Dienstag, 17. Dezember 2024

Tafeltraubentest: Sorte Venus

Tafeltraube Venus, typische Traube

"Venus" haben viele Tafeltraubenfreunde, sie ist in Deutschland beliebt und wird gern gepflanzt. Anlass zum Tafeltraubentest geben die diesjährigen überraschenden neuen Erkenntnisse über sie. Tafeltrauben verhalten sich im gegenwärtigen Klima dynamischer als gedacht.

Sie ist eine amerikanische Züchtung von 1964 und wurde gekreuzt aus "Alden" und New "York 46000" (die wiederum aus Buffalo x New York 34006 abstammt) der staatlichen Arkansas Agricultural Experiment Station University of Arkansas, Züchter war James N. Moore. Ihr genetischer Anteil der amerikanischen Art vitis labrusca (die Fuchsrebe) ist somit hoch, was man auch an vielen Eigenschaften merkt, nicht immer positiv. In Europa verbreitete sie sich erst Jahrzehnte später, wurde dann aber ab etwa 2010 recht beliebt. Das ist ein häufiges Muster, es dauert oft sehr lange, bis eigentlich sehr gute US-Sorten in Deutschland Traktion bekommen, bei Sorten aus Osteuropa sind es maximal wenige Jahre - und die Meisten verschwinden wieder schnell, schnell rein, schnell raus.


Wuchs und Krankheiten

Venus am Spalier, typisch das randfarbige Laub

Auch Venus wächst stark, sehr stark. Für eine Pergola ist sie gut geeignet, sie überdacht gut, viel und schnell, denn auch ihre Blätter können sehr gross werden, bei guter Versorgung riesig. Zudem bekommen sie im Herbst eine kräftige, lange Färbung in Flammenrot, ein Erbstück der Labrusca-Reben. Wer wenig Platz hat, wird viel schneiden müssen. 

Lange Jahre zählte sie zu den pilzfestesten Sorten und lag in einer Gruppe mit anderen Gesund-Spitzenreitern wie Muskat Blau oder Lakemont, die ohne jede Behandlung trotzdem meistens recht gesund bleiben. Es hat sich schon angedeutet, aber dieses Jahr wurde dies besonders bei Venus durchbrochen - sie bekam teilweise kräftig Peronospora, den falschen Mehltau, was zu frühem Laubverlust führte. Bei echtem Mehltau sieht es nach wie vor gut aus. Die Situation bei falschem Mehltau muss beobachtet werden, ob sie nur auf eine besonders begünstigende Wetterlage zurückzuführen ist oder auf einen vollen Resistenzdurchbruch. In diesem Fall würden jetzt aus welchen Gründen auch immer verstärkt Pero-Stämme kursieren, die zu einer Infektion dieser Sorte in der Lage sind. Dann wäre sie ein Fall für Behandlungen, so wie sie bei weniger rebusten Sorten immer schon nötig sind.

Hitzeschaden an Venus

Der Wespenfrass an den Beeren ist mässig, Kirschessigfliegenbefall kommt stärker, was typisch für eine blaue Sorte ist. Abgestochen werden zuerst die Beeren unten an den Trauben. Sie sind weicher und kleiner. Sie hat noch eine weitere Auffälligkeit: In manchen Jahren bekommt sie Hitzeschäden am Laub. Das lappt sich dann vertrocknend zusammen, klar unterscheidbar von Peronospora. Weitere Auffälligkeiten sind mir nicht bekannt geworden - reicht ja auch.


Ertrag und Pflege

Meistens liegt der Fruchtansatz auf gutem Niveau, so dass in der Regel nicht ausgedünnt werden muss, ein grosser Vorteil. An grossen Trauben sind die unteren Beeren oft schlechter entwickelt und weicher, wenn man also den Ertrag reduziert, dann sollte man die Trauben halbieren statt ganze Trauben abzuschneiden. Die Kiloerträge pro Fläche sind nicht allzuhoch, das Traubengewicht bleibt mässig.


Trauben und Beeren

Venus, halbierte Beeren mit Kernrudimenten
Sie reift ab Ende August und gehört hier zur mittleren bis hinteren Reifegruppe. Frühe Tafelsorten schaffen es in der ersten Augustwoche, späte Sorten bis Mitte September. In kühler Gegend oder Höhenlagen könnte es manchmal Ausreifeprobleme geben. Die Beeren sind für eine kernlose Sorte gross, die Trauben klein. Leider ist sie entgegen der Verkäuferanpreisungen nicht richtig kernlos. Erstens hat sie Kernrudimente, die splittern zwar nicht, sind aber durchaus spürbar und zweitens kommen auch richtige Kerne immer wieder mal vor. Ich würde sie als "Kernarm, Kerne nicht störend" bezeichnen. Beim essen macht das keinen echten Unterschied, aber Rosinen aus Venus sind deshalb nicht ganz so gut brauchbar wie von echten kernlosen Sorten.

Die Beeren sind nicht fleischig, sondern etwas glibberig, sie lässt sich eher aussaugen wie kauen, zumal die Schale durchaus kräftig ist - etwas zäh, wirkt trotzdem weich statt prall, aber nicht knackig. Auch das ist typisch für eine Labrusca-Sorte. Kaut man auf der Schale schmeckt sie schnell sauer. Das Erntefenster ist nicht allzu gross, lange hängen sollte sie nicht, dazu unten noch mehr.
 
 

Inhaltsstoffe, Aroma und Verwendung

Beeren, lecker

Das Aroma von "Venus" ist zeitweise sehr markant. Zum Reifebeginn (da wird sie weicher und süsser, die Farbe ist schon vorher da) hat sie einen starken, fuchsigen Erdbeergeschmack und duftet auch so. Dieser Foxton ist vielen zu stark. Aber das ist kein Problem, wartet man ein paar Tage zu, wandelt sich das in einen Fruchtbonbon-Erdbeere-Stil, ein süssblumiger Erdbeergeschmack, von Tag zu Tag sich von kräftig zu mild wandelnd. Gegen Ende der relativ kurzen Reifephase wird sie fast neutral. Man kann sich also das Aroma ein bisschen aussuchen, muss sich dann aber mit dem Essen beeilen. Schneidet man Trauben ab und lagert sie bei Zimmertemperatur, geht das schneller. Schon nach einem Tag sind deutliche Aromaverluste zu bemerken. Dieses dynamische Verhalten kann sowohl Vor- als auch Nachteil sein, je nach den eigenen Geschmacksvorlieben. Die Schale kaut sich sauer, im langen Nachgeschmack auch etwas bitter. Ihre Zuckerwerte gingen bei mir bis 86° OE im Rekordjahr 2018 hinauf, bleiben sonst unter 80° OE. Lange haltbar ist sie nicht, eine typische "pflücken und sofort servieren" - Sorte. Venus ist ein Verkostungsknaller. Frisch zum richtigen Zeitpunkt verkostet begeistert sie Viele. Davor und danach nicht.

In der Regen nicht der fetteste Behang

In erster Linie taugt sie zum Frischgenuss. Für Saft sind die Beeren zu schleimig, die Pressung ohne Hilfsmittel wie Pektinase hat zu geringe Ausbeute. Rosinen sind auch nicht optimal, wie oben beschrieben. Traubengelee aus Venus kann begeistern oder abstossen - Geschmackssache, ausprobieren!


Hintergrundinformationen zum Standort

Verschiedene Standorte, erst an einem Balkon. Den besten Platz hat heute ein Bekannter, dort wächst sie an der Hauswand, wo sie selten abfriert, gesund bleibt, aber stärker zu Sonnenbrand neigt. Die Gegend hat milde Winter, aber manchmal harte Temperaturstürze. Früher Austrieb, deshalb immer Spätfrostgefahr. Keine oder wenig Düngung. Bei Venus bisher kein Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.

Montag, 9. Dezember 2024

Kraut aus dem Krautgarten


Typische Krautgärten am Ortsrand in den 1960er Jahren
Das, was früher Krautgarten genannt wurde, war früher ein Aussengarten und ein Teil einer Garten-Dreifaltigkeit: Am Haus hatte man wenig Platz, dort standen Blumen, besseres Gemüse wie Salat, Kräuter, Dinge wie Erdbeeren oder Beerensträucher. Der Krautgarten hatte dagegen mehr Platz, er lag am Ortsrand, dort zog man für den Eigenbedarf das weniger feine und platzbedürftigere Gemüse wie eben Kraut - fürs Sauerkraut. Typisch waren auch Kartoffeln, Rüben, Einlegegurken, Zwiebeln. In unserer Region lagen Krautgärten der Talgemeinden immer im feuchtem Schemmland der Flüsse, auf Niveau des mittleren Hochwassers, so dass sie im Schnitt alle fünf Jahre einen Tag lang überflutet waren, meist im Winter wo das nicht störte. Kennzeichnend waren guter Boden, Wasser vorhanden, keine hohen Bäume. Dann war da noch der Baumgarten, die Obstwiesen. Der Baumgarten lieferte Hutzeln, Obst, Most, Saft, er lag auch am Ortstand, aber trockener, gerne auf weniger guten Flächen, auch an Hängen. Danach war nur noch Landwirtschaft, dann Wald. Ein Hausgarten war früher Frauensache, der Krautgarten Frauen- und Männersache, der Baumgarten, Felder, Waldarbeit Männersache.

Heute ist das natürlich ferne Vergangenheit, die Hausgärten sind jetzt Doppelgaragen, Trampolin und zugepflastert, die Krautgärten mit Dämmen flutsicher gemacht und dann mit Discountern, Getränkemärkten, Autohäusern, Lagern, Hallen bebaut, die Obstwiesen sind Baugebieten, Umgehungsstrassen, Freizeitkrempel gewichen, die Obstwiesen an Hängen zu vermülltem Sukzessionswald geworden. Der Begriff "Krautgarten" hat einen Bedeutungswandel erfahren, sofern er noch verwendet wird, er bezeichnet heute den Versuch, sehr kleine Parzellen, eigentlich nur Beete mit typischerweise 30-60qm für Gemüseanbau aller Art zu meist saftigen Preisen zu verpachten, meist verbunden mit einem zur Schau getragenen durchdringenden Ökoduft. Oft gibt es viel Wechsel und auch kräftig Ärger samt Regelaufstellung, wenn verschiedene Stile und Wünsche auf den engen Flächen zusammenprallen. Die Meisten, die so etwas pachten, werfen nach wenigen Jahren wieder hin. Aus gutem Grund pachtet man immer nur für ein Jahr.

Aussengarten mit Kürbisbepflanzung
Einen Aussengarten mit mehr Fäche (rund 300qm) habe ich auch schon länger, dort wachsen Dinge die relativ wenig Pflege benötigen, die Hälfte der Fläche verwende ich als Kürbisfeld. Dieses Jahr kam noch ein weiterer derartiger Garten temporär dazu - er gehört jemand, der ihn im Moment nicht nutzt. Man kann zwar nicht direkt heranfahren, um zum Beispiel Pferdemist abzuladen, aber der Boden ist grundsätzlich gut, also habe ich versucht, dort Spitzkraut zu ziehen, um endlich mal genug eigenes Kraut für Sauerkraut zu haben. Ein wortwörtlicher Krautgarten also. Denn Sauerkraut machen und essen wir sehr viel, haben mehrere Krautstanden, nur die Krautproduktion ist das Problem, das misslingt meistens. Zu trocken, zu heiss, Schädlinge, Köpfe geplatzt - es kommt auch mit viel Mühe nicht viel brauchbares Kraut aus den Gärten. Die Möglichkeiten und Pflanzenschutzmittel des kommerziellen Anbaus sind natürlich nicht drin, selbst wenn man wollte. Dann kann ich das Kraut auch gleich kaufen.

In so einem Aussengarten sollte man generell nur Dinge pflanzen, die trotz unbeaufsichtigter Phasen gute Chancen haben, eine Ernte zu bringen. Denn der Weg ist zu weit, um mal eben oder oft vorbeizusehen, man kann dort nicht ständig hin, um herumzupfriemeln, zu giessen (mit welchem Wasser? Tank? Wie weit reicht das?), zu jäten, zu kontrollieren. Also sollte man Dinge pflanzen, die wenig Aufsicht benötigen, wechselnde Wasserverfügbarkeit nicht zu übel nehmen. Die auch mit etwas Unkraut wachsen oder es unterdrücken. Ferner kann man das Platzangebot nutzen, um Dinge zu ziehen die im einem Hausgarten viel zu viel Platz benötigen. Was geht also konkret in so einem Ausssengarten, was geht nicht? Was lohnt sich? Hier die eigenen Kurzerfahrungen mit verschiedenen Kulturen der letzten Jahre:

  • Kürbisse - erstklassig, wenn man sie auf Kompost oder Tiermist pflanzt, der mit Vlies überdeckt wird. So überstehen sie lange Trockenphasen, wachsen in langen Ranken, die man geeignet führen kann. Das ist meine Hauptkultur seit Jahren. Mit vielen, vielen Sorten. Die grossen Blätter bremsen Unkraut und wenn es doch spriesst, störte es wenig. Hauptroblem bei mir ist ausserhalb des Vlies die Ackerwinde und Kompasslattich. Muss man Aushacken. Zweites Problem ist der Standort in enger Tallage. Ab Ende Juli kommen anfällige Sorten dort stark Mehltau.
  • Mais - Popkornmais, Polentamais, Bratmais. Aber kein Zuckermais, denn da muss die Reife kontrolliert werden und dann schnell geerntet. Mais benötigt volle Sonne, keine schattenwerfenden Bäume sollten in der Nähe sein. Wird schön hoch, unterdrückt Unkraut sehr gut, auch zur Unkrautsanierung geeignet wenn dichter gepflanzt. Übermengen oder Qualitätsprobleme stören uns nicht, das bekommen die Hühner. Laugt den Boden etwas aus. Bei guter Verwurzelung recht trockenfest.
  • Kartoffeln - früher gut, heute ein Dauerfehlschlag, jedenfalls in unserer Region. Mühsam aufzuhäufeln im schweren Boden, schnelle Probleme bei Trockenheit, hohes Durchtriebsrisiko im heutigen Sommerwetter, Kartoffelkäfer der innerhalb kurzer Zeit zu Totalschaden führen kann, viele schlimmer gewordene Krankheiten (Drahtwürmer, Alternaria, Braunfäule, Kartoffelschorf), nicht gut im neuen Klima. Viel Bodenarbeit für bescheidene Erträge, viel Unkraut. Habe ich jahrelang mit vielen Sorten und Techniken probiert und vollständig aufgegeben. Die Mühe steht nicht mehr annähernd im Verhältnis zu den erzielten und brauchbaren Erträgen.
  • Süsskartoffeln - bei richtiger Anbautechnik eine sehr gute Kultur. Sie unterdrücken aber Unkraut nicht. Auf Vlies gepflanzt an Stellen, wo im Vorjahr Kürbisse waren (also alter Kompost / Pferdemist) entstehen Riesenpflanzen mit bis zu 4kg Wurzelknollen pro Pflanze.
  • Steckzwiebeln - okay, aber nicht berauschend. Sauber in Reihen gepflanzt lässt sich das Unkraut mit Mühe Dank Werkzeugen wie der schweizer Pendelhacke beherrrschen, aber die Erträge sind immer gering und Schosser normal. Nur auf passendem Standort. Den hab ich nicht. Immerhin ist die Kultur gut trockenfest.
  • Tomaten - Ja! Kaum zu glauben, aber wahr. Tomaten sind wieder eine erstklassige extensive Kultur geworden. Aber nur die braunfäuleresistenten Sorten. Im Aussengarten lasse ich sie wenig geführt durcheinanderwachsen, komme alle zwei Wochen und hole die reifen Früchte ab. Die meisten sind für die Verarbeitung, Ketchup, Sugo, Tomatenpürree, Trockentomaten. Es spielt keine Rolle, wenn Pflanzen am Boden kriechen, dieselbe Anbautechnik wird in Italien auf Feldern praktiziert, deren Tomaten werden maschinell geerntet und eingedost. Gut eingewurzelt halten sie Dank grossem Wurzelwerk auch Trockenperioden ohne Giessen aus.
  • Wurzelgemüse - geringe Anbausicherheit im extensiven Anbau. Ein grosser Nachteil ist, dass man säen muss und dann das Saatbeet feucht halten, also fast täglich hinfahren. Später dann zu oft hacken, um Unkraut zu bekämpfen. Nur in Reihen pflanzen, um hacken zu erleichtern. Ist eher nichts.
  • Kohlgemüse. Schwieriges Thema im neuen Wetter. Viele Schädlinge. Auch im Hausgarten schwierig geworden. Gut gehen noch Broccoli, Grünkohl, beides aber nicht so richtig in einen Krautgarten passend. Zum Kraut, genauergesagt Spitzkraut später noch mehr.

Zum Schluss noch der Bericht, was mit dem diesjährigen Spitzkraut passierte. Man sollte das nicht zu gewichtig werten, denn für echte Fundiertheit fehlen die langjährigen Erfahrungen, dieser spezielle "Krautgarten" ist noch neu für mich.

Der Krautgarten

März - Anzucht Spitzkraut, "Filderkraut" aus Samen im Haus.

April - Bodenvorbereitung mit der Motorhacke, Unkraut rausklauben, Jungpflanzen setzen. Pflanzung nach dem letzten kräftigen Nachtfrost in der letzten Aprilwoche. Grunddüngung mit Stickstoff und etwas tierischem Dünger. Hätte ich den Garten auf lange Sicht, hätte ich zuerst eine Bodenuntersuchung gemacht. Das ist immer sinnvoll, aber kostet auch.

Mai - Nicht verwunderlich und schon im Winter gesehen: Massiver Schneckenbefall zeigt sich, die Hälfte der Pflanzen ist schon wieder aufgefressen. Schneckenkorn verwendet, anders geht es nicht. Nachpflanzung. Das geht so in Wellen, zum Schluss pflanze ich einige Rundkrautjungpflanzen nach, die kürzere Entwicklungszeit haben wie das behäbige Spitzkraut, das möglichst früh gesetzt werden sollte.

Juni - Zweimal hacken. Das Unkraut spriesst massiv, auch die Schnecken sind wieder da.

Juli - Hacken, hacken, hacken, Jetzt sind auch allerlei Raupen da, einige Köpfe faulen oder verzwergen, kommen nicht in die Gänge. Kohldreherzmückenbefall, hatte ich schon erwartet, zum Glück nicht massiv.

August - Jetzt sieht man, welche Köpfe etwas werden. Viele sind es nicht. Noch eine Runde hacken gegen das Unkraut, dann lässt der Druck nach.

September - Das Kraut steht jetzt gut da, legt an Gewicht zu. Erfreulicherweise keine geplatzen Köpfe. Und auch kein Bewässerungsaufwand Dank viel Regen dieses Jahr - zum ersten Mal seit 2017. Dafür aber Schnecken ohne Pause. So ist das im Garten, es gilt das Mantra "Irgendwas ist immer".

Oktober - Ab Mitte Oktober Ernte. Einiges wird verschenkt, der Rest reicht für drei Fässer voll Sauerkraut, das diesmal selten gut gelingt. Unterm Strich ist die Ernte pro Flächeneinheit aber gering, trotzdem: Es hat funktioniert, das Spitzkraut fürs eigene Sauerkraut. Jetzt geniessen wir Krautkrapfen, ein Lieblingsgericht, oft gemacht von meiner Allgäuer Mutter. Und Schupfnudeln mit Sauerkraut. Und einiges mehr.

Die Bildergeschichte dazu:


Die Nachbarn. Und ja das Tor konsequent zumachen, sonst ist man das Kraut los!
   
Alt, aber läuft (meistens): Die Motorhacke. Scharfes Teil.
Alles vorbereitet.
Jungpflanzen Anfang Mai. Unkraut will schon wieder.
Hacken, hacken, hacken...
Harte Arbeit in der Sonnenglut.
Und trotzdem siehts reichlich zerfleddert und hoffnungslos aus.
Abfaulende Pflanzen.
Schon besser. Letzte Unkrauthackaktion.
Der sieht mal verhältnismässig gut aus.
Kurz vor der Ernte.

Die Schnecken geben keine Ruhe, war eben auch ein feuchtes Jahr.
Einige Köpfe faulen einfach.
Abgeerntet
Der Abfallhaufen, weit grösser wie der Haufen schöner Köpfe.
Erster Schwung fürs Krautfass.
Hobeln, Finger dran lassen, salzen, stampfen. Das bestmögliche Sauerkraut.

Dienstag, 19. November 2024

Birnen lagerfähig ernten

Gräfin von Paris auf gutem Boden, halbwegs windoffen

Den besten Erntezeitpunkt von Birnen zu wissen gehört zur Königklasse des Hobbyobstbaus. Nur zum richtigen Zeitpunkt geerntete Birnen liefern volle Qualität. Und wenn es Winterbirnen sind, sind sie nur dann auch lagerfähig. Zu spät geerntet: Trocken, bald teigig, nicht lagerfähig. Zu früh: Wenig Zucker, kein Aroma, wird nicht schmelzend, schrumpft. Äpfel verzeihen verschobene Erntezeitpunkte besser wie Birnen und Äpfeln sieht man es viel leichter an, wann der richtige Zeitpunkt erreicht ist. Ein Thema war das schon hier im Blog, dabei ging es um die bekannteste Sommerbirne - Williams Christ. Viele Kenntnisse über Birnen sind nur noch Spezialwissen. Früher waren Birnen nicht nur im Anbau, sondern auch im Konsum beliebter, man hat sie auch viel mehr in der Küche eingesetzt, frisch, getrocknet, eingemacht. Der Pro-Kopf-Verbrauch ist auf 2,5kg pro Jahr gesunken. Als heimisches Obst sind sie im Winter trotzdem unschlagbar. Eine süssaromatische, schmelzende Birne aus dem Lager im Januar transportiert uns die Wärme und das Licht des Sommers in den Winter und zwar ohne Verschiffung um die halbe Welt. Käuflich zu erwerben ist aber wenig Genuss, das Supermarktregal ist beherrscht von aromafreien Zuckerrübenbirnen wie "Conference".

 

Der Ernte- und Lagerversuch mit "Gräfin von Paris"

Gräfin von Paris in ungünstiger Lage

Dieses Jahr gab es eine gute Ernte der Birne "Gräfin von Paris", eine hier ziemlich verbreitete und schon öfter genannte Sorte, die ich von mehreren Standorten kenne selber schon lange habe. Sie ist keine Aromakönigin, aber brauchbar, wenn ihr der Standort zusagt. Ich habe noch viele Wintersorten mehr, aber wegen der längst üblichen Probleme mit Spätfrost einfach zu wenig Versuchsmasse, hinzu kommt ein erneutes Jahr mit starkem Wicklerbefall am gesamten Kernobst. Aber immerhin hatte die Gräfin etwas dranhängen. So viel, um mal ein bisschen damit zu experimentieren. Also das alte Spiel betrieben: Mit verschiedenen Erntezeitpunkten gepflückt, dann unter identischen Bedingungen gelagert. In diesem Fall in einem Aussengebäude mit 2-8°C. 


Und diese Ergebnisse brachte die Gräfin von Paris:

5. Oktober, 15. Oktober, 23. Oktober - optisch wenig Unterschied
  • Geerntet am 5.10.24, Probierdatum am 12.11.24. Sie wurde bis dahin fühlbar weicher, gelber. Die Birnen dieser Erntewoche hatten dann 40° OE bis 60° OE, also ziemlich unterschiedlich. Einige waren gar nicht süss, andere mittelgradig süss, aber alle saftig, im Aroma wirken sie jedoch sehr leer. Die Spitze Richtung Stiel beginnt zu trocknen, sie welkt also. Das Fruchtfleisch hat unter der Schale noch einen Grünschimmer. Fazit: Fehlschlag. Eindeutig zu frühe Ernte. Dann im Lager gereift, aber nur bis Supermarktqualität. Immerhin kein Totalverlust.
  • Geerntet am 15.10.24. Ebenfalls weich und saftig im Fruchtfleisch, kein Grünschimmer mehr, aber die Schale wurden nicht gelber im November. Sie hatten 70° OE im Schnitt mit weit geringerer Streuung, waren süss, vollsaftig, schmelzend, auch etwas Aroma.
  • Den Baum abgeerntet am 23.10.24, die Früchte begannen dann an Behangfestigkeit zu verlieren, einige gingen schon recht leicht ab. Ergebnis am 12.11.24, also knapp drei Wochen Lager: Bis zu 80° OE, süss, saftig aber noch fest, Aroma vorhanden, kann mutmasslich noch gelagert werden. Die Schale ist grün, das Fruchtfleisch hat keinen Grünschimmer.
Gräfin nach gut einem Monat Lagerdauer

Ausser Konkurrenz hatte ich in früheren Jahren auch Birnen einfach hängen lassen bis sie von selbst gefallen sind. Die Gräfin wurde dann in warmen Jahren fester, trockener, nicht mehr schmelzend, qualitativ ging es abwärts. In kühlen Sommern kam es erst nach Frost zum Fruchtfall und dann war sie noch gut, weil sie die Überrreife gar nicht mehr erreichte. In guten Sommern fing sie zwischen Mitte und Ende Oktober an abzubauen.

Am Baum war kein Unterschied zu erkennen - die Gräfin bleibt auch bei fortschreitender Reife grün, hellt nur ganz leicht und schwer erkennbar auf, hatte nur wie üblich etwas Russtau wegen hoher Luftfeuchtigkeit im Sommer. Man kann sich also bei der Ernte nicht an Schaleneigenschaften orientieren - ein typisches Birnenproblem vieler Sorten. Das Fruchtfleisch ist beim pflücken immer fest, rübig, aber die Süsse schmeckt man.


Wann also ernten?

Verschiedene Erntezeitpunkte

Der machbarste Weg ist somit die Zuckermessung plus Datum. Einen Tropfen Saft aus dem Fruchtfleisch pressen und aufs Refraktometer geben, Brix oder Öchsle messen. Dann ist dieser Wert zu beurteilen aufgrund von Erfahrungswerten. An meinem Standort sind 70°-80° OE als Höhepunkt immer nochmal gewesen. Für diese Sorte wäre also die Ernteregel: Nicht vor Mitte Oktober, nicht unter 70° OE.

Bücher und Internetseiten von Erstellern, die sie nicht selbst haben sind in diesem Zusammenhang wertlos. Zu den früher empfohlenen Erntezeiten der Gräfin im November liegen meine Birnen in warmer Lage schon auf dem Boden. Egal welche Erntezeit, auch die immer abgeschriebene Lagerdauer "Januar oder später" haben sie noch nie geschafft, egal wann geerntet. Nach drei bis fünf Wochen sind sie essreif und halten dann höchstens vier Wochen. Schliesslich werden sie von innen braun und verderben. So weit wollen wir es aber nicht kommen lassen. Geniesst mehr Birnen!

Und leider auch wie alle Birnen von Vögeln angehackt

Dienstag, 12. November 2024

Yamswurzel, wieder was Neues im Garten

Yamswurzelknollen

Auch nach vielen Jahren grosser Experimentierlust im Garten gibt es in jedem Garten nach wie vor ständig neue Kulturen, die noch nicht ausprobiert sind. Dabei kommen oft interessante und nützliche Ergebnisse heraus, die dann auch ins Dauerprogramm übernommen werden. Das waren die letzten Jahre zum Beispiel Süsskartoffeln, Klettenwurzeln, Yakon. Auch Oca sieht vielversprechend aus. Die jüngste Runde in diesem Spiel bestritten Yamswurzeln, genauergesagt Dioscorea polystachya (polystachya = vielährig), auch Lichtwurzel genannt. Sie hat noch eine Menge anderer Namen, Verkäufer verwenden am liebsten "Dioscorea batatas" (batatas = Knolle, haben aber mehrere Yamsarten), weil das irgendwie an Süsskartoffeln erinnert, aber eigentlich veraltet und falsch ist.


Was sind Yams?

Heftig grosse Pflanzen gibt das mit
langen Ranken und Gestrüpp

Eine riesige Pflanzengattung mit 800 Arten, die aber fast alle nur in den Tropen vorkommen. In Europa gibt es nicht einmal eine handvoll Arten. Die einzige, die auch in Deutschland vorkommt ist der gemeine Schmerzwurz, Dioscorea communis. Nicht gerade ein attraktiver Name. Er ist ausserdem giftig. Wie alle Yams ist es eine Kletterpflanze mit langen Ranken und er bildet Knollen.

Nur ein Bruchteil der 800 Arten hat essbare Knollen und die wachsen vor allem in den Tropen, sind dort mässig beliebte aber dringend gebrauchte Stärkelieferanten. Im Nährstoffgehalt, Stil und Verwendung sind sie anderen Stärkeknollenpflanzen ähnlich, etwa Süsskartoffeln, Taro, Maniok, Kartoffeln. Topinambur.

In Mitteleuropa können nur zwei essbare Yamsarten angebaut werden, besagte Lichtwurzel aus Ostasien und eine andere asiatische Art, Yamaimo, Dioscorea nipponica, bekannte japanische Gerichte wie Tororo werden aus beiden Arten zubereitet. Bisher hat Yams in Europa nicht gezündet, ist zwar schon lange bekannt, aber eine Sonderkultur geblieben, nur ein Hobby. Bescheidene Anbauversuche gab es in Frankreich. Anthroposophen hahen sich mit ihr beschäftigt, in diesen Kreisen war sie besser bekannt.

Blätter und rispenartige Blütenknospen

Ihr Misserfolg in Europa hat gute Gründe, die ich dann auch selber erlebt habe. Die Knollen kann man nur in Handarbeit ernten, gehen zudem 1m tief oder mehr, sie zerbrechen unweigerlich bei der Maschinenernte. Eine effiziente Ernte ist somit unmöglich und damit ist ein kommerzieller Anbau erledigt. Kein Bauer kann so kostendeckende Preise für diese Knollen verlangen, so dass ein Batallion Erntehelfer bezahlt werden kann, die sie ausgraben. In Asien geht das, wo entweder sehr hohe Preise bezahlt werden wie in Japan oder Arbeitskraft (noch) billig ist wie in anderen Teilen Ostasiens. Es gibt langjährige laufende Züchtungsversuche, um zu runden Knollen zu kommen, ein brauchbares Ergebnis ist noch nicht in Sicht. Von anderen kostensteigernden und mühsamen Eigenschaften wie die Führung der langen Ranken mit Rankhilfen ist da noch nicht einmal die Rede. Von kulinarischen Höhepunkten auch nicht. Aber vielleicht ist sie was für den Hobby-Nutzgarten? Mal sehen.

 

Yamswurzeln pflanzen und ziehen

Reife Bulbillen, kleine Knoten die dann abfallen

Man kann die Jungpflanzen mittlerweile bei verschiedenen Versendern kaufen oder Bulbillen (siehe nächstes Kapitel) und daraus Pflanzen ziehen. Häufig gibts die Sorte Dr. Yao, die ich auch hatte. Im April oder noch Mai werden getopfte Jungpflanzen ausgepflanzt, leichte Fröste vertragen sie, die Grenze lag bei mir bei -3° am Boden, aber das war ein individueller Wert, der bestätigt werden muss. Wie ein Schlangenkopf schiebt sich die erste Ranke rasend schnell nach oben und sucht nach Halt. Als Rankpflanze benötigt sie den. Meine waren am Gartenzaun, den sie sofort durchwucherten. Allerdings griff sie wie gierige Tentakel auch sofort nach Nachbars Tomatenstäben und wollten in alle Richtungen weg. Dann schaffte eine fette Ranke den Sprung zu Nachbars ungenutztem Brombeergerüst und von da gings weit in die Höhe. Die Triebe ab Pflanzstelle wurden bis zu 4,5m lang, weil die grösste Pflanze dort schon das zweite Jahr stand, sie können auch unterirdisch mehrjährig gezogen werden. Begünstigt wurde ihr Wachstum durch dieses Jahr viel Regen und ausnahmsweise weniger Hitzetage mit deutlich über 30°. Das mag sie nicht und Sommertrockenheit auch nicht, sie stellt dann das Wachstum ein und die Speicherknollen bleiben klein. In ihren Hauptanbaugebieten hat sie feuchtwarme, lange Sommer, leichten Boden, viele bedeckte Tage.


Vermehrung

Trieb aus Wurzel des letzten Jahres rechts oben
Wild aufgegangene Pflanzen aus Bulbillen Rest

Das ist wirklich einfach. Man muss bei Yams eher fragen, wie man sie bremst, denn sie vermehrt sich auch gerne massiv von allein. Eigentlich tut sie nur eines nicht so leicht: Sich über Samen vermehren. Geht auch, aber dazu würde man erst einmal zwei verschiedengeschlechtliche Pflanzen benötigen. Bei Yams geht es aber noch einfacher: Sie bildet sogenannte Bulbillen in Zweigachseln, das sind kleine Kügelchen oder Knoten. Die fallen im Herbst auf den Boden, bleiben dort überirdisch und offen in Frost und Kälte liegen, im nächsten Jahr schieben sie Wurzeln und eine neue Pflanze entsteht. Nicht einpflanzen, einfach liegen lassen oder hinlegen.

Wurzeln wieder eingraben gehen auch. Oder Stücke. In Japan werden einfach die Spitzen der geernteten langen Speicherwurzeln abgeschnitten und wieder eingepflanzt. Oder man lässt die Wurzeln kleiner Pflanzen im Boden, im zweiten Jahr wird die Pflanze und die Wurzeln dann deutlich grösser. Pflanzen aus Bulbillen bleiben im ersten Jahr auch erst mal kleiner, meist lohnt sich eine Ernte dann erst im zweiten Jahr. Ich hatte früh vorgezogene Jungpflanzen, das gibt schon im ersten Jahr eine Ernte. Vier von fünf Sternen.


Besondere Eigenschaften der Pflanze

Lichtwurzeln zeigten ein paar ziemlich spezielle Eigenschaften.

  • Herbstfärbung. Yams klimmt in die Höhe.
    Im Sommer überraschte ein wochenlang anhaltender intensiver Duft, den ich lange nicht zuordnen konnte. Erst dachte ich, ein obskurer Pilz habe den Komposthaufen befallen und nun würde das absonderlich stinken, aber es war die Yamswurzel, ihre vielen aber unscheinbaren Blüten, die lange und folgernd kamen. Leider nicht Vanille, sondern ein intensiver Zimtduft, aber leider auch nicht genau Zimt, sondern schwerer, erdiger, irgendwie dumpf, angekokelt und schnell penetrant. Ich hoffe, die Nachbarn haben mir das verziehen, je nach Windrichtung könnte das lüften schon etwas erschwert gewesen sein. Im Hausgarten ist das durchaus ein relevanter Punkt. Sicher wirds auch viele Leute geben, die das lieben.
  • Ihre Ranken wachsen Richtung Sonne. Sie wollen sehr nach oben, nach Süden, Richtung Norden war das Wachstum an allen Pflanzen geringer. Diese Sonnenrichtung der Ranken war wahrscheinlich Pate für den Namen "Lichtwurzeln". Am Boden will sie nicht liegen, nicht wie es Süsskartoffeln gut können.
  • Sie schlingt, aber sie würgt nicht. Es sind keine erdrückenden Schlingen, mit denen sie sich ausbreitet.
    Knollen können zerfressen sein
  • Sie hat eine schöne, anhaltende Herbstfärbung von Grün in Gelb und Rotbraun, die sich über Wochen hinzieht und sehr ziert. Im Sommer hat sie hübsche glänzende Blätter, die nie angefressen oder verpilzt sind.
  • Keine oberirdischen Krankheiten. Trotz Extrembefall mit Schnecken waren nur die ersten jungen Triebe direkt nach durchstossen der Erde gefährdet, Laub und Stengel blieben dann aber unangetastet. Das will schon was heissen in diesem verrückten Schneckenjahr. Die Knollen unterirdisch waren in etwa so von Drahtwürmern und anderen Lochfressern befallen wie die von Kartoffeln. So gesund wie Süsskartoffeln oder Klettenwurzeln waren sie nie, schlimmer als bei Kartoffeln wars aber auch nicht.

Duft (wenn man ihn mag), Zierde, robust - vier von fünf Sternen. 

Farben des Herbstes der Yamswurzelblätter

 

Die Ernte

Exterm schwer auszugraben, zerbrechen sofort

Ab Ende Oktober können die Knollen geerntet werden, heisst es. Das ist der Zeitpunkt, an dem auch das Laub rotbraun geworden ist und fällt. Als es so weit war, wurde mir schlagartig klar, wieso die Lichtwurzel anhaltend unbeliebt bleibt. Die Speicherknollen ragen weit in die Tiefe. Versucht man sie mit dem Spaten auszugraben, zerbrechen sie unweigerlich stark und oft, sie sind sehr zerbrechlich. An den Bruchstellen sondert sie weissen, schmierigen Pflanzensaft ab, der fadenziehend klebrig ist und die Konsistenz von Schneckenschleim hat, auch beim Abwaschen. Man wäscht ganz schön lange, bis man ihn wieder los ist. Die Knollen selbst sind innen strahlend weiss wenn jünger bis gelblich bei Älteren. Jüngere Bereiche sind noch leichter zerbrechlich. Angesichts der zerbröselten Wurzeln stellten sich Fragen nach dem optimalen Lager nicht mehr.

Kleine Ernte. Rechts eine zu alte Wurzel.

Der echte Zusammenbruch passierte wegen unserer Bodenverhältnisse. Bekanntlich werden nachweislich die besten Böden der Gemeinde ausschliesslich Industriegebiet verwendet und mit grösstmöglicher Brutalität nachhaltig vernichtet, alle Hausgärten im Stadtteil haben dagegen nur 30cm hohen tonigen, steinigen Lehm, darunter Kalk mit Ton, also sehr schwer und grausam flachgründig. Das tiefe Graben ist ausgesprochen mühsam, die Knollen kaum aus dem schweren Boden zu bringen. Sie sind dann auch noch verkrüppelt, krumm, weil sie logischerweise nicht in die Kalkplatten kommen. Fazit: Ausserhalb tiefem Sandboden oder wenigstens leichten Boden ist der Anbau von vornherein eine Qual. Davon ist abzuraten. Riesendämme oder extra Hochbeete aufzuschütten habe ich keine Lust. Das sind Spielereien für Leute mit Museumsgarten und sehr viel Zeit. Auch dabei spielen Verkäfer die übliche unrühmliche Rolle, indem sie solche Pflanzen auch für ungeeignete Verhältnisse empfehlen und stattdessen solche aufwendigen Erdarbeiten vorschlagen, die in der Praxis eh niemand mehr als einmal hinbekommt.

Der Gesamtertrag war bezogen auf die Rankenlänge richtig mies, ich brachte keine zwei Kilo verwertbare Knollen aus der Erde. Das hat sich nicht gelohnt. Ein Halber von fünf Sternen.


Wie wird sie zubereitet, wie schmeckt sie?

Ihre Knollen enthalten klebrig / schleimige Stoffe

Lichtwurzeln werden als "roh essbar" beworben, sie sind roh zwar ungiftig, aber klebrig und langweilig, bestenfalls etwas nach Erde, kulinarisch kein Genuss. Vorsicht, sie brechen nicht nur bei der Ernte leicht, sondern auch bei der Verarbeitung. Gekocht garen und zerfallen sie fast noch schneller wie Süsskartoffeln, mit denen sie Verkäufer gerne vergleichen. Ich kann keine Ähnlichkeit damit schmecken oder sehen. Insbesondere sind sie nicht süsslich und haben nicht diesen leichten Ton nach gelben Rüben, jedenfalls nicht die, die in Mitteleuropa Anfang November aus dem Boden kommen, in Südchina mag das andere Ergebnisse geben. Zieht man die Schale vom gekochten Yams-Knollenstück ab, was sehr dem Kartoffelschälen ähnelt, kommt nach wie vor weisses, etwas durchscheinendes Material, das im Mund sehr mehlig und sämig wird, fast trocken, in Konsistenz und Aroma wie sehr mehlige halbzerkochte Kartoffeln. Manchmal sind kurze Fasern enthalten. Insgesamt bleiben die Aromen bei dieser Zubereitung schwach. 

Gekochte Yamswurzeln

Wesentlich besser waren sie vorab geschält und dann angebraten, sie vertragen Brathitze gut, bilden eine leckere feste Kruste mit angenehmen Röststoffen, die alles sehr gut zusammenhält. Frittiert waren sie sehr gut. Der Kontrast zwischen der guten, kräftigen Kruste und dem sämigen Inneren kommt ziemlich gut. Oder man verzichtet ganz aufs Innere, schneidet dünn und macht Chips draus. Gut! Aus der lässt sich durchaus was machen. Ebenso kann man breitere Stücke grillen, sie vertragen höhere Temperaturen weit besser wie Süsskartoffeln. Etwas problematisch ist, sie roh zu schälen. Aus dem kuriosen Grund, weil sie so schmierig ist dass sie einem ständig aus den Fingern rutscht. Man kommt auch in den Drang, ständig die Hände zu waschen, weil die Schmiere bei jeder Berührung dran klebt. Damit ist die Verarbeitung zur Zubereitung auch etwas ungewohnt. Drei von fünf Sternen für den Küchenwert.

Endfazit: Was für die Wucherecke auf Sandboden, sofern sie ranken kann. Auf schwerem Boden nur zur Zierde, wegen Duft oder aus Kuriositätsgründen.

Montag, 28. Oktober 2024

Pawpaw aus Samen ziehen - was wird draus?

Fruchtcluster dieses Jahres von "Prima 1216"

Asiminia Triloba, Pawpaw, Indianerbanane habe ich schon so lange, dass bereits Abkömmlinge der Sorten existieren und auch Sämlinge von anderen Leuten. Mittlerweile benehmen sie sich auch im eigenen Garten schon regelrecht invasiv - ihre Samen gehen von selbst auf, aus dem Kompost, im Garten. Schösslinge spriessen neben lebenden und auch neben ausgegrabenen Pflanzen. 

Samen von Wildlingen kann man auch kaufen, daraus ist ebenfalls ein Baum entstanden. Den habe ich stehen lassen, dient er doch auch als Befruchter für die anderen Sorten.

Pawpaw - gekeimt im Kompost

Die interessante Frage ist nun, ob daraus auch etwas brauchbares entsteht aus Samen dieser in Europa neuen und ziemlich einzigartigen Obstart. Wildlinge gibt es in Europa ja nichts bis selten (nur in wenigen botanischen Gärten sind welche), aber viele Sorten. Die Sämlings-Wildlingsbaum zeigt jedenfalls erstaunlich stark abweichende Eigenschaften im Vergleich zu den Sorten. Zu sehen war unter anderem:

  • Ein deutlich stärkeres Wachstum, die Pflanze ist jetzt auf dem Weg zu einem richtigen Baum, weit höher wie jede Sorte und auch schmaler, gerader.
  • Kleinere Blätter, die eine viel höhere Blattgesundheit zeigen, auch der Blattabwurf im Herbst passiert erst deutlich später.
  • Um Jahre späterer Beginn eines Blütenansatzes. Die Blüten sind viel kleiner und unscheinbarer.
  • Seine Früchte deutlich kleiner, keine Frucht erreicht 100g. Sie haben einen sehr hohen Kernanteil, wenig Fruchtfleisch. Ihre Reife ist so spät, dass sie bisher nie richtig reif wurden.
Sämlingsbaum, über 4m hoch

Viele dieser Effekte der Regression sind auch bei anderen Obstarten bekannt, wenn wahllos Samen von Kultursorten ausgesteut werden. Ein guter Teil davon zeigt Eigenschaften, die rückwärts Richtung Wildling gehen. Nur bei kernechten Selbstbefruchtern bekommt man mit guten Chancen generativ vermehrt in etwa das, was die Mutterpflanze war. Verbesserte Eigenschaften sind dagegen ein recht seltener Edelstein.

Damit bleibt der Sämling mit einigem Risiko eine Zierpflanze und/oder nur ein Befruchter für Pawpaw-Sorten. Wer sich die Mühe macht, kann solche Sämlinge auch als Unterlagen verwenden und mit Sorten veredeln. Das habe ich noch nicht probiert. Die Hoffnungen auf Erntebäume sollten dagegen nicht zu hoch sein.

Die Sämlingsfrüchte sind auch dieses Jahr nicht reif geworden. Prima 1216 war gut wie immer, sie warf wieder Ende der ersten Oktoberwoche alles ab, eine Woche waren die Früchte haltbar und jetzt sind sie längst aufgegessen. Sie waren gross, reif, intensiv aromatisch, gut. Leider nur wenige, weil auch bei ihr der Frost einiges heruntergehobelt hat. Die wurden dafür recht dick. Aber auch die enthaltenen Samen.

Kleine Früchte des Sämlings

Die Sämlingsfrüchte hängen noch, blieben relativ hart, klein, grün. Aber als Befruchter scheint der Baum wirklich zu taugen. Die Sorte daneben hat zuverlässig den höchsten Fruchtansatz. Da nicht Bienen, sondern Käfer und Fliegen die Befruchtung übernehmen, ist unmittelbare Nähe der Bäume sehr wichtig für eine gute Befruchtung.

Das Fazit: Pawpaw aus Kernen aussäen - nur, wenn man Zierpflanzen haben will oder reihenweise generativ vermehrte Veredelungsunterlagen braucht und dafür viel Zeit mitbringt.

 Mehr zu Pawpaws: https://gartenzone.blogspot.com/search/label/Pawpaw

Minifrucht vom Sämling mit vielen Kernen

Die Pawpaw-Reihe