Dienstag, 28. Dezember 2021

Hagebutten: Hägenmark mit Qualität herstellen

Zeichnung frischer Hagebutten am Strauch
Hagebutten kennt jeder, das sind die roten Früchtchen aller Rosen. Wer sie will, muss sie nicht einmal im Garten haben, in jeder Feldhecke wachsen auch Hundsrosen und Ackerrosen (Rosa arvensis). Besonders viele Hagebutten haben Apfelrosen, Filzrosen, Kriechrosen und Weinrosen sowie mit später Reife die bereits genannte Hundsrose. Ergiebig sind auch nicht einheimische Rosen wie die Kartoffelrose, die sich hier an sandigen Orten von selbst verbreiten und die besonders dicke Hagebutten hat.

Entsprechend gerne wurde zu allen Zeiten immer auch versucht, die verhältnismässig leicht zu beschaffenden Hagebutten zu verwerten. Tee daraus ist bis heute äusserst beliebt und auch das eingekochte rote Hägenmark, Hagebuttenmark. Nur: Wie stellt man das eigentlich selber her? Hagebutten enthalten harte Kerne mit vielen unangenehm kratzenden Härchen, die sich kaum vom roten Mark trennen lassen. Hinweise und Verfahren, wie das zu bewerkstelligen ist gibt es viele, leider ist kaum etwas davon praktikabel weil es im Haushalt zu mühsam ist oder zu schlechte Qualität dabei herauskommt.

Hagebutten im Frühherbst in einer Feldhecke

So wie viele Wildobstfreunde habe ich damit ebenfalls herumexperimentiert. Und bin auf ein Verfahren verfallen, das sich wirklich gut im Haushalt durchführen lässt. Sicherlich haben das auch andere Leute schon früher herausbekommen und variiert, aber durchgesetzt hat sich das leider nie. Stattdessen werden weiter alte und stark nachteilige Methoden abgeschrieben und empfohlen. Darunter gibt es zwei beliebte Techniken: 

  1. Die Hagebutten werden einzeln aufgeschnitten und entkernt. Das ist eine extrem mühsame und unergiebige Arbeit, für die man einen Stall williger Kinder und Knechte braucht, wenn etwas zusammenkommen soll. Die roten Schalen mit dem Fruchtfleisch können dann gekocht und zu Marmelade verbreitet werden, Trotzdem bleiben oft unangenehme Härchen drin, Haut, Stücke vom Blütenboden. Von der Aroma- und Vitaminausbeute her aber ist das wenigstens eine gute Methode, denn es wird nur einmal erhitzt.
  2. Die Hagebutten werden gekocht und die weichen Früchte dann durch ein Sieb gestrichen. Je nach Siebgrösse bleiben ebenfalls Härchen drin oder es ist bei feinen Sieben sehr mühsam, die Masse hindurchzubekommen, ausserdem ist die Ausbeute schlecht. Mit dem Ergebnis wird dann Marmelade gekocht.


Mit wenig Aufwand geht es nicht. Aber einfacher als mit den klassischen Methoden und und qualitativ gut geht es. Der Kern des Tricks ist ganz einfach: Die Herstellung passiert zweistufig und zwar mit unterschiedlichen Küchengeräten. Erst wird aus den Hagebutten ein grobes Mark mit einer normalen Haushalts-Passiermühle hergestellt, das noch die Härchen, manchmal kleinere Kerne und dunkle Teile des vertrockneten Blütenbodens enthält. Das wird leicht mit Wasser oder Orangensaft verdünnt, um es flüssiger zu machen und dann durch einen Nylonhandpressbeutel gedrückt. Der ist sehr fein, feiner wie jedes Sieb, hält die Härchen perfekt zurück und es entsteht ein qualitativ hochwertiges, auf der Zunge weiches und hocharomatisches Hagebuttenmark.

Den Vorgang noch einmal mit allen nötigen Details geschildert:

 

Sammeln oder anbauen

Vor der Butte kommt die Blüte, eine Wildrose

Am Anfang stehen die Hagebutten, sammeln und ernten wir sie. Glücklich ist, wer in einer Gegend mit Feldhecken wohnt. Dort sind immer auch Hundsrosen vorhanden, ein Sammelbegriff, es gibt mehrere Arten und Formen, dazu noch viele Hybriden. Aber auch alle Hagebutten anderer Rosenarten sind brauchbar, vorausgesetzt man kann sie im richtigen Reifezustand sammeln. Verwertbar sind sie, wenn sie vollrot geworden sind, aber gerade noch nicht weich. Bei wilden Rosen kann das ab Mitte September bis in den November hinein der Fall sein. Weich gewordene Hagebutten lassen sich zwar sogar leicht roh "auszuzeln", befinden sich aber bereits im Abbau der Aromen und Vitaminen.

Typisches Feldheckenhabitat

Die wilden Hundsrosen ergeben ein sehr gut schmeckendes Hägenmark. Wer selbst Wildrosen im Garten hat, pflanzen will und gut brauchbare Hagebutten ernten, sollte heimische Arten wie Rosa dumalis (Vogesenrose) nehmen, die gute Erträge haben, leicht zu pflücken sind, dunkelrote Hagebutten für eine schöne Farbe. Weniger geeignet sind Heckenrosen (rosa corymbifera), sie bleiben mehr orange, Weinrosen (rosa rubiginosa) haben oft zusätzlich Borsten an den Hagebutten. Apfelrosen (rosa villose) sind auch gut, sie haben schon im Sommer Hagebutten guter Grösse. Die rotblättrige Rose (rosa glauca) hat nicht grosse, aber dafür extrem viele Hagebutten, die zudem leicht zu ernten sind weil sie in Büscheln stehen. Zimtosen (rosa majalis) haben den höchsten Vitamin - C Gehalt. Schliesslich Essigrosen (rosa gallica), sie bleiben niedriger und von ihnen gibt es auch Sorten mit schönen Blüten für den Garten. Die Strauchrose "Pillnitzer Vitaminrose Pi-Ro 3" habe ich auch, sie hat kaum Dornen, aber weder Ertrag noch Qualität begeistern mich. Sie wächst in einer Wildhecke und wurde oft abgefressen, eben gerade weil sie keine Dornen hat. Gut für die Ernte, aber nicht gut fürs Wachstum.

Am ergiebigsten ist jedoch die Kartoffelrose (rosa rugosa), sie wird auch von den Hägenmark-Herstellern verwendet, im Aroma bleibt sie jedoch leicht schwächer wie die Hundsrosen. Ihre Hagebutten sind sehr dick, die Pflückleistung ist ausgesprochen hoch. Diese Art kommt aus Ostasien, wird als Zierpflanze verwendet und ist leider in vielen Gegenden zu einem invasiven Neophyten geworden. Sie steht auch auf Verkehrsinseln, in Hecken, vielen Privatgärten, kommt mit armen Sandböden zurecht. Von ihr existieren Auslesen, die findige Händler als "Riesenhagebutte" verkaufen. Wichtiger als die Grösse der Hagebutten sind aber die Flächenerträge. 

Hagebutten frisch gepflückt
Gesammelt, gewaschen


Lagern und Vorbereiten

Hagebutten tiefgefroren

Aus 2kg Hagebutten kann man rund 1kg verwertbares Mus herstellen. Die genaue Zahl kann je nach Rosenart, konsequenter Verarbeitung und Wasserzugabe stark variieren. Diese Menge reicht auch in der Regel für einen Jahresbedarf einer kleineren Familie, wenn man noch andere Aufstriche und Marmeladen herstellt. Sammelt man in mehreren Tranchen, zum Beispiel weil ein Sammelort nicht viel gebracht hat, dann sollte man die bereits gesammelten Hagebutten eingetütet in den Tiefkühlschrank werfen, damit man später mit einer weiteren Sammlung an anderem Platz auf vernünftige Mengen kommt. Oder wenn man unterschiedliche Arten sammelt und die Reifezeiten differieren.

Die weitere Verbereitung besteht nur aus reinigen, gründlich waschen und ggf. etwas abreiben. Verunreinigungen bemerkt man aber auch schon beim Sammeln, Früchte mit Vogelkot wird man zum Beispiel gar nicht erst mitnehmen.

 

Kochen, erstes Sieb

Passiermühle im Einsatz. Feste kurbeln.

Es folgt der erste Kochvorgang. Die Hagebutten werden knapp mit Wasser bedeckt. Dann Wasser in einen anderen Topf abschütten, aufkochen, Hagebutten in sprudelnde Wasser hineingeben und mittels grosser Hitzezufuhr im Kochtopf schnell wieder aufkochen. Nicht lange kochen lassen, sonst verlieren sie Aroma und Vitamine. Wir kochen sie auch nicht durch, sondern wollen nur das aussenliegende Fruchtfleisch weich machen. Schliesslich sind sie weich, aber nicht matschig. Noch heiss kommen sie portionsweise in eine Passiermühle, auch "Flotte Lotte" genannt. Die Lochscheibe sollte eher klein sein, so dass die Kerne nicht mehr durchpassen. Durchpassieren, übrig bleibt Trester, Kerne und andere unbauchbare grössere Teilchen. Heisse Früchte passieren sich leichter durch wie abgekühlte. Alternativ kann man auch einen Passiervorsatz vor einer Küchenmaschine oder einem Fleischwolf verwenden. Allerdings klappt das selten so richtig gut, die Ausbeute ist schwächer und die anschliessende Reinigung des Geräts ist eine Qual. Oft quetscht es die Kerne erst gar nicht, dann zu leicht aus der Mühle. Vielleicht gibt es auch geniale Geräte, die das gut schaffen, kennengelernt habe ich noch keines. 

Tester der ersten Passage - hauptsächlich die Kerne

Kerne können auf den Kompost, da sie erhitzt wurden besteht keine Gefahr mehr, mit dem Kompost im Garten überall aufgehende Wildrosen zu erzeugen.

In der Schüssel liegt jetzt Hägenmark mit vielen sehr feinen aber unerwünschten Resten, hauptsächlich Härchen und Teile vom Blütenboden.

Versuch mit Passiervorsatz
Einmal durchpassiert, noch mit Härchen und Grobteilen


Zweite Filterung

Restlicher Trester der zweiten Filterung

Nun stellen wir aus dem Grobmus ein Feinmus her. Dazu wird zunächst der Wassergehalt eingestellt. Das Mus soll gerade so fest bleiben, dass es nicht zerläuft. Aber es soll sich auch durch das Feinsieb (dem Nylon-Pressbeutel) pressen lassen. Dazu mischen wir vorsichtig Wasser oder Orangen- oder Apfelsaft unter und rühren es ins Mus ein. Dann kommt der Nylon-Filterbeutel zum Einsatz, der schon in vielen Artikeln auftauchte, zum Beispiel zur Saftbereitung. Mus rein und quetschen, walken - mit der Hand. Ergebnis: Nochmal Trester innen mit Härchen und kleineren unerwünschten Resten und das geschätzte Feinmus aussen, abtropfend. Das ist der reine Stoff!


Zubereiten, Abfüllen

Hägenmark aufkochen, abfüllen, fertig

Der Rest ein Kinderspiel.  Gelierzucker (Vorschlag: 2:1) zugeben, kurz aufkochen, abfüllen, etikettieren. Das Mus klebt allerdings gut, man sollte während des Kochvorgangs permanent rühren. Es spritzt aber nicht sehr, Pflaumenmus oder gar Polenta ist da viel schlimmer. Heiss direkt aus dem Topf in Gläschen mit Drehdeckel randvoll abfüllen, sofort zuschrauben, abkühlen lassen - fertig. Dunkel und kühl gelagert hält sich das ein Jahr sehr gut und drei Jahre gut.

Wer im Herbst schon genug zu tun hat, kann auch die ganze Ernte eingefroren lassen und später erst einkochen, so habe ich das dieses Jahr auch gemacht, deshalb jetzt zum Jahreswechsel ein Hägenmark-Beitrag. Das funktioniert sehr gut, aber das Aroma lässt auch bei eingefrorenen Früchten mit der Zeit nach. Also nicht zu lange in der Gefriertruhe lassen.

Und wer sich nun wundert, warum so ein Produkt auch billig im Laden zu kaufen ist: 99% des verkauften Hägenmarks stammt aus dem Ausland, Hauptanbauländer beim kommerziellen Anbau sind Bulgarien, Rumänien, Türkei. Importiert wird der Rohstoff mit mässiger Qualität, abgefüllt wird in Deutschland. Die wenigen übrigen Flächen mit kommerziell angebauten Hagebutten befinden sich mehrheitlich auf der schwäbischen Alb. Die Produkte daraus haben dann aber auch ihren Preis, werden vor allem direkt vermarktet. 10-15 EUR pro Kilo fertiger Hagebuttenmarmelade sind üblich, Zuckergehalt satte 40%. Das können wir fruchtiger und besser.

Hägenmark, fertig abgefüllt


Pollen, Stempel, Blüte einer Wildrose


Noch einmal Wildrosenblüten

Donnerstag, 16. Dezember 2021

Der Saftladen

Apfelsaftpressung mit der Packpresse in Mosterei

Vor allem im Herbst kommt für alle, die gerne ihr Obst und Gemüse selber verwerten Jahr für Jahr die grosse Versaftung. Vieles in der Obstverwertung geht den Weg der Flüssigkeit. Am klassischen Beispiel Apfel ist das schön zu sehen: Apfelgelee, Apfelsaft, Apfelmost, Apfelessig, Apfelschnaps, Apfelkraut - alles basiert auf Apfelsaft als notwendigem Zwischenschritt. So gut wie jedes Obst und auch einige Gemüsearten können versaftet werden, um sie haltbar zu machen, leichter konsumierbar, für andere Produkte geeignet.

Vor allem wenn es um kleinere Mengen geht, halten sich jedoch seltsamerweise uralte, qualitativ minderwertige Methoden, die im Bekanntenkreis, Foren, Diskussionen nach wie vor verbreitet werden. Da werden die Quitten fürs Quittengelee in Stücke geschnitten, mit Wasser aufgegossen und ausgekocht. Die Johannisbeeren werden mit dem Dampfentsafter entsaftet. Die Schlehen kocht man nach vielen Rezepten sogar mehrmals auf und giesst den Kochsud zur weiteren Verwendung ab. Manchmal kommen elektrische Kleinentsafter zum Einsatz. Wie üblich heute gefertigt in China, peinlich-lächerlich auf Englisch bezeichnet, "Juicer", Tschuisser.

Saft gemacht haben wir dieses Jahr aus Äpfeln, Birnen, Nashi, Quitten, Ölweiden, Stachelbeeren, Trauben, in anderen Jahren noch aus viel mehr Arten. Wie gesagt, fast jedes Obst ist versaftbar. Aber die alten Methoden haben viele Nachteile:

  • die oft lange andauernde und manchmal häufigere Erhitzung zerstört viele Vitamine und Enzyme. Kalt gepresste Säfte enthalten die Inhaltsstoffe der Früchte fast unverändert.
  • Erhitzen zerstört auch Aromen. Kein Dampfentsafterprodukt erreicht das Aromaniveau eines kalt gepressten Safts.
  • Kondenswasser des Dampfentsafters, Kochwasser bei Schlehen, all das verdünnt das Produkt und sorgt zusätzlich für weniger Inhalt und Aroma.
  • Kleinentsafter ergeben oft einen trüben Saft mit Zellresten, gehen nicht für jedes Obst, haben Ausbeuteprobleme, Reinigungsaufwand, packen nicht viel. Die Langsamentsafter "slow juicer" sind billig, sind aber lächerlicher Mist für Obstsäfte. Sie funktionieren nach dem Fleischwolfprinzip mit einem Schneckengewinde, zermahlen das Pressgut. Für ein Glas trüben Saft zum Sofortkonsum aus einer Karotte mag das hinreichen, aber Quittensaft wird damit zum Beispiel trübe und flockig, oft sogar noch stärker später wenn er abgefüllt in der Flasche liegt. Diese Technik kombiniert die negativen Eigenschaften einer Bandpresse mit der von Kleinensaftern.
  • Dampfentsafter sorgen bei einigen Obstarten für viskosen Saft, der zäh wirkt, dunkel.

Die besseren Methoden hängen ganz wesentlich mit der Obstmenge zusammen, die man verarbeiten will. Jede Mengenkategorie hat ihre optimalen Verarbeitungsmethoden. Es sind die Grössenordnungen, die entscheiden wie man den Saft mit möglichst wenig zeitlichen, technischem und finanziellen Auwand auspresst.  


0,1 bis 5kg Obst: Handpressbeutel

Drei Handpressbeutel, oft benutzt

Für Kleinst- bis Kleinmengen ist die mit Abstand einfachste Methode ein Nylon-Handpressbeutel. Es gibt sie seit vielen Jahren im Zubehörhandel für Hobbysaftbereitung. Jüngst sind diese Beutel Dank der Vegan-Welle populärer geworden, man kann sie nämlich auch für die Herstellung von Nussmilch u.ä. nutzen. Das Prinzip ist sehr einfach: Obst zermanschen (von Hand oder Reibeaufsatz Küchenmaschine). Die Maische in den Beutel stopfen und von Hand ausquetschen. Fertig. Pektinreiche Maischen (Steinobst zum Beispiel) sollten zuerst mittels Pektinase verflüssigt werden. Die Reinigung des Beutels geht auch sehr schnell. Die Ausbeute ist zwar nicht gigantisch, aber hinreichend gut. Wer will, kann noch einen dünneren und weniger wertigen "Zweitsaft" produzieren, um wirklich alles auszunutzen. Dazu die bereits ausgepresste Maische nochmal mit Wasser ansetzen oder nach alter Methode auskochen. Bei sehr aromareichen Obstsorten wie Himbeeren ist das durchaus sinnvoll, das Ergebnis ist noch als Limonade tauglich.


5 bis 50kg: Korbpressen

Einfache, kleine Korbpresse

Hat man regelmässig in dieser Kategorie zu tun, lohnt sich die Anschaffung oder der Bau einer kleinen Korbpresse. Das ist schon etwas aufwendiger, man braucht die Presse selbst, ein Presstuch, aber bekommt auf einen Rutsch auch fünf bis fünfhundert Kilo Maische in den Presskorb. Die Ausbeute ist mittelmässig bis gut, Reinigung und Aufbewahrung etwas Aufwand. Der Pressvorgang dauert seine Zeit, man dreht und quetscht und sieht dem tröpfeln zu. Korbpressen gibt es auch in grösseren Dimensionen, sie werden dann aber zunehmend unwirtschaftlich. Man kann sie in dieser Grösse nicht mehr so einfach herumtragen und aufräumen, sie benötigen dann einen festen Platz.

Diese alte Presstechnik hat sich etwas überlebt, in Mostereien steht sie auch nicht mehr. Es gibt aber sehr simple, moderne Ganzmetall-Korbpressen, die für den Anfänger ein Einstieg sind. Deren Ausbeute ist allerdings nicht hoch und von den verarbeitbaren Mengen konkurriert sie eher mit dem Handpressbeutel, nicht mit richtigen Korbpressen.


50 bis 250kg: Hydropressen

Hydropresse, Saft, Trester, Obstmühle

Eine sehr elegante Presstechnik realisieren Hydropressen. Von aussen wirkt sie wie eine Korbpresse und sie benötigt auch ein Presstuch, aber im Innern steckt ein Gummiballon, der mit Leitungswasser gefüllt wird und dessen Druck die Maische auspresst. Kein Kurbeln, keine Latten, gute Ausbeute, schnell und sauber. Geräte mit 40 Liter - Presskorb sind optimal, wenn man die Presse nach Benutzung noch in einen Keller oder Dachboden schleppen muss. Die grösseren Modelle sind schwerer und unhandlicher, die kann man nur ebenerdig transportieren. Nach der Pressung lässt man das Wasser ab, entnimmt den Trester und schreitet zur nächsten Pressung. Mit dem abgelassenen Wasser reinigt man das Obst der nächsten Pressrunde. Die Kosten der Presse sind bei kleinen Pressen höher, bei grösseren Pressen etwa gleich wie bei Korbpressen.

Ach hier ist wie bei Korbpressen für Kernobst eine separate Obstmühle erforderlich, ein Obstmuser. Mit einer Küchenmaschine kann man die Maische nicht mehr herstellen. Die Herstellung von Quittensaft mit so einer Presse und Mühle: https://gartenzone.blogspot.com/2019/01/ein-winter-mit-quittensaft.html

 

250 bis 10000kg: Lohnmosterei

Mittelgrosse ältere Packpresse

Alles darüber ist ein Fall für eine Lohnmosterei, jedenfalls wenn es sich um Kernobst handelt: Äpfel, Birnen, Quitten, Mispeln, Speierling. In Süddeutschland sind die Betriebe häufig, im Norden muss man weiter fahren und die Preise sind höher. Die Ausbeute ist hoch, der Durchsatz ebenfalls. Der Saft kann meist gleich sterilisiert in Bag-in-Box-Verpackungen abgefüllt werden, wenn man das will - was erst bequem aussieht, aber viele Nachteile hat. Bei Quitten ist ganz davon abzuraten, Quittensaft bekommt oft hautartige Pektinschleier, die das Ventil nach etwas Lagerung verstopfen. Säfte altern zudem generell schnell in BiB.

Eine Zwischenform besitzen oft Obstbau- oder Kleingartenvereine, eine gemeinsam angeschaffte kleinere Profipresse für die Mitglieder, das sind hydraulische Korbpressen oder kleinere Packpressen oder Bandpressen.

Doch Vorsicht, auch die Presstechnik der Grossen hat deutliche Qualitätsunterschiede. Wenn möglich, sollte man Mostereien mit klassischen Packpressen bevorzugen, in der mehrere Lagen mit Maische auf einem Packtisch hydraulisch ausgepresst werden. Der Saft kommt recht klar aus der Presse und hat beste Qualität. Nur wer auf höchste Ausbeute und damit höchste Drücke setzt wie manche sehr geizigen Weinbauern die Maische "hart pressen", bekommt mehr unrunde und bitte Töne.

Die andere, billigere und kompaktere Presstechnik sind Bandpressen. Sie beanspruchen die Maische viel stärker, zerreissen viele Zellen. Das Ergebnis ist Maximalausbeute eines trüben, teils schleimigen Safts, der anschliessend durch eine Zentrifuge muss. Dort wird der Zellschlamm und nebenbei auch Aroma teilweise entfernt. Diese Presstechnik ist hoch effizient, kann kontinuierlich arbeiten, schafft mehrere Tonnen Obst pro Stunde, die Pressen benötigen wenig Platz. Und im Ergebnis produziert sie minderwertigen Saft. Wer wählen kann, sollte Mostereien mit solchen Pressen meiden. Leider setzen sie auch mobile Mostereien gerne ein. Fruchtsafthersteller können gar nicht anders als mit Bandpressen zu arbeiten, alle anderen Techniken sind weniger effizient und schaffen bei weitem nicht genug Durchsatz.

Wie zu sehen war, ist die beste Methode um guten Saft herzustellen vor allem eine Frage der Mengen, die man herstellen will. Alle Methoden haben Mengenoptima. Vermeiden sollte man nur die alten Hausmethoden wie Dampfentsafter, auskochen - die sind wirklich obsolet.

An der Packpresse, links Obstmühle


Presse, Saftwanne, Abfüllung in Bag-in-Box (Saftschlauch)

Sonntag, 21. November 2021

Obstwiesen gehen, Rindenbrand kommt

Rindenbrand, Diplodia Mutila

Letzte Woche habe ich viele Obstbäume auf meinen Obstwiesen umgesägt, zerlegt, Äste verbrannt. In zehn Jahren hat mehr als die Hälfte der Bäume schwere Probleme bekommen, viele der jahrhundertelang gängigen Sorten sind komplett verschwunden. Seit Jahren herrscht Endzeitstimmung bei denen, die noch Obstbaumwiesen pflegen und nicht in begünstigten Regionen leben.

Das dahinsiechen und sterben der Obstwiesen geht viel schneller wie gedacht. Zu den alten bekannten Problemen sind einige drastisch wirkende neue Probleme dazugekommen, die alles stark beschleunigen. Hier die Top-3, die in meiner und leider noch viel mehr anderen Regionen zuschlagen:

 

Trockenheit

Noch nie dagewesene Sommertrockenheit kombiniert mit weit überdurchschnittlichen Temperaturen. Schon längst sind Jahre mit durchschnittlichen Niederschlägen und Temperaturen die grosse Ausnahme geworden. Ein Rekord nach dem Anderen fällt, trockene Hitzejahre waren seit 2003 die Regel. Zuletzt schaffte es das Jahr 2018 sogar mit einer Jahrtausendtrockenheit. Obstwiesen, die nicht auf guten Keuperböden stehen, abseits von Gunstlagen wie z.B. am Alpenrand oder vor Mittelgebirgen wo noch mehr Niederschläge kommen werden gnadenlos ausgebrannt. Mühsam gekaufte, gepflanzte und gepäppelte Jungbäume vertrocknen, denn Bewässern kann der private Wiesenbewirtschafter nicht so, wie es nötig wäre. Auch an Altbäumen sterben schlecht versorgte grosse Äste, 2018 kam dann noch ein Schwung Sekundärprobleme, Herbststürme die das trockene unflexibel gewordene Holz abrissen.

 

Misteln

Misteln fressen sich regionenweise durch alle Apfelbäume. Aus irgendeinem Grund hat sich ihre Ausbreitung massiv beschleunigt. Die Bäumen hungern aus und gehen schliesslich ein. Bäume auf ungepflegten Wiesen sind in wenigen Jahren komplett durchseucht und wer seine Wiese noch pflegt, bekommt es mit starkem Befallsdruck zu tun. Dem er nicht einmal richtig begegnen kann, an einem Hochstamm kommt man nun einmal nicht an die meisten Äste ran. Dazu ist schon ein Beitrag erschienen: https://gartenzone.blogspot.com/2020/02/misteln-parasiten-obstbaumen-auf-dem.html

 

Rindenbrand, Krankheiten

Das schlimmste Problem ist meiner Ansicht nach die stark gestiegene Virulenz mehrerer Krankheiten, an erster Stelle steht bei Diplodia Mutila, der Rindenbrand. Am meisten Probleme macht sie in wärmeren und trockenere Gegenden, auf Wiesen mit Süd- und Südwestausrichtung. Je nach Region hat sich auch schon Marssonnina Coronaria, eine Blattkrankheit vorangefressen. Rindenbrand trat zum ersten Mal grossflächig nach dem extremen Hitzejahr 2003 auf. Danach häuften sich die heissen und trockenen Jahre und damit der Befall, ab 2018 fegte die Krankheit derart durch die Obstwiesen dass oft kein gesunder Baum mehr blieb.

Was ist das nun für ein Zeug, der Rindenbrand? Diplodia Mutila ist ein Pilz, ein Schwächeparasit. In letzte Detail gehen will ich da nicht zu sehr, nachzulesen ist bereits viel im Internet, ich bleibe bei der Praxis. Er befällt viele Obstbaumarten, am häufigsten Äpfel. An ihnen verursacht er absterbende Rindenpartien an Stamm und Ästen, verursacht Wunden die nur schwer oder gar nicht mehr heilen. In kommerziellen Plantagen interessiert das niemand, wo sowieso ständig Fungizide ausgebracht werden wird auch dieser Pilz (noch?) zurückgehalten, während er auf Obstwiesen seit Jahren bestandszerstörend wird. Das Anfangsstadium ist nur bei genauem Hinsehen zu erkennen, danach sind die Symptome eindeutig. Dazu einige Bilder:

Orleans Renette

Junger, eigentlich vitaler Baum einer Orleans Renette, eine 500 Jahre alte französische Sorte. Hochstamm. 2019 beginnende Rindennekrose, 2020 platzt sie auf. Ich schneide die infizierten Stellen heraus und bestreiche den Stamm mit einem Fungizid. 2021 beginnen die Ränder ganz langsam wieder zu wachsen, aber Diplodia weitet sich trotzdem den Stamm rauf und runter weiter aus. Mittlerweile auch eine zweite Befallsstelle.

 

Rebella

Sorte Rebella, Neuzüchtung, fünffachresistent und eigentlich sehr robust. Baum 12 Jahre alt. Mehrere Infektionen am Hauptstamm, die langsam wieder zuwachsen. Immerhin ist da noch Hoffnung.


Robuste Mostsorte

An borkigen Stämmen ist der Befall seltener, aber nicht ausgeschlossen. Dieses Apfelbäumchen hat seit 2018 Befall an allen Leitästen, die südseitigen Äste haben damit begonnen. Ein Totalschaden.

 

Goldparmäne

Jüngere Goldparmäne. Diese Sorte zeigte sich hochanfällig und war schon vor 2018 in der Gegend praktisch ausgestorben. Grossflächiger Befall an Hauptstamm und allen Ästen. Nachdem die Äste abgestorben sind, treibt der Baum durch den Saftstau viele Triebe unterhalb davon aus. Auch sie werden dann aber erfasst, der Baum stirbt. Entfernt man solche Sporenschleudern nicht schnell von der Wiese, haben die anderen Bäumen noch mehr Befallsdruck.


Ontario

Auch hier: Alle Leitäste befallen. Der Baum stirbt. 


Jonagold

Kronenbereich eines gefällten Jonagold. Das schwarze Russ und die Nekrosen: Rindenbrand.


Jonagold

Dünne Äste werden ebenso befallen. Hier das Anfangsstadium, bevor die Rinde abplatzt.

Jonagold

Ältere Befallsstelle tiefer am Stamm. Die Nekrosen sind zu gross, um wieder überwallt zu werden. Sekundäre Schäden entstehen, Käferfrass etwa.


Feuer, verbrennen eines vom schwarzen Rindenbrand schwer befallenen Baums

Das Ende. Das befallene Geäst der gefällten schwerkranken Bäume sollte verbrannt werden wenn möglich, der Pilz sport sonst weiter aus.

Deutlich mehr als die Hälfte meiner Bäume sind schon weg oder absehbar weg, darunter auch Birnen. Noch habe ich nicht aufgegeben und pflanze nach, dazu weiter unten mehr. Empfohlen wird auch ein Weissanstrich auf den Stamm, aber das könnte höchstens bei sehr jungen Bäumen etwas verzögern. Problem: Auch im Geäst oben findet Rindenbrandbefall statt. Man kann nicht jeden Ast weiss anpinseln. Und auch ältere Bäume erwischt es je nach Sorte.


Sorten

Sicher ist, dass die meisten alten Sorten Mittel- und Westeuropas anfällig sind, einige davon sehr stark. Es gibt viele Einzelbeobachtungen aus einer bestimmten Gegend, aber wenig bis keine allgemeine, verlässliche, fundierte Sortenlisten, die Anfälligkeiten auflisten. Einige Einzelbeobachtungen von mir, sortiert nach Befall:

  • Golden Delicious. Anfälligste Sorte, nicht überraschend. Starb schon nach der ersten Welle 2003. Diese Sorte hält ohnehin mehrere Rekorde bei Krankheitsanfälligkeiten. Reine Plantagenpflanze, völlig abhängig von intensivem Pflanzenschutz.
  • Goldparmäne. Taurig, das Ende einer uralten erstklassigen Sorte mitzuerleben. Bäume ab 2003 befallen, letzte Reste ab 2018 vernichtet. Nichts mehr da. Durchweg schwerer Befall.
  • Jonagold. Eigentlich gar nicht so empfindlich für eine kommerzielle Sorte, aber seit 2018 gründlich absterbend, Befall bis in feine Äste hinauf. Rodung nicht zu vermeiden. Viele Golden Delicious-Abkömmlinge sind hochproblematisch, somit stellt fast die gesamte Neuzüchtungsapfelriege eine Sackgasse voller katastrophaler Risiken dar, denn Golden Delicious ist in praktisch allen neuen Sorten als Elternsorte enthalten. Oft mehrfach eingekreuzt. Auch in die schorfresistenten Sorten. Überall. Den Züchtern sei gesagt: Ihr habt Riesenmist gebaut. Nicht unerwartet, Golden Delicious ist ist eine grundsätzlich für viele Krankheiten sehr anfällige Sorte, auch ihr Rindenbrandproblem war aus wärmeren Ländern schon lange bekannt.
  • Gala. Stibt eben, Befall schon als Jungbaum. Golden Delicious im Stammbaum...
  • Klarapfel. Ältere Sorte, aber leider auch sehr anfällig. Auch auf Trockenheit.
  • Berlepsch. Besonders die Jungäste in der Krone erwischte es bald. Dieser Apfel ist auch von den klimatischen Anforderungen nicht mehr geeignet, er kommt mit der Hitze nicht klar.
  • Zabergäu Renette. Wieder eine erstklassige Renette, die zunehmend Probleme bekommt.
  • Conference Birne. Die anfälligste Birne bei mir. Tote Leitäste, alle Bäume mussten trotz gutem Standort gefällt werden.
  • Orleans Renette, siehe Bild. Bitter.
  • Roter Bellefleur. Alte Sorte, trotzdem mit schnell fortschreitenden Schäden.
  • Gloster. Musste gefällt werden. 
  • Ontario. Musste gefällt werden.
  • Weisser Wintertaffetapfel. Gefällt. Leitäste befallen.

Sorten, die bis jetzt (!) etwas besser, wenn auch nicht gut dastehen sind der gute alte Brettacher, Idared, Glockenapfel, der Boskoop in allen Mutanten.

Bislang befallsfrei sind der Rote von Simonffi, Siebenkant, einige Birnen, alle Quitten. Zweifellos kommen in den nächsten Jahren noch weitere Erfahrungen zu mehr Sorten dazu.

 

Was pflanzen?


Die grosse Frage ist natürlich, was stattdessen an Äpfeln gepflanzt werden sollte. Wenn man sich überhaupt noch die Mühe macht, denn die anderen Obstwiesenprobleme mit Sommertrockenheit und Misteln bestehen ja weiter. 

Logisch wäre, Äpfel aus dem feuchten, atlantisch-gemässigten Klima Englands, weite Teile Frankreichs, der Nordsee zu meiden. Das heisst nicht, dass darunter keine Diplodia-festen Sorten sind, aber die Risiken sind höher, weil sie mit diesem Problem seltener konfrontiert waren, wenn sie keinen breiten Anbau ausserhalb ihrer ursprünglichen Verbreitungsgebiet erlebten. Stattdessen könnte man auf Sorten zu setzen, die in kontinentalem Klima mit trockenheissen Sommern eine Tradition im extensiven Anbau haben. Eine Tradition hätten sie dort nie bekommen, wenn sie mit solchen Verhältnissen nicht klargekommen wären. Sorten vom Balkan bis Ukraine, Sorten die ab dem pannonischen Teil Österreichs südostwärts populär waren. Dort sind die Sommer immer schon kontinentaler und damit heiss gewesen sowie längere Trockenphasen normal. Tatsächlich zeigt das, was ich von dort schon habe genau diese gesuchte Robustheit und gibt mir somit Hoffnung auf Bäume statt Kettensäge und tote Äste.

Roter von Simonffi, Siebenkant habe ich schon. Pflanzen will ich noch: Batullenapfel, Königin Olga (aus der Ukraine, nicht zu verwechseln mit Herzogin Olga), Kandil Sinap (von der Krim), Ulmer Polizeiapfel (eigentlich aus Rumänien).

Pflanzen wir und hoffen wir.

Samstag, 9. Oktober 2021

Sugar, Sugar

"Sugar, Sugar" ist eine Hymne der Bubblegum-Musik betitelt. Gesungen in "The Archie Comedy Hour" von CBS-TV, https://www.youtube.com/watch?v=h9nE2spOw_o - der erfolgreichste Hit des Jahres 1969:

 

Das ist Lied ist so künstlich wie raffinierter Kristallzucker, die Band gab es gar nicht, es war eine Studioproduktion aus der Retorte mit einzeln engagierten Musikern. 

Um Zucker geht es sehr oft. Am Zucker hängts, am Zucker drängts. Auch beim Obst dreht sich immer sehr viel, zuweilen auch alles um den Zucker - jedes Jahr von Neuem. Die Süsse des Obsts ist entscheidend, saure Äpfel und Birnen sind kein Hit. Von einigen Obstsorten messe ich regelmässig den Zuckergehalt, das sagt viel aus über den Reifezustand, wie das Sommerwetter gelaufen ist und er hilft manchmal, unklare Sortenzuweisungen zu klären. Warme Jahre mit langem Herbst und genug Feuchtigkeit, aber keine Pilzkrankheiten sind das Optimum beim Kernobst, sie bringen viel Zucker in die Früchte. Sugar, sugar. Auch dieses Jahr habe ich einige Sorten gemessen.

Wie messen?

Refraktometer für Zuckerbestimmung von Früchten

Anfangs nutzte ich ein Aerometer, das ist eine Spindel aus Glas, die man bei 20°C im Saft schwimmen lässt. Je nach dem wie tief sie eintaucht, kann man damit das Mostgewicht des Safts messen und daraus den Zuckergehalt ableiten. Je mehr Zucker gelöst ist, desto schwerer der Saft. Diese alte und aufwendige Methode nutzt keiner mehr, seit Refraktometer sehr billig geworden sind.

Ein Refraktometer ist ein optisches Gerät, das Zuckergehalte aufgrund der Lichtbrechung messen kann. Ein Tropfen Saft reicht, der kommt aufs Objektiv und dann hält man das Gerät ins Licht. 

Skalen Brix, Öchsle, KMW/Babo
im Refraktometer

Zucker im Saft verändert die Lichtbrechung, was sich auf einer Skala abtragen lässt. Dort ist dann der Zuckergehalt abzulesen, die gebräuchlichsten Einheiten sind Öchsle, Brix, KMW (Klosterneuburger Mostwaage), Beaume. Grad Öchsle sind in Deutschland für Most sehr verbreitet und immer mehr auch Grad Brix. Da in englischsprachigen Ländern Brix verwendet wird, setzt sich diese Einheit durch, wie alles von dort, ob sinnvoll oder nicht. Öchsle sagt aus, wieviel Gramm der Liter Most wegen des Zuckergehalts mehr wiegt wie der Liter Wasser. Brix macht Aussagen über die Flüssigkeitsdichte von Saccharose in Wasser. Zehn Grad Bix beschreiben eine Dichte wie sie zehn Gramm Saccharose in 100g Saccharose-Wasser-Lösung machen, also einer zehnprozentigen Saccharose-Lösung. Der Zuckergehalt ist mit diesen Einheiten nur ungefähr bestimmbar, weil auch andere Inhaltsstoffe die Messung beeinflussen, auch die Temperatur, die genauen Arten des Zuckers - Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide? Egal wie die Skala aussieht, relative Aussagen lassen sich damit recht gut machen.

Ergebnisse

Die Ergebnisse der Messung am 9.10.2021 in Grad Öchsle, Umrechnung in Brix siehe hier.

Brettacher, Schnitz entnommen zur
Zuckerbestimmung

Äpfel

  • 64° OE Roter von Simonffi. Essreif, Rosenaroma, herrlicher Herbstapfel.
  • 58° OE Rebella. Schon etwas abgebaut, mehrfachresistenter Herbstapfel.
  • 65-70° OE. Zabergäu Renette. Reift etwas folgernd. Lagerfähige Renette, pflückreif aber muss noch liegen.
  • 49° OE Glockenapfel. Ausgesprochen sauer. Wirkt unreif trotz gelber Fruchtschale. Brr.
  • 56° OE Bionda Patricia. Sehr saftig, essreif.
  • 72° OE Gala. Vollsüss, vollsaftig. Heftig. Viel Aroma, essreif.
  • 66° OE Schöner von Boskoop. Fast essbar. Eine rotschalige Mutante. Sortentypisch. Starker Behang.
  • 71° OE Parkers Pepping. Hat noch viel Säure, muss lagern. Fruchtfleisch sämig.
  • 96° OE Pilot. Verstehe ich nicht. Mehrfache Messungen, der Wert stimmt. Direkt am Kernhaus hatte das Fruchtfleisch auch 92° OE. Sorte stimmt, alles typisch. Wieso hat der so viel Zucker?
  • 55° OE Idared. Der Schneewittchenapfel, aussen rot, innen schneeweiss. Essreif, jetzt gut, kann aber noch hängen.
  • 65° OE Jonagold. Immer noch Hauptmarktsorte, süss, essreif, Golden Delicious-Würze. Verursacht bei mir Allergie, wunden Mund - wie der Golden, eine Elternsorte.
  • 66° OE Pomgold. Säulenbaum, schwacher Behang dieses Jahr, reif. Bei starkem Behang viel weniger Zucker.
  • 66° OE Orleans Renette. Fruchtfleisch vom Boskoop-Typ, aber mehr Aroma, schon essbar.
  • 90° OE Red Obelisk Zierapfel. Bröseliges Fruchtfleisch, wenig Saft, bitter.
  • 76° OE Goldparmäne. Reif, edel, letzter Baum, die Sorte stirbt an Rindenbrand.
  • 54° OE Kiku, ein Fuji-Klon. Geklaut von der benachbarten Plantage. Süsslich-leer, Kernhaus glasig. Verursacht Allergische Reaktion im Mund.
  • 61° OE Brettacher. Muss noch lagern, die spritzige Langlagersorte, meine Hauptsorte.

Birnen

  • 57° OE Boscs Flaschenbirne. Essreif, gross, etwas langweilig. Zimtfarbene Berostung.
  • 75° OE Madame Verte. Noch viele unreife Aromen. Lagerbirne.
  • 43° OE Conference. Früher Blattverlust, nicht gesund.
  • 56° OE Josefine von Mechelen. Lagersorte, aber durchaus schon essbar, Optik aber sehr unreif.
  • 80° OE Gräfin von Paris. Sehr süss, aber noch fest.

Quitten

  • 60° OE Unbekannte Apfelquitte. Vielleicht ein Sämlingsbaum. Quitten reissen leicht auf.
  • 56° OE Riesenquitte von Lescovac. Hat noch deutlich Gerbstoffe, Überbehang.
  • 68° OE Zitronenquitte. Lecker, roh essbar.
  • 69° OE Cydopom. Nicht ganz reif, noch viel Säure aber nicht mehr viel Gerbstoffe.
  • 59° OE Cydora. Sollte noch hängen, nicht ganz reif.

Alle vorhandenen Sorten sind es nicht. Einige Äpfel von Jungbäumen mit wenig Ernte wie z.B. der rote Bellefleur, Zuccalmaglio fehlen, sehr späte Birnen auch, Sommersorten wie der Gravensteiner, Piros, Schöner von Bath, Klarapfel, Georg Caves sowieso und auch einige Quitten.

Fazit

Äpfel Sorte Pilot

Die Überraschungen sind die ungewöhnlich hohen Zuckergehalte des Apfels "Pilot", eine DDR-Züchtung aus Pillnitz von 1962. Die Sorte hat sehr zähes und hartes Fruchtfleisch, lässt sich aber sehr lange lagern und schmeckt ab etwa März, da wird er weicher und gefälliger. Überraschend auch die Zitronenquitte (Limon Ayvasi), die sogar roh ganz gut kommt und auch viel Zucker hat. Die Früchte waren allerdings alle etwas deformiert, vielleicht eine Frostfolge, so wie Frostzungen bei Äpfeln. Auch Cydopom schaffte gute Werte, der schwache Behang begünstigte das.

Andere Sorten lagen fast alle etwas besser wie im langjährigen Mittel Dank ausnahmsweise genug Niederschlägen und warmen aber nicht heissen Temperaturen. Die Lubera-Züchtung Bionda Patricia enttäuschte etwas, für einen Lagerapfel etwas leichte Früchte mit nicht viel Zucker. Sorten mit wenig Behang hatten noch zusätzlich Zucker, wenn der Baum wenig Früchte versorgen muss werden sie süsser.

Zuckergehalte sagen nichts über Reife, Lagerfähigkeit, Aroma aus. Der Süsseindruck wird nicht nur von Zucker, sondern vor allem vom Säuregehalt bestimmt. Da Säuren aber mit der Lagerdauer abgebaut werden, werden zuckerreiche Äpfel schliesslich süss bis sehr süss. Und haben viel Energie eingelagert, von der sie zehren können. Die Äpfel leben ja nach der Ernte weiter und veratmen den Zucker. Oder wir veratmen ihn, wenn wir ihn essen.

Auch nächstes Jahr wird es wieder heissen "sugar, sugar" - aber für den Nutzgärtner nicht für die Suche nach Bonbons aus Rübenzucker, sondern zur Skala des Refraktometers. Und küssen darf man die prallen, rotbackigen Äpfel auch. 

Nachtrag

Von einigen noch am Baum hängenden Früchten habe ich zehn Tage später nochmal den Zuckergehalt gemessen: Parkers Pepping lag jetzt bei 84° OE und entwickelte mehr Aroma; Zabergäu Renette 77° OE, Cydora liegt jetzt deutlich über 62°. Im ruhigen Herbstwetter wurde weiter kräftig Zucker eingelagert.

Sonntag, 3. Oktober 2021

Tafeltraubentest: Sorte Suffolk Red

Suffolk Red

Die Tafeltraube "Suffolk Red" ist eine alte amerikanische Sorte, gezüchtet von John Einset an der Cornell Universität New York. Dieser Züchter erschuf eine Vielzahl interessanter Sorten, darunter auch "Lakemont", die bis heute sehr populär ist und kernlos, so wie Suffolk Red. Entstanden ist Suffolk Red bereits 1935 aus einer Kreuzung von Fredonia mit Russian Seedless 136 (Black Monukka), die ersten Früchte konnten 1941 verkostet werden. Einen Namen bekam sie erst 1972. In den USA scheiterte sie, weil sie für das kontinentale Klima jenseits der Küste zu wenig frostfest war.

Seit vielen Jahren wächst sie auch in unserem Garten. Es ist eine unserer leckersten Trauben, leider auch mit gewaltigen Nachteilen ausgestattet. Die Kurzübersicht der Testwertung:


Wuchs und Krankheiten

Laub von Suffolk Red

Suffolk Red wächst sehr stark. Nach deutlichem Rückschnitt schafft sie problemlos mehrere Meter Neutrieb. Die Äste sind kräftig, für eine grosse Pergola wäre sie das richtige grüne Dach. Auch ihre Blätter werden recht gross. Hat man nur wenig Platz, ist sie nicht zu empfehlen. Der nötige Dauerschnitt ist mühsam und die Erträge sind gering.

Früher Oidium-Befall

Krankheiten und Probleme hat sie leider auch einige. Ihre Anfälligkeit auf echten Mehltau ist deutlich, vor allem wenn sie nicht windoffen steht. Stehende Luft, Wärme, das begünstigt Mehltauinfektionen sehr und Suffolk Red leidet darunter. Falschen Mehltau hat sie seltener. Ihr zweites grosses Problem ist Stiellähme und ein schwaches Traubengerüst. Die Trauben brechen sehr leicht auseinander, schon ein kräftiger Wind kann sie abreissen, vor allem die grossen, schönen und deshalb schweren Trauben. Auch junge grüne Triebe reissen leicht bei Wind ab - anbinden! Teile des Traubengerüsts sterben häufig ab, die Beeren werden dann schlaff, klein und bleiben sauer. Dagegen kan man nichts machen. Ihre Frostfestigkeit könnte auch besser sein, absterbende Triebe sind aber bei einer so stark treibenden Sorte nicht schlimm, sie schiebt sofort neue lange Ranken.

Obwohl es eine rote Sorte ist, habe ich wenig Kirschessigfliegenbefall beobachtet. Auch die Platzfestigkeit und Wespenfrass sind nicht sonderlich problematisch, da liegt sie auf der günstigen Seite. Wie alle Sorten mit kleinen, handlichen Beeren sind Vögel sehr scharf auf sie. Also doch wieder Organzabeutel, sondern sorgt der Vogelfrass für schnellen Totalverlust. 

Geschüzt sind sie gut haltbar

Ertrag und Pflege

Behang eher locker

Insgesamt hat sie wegen der Probleme keine hohe Ertragssicherheit. Der Fruchtansatz ist mittelmässig, Ausdünnungsarbeiten selten nötig. Optisch sieht es erst anders aus, viele Gescheine, viel Fruchtansatz. Aber Gescheine, die ungünstig stehen verrieseln oft ganz oder teilweise. Dann hängen nur ein paar Beeren an den Trauben. Ausserdem sind die Beeren klein und hängen locker. Ihre Kiloerträge sind ebenso mässig. 

Schnittpflege ist sowieso immer nötig weil sie sonst davonwächst, Behandlung gegen echten Mehltau ist angeraten.

Suffolk Red, verhältnismässig grosse Traube

Trauben und Beeren

Kernlose Beeren

Wenn die kleinen Beeren rosa werden, wird sie sofort essreif, was je nach Klima von Ende August bis Mitte oder sogar Ende September eintreten kann. Süss sind sie sogar schon vor dem umfärben. Die Beerenhaut ist weich, gut. Innen sind sie fleischig, aber ebenfalls weich, angenehm in der Struktur. Und natürlich kernlos. Theoretisch können die Trauben sehr lange hängen, praktisch bricht das Traubengerüst irgendwann.

Inhaltsstoffe, Aroma und Verwendung

Hängen sie eine Weile, erreicht sie sehr hohe Zuckerwerte, ich habe schon über 110° OE gemessen. Zucker, Säure, Aroma sind allesamt kräftig vorhanden, was sie zu einem wirklich guten Geschmackserlebnis macht. Da sie so gehaltvoll ist, kann man auch nicht viel davon essen, hätte sie grössere Beeren würde sie sehr schnell satt machen.

Getrocknet werden sie zu Rosinen

Ihr Aroma hat einen leichten, sehr angenehmen Labrusca-Ton, wie Fruchteis oder etwas Erdbeere. Das sticht aber nicht hervor, zusammen mit leckerer Säure und viel Zucker schmeckt sie Jedem. Besonders Kindern, die häufig auf kernlose Trauben in fruchtigsüssem Stil stehen und die rosa Farbe toll finden.

Frisch gegessen macht sie viel Spass. Saft lohnt sich nicht, dafür hat sie zu wenig Masse. Getrocknet sind die Beeren ein Hit, das ergibt erstklassige Rosinen. Nebenbei kann man damit alle Übermengen sehr gut haltbar machen. Von Suffolk Red verdirbt nie etwas. Essen oder Trocknen.

Hintergrundinformationen zum Standort

Wächst an einem Schuppen auf flachgründigem, schweren Boden. Milde Winter, aber manchmal harte Temperaturstürze. Früher Austrieb, deshalb immer Spätfrostgefahr. Keine oder wenig Düngung. Gegen echten Mehltau behandle ich mehrmals zur Blütezeit. 



Sonntag, 26. September 2021

Fehlschläge des Jahres

Seine dicksten Melonen, die buntesten Tomaten, die längsten Bohnen, sein trickreich gezogenes exotisches Obst, das stellt jeder Gartenfreund gerne vor. Zu den Fehlschlägen und Reinfällen hält man sich gerne deutlich bedeckter, obwohl so mancher Nutzgärtner Jahr für Jahr mehr Fehlschläge wie Erfolge erlebt. Aber da muss man durch: Was waren die grössten Reinfälle dieses Jahr? Hier meine Jammerliste:

 

Lügende Rüben: Teltower Rübchen gefälscht

Richtiges Bild, falsches Gemüse

Ich hätte es wissen müssen, schon die Beschreibung war nicht ganz koscher. Das Bild auf dem Samentütchen zeigte aber ganz eindeutig Teltower Rübchen. Die Rückseite der Tütchens beschrieb allerdings den Anbau von Gurken. Leider war der Inhalt auch Gurke. Das stellte sich dann heraus, als ich mein Lieblings-Wurzelgemüse "Teltower Rübchen" auch dieses Jahr im August auf extra grossem Beet ausgesät hatte. Die Pflanzen wuchsen kräftig, grosse Freude. Bis ich merkte, was unten dran war: Gewöhnliche rundovale weisse Mairüben. Die sind geschmacklich was völlig anderes, auch viel schlechter haltbar und hätten mit mehr Abstand gesät gehört, diese Sorten sind zudem weit billiger. Keine Teltower Rübchen für mich dieses Jahr, das ist bitter. Für eine erneute Einsaat war es zu spät. Und sowas wird in Raiffeisenmärkten verkauft... liebe Firma Dürr: Nie wieder. Traurig ist auch, dass selbst in Saatgutfirmen die Kompetenz von Gemüse und Gemüsesorten so weit abgesoffen ist, dass es offenbar nicht mehr auffällt. 

Gurken? In der Tat.

 

Tomaten: Das Ende der schönen Tomatenzeit

Tomaten, nix wars. Braunfäule, das wars.

Die letzten Jahre waren ausnahmslos trocken und heiss. So viele Nachteile das hatte, ein Vorteil davon war: Plötzlich gelang jede Tomatensorte. Tomatenanbau für Dummies im Freiland, alles klappte. Man gewöhnte sich sehr schnell daran. Dieses Jahr kam der Rücksturz in alte Zeiten, viel Blattfeuchte sorgte in unserer Region für den kompletten Zusammenbruch der Freiland-Tomatenkulturen bereits Mitte Juli. Flächendeckend. Königin Braunfäule regierte wie eh und je und frass sich durch Früchte wie Pflanzen. Wie gut hatten wir diese früher häufige Entwicklung verdrängt, wie bitter war der Zusammenbruch nun. Ein böses Erwachen. Die letzten Jahre hatten wir wenig anfällige Sorten nicht mehr ernst genommen, es klappte auch so. Behandlungsmittel gegen Braunfäule haben wir ignoriert, braucht man nicht. Wer sich dieses Jahr  angesichts mühevoll gezogener und dann abgefaulter Pflanzen des Pflanzenschutzes erinnerte, stellte obendrein fest, dass eine wichtige Mittelgruppe nicht mehr verfügbar und nicht mehr zugelassen war.

So ähnlich lief es übrigens auch beim Wein: Totalschaden durch Echten und falschen Mehltau nach vielen Jahren, in denen auch empfindliche Sorten was wurden.

 

Feigen: Es klappt einfach nicht

Raupe, Gespinst, Kot, Löcher in Feige

Feigen sind Mode, viele Leute glauben "Klimawandel = Jetzt kann man Feigen pflanzen". Discounter verkaufen Jungpflanzen, in Foren hat man manchmal den Eindruck, es gäbe kein anderes Obst mehr, so viel wird drüber diskutiert.

Die Praxis ist weit ernüchternder, jedenfalls an vielen Orten. Feigenbäume wachsen zwar tendentiell besser als früher und schaffen es auch öfter, etwas Grösse zu erreichen, aber ausserhalb geschützter Zonen wie Kübel, direkt an Hauswand, in Innenhöfen, grossen Städten, Gunstlagen sind die Erfahrungen mit reifen Früchten anhaltend frustrierend. Obendrein hat sich in ganz Deutschland auch noch ein Schädling verbreitet, der Feigenspreizflügelfalter. Dessen Raupen fressen sich fast den ganze Sommer durch die Feigenblätter und legen Gespinste an. Keine Früchte, dafür ein Extraschädling, das frustriert.

Was passiert? Sie setzen gut an, stehen durch die warmen Winter schnell im Saft und dann beenden die üblichen Frostnächte zu den üblichen Terminen Ende April die Ernte gründlich. Feigen tragen zwar theoretisch mehrmals im Jahr, aber die erneut im Sommer angesetzten Früchte werden so wie früher grösstenteils nicht mehr reif. Ein paar Leute mit Gunstlagen und Kübelkultur schreiben aber endlos in Foren inclusive beeindruckender Bilder, so dass der Eindruck entsteht, nun ginge überall was. Tut es nicht. Auch dieses Jahr sind meine 2,5m - Feigen voller schöner Früchte. Und auch dieses Jahr wird es nur ein paar Probierfrüchte im Oktober geben, der Rest krepiert und mumifiziert im Winter, weil er nicht reif wird. Die Sommerernte starb im Winter und der Rest im April den Frosttod. Letztlich sind es wieder nur raupenzerfressene Platzverschwender gewesen.

 

Frostschäden: Schlimmer denn je

Junge Kirschen nach Frostnacht. Aus.

Baumobst war generell ein Fehlschlag, auch dieses hoffnungsvolle Jahr und leider nicht nur bei Feigen. Das letzte gute Erntejahr ist über fünf Jahre her, aber schon davor wurden die Ausfälle zur Regel. Danach kam ein Jahr mit Jahrhundertfrost, zwei Jahre mit Jahrtausendtrockenheit und faulenden Trockenfrüchten am Baum, dann nochmal Frost. Mittlerweile ist es amtlich: Alle Winter wurden ausnahmslos wärmer, der Austrieb begann früher, frühere Blüte - und Frostnächste pflügen sich unverändert wie eh und je im April und oft auch Mai durch Blüten und Jungfrüchte. Damit sind zerstörende Frostschäden nicht mehr Ausnahme, sondern Norm geworden. Bestes Beispiel sind Kiwis: Die sind dreimal abgefroren. Austrieb, Frost, Austrieb, Frost, Austrieb, Frost. Die kommerzielle Kiwiplantage in der Gegend hier hat so massiv und dauerhaft frostschutzberegnen müssen, dass danach das Wasser tagelang in der Anlage stand, das sah aus wie ein neuer grosser See. Die entstandene Staunässe schädigte schliesslich auch die Wurzeln.

Und so endete viel Arbeit, Pflege und Mühe auch 2021 wie so viele vorigen Jahre schon im April: Steinobst 95% Schaden, auch die sehr robusten Sorten. Nur eine Handvoll Pfirsiche, Zwetschgen, Mirabellen, Kirschen, Renekloden. Keine Mandeln und Aprikosen, daran haben wir uns aber schon als Dauerzustand gewöhnt. Birnen Ausfall bis sehr schwach, Äpfel Totalschaden an frühblühenden Sorten, spätblühende Sorten mit besserem Ansatz. Wenigstens das, sonst wäre es wieder einmal ein Komplettausfalljahr geworden.