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Ölkürbistaxi |
Am Wochenende stand die Ölkürbisernte an. Sie wuchsen in einem Garten des Gemeindeortsteils Korb, den ich momentan mitnutzen darf, der Besitzer ist weggezogen und nutzt nur noch einen Teil selbst. Der Garten hat brauchbaren und ebenen Boden, auch feucht, die Kürbisse lieben es. Da wir dort nicht so oft hinkommen, pflanze ich Sachen die nicht viel Pflege brauchen. Zum Beispiel besagte Ölkürbisse, die mit ihrem kräftigen Wachstum auch das Unkraut gut unterdrücken, denn der Garten ist sehr verunkrautet mit lauter Problempflanzen. Davon gibts da eine tolle Sammlung: Giersch, Kompasslattich, Franzosenkraut, verschiedene Grasarten, Ackerwinde, Ringelblume, Topinambur (vom Vorgänger gepflanzt und seither nicht wieder loszuwerden), aufrechter Sauerklee, Gänsedisteln, Berufkraut - eine heftige Mischung. Das ist noch eigene Betrachtungen wert, einige dieser Kräuter kann man essen.
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Ölkürbisernte |
Nachdem der Mehltau für weitgehenden Blattverlust gesorgt hatte und der Farbumschlag der meisten Früchte Reife anzeigt, mussten sie geholt werden. Die Dinger passten nicht mehr alle ins Auto. 25 grosse Früchte mit 20-40cm Durchmesser, da war auch gestapelt das Ende erreicht. Es wären noch mehr gewesen, aber liebe Korber Zeitgenossen haben uns Früchte am Zaun gestohlen. Die Grossen. Kleine hingen noch dran. Auch wenn ein Nutzgarten als vorgestriges Rentnerhobby gilt, sich an den Früchten bedienen wird ganz offensichtlich immer noch gerne getan, von allein fortgeflogen sind sie sicher nicht.
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Fruchtfleisch mit den wertvollen Kernen |
Mit den Früchten konnten die Diebe vielleicht gar nichts anfangen. In der Küche ist das Fleisch dieser Sortengruppe fast nutzlos. Das Fruchtfleisch schmeckt wie eine überalterte, faserige Zucchni. Früher hat man solche Kürbisse an die Schweine verfüttert, auch die Massenträgersorten wie den berüchtigten "gelber Zentner". Das Wert liegt in den Kernen, die aber nach dem herauspulen verarbeitet werden müssen, sonst schimmeln sie sofort. Um die geht es mir. Sie sind grün, dick, enthalten noch mit viel Feuchtigkeit. Grün sind sie, weil ihre Samenhülle fehlt - deshalb sind sie ohne Schälen essbar und sehr gut zur Ölgewinnung pressbar.
Ölkürbisse anbauen
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Flächendeckend Kürbisse |
Ölkürbisse benötigen wie alle Kürbisse viel Energie: Viele Nährstoffe, viel Sonne, am Anfang viel Wasser, viel Platz. Sie ranken fünf Meter weit, wenn ihnen der Platz gefällt. Lieblingssubstrat von Kürbissen ist Mist, sogar frischer Pferdemist wird vertragen, der aufgrund seiner Ammoniakbildung für fast alle Pflanzen zu scharf ist. In Österreich wurden für den Ölkürbisanbau früher grosse Löcher in den Boden gedreht, viel gelagerter Rindermist hinein und drei Kürbissetzlinge obendrauf. Heute nutzt man genau angepasste mineralische Düngung nach Bodenuntersuchungswerten.
Wer Zugang zu Pferdemist hat, sollte den verwenden. Mist aufschichten im Winter oder Frühling, mit schwarzem Vlies überdecken, Aussaat der Kürbissamen in Töpfe auf der sonnigen Fensterbank Mitte April, Kürbisspflänzchen im Mai hineinpflanzen. Das hat den grossen Vorteil, dass auf diesem Substrat die Wasserversorgung bis in den Spätsommer hinein sehr gut ist, der Mist hält das Wasser erstklassig. Die zwei grössten Plagen am Anfang: Schnecken und böiger Starkwind. Schnecken weghalten oder bekämpfen, gegen Windböen (werden oft unterschätzt) hilft es, die Ranken mit Holzstäben oder Klammern zu fixieren. Gefährlich sind auch kalte Näche und hohe UV-Strahlungswerte tagsüber. Sind die Pflanzen nicht abgehärtet, erleiden sie Stengelnekrosen. Wer vor hat, fünf Pflanzen zu setzen, sollte zehn ziehen. Irgend etwas passiert immer und zum Schluss steht man ohne Pflanzgut da. Wenn nicht: Übermengen verschenken.
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Der Mehltau kam, Erntezeit Ende September |
Und dann? Wachsen lassen. Nichts schneiden, höchstens mal in falsche Richtungen wachsende Ranken woanders hin ziehen. Ab Ende Juli kommen die Früchte, die gegen Ende September geerntet werden. Nach dem ersten grösseren Fruchtansatz hören die Pflanzen wie alle Kürbisgewächse erst einmal auf zu wachsen, die Pflanze benötigt ihre Energie für die Samenbildung.
Sorten
Angebaut haben ich schon "
Lady Godiva", "
Olga" und den "
Gleisdorfer Ölkürbis". An Lady Godiva blieben die Früchte kleiner, dafür war das Fruchtfleisch orange und fast schon küchentauglich und er scheint sehr robust zu sein, benötigt aber lange zum Ausreifen. Die Früchte sollten ganz orange sein, das kann bis Oktober dauern. Die anderen beiden Sorten bildeten teilweise sehr grosse Früchte, die auch gut fürs Kürbisgeister schnitzen verwendet werden können. Farbumschlag der Schale Richtung Orange zeigt Reife an. Meine Kürbisse verschenke ich für die Geister an den Kindergarten, die Kerne nehme ich.
Die Sorten sind insgesamt gesehen robust, der unvermeidliche Mehltau kommt erst zur Reife hin und verdirbt dann nicht mehr viel. Eine Gefahr ist Hagel - das ist leider Pech. Die Erträge liegen pro Pflanze selten höher wie fünf Kürbisse auf Mist, ohne Extradüngung kann man mit zwei Früchten schon froh sein. Aus einem Kürbis sind nach Trocknung nur rund 100-200g Kerne gewinnbar. Nicht viel.
Kürbiskerne verarbeiten
Frucht (ja, ich weiss, es ist eigenlich eine Beere) aufschneiden, die grünen Kerne mit dem lockeren Innengewebe herauskratzen. Kerne trennen, von Fruchtfleischresten säubern und sofort verwenden.
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Frische Ölkürbiskerne |
- Frisch essen. Schmecken toll. Oder als Zutat für Salate, Gebäck, allerlei Gerichte.
- Trocknen. Locker verteilt auf einem Sieb in einem Gebläsetrockner mit genau einstellbarer Temperatur bei max. 40 °C. Es dauert zwei Tage! In der Sonne getrocknet steigt das Schimmelrisiko schnell an. Vorsicht im Freien, Mäuse und Vögel lieben die Kerne ebenfalls sehr. Anschliessend luftdicht verpackt und kühl gelagert sind die Kerne ein halbes Jahr haltbar. Vakuumieren soll besonders gut
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Kürbiskerne Gesamternte getrocknet und abgefüllt. |
funktioneren. Oder eingepackt tiefgefroren lagern. Verwendung als Naschzeug oder wie oben. Nachdem es mittlerweile sogar kleine elektrische Ölmühlen für Privatleute gibt, kann man auch versuchen, selbst Öl zu pressen. Ich habe es mangels Gerät (so billig sind die dann auch nicht) noch nicht ausprobiert. Der Ölgehalt der Kerne liegt aber bei satten 45%, wenn die Geräte nicht völlig Murks sind, sollte etwas Öl dabei herauskommen, eventuell kann man die Kerne vorher etwas anrösten. Viel Öl kann es aber nicht sein. Meine zwei Autoladungen voll Ölkürbisse auf 50qm gewachsen könnten im Optimalfall rechnerisch höchstens gut einen Liter Öl liefern. Direkte Verwendung der Kerne scheint da doch wesentlich attraktiver. Frische getrocknete Kerne sind sehr lecker. Kürbiskerne aus dem Supermarkt schmecken vergleichsweise ranzig und vergilbt.
- Oder: Gar nicht erst trocknen und sofort einfrieren. Verwendung wie Frischware. Sie bleiben so weicher, grösser und aromatischer.
Reife Kürbisse haben Kerne, die bei Trocknung auf ziemlich genau 62-64% des Ursprungsgewichts schrumpfen, ich habe dazu die Gewichte vieler Früchte nachgemessen.
Wer Platz und Dünger hat, sich an den dekorativen Früchten mit den leckeren Kernen erfreuen will - Ölkürbis anbauen.
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