondern besitzt eine eigene, sehr deutliche Aromatik. Mich erinnert das Aroma an Thymian. Als Rebe ist sie gut für Alles und Jeden geeignet, aber dieser Geschmack schmeckt mir leider nicht. Falls irgendwie möglich, sollte man Beeren probieren, bevor man die Traube kauft und pflanzt. Der Saft ist säurearm und eher dünn, die Verwendung als Tafeltraube ist weit sinnvoller. Für Rosinenherstellung sind sie die Beeren jedoch etwas klein. 


Hintergrundinformationen zum Standort

Sie hat sie bis zum späten Mittag volle Sonne und steht auf schwerem, aber flachgründigem Boden ohne gute Wasserversorgung. Weinbauklima.

Beeren zu Reifebeginn noch schmutzigrosa

Typisch: Helle, beflaumte Neutriebe

Donnerstag, 17. September 2020

Bittere Pawpaw - Asimina Triloba am Limit

Dieses Jahr war wieder einmal ein Problemjahr für alle Pflanzen, die nicht bewässert werden konnten sowie hitzempfindlich sind. Anhaltende Hitze und Trockenheit verursachten Schäden, das ist nun fast schon die Regel geworden.
Sieht reif aus, ist aber bitter - Abwurf 13.9.2020

Auch bei Pawpaws zeigten sich Probleme. In ihrem Ursprungsgebiet im östlicheren Nordamerika haben sie mehr als 1000mm Niederschlag jährlich und wachsen gerne an Gewässern. Das können wir nicht bieten, wir liegen bei 600-800mm, die letzten Jahre oft noch weniger. Dieses Jahr hat sich zudem herausgestellt, dass nicht nur das Wasser, sondern vor allem Hitze mit direkter Sonne das Problem sind. 

Blattschäden durch Hitze

Denn ich habe an mehreren Stellen Pawpaws: Die im Hausgarten stehen vollsonnig, können aber mit Wasser versorgt werden. Was ich mit regelmässigen Wassergaben getan habe. Die auf einer Obstwiese stehen hell halbschattig, hinter einem lichten höheren Gehölz - dafür kein Extrawasser. Dort gab es jedoch keine Schäden, die Trockenheit haben sie ausgehalten. Die Sorten im Hausgarten bekamen dagegen nach der stärksten Hitzewoche massive Blattschäden und schlimmer noch, warfen einige Früchte vorzeitig ab. Dieser Vorfruchtfall war aber verführerisch weich, duftete aromatisch nach Pawpaw, innen bereits gelb und schmeckte so bitter und grausam, dass er richtig giftig wirkte. Einige Früchte blieben aber hängen, die hat der Baum nun auch abgeworfen, Mitte September. Die sind süss, weich, aromatisch - und haben auch einen unangenehmen Bitterton, der einem ganz hinten die Speiseröhre verengt, was ein beklemmendes Gefühl hervorruft. Mist!

Pawpawbäumchen in der Sommerhitze, Blattabwurf

Die Obstwiesenpawpaws (gleiche Sorten!) haben die Früchte so wie die Blätter behalten, sie sind noch fest und werden offenbar zur üblichen Reifezeit so weit sein. Die Bäume sind eindeutig weniger im Stress gewesen.

Im lichten Halbschatten reifen die Früchte zu Ende

Das wirft ein besonderes Licht auf die immer wieder auftauchenden Berichte von Unverträglichkeiten und/oder Bittergefühlen, von unangenehmem Geschmack der Pawapws, wenn sie schliesslich gross genug sind um zu tragen. Es kann gut sein, dass es sich um zu früh abgeworfene Früchte handelt, die wegen Stress schon vor der optimalen Reife auf dem Boden landen. Problem bei Pawpaws: Das sieht man nicht. Was da kam, wirkte sehr reif, war weich, gelb, duftend und hatte auch Aroma. Aber auch einen unangenehmen Hintergrund. Ähnlich wird es aussehen, wenn man pflückt und nachreifen lassen will oder wenn das Vegetationsjahr mal zu früh endet, auch wenn das die letzten 20 Jahre seltern wurde, Hitze bis in den Oktober dagegen häufiger. War das Frühjahr kühl, nutzt das allerdings auch nichts.

Pralle Mittags- und Nachmittagssonne sollte also beim Pflanzort besser vermieden werden. Kombiniert mit Wochen mit täglich über 35°C sterben zu viele Blätter und die Pflanzen geraten in Stress, der noch einen Monat später für frühen Fruchtfall sorgt. Und damit eben auch ungeniessbare Früchte. Das tut Pawpaws unrecht, denn wirklich ausgereift sind sie sehr ausgewogen, lecker und erzeugen keinen Bitterton.

Weitere Pawpawbeiträge:

Teil 1: Indianerbanane Pawpaw, der ewige Star von morgen
Teil 2: Indianerbanane Pawpaw: Anbau
Teil 3: Indianerbanane Pawpaw: Früchte und Fruchtqualität
Teil 4: Indianerbanane Pawpaw: Befruchtungsfragen

Montag, 14. September 2020

Tafeltraubentest: Muskat Bleu

Traube Muskat Blau

Eine Tafeltraubensorte, die längst ein Klassiker ist und bis heute in die Spitzengruppe der Aromakönige gehört ist die Sorte Muskat Bleu oder Muskat Blau oder Muscat Bleu. Sie ist wahrscheinlich auch die in Deutschland am meisten angebotene Tafeltraube, wenn man Pflanzware kauft. Das schlägt sich im Preis nieder: Man bekommt sie sehr preisgünstig. Sortenschutz besteht schon lange nicht mehr. Auch für den Tafeltraubenanbau von Direktvermarktern in der Schweiz und teilweise Deutschland und Belgien ist sie beliebt. Man kann auch Wein aus ihr herstellen sowie Sekt und Brände. Entstanden ist sie in der Schweiz, im kleinen Weinort Peissy, Kanton Genf in den 1930er Jahren durch den privaten Züchter Charles Garnier, der noch viele weitere Sorten züchtete.

Gepflanzt habe ich sie schon oft, man findet sie generell häufig in Gärten, in denen Tafeltrauben stehen. Alle Leute, die sie haben sind in der Regel mit ihr zufrieden. Die Kurzübersicht der Testwertung:


 

Wuchs und Krankheiten

Blattwerk

Muskat Blau wächst mittelstark, auf schwierigen Standorten sogar nur schwach. Die Blätter haben oft  kein sattes Grün, sondern einen hellgrünen Ton und sind auch nur unterdurchschnittlich gross. Auf gute Nährstoffversorgung ist zu achten, möglicherweise ist auch ihre Kalktoleranz nicht allzu hoch. Ihre Frostfestigkeit im Winter ist gut. Aber sie ist spätfrostanfällig, nach einem warmen Winter kommt sie früh in Saft, dann sterben bei Spätfrostereignissen viele Ranken weit ab. Ihre Bestandssicherheit ist nicht so hoch wie bei anderen Sorten, es ist die einzige Rebe die mir auch einmal ganz abgestorben ist.

Dafür ist ihre Krankheitsfestigkeit legendär. Die Anforderungen des Züchters waren hoch, denn im Kanton Genf herrschen feuchtwarme Sommer, die Krankheiten begünstigen. Bereits beide Eltern sind sehr robuste interspezifische Reben, Garnier 15/6 und Perle Noire, ihre Eltern stammen von vier verschiedenen Rebenarten ab. Gegen falschen Mehltau ist sie hypersensibel, Infektionsstellen sterben schnell kleinräumig ab (man sieht kleine Löcher in den Blättern) anstatt sich weiter zu verbreiten. Nur manchmal sieht man Symptome, wenn dann erst spät im Jahr. Die Trauben werden nicht befallen.
Festes, gesundes und dickes Stielgerüst

Gegen echten Mehltau ist sie fast resistent, ich habe nie einen Befall erlebt. Das ist ziemlich einzigartig in der Tafeltraubenwelt. Damit kann man sie auch in windgeschlossenen Lagen pflanzen, in Hausecken zum Beispiel. Und man kann sich Pflanzenschutzmassnahmen sparen.

Erstklassig ist auch ihr gesundes Stielgerüst, keine Stiellähme, die Beeren hängen fest und werden bis zur Vollreife gut versorgt. Leider ist aber die Kirschessigfliege sehr scharf auf sie, angezogen von Duft und Beerenfarbe. Also wieder einmal: Eintüten mit Organza-Beuteln. Auch die Vögel mögen sie, Wespen etwas, aber deren Flughöhepunkt liegt etwas früher wie die Reifezeit. Die fest hängenden Beeren lassen sich von Vögeln nicht so leicht abreissen, deshalb hacken sie hinein, die Trauben sehen dann schnell mies aus. 

Sogar die jungen Triebe bleiben mehltaufrei. Blattstengel sind oft rötlich.


Ertrag und Pflege

Ihre Ertragssicherheit ist hoch. Wenn es mit der Ernte schiefgeht, dann wegen Spätfrost oder Hagel. Ihr Fruchtansatz ist mässig, so dass man nicht ausdünnen muss. Die Trauben können variieren, gut gepflegte Stöcke können grosse, schöne Trauben bekommen, meist sind aber klein und ziemlich locker, denn die Blüten verrieseln leicht. Wind und Kälte begünstigen das. Für kühle, windige Lagen ist sie nichts. Man kann sie also nicht nur wegen ihrer Krankheitsfestigkeit an windarmen Stellen pflanzen, sondern auch weil sie dann weniger verrieselt. Der Ertrag ist mittelhoch. Sie schafft bis zu 1kg/qm berankte Fläche Ernte. Die Rebe ist schön pflegeleicht, ideal auch für Anfänger.

 

Trauben und Beeren

Halbierte Beeren mit kräftig entwickelten Kernen

Die Trauben sind locker mit tiefblauen Beeren besetzt. Die bleiben mittelgross, an jungen oder weniger gut versorgten Stöcken nur klein. Wer kleine Beeren bekommt, muss dem Stock bessere Bedingungen verschaffen. Essreife liegt ab Mitte September, je nach Lage auch deutlich später. Die Beeren zeigen eine fleischige Konsistenz, die mit der Reife weicher wird. Nicht weich, sondern knackig ist die Schale. Sie kaut sich aber gut. Reife Früchte halten sich gut am Stock, ihre typischen Geschmackseigenschaften hat sie aber nicht lange, die Aromen veratmen sich im Reifeprozess. Das kommt bei würzigen Tafeltrauben oft vor.

Tja, und ihre grösster Nachteil liegt ebenfalls in den Beeren: Grosse, dicke, fette Kerne. Und viele. Jeder, für den Kerne ein Übel sind wird sie hassen. Um die Kerne kommt man bei Muskat Blau nicht herum, das ist ihr ewiger Pferdefuss. Vielleicht ist sie ja für Traubenkernölproduktion interessant. Genug Kerne hat sie jedenfalls.

 

Inhaltsstoffe, Aroma und Verwendung


Reife Beeren von Muskat Blau
Die Beeren zeigen eine interessante Aromakurve. Essreif werden sie, nachdem sie etwa 70° OE erreicht haben. Am Ende der Reife kommen sie auf über 100°. Am Anfang ist sie lecker süssauer, dann zeigt sie eine herrliche blumig-süsse Note, nicht nur Muskat, sondern auch nach Mandarinenschale, Orangeat, Gewürzen, besonders wenn man die Schale kaut. Danach wird die Mandarine schwächer und zum Schluss auch das Muskat. Sie wird dann zu einer sehr süssen Traube. Die Aromen vorher schmecken fast Jedem, sie sind deutlich, harmonisch, übersättigen nicht.

Auch nach der Ernte veratmen sich die Aromen schnell. Frisch vom Stock sind sie stark, schon wenige Stunden nach dem Schnitt wirken sie schwächer. Nach zwei Tagen sind sie fast verschwunden. Man sollte sie also immer erst kurz vor dem Essen abschneiden, nie lagern sofern man ihre besondere Aromenkomposition liebt. Kauft man sie bei Tafeltraubenanbauern, hat sie nicht mehr volle Qualität weil tags zuvor oder morgens geerntet wurde, gegessen dann erst einen Tag später. Der Presssaft aus ihr wird gut, dafür nicht zu spät ernten, besser schon bei Reifebeginn. So ist sie auch gut für Traubengelee geeignet. Das starke Aroma im Frischzustand erscheint aber nicht in dieser Kraft im fertigen Produkt, auch Erhitzen schwächt es.

In guter Lage können Trauben und Beeren recht gross werden.
Bereits mit Vogelschäden.

 

Hintergrundinformationen zum Standort

Habe sie an mehreren Standorten im Weinbauklima. Auf flachgründigem, schweren Boden kommt sie nicht recht voran. An einer Pergola in Reihenhauszeilen bringt sie gute Ernten mit dicken Trauben. Keine Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln, Düngung unregelmässig.