Dienstag, 31. Oktober 2017

Zu wenig Klimawandel für Physalis

Noch eine Obstart, die immer kurz vor dem Durchbruch im Nutzgarten steht: Physalis peruviana, die Kapstachelbeere. Ursprung Südamerika und von dort fast rund um das Jahr auch nach Deutschland exportiert. Jeder kennt die Lampions aus dem Supermarkt, die kirschgrosse gelbe Beeren enthalten und in kleinen Plastikgitterboxen verpackt sind. Sie ist wohl das leckerste Obst aus der Familie der Nachtschattengewächse und aus der grossen Familie der Blasenkirschen, zu der auch Tomatillos, Lampionblumen, Ananaskirschen gehören.

Physalis - durchaus auch dekorativ
Und man kann sie auch in Deutschland anbauen. Bei mir sind sie sogar ein invasives Unkraut, sie keimen jedes Jahr Ende Mai von selbst massenhaft in allen möglichen Ecken des Gartens. Die Pflanzen sind hübsch und auch für grössere Kübel geeignet. Die Früchte werden sogar reif und schmecken hervorragend. Das Aroma ist fruchtig, manchmal kokosartig, tropisch, erfrischend, ein Genuss. Es gibt auch eine geschmackliche Bandbreite der wild aufgegangenen Sämlinge, einige sind wirklich ausserordentlich lecker. Leider weiss man das erst wenn sie fruchten, dann hat bereits eine Bestäubung stattgefunden, was die Sämlinge daraus dann bringen weiss man nie genau.

Frucht Physalis peruviana

Kein Wunder, dass viele Gärtner seit einigen Jahren den Anbau im Nutzgarten versuchen. Sie keimt leicht wenn sie es warm hat, kann leicht im Haus vorgezogen werden, gedeiht ausgepflanzt ohne Krankheiten leicht, fruchtet leicht, lässt sich leicht ernten. Schädlinge kennt sie kaum, sie ist ausgesprochen hitzefest, übersteht kalte (aber frostfreie) Spätfrühlingsnächte ohne Wachstumsdepression. Gefährlich sind Windböen, fruchtbehangene Äste reissen dadurch leicht ab. Sie wurzelt eher flach und benötigt gleichmässige Wasserversorgung. Und dann? Dann kommt der Herbst und man ist enttäuscht, dass 80% der Lampions noch grün sind und den Weg alles Irdischen gehen. Ist der Herbst lange, reift zwar noch einiges in Zeitlupe, aber die Früchte platzen häufig wie bei den letzten Tomaten und sie schmecken auch nicht so gut wie im Sommer. 

Nach kalten Nächten geplatzt

Ein warmer Monat zu wenig. Der mitteleuropäische Sommer ist einfach zu kurz für Physalis. Kaum fängt die Ernte an, ist der Sommer schon vorbei.

Der Rest vom Schützenfest. Nicht mehr reif geworden.

Und so testet man allerlei Tricks aus, um das Jahr zu verlängern. Ausgraben und im Topf überwintern oder von vornherein Topfkultur. Dort sind sind sie im Sommer empfindlich auf Trockenheit, man muss fast täglich wässern. Der Anbau im Gewächshaus bringt auch nicht viel mehr, die Pflanzen sind zudem viel zu gross. Sehr frühe Anzucht. Suche nach Sorten, die schneller fruchten. Ich habe das alles durch und bleibe bei der Anzucht gemeinsam mit Tomaten, im Herbst so wie gestern nach dem ersten richtigen Frost schweren Herzens abräumen und dazwischen ab August einige Früchte geniessen, die frisch wirklich ein grosser Genuss sind.

Unreif. Reift auch nicht nach.

Dieses Jahr habe ich "Beas Dicke" getestet, die so wie die wenigen anderen Sorten leider auch nicht früher reif wird. Ihre Früchte sind mit bis zu 20g Gewicht sehr gross, dafür zeigte sie andere gravierende Nachteile. An erster Stelle steht der Geschmack, der im Vergleich zu den meisten Wildlingen gemüsiger wirkt und immer unreife Untertöne hat. Der Zuckergehalt erreicht 55° OE, 14 Brix. Der Gesamtertrag von "Beas Dicke" ist nicht höher, weil der Fruchtansatz geringer ist. Die Lampions sind bei dieser Sorte unten immer offen - die Kirschessigfliege freut sich darüber, kann eindringen und die Beere abstechen.

Früchte von Beas Dicke. Linke Frucht 18g schwer.

Deutlich früher reift eine andere Art, die verwandte Physalis pruinosa, die Ananaskirsche. Um den Preis viel kleinerer Früchte und Pflanzen sowie eines gewöhnungsbedürftigeren Geschmacks. Darüber mehr in einem eigenen Beitrag.

Freitag, 27. Oktober 2017

Sommerschlussverkauf im Nutzgarten

Letzte Kürbisblüten in der schon schwachen Herbstsonne
Kälte und Sturm sind angesagt. Jetzt wird es Zeit, die frostempfindlichen Sommergemüsearten im Freiland abzuernten. Die letzten Jahre war das immer erst Ende Oktober so weit, dieses Jahr ebenso. Nachtfrost im Oktober kam nicht mehr vor. Selbst Wetterlagen, die Kaltluft direkt von der Arktis nach Mitteleuropa pumpen bringen keinen Frost mehr, weil die herbstlichen Meerestemperaturen im Schnitt deutlich höher geworden sind, um mindestens zwei Grad. Anströmende Polarluft ist bereits in der Arktis wärmer und wärmt sich zudem leichter auf, wenn sie über dem Meer Richtung Süden strömt.

Sommerschlussverkauf Gemüse
Und so waren jetzt die restlichen Süsskartoffeln, viele Paprika (die meisten roten Sorten passten nicht mehr auf den Tisch), Auberginen, unreife Kürbisse (die reifen sind schon geerntet) an der Reihe, ausserdem noch einen Eimer voll Weintrauben, viele Physalis und einige Kleinigkeiten. Im Gewächshaus wird es noch zwei Wochen länger gehen, dort bleibt im Moment alles, wie es ist.

Jetzt werde ich Vieles sofort verarbeiten, sonst würde der Segen teilweise verderben. Aus den Weintrauben entsteht Saft, die Kürbisse werden wie Zuccini gegessen, Paprika in Stücken eingefroren, diverse Chilisorten zu Sossen verarbeitet, Auberginen verschenken wir teilweise, Süsskartoffeln halten sich ein paar Wochen. Ausserdem haben wir gelbe Rüben / Möhren und Pastinaken geerntet und in Sand gelegt, Radicchio "Rossa di Verona" für den Winter zurückgeschnitten.

Ausgewogener Traubensaft

Restliche Weintrauben
Die Weintrauben sind eine späte Sorte, die noch viel Säure hat. Als Saft sind sie ein ausgewogener Genuss, hätten sie weniger Säure, dann würde er zu klebrig-süss werden. Wir trinken ihn eine Woche lang gekühlt frisch, der Rest wird heißsteril in Flaschen gefüllt.

Die Herstellung ist einfach, ohne Presse, ohne technisches Klimbim. Die Beeren werden mit der Hand zerquetscht. Im auf dem Bild gezeigten Eimer waren knapp 5kg Trauben. Die Maische lasse ich einfach in einem Sieb über Nacht ablaufen. 3,7 Liter Saft laufen ohne Pressung ab, die Ausbeute beträgt also rund 75%! Sich deswegen die Mühe zu machen, mit einer Presse oder Pressbeuteln herumzuquetschen und anschliessend die Geräte mühsam zu säubern lohnt sich einfach nicht, die paar noch herausholenden Prozent Ausbeute stehen in keinem Verhältnis zum Mehraufwand.
Restmaische nach einer Nacht

Das wird nicht mit allen Traubensorten zu allen Zeiten funktionieren, soviel ist auch klar. Am besten klappt es mit sehr reifen Beeren und mit Sorten, die kein allzu festes Fruchtfleisch haben. Die sind auch meistens als "für Saftherstellung geeignet" beschrieben.

Unreife Kürbisgenüsse

Ein besonderer Genuss sind die unreifen Moschuskürbisse. Anderswo ist das ein Gemüse, das auch in Stücken verkauft wird, hierzulande gänzlich unbekannt - die einzigen verwendeten unreifen Kürbisse sind Zucchini. Gekocht oder gebraten weisen sie eine aussergewöhnlich schöne Konsistenz auf, zerfallen einerseits nicht, zerschmelzen aber trotzdem auf der Zunge. Aroma haben sie auch, kräftiger und leckerer wie Zucchini.

Herbstferien im November

Auch die Herbstferien haben heute begonnen. Sie dokumentieren, wie stark wir uns vom wachsen unserer Nahrung und der Natur entwöhnt haben: Früher hiessen die Herbstferien "Kartoffelferien" und lagen in der ersten oder spätestens zweiten Oktoberwoche. Da wurde geerntet und geholfen. Keiner wäre auf die schwachsinnige Idee gekommen, erst im November Herbstferien zu veranstalten. Im Frühjahr bzw. Spätwinter passierte dasselbe, dort gibts jetzt tourismusoptimierte "Faschingsferien" oder "Skiferien" statt längere Osterferien, damit der Bürger sein Geld in Urlaub investieren möge. Wer das nicht kann, hockt die Herbst- und Skiferien über bei kühltrübem Wetter häufiger denn je in der Wohnung oder darf sich mit Spaziergängen in der zersiedelten Landschaft zwischen Autobahn, Industriegebieten, Bürgerpalästen in Neubaugebieten ablenken.

Tatsächlich ist Anfang Oktober enorm viel zu tun. Erntezeit! Äpfel und Birnen sind reif und wollen geerntet, eingelagert oder verarbeitet werden, wir sind bis in die Nacht beschäftigt. Aber nicht mehr der Lebensrythmus des Naturjahres bestimmt das Leben unserer Kinder, sondern die Wünsche und Vorstellungen der Tourismusindustrie, was die Werte und Lebenswelt der von der Natur entwöhnten Menschen stark verändert hat.

Montag, 23. Oktober 2017

Süsskartoffeln Dank Klimawandel

Süsskartoffeln jetzt auch als Pommes im Supermarkt
Zur wachsenden Gruppe der Pflanzen, die im Nutzgarten immer anbauwürdiger werden haben sich Süsskartoffeln oder Bataten (Ipomoea batatas) gesellt. Sie stammen ursprünglich aus Mittelamerika, wie so viele wertvolle Nahrungspflanzen. Man kennt sie mittlerweile auch in Deutschland und importiert sie. Seit ein paar Jahren tauchen sie regelmässig in Discountern auf, Herkunft erst USA, jetzt am häufigsten Portugal, Spanien. Am deutschen Markt durchgesetzt haben sich rote Süsskartoffeln mit orangefarbenem Fruchtfleisch. Es gibt aber auch weisse, gelbe,
Süsskartoffelfertigprodukte
rosa oder violette Sorten. Lange Zeit wurde behauptet, Süsskartoffelpflanzen wären nur etwas für die Tropen und Subtropen. Nichts für Mitteleuropa. Nun gibt es in unserer Region mit Holger Wagner aber jemand, der sie bei Heilbronn sogar kommerziell anbaut, immerhin auf zwei Hektar. In den Tropen ist es umgekehrt, da ist sie weit verbreitet und Kartoffeln (Solanum tuberosum) der Exot. Süsskartoffeln sind mengenmässig die Nr. 3, was die Weltproduktion an Wurzelnahrungspflanzen angeht.

Natürlich konnte ich auch davon nicht die Finger lassen und habe den Anbau ausprobiert. Das Ergebnis in Kürze: Es lohnt sich.

Süsskartoffeln anbauen

Blattwerk Süsskartoffel
Im Detail gibt es natürlich noch ein bisschen mehr zu sagen. Zunächst mal zur Pflanze: Die hat botanisch mit Kartoffeln nicht einmal entfernt etwas zu tun, sondern ist eine Windenart und kein Nachtschattengewächs. Blätter und Wuchsart erinnern auch optisch stark daran. Ich bekam Jungpflanzen der vielfach für unser Klima empfohlenen Sorte "Beauregard" (verwendet auch Holger Wagner, neuerdings auch "Murasaki"), die ich Ende Mai an eine trockene, warme Stelle im Garten gepflanzt habe. Erst hat sich eine Zeitlang nichts getan, dann begann ein kräftiges Wachstum von kriechenden Ranken, das bis zum ersten Herbstfrost anhielt. In der Kernzone war es flächendeckend und unterdrückte auch das Unkraut. Alles blieb kerngesund, keine Spur von Krankheit oder Problemen.
Sechs Meter langer Trieb
Am Ende waren die Triebe sagenhafte sechs Meter lang, das habe ich abgemessen. An Blattachseln bildeten sich Adventivwurzeln ähnlich wie bei Kürbisarten, so dass man die langen Triebe nur in der zweiten Hälfte woanders hin legen kann, wenn sie mal in die falsche Richtung gewachsen sind.

Im Spätsommer erhob sich am Pflanzort der wenig gepflegten Pflanzen eine Art Hügel. Die Knollen bzw. Wurzelverdickungen waren entstanden und drückten die Erde hoch. Stellenweise lugten die roten Rhizome auch hervor. Noch im Oktober hatte ich in der letzten warmen Woche den Eindruck, dass sie deutlich wachsen. In kühlerem Klima dürfte es kritisch werden, wenn die Vegetationszeit etwas kürzer ist. Als ich am 18.10. erntete, kamen über 3,5kg pro Pflanze aus der Erde. Davon drei richtig fette Wurzeln, die dickste mit 1,2kg. Der Anteil unbrauchbarer, verwachsener Rhizome war gering. Besonders interessant war, dass sich an den ersten Adventivwurzeln bereits wieder der Beginn roter Wurzeln gebildet hat, einige sogar in einer Grösse, die man verwenden kann.

Knollenansatz einer Pflanze, horstig in der Erde.
Diese Menge war angesichts des geringen Pflegeaufwandes beeindruckend, das habe ich mit Kartoffeln nie erreicht. Bei Sortenversuchen in Deutschland werden bei Süsskartoffeln bisher etwa die Hälfte der Hektarerträge von Kartoffeln erzielt. Eigentlich mehr, aber Süsskartoffeln haben auch einen nicht mitgezählten deutlichen Anteil an nicht vermarktungsfähigen Wurzeln, die dünn oder verwachsen sind. Das war bei mir allerdings kaum der Fall.

Ernte einer einzigen Pflanze. Bis zu 30cm lange Knollen,
die über 1kg schwer werden.
Da ich die Triebe zwischen Paprika- und Auberginenpflanzen wachsen liess, konnte ich damit den Raum im Garten gut ausnutzen. Die Pflanzen waren nicht einmal voll besonnt, standen aber sehr warm und trocken. In der Küche lassen sich die Knollen gut verwenden, der süssliche Geschmack ist nicht penetrant. Süsskartoffelrezepte gibt es wie Sand am Meer. Mittlerweile kann man schon Tiefkühlpommes aus Süsskartoffeln und diverse Fertigprodukte daraus kaufen. Die Einführung auf allen Ebenen gelang aussergewöhnlich schnell.

Die grössten Nachteile

Seitentrieb an Blattachsel
Als Schwierigkeiten habe ich empfunden:
  • Die Vermehrung ist viel zu kompliziert und zeitaufwendig. Gekaufte Jungpflanzen sind teuer. Man kann nicht einfach eine Knolle in den Boden stecken. Genauergesagt kann man schon, aber Süsskartoffeln werden stark von vielen Viren befallen, die direkt vegetativ entstehenden Pflanzen haben viele verwucherte und verdrehte Wurzeln, die Erträge sinken weiter ab. Man muss stattdessen im Januar im Haus eine lagerfähig gemacht Knolle (härten mit Wärme und Feuchtigkeit, siehe unten) austreiben lassen und warten, bis sich Triebe mit Adventivwurzeln bilden. Triebstücke mit Wurzeln schneidet man ab und setzt diese Sprosstecklinge im Mai in den Garten. Viel Aufwand, gerechtfertigt für Versuche aber auf Dauer für einen effizient geführten Nutzgarten nicht erfreulich.
    Samen bilden viele Sorten wenig bis gar nicht. Ein Kanadier zeigt die Vermehrung hier.
  • Die Kartoffel ist der Sieger im Lager und hält sich ohne grossen Aufwand sehr lange. Einfach die Kartoffelkiste in einen dunklen Keller stellen. Süsskartoffeln halten sich dagegen nur ein paar Wochen, faulen oder werden holzig. Gelagert werden sollte warm und trocken. Portugiesische Ware ist im tiefsten Winter lieferbar, die Haltbarkeit wird mit einer besonderen Behandlung verlängert, dazu unten mehr. In den Tropen lässt man sie im Boden, bis man sie braucht, hat aber dann mit allerlei Frassfeinden zu tun. Auch hierzulande sind die Knollen futsch, wenn Mäuse merken was da wächst.
  • Dicker Dinger frisch aus dem Boden
    Vielfalt sucht man in Deutschland vergeblich. Weltweit gibt es zwar massenhaft Sorten, aber für den äussersten nördlichen Anbaurand sind die Meisten ungeeignet. Nur wenige Sorten werden für Mitteleuropa empfohlen, in Versuchen des Gartenbauzentrums Bayern Süd-Ost in Dammkultur mit Mulchfolie auf Isar-Schwemmland haben sich "Beauregard" und "Orleans" als Sieger entpuppt. Probleme waren starker Drahtwurmbefall und Mäuse. Die Züchtung konzentriert sich natürlich nicht auf kältere Klimate, dort wird das Anbauvolumen immer begrenzt bleiben. Die israelische Firma Hishtil propagiert den Anbau in Europa stark und beliefert den Markt mit Jungpflanzen.
  • Bei einer so langen Kulturdauer bis in den Oktober hinein sind keine Nachkulturen mehr möglich. Meine Frühkartoffeln sind Anfang Juli erntereif, dann folgen andere Gemüsesorten auf dieser Fläche. Ich kann mindestens zweimal ernten, bei Süsskartoffeln bleibt das Beet die ganze Saision über belegt.

Die grössten Vorteile

Als wichtigste Pluspunkte empfinde ich:
Adventivwurzeln, die sich bereits wieder verdicken
  • Null Krankheiten, kaum Probleme. Das kann man nicht hoch genug einschätzen, nachdem auch dieses Jahr wieder drei Sorten meiner Kartoffeln braunfäulebefallene Knollen hatten, die dann faulten. Dann die Sorte "Cherie", die bereits im Juni kompletten Laubverlust durch Alternaria erlitt und damit auch die Ernte lächerlich klein ausfiel. Die beiden Jahre vorher hatte ich Hitzeschäden am Laub bei manchen Sorten, Trockenschäden, Schäden wegen heftigem Kartoffelkäferbefall und ziemliche Probleme mit Kartoffelschorf. Die Süsskartoffeln wuchsen einfach nur los und hatten noch im Oktober gesundes Laub. Das übrigens ebenfalls essbar sein soll.
  • Wenn die Erträge so gut bleiben wie dieses Jahr, liegen sie im Nutzgarten bei unserem warmen, trockenen aber luftfeuchten Klima wesentlich höher wie bei Kartoffeln. Das mag im kommerziellen Anbau mit viel Pflanzenschutz und geeigneten Böden anders aussehen, aber in meinem Hobbyanbau auf schwierigem Boden sind die Kartoffelerträge generell niedrig, der Anbauaufwand jedoch erschreckend hoch. Weder Boden noch Klima behagen ihnen. Die ökologische Anbaubreite von Kartoffeln ist tatsächlich geringer wie es den Anschein hat. In zwei von drei Jahren hätte man zum Beispiel Kartoffeln bewässern müssen, damit sie brauchbare Erträge liefern. Ihre Erträge steigen nicht mehr, sondern sinken sogar ab, weil lange Trockenperioden zur Normalität geworden sind. Süsskartoffeln sind keine Wunderpflanzen für die Wüste, aber bringen bei mehr Hitze und mehr Trockenheit noch länger Erträge wie Kartoffeln.
  • Um die Pflanzstelle herum wachsen Süsskartoffeln dicht, weiter entfernt davon kann man die Triebe so führen, wie man will. Sie eigenen sich ideal für einen Garten, den man in der Fläche statt in der Zeit voll ausnutzen will. Am Weg entlang, in lichtere Kulturen hinein, hängend aus dem Hochbeet heraus - das ist alles kein Problem bei Süsskartoffeln.

Vergleich gekauft - Eigenanbau

Innenstruktur der halbierten Knolle
Im Ofen geschmort habe ich sie mit Süsskartoffeln derselben Sorte aus Portugal (auch dort ist "Beauregard" Exportstandard) verglichen. Die aus Portugal waren eindeutig süsser, wurden auch schneller weicher. Die Eigenen hatten mehr andere Aromen und zeigten beim aufschneiden nur noch wenig mehr Strukturen aus Siebröhren und Milchröhren. Sie sind also auch bei mir so gut wie vollreif geworden, Aromabildung sehr gut, Zuckereinlagerung nicht ganz auf Portugal-Niveau. Die Süsse ist Geschmackssache: Man kann sie als penetrant und aromaüberdeckend empfinden oder als leckere Abwechslung. Wer es ein bisschen weniger süss mag, kann dieses Ergebnis mit Eigenanbau erreichen.

Geschmorte Stücke im Ofen. Dazu Kräuterquark.
Die Knollen sind übrigens roh essbar, das soll sogar gesund sein. Andere behaupten, sie würden Blausäure und Oxalsäure enthalten, aber relevante Mengen davon kann ich mir bei den heutigen Zuchtsorten schwer vorstellen. Die Konsistenz ist frisch geerntet ziemlich genau die einer gelben Rübe / Möhre, aber Aroma und Süsse fehlen und lassen sich beim besten Willen nicht herausschmecken, das entwickelt sich erst gekocht. Ich mag sie roh nicht - zu neutral, zu langweilig.

Die Sache mit der Haltbarkeit

Milchiger Pflanzensaft. Vorsicht, klebrig.
In unserem Klima mit dem langen Winter sind Methoden zu Haltbarmachung wichtig. Dafür gibt es bei Süsskartoffeln einen Trick, der auch für gehandelte Ware verwendet wird: Man härtet die Schale. Dazu wird sie für eine Woche bei hoher Luftfeuchtigkeit bei 30°C gelagert, dann kühl und trocken. Die Schale härtet sich, auch an Verletzungen. Angeblich sind sie dann monatelang haltbar, aber das muss ich erst noch im Versuch selber bewiesen bekommen. Richtig praktikabel ist die Methode nicht, konstant 30° bei 90% Luftfeuchtigkeit lässt sich für eine Kiste Süsskartoffeln nicht so leicht für eine Woche herstellen, Klimaräume sind selten in Wohnungen. Eine beheizte Kochkiste für kleinere Mengen habe ich aber und mit einer Schale Wasser drin müsste auch die Feuchtigkeit passen.

Zum Schluss noch ein Rat für die Ernte: Vorsicht, die Rhizome brechen erstaunlich leicht. Sie sondern dann einen weissen, klebrigen Milchsaft ab, den man an den Händen schwer wieder los wird. Dafür duftet er angenehm. Nach der Ernte die Wurzeln antrockenen, restliche Erde abstreifen, warm, dunkel und trocken lagern.

Beitrag zu Erfahrungen mit mehr Sorten 2018: https://gartenzone.blogspot.com/2018/10/susskartoffelernte-vier-sorten-und-zu.html
Noch mehr Sorten 2019: https://gartenzone.blogspot.com/2019/10/susskartoffeln-neue-sorten.html 

Dienstag, 17. Oktober 2017

Unser Kohlrübenwinter

Steckrübe Wilhelmsburger, Gewicht
der Knolle 1kg - ideal
Heute haben wir die Erste "gezogen". Eines der wenigen Kohlgemüse, die noch in unserem Nutzgarten gelingen sind die einst vielgehassten Kohlrüben oder auch Steckrüben, Erdkohlrabi, schwedische Rübe, Wruke, Butterrübe, Unterkohlrübe oder Unterkohlrabi genannt. Legendär wurde der "Kohlrübenwinter" 1916/17, in dem die eigentlich für Tierfutter vorgesehene Kohlrübenernte aus geschmacklich minderwertigen Sorten in einer Notmassnahme beschlagnahmt wurde, geschnitzelt und getrocknet als Ersatzlebensmittel aufgrund des Kartoffelmangels verteilt wurde. Dann gab es den gesamten Winter und Frühling lang täglich Kohlrübensuppe, Kohlrübenmarmelade, Kohlrübenschnitzel, Ersatzmarzipan aus Kohlrüben und die armen Futter-Kohlrüben wurden zum meistgehassten Lebensmittel Deutschlands. In bitterem Humor wurde sie "ostpreussische Ananas" genannt. Sie ist kalorienarm, hilft nur gegen das Hungergefühl aber bringt wenig Energie, nicht einmal die Hälfte von Kartoffeln. Um den Tagesbedarf an Kalorien zu decken, müsste man täglich mindestens sieben Kilo davon essen. Nicht zuletzt deshalb hat sie nicht über den Hungerwinter geholfen, damals starben fast eine Million der geschwächten Menschen an Unterernährung. Positiv vermarktet wird sie heute als "Schlankheitsgemüse", angesichts ihrer Geschichte in Hungerzeiten ebenfalls nicht ohne Ironie.

Wo sie beliebt blieben

In Deutschland brach der Anbau sofort zusammen, als es wieder mehr Lebensmittel gab, die meisten Sorten sind verloren und erloschen, auch in der Literatur als sehr gut beschriebene Sorten. Durchgängig populär geblieben sind sie aber in Grossbritannien und Skandinavien mit Zentrum Schweden, sogar in den USA war sie früh bekannt. Das drückt sich auch im englischen Wort für die grosse gelbe Variante aus: "swede" oder "rutabaga", entlehnt aus einem alten schwedischen Dialektwort. Um 1620 wurde sie in Schweden als wild vorkommend bezeichnet, botanisch ist sie eine vielleicht zufällige Kreuzung aus Brassica rapa (Rübsen, Herkunft Südeuropa) und Brassica oleracea (Gemüsekohl, Wildkohl, wächst an Küsten), entstanden vermutlich in Skandinavien. Genetisch stehen sie somit dem Raps (ebenfalls eine rapa und oleracera - Kreuzung) näher wie anderem Kohlgemüse.
Steckrüben heissen sie in Deutschland nach ihrem beliebtesten Anbausystem. Man hat die Futtersorten früher ab Mai oder Juni gesät und im Juli auf abgeerntete Frühkartoffelfelder verpflanzt, sie "gesteckt". Im Herbst hat man die Schweine aufs Feld getrieben, die sie abgefressen haben oder sie wurde aus der Erde gezogen, geerntet und im Stall verfüttert.

Heute tauchen sie wie alle zeitweilig unpopulär gewordenen alten Sorten auch in der Gourmetküche auf, liegen im Spezialitätenregal und werden auf edlen Marktständen feilgeboten, vor allem in Norddeutschland. Weiter südlich wächst sie aber ebenso gut. Bereitet man gute Sorten richtig zu, schmecken sie zart, voll und süss mit einer leichten Senfölschärfe, ein Genuss den man ihnen nicht zugetraut hätte. Gelbe Sorten schmecken besser, am häufigsten wird in Deutschland die langsam wachsende aber gross werdende "Wilhelmsburger" angebaut. Sie ist von gelber Fruchtfleischfarbe mit leicht grünlicher Schale oder nur ein Kragen, wird recht gross, hat ausladende Blätter von blaugrauer Farbe, eine lange Vegetationsdauer. Sie wird bereits im Frühling ausgesät und erst ab Herbst gegessen. Um gut zu werden, benötigt sie Zeit und Sonne. Ich habe sie auch jährlich im Anbau, ausserdem mit wechselndem Erfolg verschiedene schneller wachsende verwandte Mairüben, gelbe wie weisse mit und ohne violettem Kragen. Die sind etwas für eigene Beiträge, diesmal will ich mich nur auf Steckrüben konzentrieren.

Sorten

Saatgut ist meistens nur für "Wilhelmsburger" zu haben - eine wirklich gute und robuste Sorte, aber mit etwas Aufwand bekommt man noch "Best of All", die mit ihrem optisch attraktiven lila Kragen im Supermarkt häufiger ist; weiterhin "Magress" und die helle "Tyne", eine F1-Hybride. Auch mein Favorit ist ganz klar "Wilhelmsburger", sie bringt die schönste Süsse, hat Aroma ohne wirklich kohlig zu werden, wird wenig von Krankheiten befallen. Die violettschaligen Varietäten mögen besser aussehen, sind aber neutraler im Geschmack. Wer auf besonders "mild" steht, wird damit auch glücklich sein. Die Konsistenz der Sorten ist ähnlich. Roh wie Kohlrabi, aber mit höherer Dichte. Gekocht wie eine Kartoffel, wird bald weich und lässt sich dann leicht zerdrücken.

Der Anbau

Steckrübenreihe
Bislang habe ich "Wilhelmsburger" nicht "gesteckt", sondern immer gleich an dem Ort ausgesät, an dem sie auch später reif wurden und höchstens zu dicht stehende Pflanzen beseitigt. Ich traue der Verpflanzung im Juli nicht. Das Klima ist anders als in Ostpreussen, im Juli ist es oft brüllend heiss und umgepflanzte Jungpflanzen verbrennen innerhalb kürzester Zeit. Ihr Wuchsabstand sollte mit 30cm, besser 40cm relativ gross sein, zu eng stehende Pflanzen entwickeln aus Sonnenmangel keine grossen Knollen und bekommen weniger Süsse. Für ein Kohlgemüse zeigt sich die Pflanze aber robust und klimatisch anpassungsfähiger wie Gemüsekohl. Sie keimt auch unter relativ trockenen Bedingungen, ich habe einmal überlagerten Samen in eine trockene Ecke geworfen und wunderte mich anschliessend, wie gut viele Pflanzen trotzdem aufgingen, Knollen bildeten, besser noch als auf meinem vorbereiteten Beet. Für einige typische Geisseln des Kohls ist sie weniger anfällig, die Kohldrehherzmücke war zum Beispiel noch kein Problem. Sie schosst nicht, die weisse Fliege kommt vor aber schädigt nichts wirklich, Kohlerdflöhe sind zwar für Jungpflanzen sehr schädlich aber älteres Laub können sie nicht mehr schädigen, ganz im Gegensatz zu Kohlpflanzen wie Chinakohl. Steckrüben entwickeln arttypische blaugraue (an der Farbe kann man kleine Pflänzchen bereits identifizieren) Blätter mit Wachsüberzug, der einen Schutz gegen Kohlerdflöhe darstellt. Leider kann der Schädling die Keimblätter und ersten Jungblätter noch angreifen. Ein Problem sind Windböen (Gewitter!) an Jungpflanzen. Sie knicken an der Nahtstelle von Wurzel und Stengel. Später droht Raupenfrass, Fäulnis im Herz der Blattrosette.
Genetzte Ackerschnecke, tagsüber zwischen
Steckrübenblättern versteckt
Faulende Kohlrüben lösen sich von innen her in Schleim auf und stinken erbärmlich, man riecht sie bereits aus der Entfernung. Schnecken fressen an den Blättern, vor allem die weisse Gartenschnecke vergreift sich sogar noch im Spätherbst daran und zieht gerne komplett zu den Blättern hoch. Sieht man den typischen Lochfrass, sollte man die Unterseite der Blätter absuchen, dort kleben die Schädlinge tagsüber zwischen zwei übereinanderliegenden Blättern.

Insgesamt ist ihre Anbausicherheit im Vergleich zu fast allen anderen Kohlgemüsearten hoch. Nur Broccoli geht ähnlich gut. Der Rest des Kohls hat im trockenwarmen, flachgründigen Nutzgarten und bei der Klimarealität der Gegenwart weit grösserere Probleme und Ausfälle.

Ernte 

Faulende Kohlrübe
Ab Oktober geht es an die Ernte. Wir essen sie kontinuierlich, lassen noch nicht geerntete Rüben meist bis Dezember auf dem Beet, sie vertragen leichten Frost. Bei -4°C würde ich die Grenze ansetzen, eine Nacht mit -8°C führte zu Totalschaden, der Bereich dazwischen führt zu verfrühter Verholzung. Spätestens Dezember werden sie gezogen, oberflächlich gesäubert und kommen in eine Kiste mit feuchtem Sand, die in der kühlen Aussengarage steht. Bis März schmeckt sie gut, dann wird sie holzig. Ein richtiges Wintergemüse. Leider keines, das die Kinder mögen. Wahrscheinlich, weil Papa davon zu sehr geschwärmt hat. Knapp zugeteilt und nicht angepriesen wären sie sicher beliebter.

 

Zubereitung

Halbierte Knolle. Oberen Teil grosszügig abschneiden.
Blanchiert, paniert und in Fett ausgebacken mag ich sie am liebsten. Auch als einfache Beilage sind sie gut, nur gesalzen. Man kann sie in Streifen hobeln und wie Rösti zubereiten. Oder gekocht pürieren. Gewürze wie Kreuzkümmel oder Curry passen, frische Gewürze wie Dill, Blattkoriander und weitere. In Finnland ist ein gut gewürztes Weihnachtsgericht aus Kohlrüben Tradition. Aufpassen sollte man nur, dass Steckrüben nicht zu lange gekocht werden, sondern nur bis sie gerade weich sind. Zu lange gekocht wird die Süsse schwächer, der kohlige Ton stärker. Wohl bekomms. Gute Steckrüben im Winter zu haben ist heute erfreulich und glücklicherweise kein Zeichen für eine Hungersnot mehr.

Freitag, 13. Oktober 2017

Ölkürbisgeister

Über Ölkürbissanbau habe ich schon hier geschrieben. Nun haben wir aus einigen Früchten Kürbisgeister geschnitzt und erfreuen damit abendliche Passanten.


Schnitzen von Ölkürbissen ist anstrengend, geht aber gut. Die äussere Schale ist bei ausgereiften, orangefarbenen Früchten recht fest und manchmal ist das Fruchtfleisch auch ziemlich dick. Etwas mehr Kraft als bei den als "Halloween-Kürbissen" in der Saison verkauften Schnitzkürbissen  muss man schon aufwenden.

Die dickere Wand hat ihre Vorteile. Der Strahleneffekt der Beleuchtung von innen wirkt viel stärker:


Oder hier:


Besonders haltbar sind sie leider auch nicht, nach drei Tagen schimmelts.


Bis zum nächsten Jahr!

Mittwoch, 11. Oktober 2017

Indianerbanane Pawpaw, Teil 3: Früchte und Fruchtqualität


Die erste Frage, die die meisten Leute stellen wenn sie von der Indianerbanane hören lautet "Wie schmeckt die denn?"

Aroma


Reife Früchte, schwarze Punkte bilden sich
Ja, wie schmeckt sie? Anders. Ihr Aroma ist weit entfernt von Aromen aller Früchte, die in Mitteleuropa wachsen. Man liest häufig von einer Mischung aus Banane, Vanille, Mango. Diese Mischung aus tropisch wirkenden Aromen stimmt und trifft es gut, aber keines der Teilaromen ist stark. Die Frucht erzeugt keinen wirklichen Überraschungseffekt für den, der schon mal andere tropische Früchte gegessen hat und das dürfte in Europa jeder sein. Die Aromatik ist deutlich, aber nicht stark und eindeutig wie zum Beispiel bei einer Mango. Säure ist kaum schmeckbar, aber eine deutliche zuckerige Süsse. Die Aromaunterschiede zwischen den Sorten sind nicht sehr gross, man muss sie schon parallel verkosten um Unterschiede festzustellen. Eine viel grössere Rolle für das Aroma in Deutschland spielt die optimale Ausreife, die in kühleren Gegenden zum Problem wird. Man fällt leicht auf Pseudounterschiede herein, beurteilt eine Sorte schlechter, obwohl sie nach zwei Tagen mehr Reife besseres Aroma bekommen wäre.
Notreife und unreife Früchte sind oft bitter, kratzig, die guten Aromen entwickeln sind erst bei Vollreife. Wie schon öfter erwähnt gibt es kaum Nachreifevorgänge, erst wenn die Frucht bereits weich ist kommen auch nach der Pflücken noch etwas Aroma dazu. Wer bittere Töne schmeckt, hat oft eine Frucht gegessen, die nicht ganz reif wurde, weil das Wetter nicht mehr mitmachte.

Fruchtfleisch, Konsistenz


Pawpawfrucht halbiert
Das Fruchtfleisch ist ebenso ungewöhnlich und trägt viel zur Aromawirkung bei, weil es cremig weich ist und sich deshalb ohne viel kauen gut im Mund verteilt. Es liegt in der Konsistenz etwa zwischen reifer Banane und Avocado. Saftig ist die Frucht nicht, klebrig und schmierig auch nicht, höchstens bei Überreife. Manche Sorten sind zur Schale hin ganz leicht faserig, das stört aber zu keinem Zeitpunkt. Die Farbe entspricht reif einem grünlichem Gelb, bei Überreife wird es noch etwas kräftiger.
Gegessen wird die Frucht, indem sie längs halbiert, die Hälften durch eine Scherbewegung voneinander getrennt werden, die Kerne herausgelöst und dann ausgelöffelt.

Insgesamt sind die Früchte im Schnitt gut 100g schwer und apfelgross, etwas kleiner wie Mangos. Kleine Früchte enthalten oft Kerne, die nicht ausgebildet sind. Grosse Früchte können bis zu 500g schwer werden und darüber. Die Fruchtgrösse variiert viel stärker als bei Kernobst.

Duft


Erstaunlich selten taucht der Duft in den Beschreibungen auf, aber wer Pawpaws hat, ist davon fasziniert. Der Duft ist ausgesprochen stark, mehrere reife Früchte können das ganze Zimmer intensiv durchduften. Vorsicht, im Kühlschrank aufbewahrt schmecken auch die darin gelagerten Milchprodukte bald danach. Nicht jeder findet die Wirkung auf die Nase uneingeschränkt angenehm. Der Geruch ist zwar fruchtig, tropisch, süsslich, hat aber auch eine tierische, käsige Komponente und kann auf Dauer penetrant werden, es kann sogar an eine Durian erinnern, wahrscheinlich sind auch Dithiohalbacetale enthalten. Das hört sich schlimmer an als es ist, denn die angenehmen Noten überwiegen für die meisten Menschen, überraschend ist er allemal. Manche Leute kommen aber überhaupt nicht damit klar und empfinden ihn als übelkeitserregenden Aasgeruch.

Nicht nur die reifen Früchte duften. Schon die Blüten beginnen damit, schwach zwar aber vorhanden und auch in dieser Geschmacksnote. Das Blattwerk kann in heisser Sonne danach riechen. Zerriebene Blätter duften. Die Früchte beginnen etwa eine Woche vor Fruchtfall zu duften. Ein Baum mit reifen Früchten ist bei Windstille schon aus einiger Entfernung auszumachen.

Kerne


Pawpawkerne, Grösse und Form unterschiedlich
Normal entwickelte Früchte enthalten mehrere grosse, harte, dunkle Kerne, die zwischen 3 und 10% der Fruchtmasse ausmachen. Sie erinnern optisch an Litschikerne. Sehr kleine Früchte enthalten meist nur Kernrudimente. Die Kerne lassen sich leicht aus dem weichen Fruchtfleisch lösen. Viel mehr als im Freien einpflanzen und auf Keimung hoffen kann man damit aber nicht anfangen.

Schale


Die Schale ist grün, dünn und weich. Löffelt man die Frucht aus, zerreisst die Schale leicht. Während die Frucht wächst, bleibt sie grasgrün, etwa eine Woche vor Reife beginnt die Farbe, ins Grüngelb umzuschlagen. Wird die Schale irgendwann im Verlauf des Wachstums berührt, etwa durch Zweige oder Blätter, bekommt sie leicht schwarze Flecken. Die Frucht verdirbt aber nicht. Zur Reife hin erscheinen auf besonnter Seite viele gesprenkelte schwarze Punkte, etwa wie bei einer reifenden Banane. Schale und Kerne sollen nicht gegessen werden. Fallen Früchte auf den Boden, platzt die Schale nicht auf, aber es entstehen Druckstellen, gefolgt von schnellem Verderb.

Optimaler Reifezeitpunkt


Fruchtcluster mit vier Früchten 17. September
2 Wochen bis zur Vollreife

Der dauert nur kurz an. Die Frucht muss sich von selbst vom Baum lösen, erntet man sie vorher reift sie nicht mehr aus und das Aroma leidet. Da sich die Früchte beim herunterfallen beschädigen können, wird eine weiche Unterlage oder ein Gemüsenetz empfohlen, wie es für die Verpackung von Zitrusfrüchten verwendet wird. Damit netzt man einen Fruchtcluster ein, die reifen Früchte fallen ins Netz, anstatt auf den Boden zu knallen.

Die Lagerfähigkeit ist begrenzt. Unbeschädigte Früchte halten auch gekühlt bei 2° höchstens eine Woche. Dann gammeln sie und schmecken auch so. Wer also zu viele Früchte hat, sollte Übermengen ohne zögern verschenken oder verarbeiten. Das Fruchtmus lässt sich gut einfrieren. Lagerung, auch bei 0°C bringt bei Pawpaws nichts, es sind keine haltbaren und keine klimakterischen Früchte.

Aktuelle Ergänzung: Im knochentrockenen Hitzejahr 2018 gab es wieder einmal vorzeitigen Fruchtfall Mitte September. Die Bäume standen unter starkem Stress, die Früchte fielen einige Wochen vor der eigentlichen Reife ab. Sie waren weich und innen gelb, schmeckten aber bitter. Wer in solchen Jahren nicht beschatten, kräftig und regelmässig bewässern kann, verliert die Ernte bzw. wundert sich, warum die Früchte so mies schmecken. Das wiederholte sich 2020 und auch 2022.

Verwendung


Das Aroma der Frucht wird beim Erhitzen sehr geschwächt. Aromatisch ist nur der Rohgenuss. Konservieren ist möglich durch einfrieren des Fruchtfleischs. Saft lässt sich aufgrund der avocado- und bananenähnlichen Konsistenz schlecht pressen. Schade, dann liesse sich auch der Zuckergehalt leichter per Refraktometer feststellen. Fruchteis herstellen geht gut, ist aber auch aromaschwächer wie erwartet. Eine Säurezugabe ist wichtig.

Eine Menge Ideen habe ich aber noch nicht ausprobiert, weil bisher noch keine Übermengen vorhanden waren. Wir haben die Ernte immer frisch vertilgt. Alle Kinder lieben die Früchte, es sind immer zu wenig davon da. Wenn ich mal die Mengen habe, um Dinge wie kaltgerührte Marmelade auszuprobieren werde ich darüber berichten.


Teil 1: Indianerbanane Pawpaw, der ewige Star von morgen
Teil 2: Indianerbanane Pawpaw: Anbau
Teil 3: Indianerbanane Pawpaw: Früchte und Fruchtqualität
Teil 4: Indianerbanane Pawpaw: Befruchtungsfragen