Montag, 28. September 2020

Tafeltraubentest: Sorte Canadice

Tafeltraube Canadice

Heute im Tafeltraubentest: Die Sorte Canadice. Canadice ist eine ältere kernlose Züchtung der 1950er Jahre eines Zuchtprogramms der Cornell-University im Staat New York und stammt von den Sorten Himrod (die auch noch eine gängige Sorte ist) und Bath ab. An der Cornell-University gab es lange Zeit Tafeltraubenzüchtungsprogramme, aus denen mehrere bekannte Sorten entstanden sind. In Deutschland wird sie von mehreren Händlern (z.B. Tafeltrauben Schmidt) verkauft, auch bei eBay taucht sie regelmässig auf. Attraktiv ist sie geblieben, weil sie lizenzfrei ist, bei guter Krankheitsfestigkeit kernlose rosa Beeren liefert und wenig Pflege braucht. Das beweist sie auch bei mir im Garten, wo ich sie seit einigen Jahren habe, vor allem der Kinder wegen, die unbedingt kernlose Trauben wollen. Häufig sind kernlose Sorten nicht sehr gesund, das ist bei Canadice nicht so schlecht, wenn auch nicht wirklich gut. Die Kurzübersicht meiner Erfahrungen mit ihr:

Wuchs und Krankheiten

Canadice zeigt sich bei mir als höchstens mittelstark wachsende Rebe. Das erleichtert die Pflege, aber erschwert die Führung der Triebe.

Probleme mit echtem und falschem Mehltau hat sie wenig. Die Blätter zeigen dasselbe Bild wie Muskat blau, kleine nadelgrosse Löcher, das könnte ein Hinweis auf Hypersensitivität gegenüber falschem Mehltau sein. Dabei stirbt das Gewebe um befallene Blattstellen sofort ab, kleine Löcher entstehen, aber der Pilz kann sich nicht ausbreiten. In manchen Jahren bekommt sie jedoch echten Mehltau, aber auch das ist selten. Die Trauben reiften auch immer gut aus, das trifft auch für kältere Gegenden zu. Aber sie neigt etwas zum verrieseln. Die kleinen Beeren platzen nicht, eine wichtige Eigenschaft.

Hitzeschäden Canadice

Grossbeerige Sorten haben da oft Probleme, vor allem auf meinem schweren und flachen Boden, auch leichter Oidiumbefall (echter Mehltau) begünstigt platzende Beeren. Das Stielgerüst ist anfangs robust, mit zunehmender Reife bricht es leicht.

Mit Hitze hat sie auch Probleme. Blattschäden treten dann auf. An einer Süd- bis Südwestwand sollte man sie nicht pflanzen.

Radikaler Vogelfrass inerhalb weniger Tage

Ein grosser Nachteil und Problemfall sind die kleinen, lockeren und rötlichen Beeren, denn sie sind sehr vogelschnabelgerecht. Entdecken Vögel, dass sie reif sind, wird schnell und heftig abgeerntet. Beginnt das, darf man nicht zögern, sondern muss sofort alle Trauben eintüten oder abernten, andernfalls ist die Ernte perdü. Mir ist das schon oft passiert, da die Rebe etwas abseits steht. Nachgesehen, die Trauben waren kurz vor der Reife. Eine Woche später wieder nachgesehen. Nur noch Stengel da, Vogelschiss und Spritzer. Daneben blieben andere Sorten fast unbeschädigt.


Gescheine. Trauben bleiben klein.

Ertrag und Pflege

Die Erträge sind nie so hoch, dass man Arbeit mit Ausdünnung hat. Das Kilogewicht der Beeren pro Laubfläche ist nicht hoch. Ihre gute Anbausicherheit lässt mässige Erträge teilweise verschmerzen. Man bekommt zwar nicht viel, aber immer was. Der Pflegeaufwand ist mittelmässig. 


Trauben und Beeren

Kernlos!

Sie bildet mittelmässig viele Trauben, die aber klein und locker besetzt bleiben, was der Traubengesundheit zuträglich ist. Ihre Beerenfarbe ist ein bräunliches rosa, nicht leuchtend, sieht immer etwas schmutzig aus. Auch die Beeren sind klein, dafür kernlos, das ist ihr Hauptvorteil. Sie werden ab Anfang September reif. Die Beeren sind weich, nicht fleischig. Sie hält sich sehr lange am Stock wenn man sie vor Vögeln und Kirschessigfliege schützt, das Aroma wird dann schwächer. Wer grosse Erträge will, sollte nicht unbedingt Canadice pflanzen.


Inhaltsstoffe, Aroma und Verwendung

Die Beeren bauen früh Säure ab. Der Geschmack der Beeren wird bei Reife ab Anfang bis Mitte September deshalb ziemlich süss und hat lange einen kräftigen, harzigen Ton, den man mögen muss. Es ist nicht der erdbeerige oder parfümierte Fuchsgeschmack vieler Hybridreben, sondern besitzt eine eigene, sehr deutliche Aromatik. Mich erinnert das Aroma an Thymian. Als Rebe ist sie gut für Alles und Jeden geeignet, aber dieser Geschmack schmeckt mir leider nicht. Falls irgendwie möglich, sollte man Beeren probieren, bevor man die Traube kauft und pflanzt. Der Saft ist säurearm und eher dünn, die Verwendung als Tafeltraube ist weit sinnvoller. Für Rosinenherstellung sind sie die Beeren jedoch etwas klein. 


Hintergrundinformationen zum Standort

Sie hat sie bis zum späten Mittag volle Sonne und steht auf schwerem, aber flachgründigem Boden ohne gute Wasserversorgung. Weinbauklima.

Beeren zu Reifebeginn noch schmutzigrosa

Typisch: Helle, beflaumte Neutriebe

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