Mittwoch, 4. Januar 2023

Winteranbau Dicke Bohnen / Puffbohnen bei hartem Frost

Keimling von "Priamus" Ende Oktober

Der Anbau dicker Bohnen (Ackerbohnen, Puffbohnen, Saubohnen, Pferdebohnen) über den Winter ist mittlerweile keine Besonderheit mehr, auch wenn das nach wie vor deutliche Ausfallrisiken hat. Viele Erfahrungen sind bereits in früheren Beiträgen beschrieben, siehe "Ackerbohne, dicke Bohne im Winteranbau - Teil 1" und allgemeines in Teil 2.

Ausfälle passieren vor allem durch unvorhergesehene Extremwetterlagen. Einmal war der Herbst nach knochentrockenem Sommer so heftig nass, dass die Samen im schweren Boden verfault sind. Oder zu früh ausgesät, das Wetter ist zu warm, sie wachsen weit und hoch, haben dann weniger Frosthärte. Oder frühe Kälteperioden verhindern die Keimung. Alles schlecht berechenbar. Diese Saison keimten sie sehr gut, aber wieder entwickelte sich das Wetter sehr wild: T-Shirt Wetter bis November, kein richtiger Frost bis Anfang Dezember, mit Paprika und Auberginenernte, die Bohnen wuchsen bis Dezember in die Höhe, dass es mir Angst und bange wurde.

Puffbohnenreihen am 10. November. Danach noch vier Wochen Wachstum bis zum ersten Frost.

Wurzelbildung früh und stark

Und das aus gutem Grund. Wieder einmal schlagartig fielen die Temperaturen mal eben um 20°C in den Eiskeller. Eine Woche mit Dauerfrost und klare Nächte mit -11°C fegten durch den Garten. Am Boden unten bedeutet das -15°C, die dort dort so manchen hoffnungsvollen Winteranbau beendeten. Es ist jede Menge Gemüse erfroren, trotz Vlies. Das war sogar mit etwas zusätzlich isolierendem Schnee bedeckt. Irgendwann ist eben Ende Gelände.

Und die Puffbohnen? Ausgesät wurden sie Mitte Oktober, die Keimlinge waren ab Ende Oktober zu sehen. Sie keimt aber schneller. Bevor die Keimlinge einer Puffbohne sichtbar sind, bildet sie bereits eine schnurgerade, sehr schnell in grosse Bodentiefen vorstossende erst Pfahlwurzel. Eine habe ich mir angesehen, ein beeindruckendes Bild.

Sie sind dann ohne Winterschutz frei weiter gewachsen, es war ja auch immer sehr warm für die Jahrezeit. Ein Vlies war dann beim späteren Kälteeinbruch nicht mehr möglich, da die Pflanzen bereits zu hoch geworden waren, ein aufgelegtes Vlies erhöht das Umknickrisiko. Die wichtigsten Punkte:

Puffbohne Hangdown, Frost-Totalschaden
  • Ausgesät hatte ich die Sorte Priamus. Nach wie vor ist das die einzige lieferbare Sorte für Hobbygärtner, die den Winteranbau probieren und gute, grosse Kerne ernten wollen. Dieses Jahr hatte ich aber auch Sämlinge bekannter anderer Sorten im Garten, "Hangdown" etwa. Keine dieser anderen Sorten hat den Temperatursturz auch nur teilweise überstanden. egal wie weit sie gewachsen waren. Ihre Stängel sind komplett erfroren, es gab auch keine Nachtriebe mehr. Aus und vorbei. Das bestätigte frühere Erfahrungen: Ohne spezielle, explizit für Winteranbau geeignete Sorten geht es nicht! Die Frosthärte der Sorten unterscheidet sich gravierend.
  • "Priamus" hatte auch Schäden, aber 80% der Pflanzen überlebten ganz, weitere 5% teilweise, 15% gar nicht. Damit ist die Sorte selbst unter so harten Bedingungen wie dieses Jahr wirklich wintertauglich.
  • Zu gross - Stängel erfroren
  • Die Totalschäden sahen im Detail so aus: 2cm über dem Boden erfror der Stängel. Das ist die kälteste Stelle bei Frost, der durch Strahlungsfrost knapp am Boden noch stärker ist. Exakt dort ist der tiefste Punkt der Temperatur. Die Grenztemperatur wurde offenbar sehr genau erreicht und liegt somit bei dieser Sorte definitiv zwischen -13°C bis -16°C. Die Wetterdiensttemperaturen beziehen sich immer auf 2m Höhe, dort waren es amtlich gemessene -11°C. Vor vorhergesagten Temperaturen dieser Kategorie sollte man kurzfristig ein Vlies auflegen, wenn das noch geht.
    Erfroren sind die immer die Pflanzen, die schon am meisten Länge erreicht hatten, das waren 10cm-Pflanzen. Bei ihnen nimmt die Frostfestigkeit offenbar bereits wieder ab und sie wird nicht mehr so schnell aufgebaut. Am frostsichersten ist ein niedriges Stadium mit zwei Blattpaaren. Da lässt sich notfalls auch noch ein Vlies auflegen. Das Vierblattstadium hinzubekommen ist halt schwierig, weil es sehr stark vom Herbstwetter abhängt. Die besten Chancen bei uns hat man mit Aussaat zwischen dem 15. und 30. Oktober.
  • Unten neue Knospen!
  • Die Teilschäden im Detail: Einige Pflanzen hatten noch einen gesunden Stängelrest in der Erde, dort schoben sich in den folgenden (warmen) zwei Wochen neue Knospen heraus, nachdem der obere Teil abgestorben war. "Priamus" regeneriert gut - das ist positiv.
  • Alle Pflanzen zeigten zudem starken Stress. Blätter rollten sich oder hingen schlaff zum Boden, Stängel zeigten Veränderungen durch Schäden auch dann, wenn sie nicht abgestorben waren. Die Pflanzen erholten sich jedoch ganz langsam wieder, zumindest optisch. Dass danach eine vierwöchige Warmphase kam, war sicher positiv.
  • Auch ein weiterer Versuch war erfolgreich: Ich hatte auch Samen "tiefergelegt", in kleine Vertiefungen hineingesät, Saattiefe darin normale 5-7cm. Diese Pflanzen überstanden die Frostwoche auffallend gesund, die Blätter wurden auch weniger schlaff.  Der Stängel war da unten wohl besser geschützt. Hätte ich das bei allen Pflanzen gemacht, hätte ich auch leichter Vlies auflegen können. Da Puffbohnen ausserdem später oft Probleme mit Standfestigkeit haben, wäre die Aussaat in eine Furche generell zu empfehlen. Die lässt sich später wieder zuschieben und damit die Standfestigkeit der Pflanzen verbessern. 
  • Garten-Wegschnecke Arion hortensis
  • Die Warmphase danach war kein Grund zum Aufatmen. Der durch den feuchtwarmen Herbst ohnehin schlimme Befall von Arion hortensis, der kleinen schwarzen Garten-Wegschnecke ging sofort weiter. Diese Art ist schwer zu bekämpfen und gerade die regnerischen Warmphasen im Winter gefallen ihr ausnehmend gut, eine Zeit in der man nicht so sehr an Schneckenbekämpfung denkt. Ein Fehler. Günstig sind Fangbretter, damit habe ich die meisten Erfolge. Glatte alte Holzlatten auf die Erde legen - die Schnecken kriechen bei mildem und feuchtem Wetter darunter, kleben tagsüber am Brett. Regelmässig das Brett drehen, nachsehen und beseitigen. Ich hatte in dieser Saison schon einzelne Bretter mit 15 Schnecken.

Nun bleibt mir nur noch die Hoffnung, dass nicht noch einmal solche Temperatur-Abstürze kommen. Falls nichts passiert, wird es eine sehr frühe Reife geben, denn die Pflanzen sind so weit wie nie und wachsen sichtlich in der jetzigen Warmphase. Das wäre überaus positiv, weil auf diese Weise auch die winterlichen Niederschläge noch nutzbar sind. Nachdem die letzten Jahre im Winter immer Regenzeit und Sommer (in der Hälfte der Jahre sogar extreme) Trockenzeit herrschten, ist das essenziell für den Anbauerfolg. 2022 hatte ich keinen Ertrag. Bei 30°C im April und danach noch viel mehr wurden nicht einmal Schoten angesetzt, die Pflanzen waren dauerschlapp und bleiben klein. Auch Bewässerung half da nichts mehr. Puffbohnen haben nicht nur Frostgrenzen, sondern auch Hitzegrenzen.


Puffbohne oben geschädigt durch Frost, unten spriessen neue Triebe

Bild im Frost, Blätter wirken schlaff

Donnerstag, 22. Dezember 2022

Schwierig, aber manchmal nötig: Hühner schlachten

Zwei unserer drei Hähne, leider zwei zu viel.

Unsere Hühner, die Zwergwyandotten sind herrliche Tiere, schön anzusehen, überaus nützlich, ideale Ergänzung zum Nutzgarten, pädagogisch für die Kinder sehr wertvoll. Sie fühlen sich wohl bei uns, haben genug Platz, einen Top-Stall, sind gesund und munter. Die kleine Herde hat einen tollen Hahn. Besucher aller Altersgruppen kommen gerne vorbei uns besuchen die sich sichtbar wohlfühlenden Tiere am Gartenzaun. Eine Erfolgsgeschichte.

Aber, ach: Auch Hühner werden älter, legen nicht mehr, bekommen Altersprobleme. Und da die Hühner auch brüten dürfen, gibt es zwar Nachwuchs, aber eben nicht nur Hennen, sondern auch Hähne. Die krähen nicht nur uns die Ohren voll, sondern auch den Nachbarn und streiten eifrig miteinander, denn mehrere Hähne an einem Platz machen Stress. Wir können keine Hahnzucht führen und wir wollen auch keine alten, krank gewordenen Hühner dahinsiechend leiden lassen, bis sie qualvoll verenden, das haben wir schon mit einigen Hühnern gemacht weil wir nicht schlachten wollten, es war aber keineswegs tierfreundlicher oder sinnvoller. Und schliesslich kann es auch unrettbar verletzte Hühner geben, etwa nach einem Raubvogelangriff. Also schliesslich doch schlachten, wie das die Menschen eben tun seit sie Hühner halten. Als Vegetarier etwas, das ich in meinem Leben weder tun noch indirekt verursachen wollte. Aber wer Hühner einmal hat, kann das nicht einfach so mit Worten wegreden, es gibt Entscheidungen und Arbeiten vor denen man sich nicht drücken kann. Immerhin hatten alle Hühner ein selten gutes Leben, waren geliebt, durften artgerecht leben, vor allem im Vergleich zur häufigsten kommerziellen Hühnerhaltung.

Ich habe es also dann getan: Hühner geschlachtet, dann gerupft, ausgenommen, im Ofen gegart, gegessen. Das erste Hühnerfleisch seit der Kindheit. Was ich selber töten muss, esse ich auch. Es war sehr schwer, eindrücklich und hat mich ziemlich verändert. Nicht mehr nur schlaue Reden führen, sondern es selbst wirklich und bestmöglich tun, das ist ein gigantischer Unterschied. Und wie macht man das?

Die Werkzeuge der Mordtat
  1. Vorbereiten. Nötige Geräte besorgen, einen guten Platz finden, sich eine gute Zeit überlegen. Die Geräte: Dicker Stock (Vorschlag: 4cm Durchmesser) für die Betäubung, Küchenbeil, Hackblock, Schlachttrichter, grosser Kochtopf für das geschlachtete Huhn, Kochplatte mit Temperaturregelung oder Küchenthermometer, scharfe Messer, Geflügelschere oder robuste Küchenschere, desinfizierbare Küchenschneideunterlagen, Geräte zum Huhn backen oder Folie zum einfrieren.
  2. Huhn einfangen. Am besten frühmorgens direkt aus dem Stall holen. Hühner bekommen keine Henkersmahlzeit, der Kropf sollte leer sein.
  3. Sich vom Huhn verabschieden, ein kleines Ritual ist gut. Huhn zum Schlachtort tragen. Der sollte nicht einsehbar sein. Wir wollen keine Nachbarskinder traumatisieren und keine dummen Kommentare von Zuschauern bei einer ernsten Sache, bei der man sich konzentrieren muss.
  4. Huhn an den Beinen mit einer Hand sehr gut festhalten, das Tier nahe am Körper. Mit dem Stock kräftig, aber nicht heftig von oben auf den Hinterkopf zwischen Augen und Ohren schlagen. Das Huhn wird betäubt. Es wird starr, aber die Flügel flattern unkontrolliert.
  5. Sofort ohne jede Verzögerung auf den Hackblock damit, Kopf mit dem Küchenbeil abhacken. Dafür reicht ein leichter Schlag. Auch ohne Kopf zuckt und flattert das Huhn noch.
  6. Kopfüber in den Schlachttrichter stecken. Man kann das Huhn auch ungeköpft in den Schlachttrichter stecken und dann mit einem Kehlschnitt töten. Das sollte man aber mal bei jemand gesehen haben, der das kann. Ausbluten lassen. Viel Blut kommen ohnehin nicht.
  7. Nach zehn Minuten in einem grossen Kochtopf in 60 Grad heissem Wasser ganz bedeckt zwei Minuten brühen.
  8. Das Huhn mit der Hand rupfen.
  9. Ausnehmen. Anschneiden und die Innereien herausziehen. Dafür gibt es viele Videos, dieser Teil der Sache ist leichter wie es wirkt.
  10. Sofort zubereiten oder folieren und einfrieren. Wenn man das Tier erst liegen lässt, wird es starr und zäh, erst wieder nach ein paar Tagen weicher.

Die ersten Hühner, die ich geschlachtet habe waren zwei sehr alte Tiere, die schon lange keine Eier mehr legten und bereits letztes Jahr die Mauser kaum überstanden haben. Sie waren nicht mehr vital, liefen nicht mehr viel herum, kamen auf keinen Sitzbalken mehr hoch. Kälte und Winter waren in Sicht, die Mauser setzte ihnen bereits wieder zu, sie waren erkennbar am Ende. Mit diesen Hühnern wollte ich beginnen und später die grösseren und schwierigeren überzähligen Junghähne schlachten.

Rupfen mit der Hand

Werkzeuge besorgte ich, suchte nach Verfahren und erkundete das Vorhaben gründlich mehrere Tage lang, lernte die Details, informierte mich, fragte mehrere andere Hühnerhalter, kramte in meinen eigenen Erinnerungen von Grossmutter (die bis über 90 auch immer Hühner gehalten hat) und vom aufwachsen im Dorf. Morgens, als die Kinder in der Schule waren stellte ich alles bereit und fing ist das erste Althuhn ein. Ich musste mich dazu zwingen gegen den starken Drang, alles abzublasen, jemand anders (es gab aber niemand) machen zu lassen, in ein Mauseloch zu entfliehen, wieder an die aseptische Tastatur und den Bildschirm zu gehen, alles, nur nicht weitermachen. Irgendwie stürzte die ganze Welt ein und es war auch keine Zeit mehr zu überlegen, zu verzögern. Fast geheult. Stock genommen, geschwungen, in der Nervosität fast daneben geschlagen, aber getroffen und wie automatisch Kopf und Hals des Huhns auf den Hackblock gehalten, mit der Hand weiter die Beine neben dem Hackblock festgehalten um sich nicht selber die Finger zu kürzen, Beil geschwungen, Kopf ab. Dieser Schlag ging fast leicht. Konnte den Rumpf aber nicht mehr anfassen. Der Körper fiel ins Gras, Beine und Flügel schlugen noch eine Zeitlang erratisch, dann lag es still. Verwerten wollte ich dieses Uralt-Huhn nicht mehr, also kein Schlachttrichter und rupfen. Sofort zum zweiten Huhn, alles nach demselben Muster durchgezogen. Danach alles aufräumen. Der Hackblock war jetzt blutig, die Schuhe hatten Blutspritzer, am Küchenbeil klebten Federn. Mir kam alles sehr still vor, es war unwirklich, wie in einem Horrorfilm. Einerseits war ich enorm erleichtert, dass ich alles hinbekommen habe, andererseits lag jetzt ein zusätzliches düsteres Gewicht auf der Seele, eine Art Schuld. Ein breiter Fluss war überquert, der reden von tatsächlich tun und töten trennt.

Eine Woche später waren nach gleichem Muster die Hähne dran. Wir hatten erlebt, wie sie aus dem Ei schlüpften, Einen selbst aufgezogen weil er ein Nachzügler im Legenest war. Nichts ging leichter wie beim ersten schlachten, im Gegenteil. Mein Stock war diesmal etwas dicker, ein Schlachttrichter stand bereit, ein grosser Wassertopf mit 60° warmem Wasser. Wir wollten sie auch essen. Die Hähne waren viel vitaler. Ich war mir sehr unsicher, wie fest ich zuschlagen sollte. Es klappte, bis der Kopf ab war, dann riss sich der Hahn ohne Kopf los und stolperte umher, die Flügel schlugen wild und noch einmal, als ich ihn packen wollte. Diese Reaktionen waren zu erwarten gewesen, das wusste ich. Dann in den Schlachttrichter, Kochtopf, rupfen. Das dauert alles seine Zeit, die man einplanen sollte. Rupfen ist langwierig aber leicht, wenn das Tier ganz vom Wasser bedeckt war. Die Federn kommen in den Kompost, sie sind stickstoffhaltiger Dünger.

Gerupft und ausgenommener Hahn, küchenfertig

Der erste Hahn wog gerupft aber noch nicht ausgenommen nur 1,1 Kilo. Ich habe ihn nach Anleitung sofort ausgenommen (was gut ging), im Ofen nach einem Standardrezept zubereitet und serviert. Das Fleisch war gut, nicht zäh, aromatisch, aber wie es dazu gekommen war versuchte ich zu verdrängen, eine zwiespältige Situation. Verwertbar war nur recht wenig, Rassehühner haben keine grosse Brust, das schaffen nur Qualzuchten von Hybridhühnern in Intensivhaltung oder mit sehr viel Zeit und Futtereinsatz. Wenn Rassehühner, dann von Fleischrassen (etwa Orpingtons, Cochins oder Brahmas). Schenkel, Flügel, Muskelstücke - viel war es nicht bei unserem Hahn, eher für eine wie für zwei Personen. Für viel Futter und ein halbes Jahr Aufzucht war es herzlich wenig, aber es ist eine kleine Rasse, deren Wert in der leichten Haltung und der guten Eierleistung der Hennen liegt.

Der zweite Hahn war grösser, etwa 1,5kg butto. Seine Schlachtung und weitere Verarbeitung lief genauso ab, wir haben ihn in Folie eingefroren und werden ihn bald ebenfalls zubereiten. Das Fazit? Es gehört dazu, es geht, es nicht leicht, es ist sehr ernst, es schmeckt.

Die Innereien... "schön bunt"

Wer das Glück hat, dass ein Hühner-Schlachtmobil in der Gegend existiert, kann sein Huhn auch schlachten lassen. Das sind Leute, sich auf Schlachtung von Hühnern aus Privathaltung gegen Gebühr spezialisiert haben und manchmal mit einem Anhänger mit den Geräten dafür durch die Lande fahren. Sie machen das sehr professionell und betäuben das Huhn nicht mit einem Stock, sondern mit einem Stromschlag. Das ist erwiesen stressfrei. Die Geräte dafür sind leider sehr teuer, sonst wäre das auch für Hühnerhalter eine Anschaffung wert. Die oft angebotenen Bolzenschussgeräte mit einer eingebauten Feder sind nicht zu empfehlen, wegen der stabilen Federkeile von Freilandhühnern wird davon abgeraten. Anschliessend kann man das Huhn auch gleich rupfen und ausnehmen lassen.

Im Ofen, gefüllt und mit einer Marinade auf dem Hühnchensitz

Freitag, 16. Dezember 2022

Der Streusalzwahn

Streufahrzeug im Einsatz der Gemeinde
Selten genug kommt es hier vor, heute noch seltener als früher: Es schneit im Winter und ein bisschen Schnee bleibt auch wenige Tage liegen. Passiert es nachts, merkt man es hier in Möckmühl schon morgens vor dem Aufstehen. Es rumpelt, Traktoren fahren umher, auch im Wohngebiet, das hört man. Auch jetzt wieder, dieses Jahr.

Im Auftrag der Gemeinde wird gestreut. Leider in der Regel kein Splitt oder eines der modernen organischen Streumittel, sondern Salz, Streusalz, jährlich 1,5 bis 4 Millionen Tonnen davon im Land. Also bis zu 50 Kilo pro Einwohner! Bezahlt werden dafür schwindelerregende 400 Millionen Euro, die Tonne kostet 100 Euro plus Kosten für die Ausbringung. Es enthält Natriumchlorid (Kochsalz) und andere Chloride, Calcium- und Magnesiumchlorid und weitere Salze. An Steigungsstrecken ist Streuen sicher sinnvoll (aber nicht zwingend mit Salz), im flachen Tempo-30 Wohngebiet und bei seit Jahren vorgeschriebener Winterbereifung ist das einfach nur hirnrissig. Es kostet die Gemeinde, also den Steuerzahler viel Geld und die Streufahrzeugfahrer viel Arbeit. Und vor allem kostet es mich Pflanzen am Strassenrand.

Strasse und mein Vorgarten, in dem das Strassensalz
auch landet.

Unsere Wohnstrasse ist relativ schmal, hat keinen Gehsteig, kein Randstein. Kommt das Streufahrzeug, fliegt das Streusalz auch auf den Rand unseres Vorgartens und versalzt mir den ohnehin nicht guten Boden. Dort am Rand zur Strasse wächst blütenreiches Wildobst und das zeigt erschreckend viele Ausfälle. Das Salz reichert sich über die Jahre im Boden an. Die Folgen: Feinwurzeltod, verstärkte Verschlämmung, Schädigung von Bodenlebewesen. Schäden erscheinen zeitverzögert, ein vermeintlicher Trockentod im Sommer fand vielleicht nur deshalb statt, weil die Pflanze wegen Versalzung vorgeschädigt war. Das Lamento der weiteren Schäden an Bauwerken, an Fahrzeugen, an Tierpfoten, dem Abwassersystem, Fracht des feingegefahrenen Salzstaubs per Wind in weitere Entfernungen will ich gar nicht erst anstimmen, das ist bekannt und denkende Menschen wissen das schon lange.

Immer drauf. Reines Streusalz.


Völlig irre wird es, wenn einige Mitbürger streuen, leider in unserer Gemeinde mehr Regel wie Ausnahme. Motto: Mit beiden Händen voll raus oder mit irgendwelchen Streuhandwagen, die wallartige Salzhaufen hinterlassen. Dann landet oft mehr Salz als Schnee auf Wegen, ausgerechnet auch noch dort, wo sich Vegetation direkt anschliesst und Schmelzwasser in den Boden läuft.

Viel = Viel gut? Auf ebener Anliegerstrasse...
Gefällestrecke, da ist Streugut eher nötig
In Schweden, Finnland, der Slowakei und anderen Ländern wird kein Streusalz verwendet. Städte wie München (wo es wesentlich öfter Schnee und Frost hat wie hier), viele Andere und auch eine unserer Nachbargemeinden haben das längst abgestellt und damit viel Geld und Umweltschäden eingespart. Ein Hinweisschild an der Stadtgrenze weist darauf hin. Streusalzverwendung ist dort auch Privatleuten generell verboten. Die Gemeinde streut nur auf einigen Hauptstrassen, Gefällestrecken und an besonderen Stellen wie einigen Fussgängerüberwegen. Privatleute können Streusalz unabhängig von Gemeindeverboten säckeweise in jedem Baumarkt kaufen.
Gemeinde streut auch, wenn es trocken und eben ist

Wer am Grundstücksrand Probleme mit seinen Pflanzen hat, sollte mal prüfen, ob ihm im Winter vielleicht Salzfracht beschert wurde. Durch Streufahrzeuge oder streuende Nachbarn direkt, durch spritzenden Schneematsch, in dem Streusalz enthalten ist, durch von der Strasse hereinlaufendes Tauwasser mit Streusalz. Die Gemeinden mit ihrem eigenen Verhalten und ihren Regelungen sind das Problem, so wie auch in unserer auch auf anderen Feldern sehr umweltzerstörenden Gemeinde: Sprecht Gemeinderatsmitglieder an, den Bürgermeister. Kommt nicht mit radikalen Forderungen, sondern mit Geld sparen durch besonnene Verwendung und vor allem mit Beispielen von umliegenden Gemeinden, in denen das bereits praktiziert wird. Kein Gemeinderat interessiert sich für eure toten Gartenpflanzen und sehr wenig für Umweltschäden, aber wenn etwas Geld kostet und sich das leicht sparen lässt, gehen die Ohren schon viel eher auf.

Der Privatmann greift zum Salz - Garten daneben


Freitag, 9. Dezember 2022

Dezemberernte Paprika und Auberginen

Früher war im Oktober Schluss. Mittlerweile erlebe ich nun das dritte Jahr, in dem bis Anfang Dezember im Freiland Paprika und Auberginen zu ernten sind, es gibt sogar noch zwei Zucchinipflanzen, aber sie tragen nicht mehr. Es gab immer noch keinen Frost - bis 8. Dezember! Nun soll er aber kommen und ich habe abgeräumt:

Erntetisch im Dezember

Es ist längst ratsam geworden, nicht zu voreilig die Beete freizuräumen. Es können den ganzen Herbst andauernde lange Phasen mit mildem Wetter bestehen bleiben, das ist keine Ausnahme mehr. Die Wintergemüse kommen ebenfalls sowieso laufend - Radicchio, rote Rüben, Kohlrüben, Teltower Rübchen, Sellerie, Lauch, Chinakohl und diverse andere. Wird es richtig kalt, wird auch dort abgeräumt.

Die Früchte hatten noch hohe Qualität und die Paprikapflanzen waren noch sehr gesund:

Paprika, Dolce di bergamo

Himbeeren gab es auch noch. Und viele Obstbäume sind noch voll belaubt:

Apfel "Roter von Simonffi" im Dezember

Nachteile des anhaltend armen Wetters: Der Winteranbau von dicken Bohnen könnte misslingen, weil die Pflanzen bereits in die Höhe wachsen. In diesem Zustand sind sie etwas weniger frostfest und Schnee würde sie umknicken. Beim Radicchio gab es durch die Wärme Probleme mit der Kopfbildung. Die beginnt er erst, wenn das Wachstumswetter vorbei ist. Stattdessen habe ich Riesenpflanzen mit vielen Seitenblättern ohne kompakten Kopf in der Mitte. Kohlrüben sind monströs geworden, Rüben mit 2kg Knollengewicht sind die Regel, die werden wir nie und nimmer essen können, das wäre ansonsten ein Kohlrübenwinter wie 1917. Alle Winterblumenkohlpflanzen sind misslungen, die bildeten bereits jetzt Blumenkohlköpfe anstatt im März.

Und last but noch least: Es war der schlimmste Schneckenherbst seit langem. Immer warm und immer feucht, die Schnecken unter Kontrolle zu halten war fast unmöglich, die Garten-Wegschnecke (Arion hortensis) feierte Dauerpartys. Und auch der schlimmste Unkrautherbst. Vor allem Gräser wuchsen, versamten sich wie nie. Herbst ist der neue Sommer, alles wächst, genug Regen, genug Wärme, während im Sommer alles vertrocknet, verbrennt, stehenbleibt.


Andere Perspektive.
Aubergine hauptsächlich "Bonica", gesunde Pflanzen und Früchte.


Dienstag, 22. November 2022

Auberginen: Krankheiten, optimaler Reifezeitpunkt, Verwendung

So viele Beiträge über Auberginen im November? Ja, ich ernte und verwende sie immer noch, hier gab es im Gegensatz zum Norden immer noch keinen Frost. Grösstenteils ist das neue Sommerklima seit ein paar Jahren für den Nutzgärtner eine Katastrophe, aber Auberginen gehören zu den (wenigen) Gewinnern, mittlerweile sogar bis in den Spätherbst hinein zu ernten. Um die Beitragsserie abzuschliessen, nun noch Erfahrungen über ihre typischen Krankheiten und ihre Bekämpfung, ihr (nicht leicht zu bestimmender und oft Gegenstand von Fragen) optimaler Erntezeitpunkt und ein paar Tipps zur Verwendung der (hoffentlich) grossen Ernte.

Krankheiten

Spinnmilbenalarm!

Krankheit Nr. 1 bei Auberginen sind im Gewächshaus Spinnmilben sowie andere Milbenarten, seit ein paar Jahren auch im Freiland. Spinnmilben stechen Zellen in den Blättern an, die Pflanze vergilbt, trocknet aus, Blattverlust, die Früchte verzwergen. Schon sehr früh nach dem Pflanzen tauchen die ersten Milben auf. Manchmal schon nach der Keimung im Haus, das passiert, wenn man die Anzucht im Frühling in Räumen mit Zimmerpflanzen macht, von denen Spinnmilben es nicht weit zu den Sämlingen haben. Hauptproblem für uns Gärtner ist, den Erstbefall auch zu sehen. Doch wenn man genau hinsieht, merkt man, was los ist und kann frühzeitig gegensteuern. Reagiert man erst im Juli, wenn die Schäden deutlich werden, ist es viel zu spät für eine wirkungsvolle Bekämpfung. Im Film Spinnmilbenbefall, bitte auf Vollbild stellen.


Die ersten Schäden bestehen aus kleinen, unscheinbaren hellen Punkten in den Blättern. Dort haben die allerersten Milben ihr übles Werk begonnen und das Blatt von unten angestochen. Sieht man sie, ist bereits die zweite, viel grössere Generation in Arbeit. Richtiger Schaden entsteht etwa ab der dritten Generation. Erste Nutzgärtnerpflicht ist also die peinlich genaue Kontrolle der Blätter auf Milbenstiche, gerne auch mit einer Lupe. Wie der Erstschaden aussieht, dazu hier einige Bilder.

Gegen Milben gibt es im kommerziellen Anbau ein tolles Spektrum an Insektiziden, entsprechend oft werden Rückstände nachgewiesen, auch immer wieder Höchstmengenüberschreitungen. Häufigster gefundener Stoff: Acetamiprid, ein Insektizid, häufiger Handelsname "Careo". Gegen Spinnmilben und andere Insekten. Im Nutzgarten wird gerne eine Mischung von Schmierseife, Spiritus, Kalk empfohlen. Deren Wirksamkeit ist aber nicht sonderlich gut und führt zu einer Dauerbehandlung. Am besten bin ich nach mehreren Jahren Erfahrung mit Neemöl gefahren. Es wird dreimal behandelt: Sofort beim Auftreten der ersten Punkte, dann noch zweimal im Abstand von drei bis vier Tagen.  Denn Neemöl wirkt nur gegen Spinnmilben im Jungstadium, nicht gegen Alttiere und nicht gegen Eier. Die zweite Behandlung erwischt die zwischenzeitlich aus Eiern geschlüpften Schädlinge, die dritte neue gelegte und geschlüpfte Eier. Wichtig:

  1. Die Mischung: 5-10ml gut (dunkel und kühl) gelagertes Neemöl mit Emulgator pro Liter Wasser verwenden. Man kann Neemöl fertig gemischt mit Emulgator kaufen oder irgendein Pflanzenschutzmittel, das Neemöl enthält. Beispiel: "Schädlingsfrei Neem"
  2. Die Applikation: Gründlich von unten mit der Lanze eines Drucksprühers gegen alle Blätter sprühen, dann etwas von oben. Sehr wichtig ist die Temperatur und UV-Strahlung. Niemals bei Sonne und Hitze sprühen! In den heutigen Sommern habe ich Neemöl nur spätabends ausgebracht. Neemöl verliert sofort an Wirksamkeit, wenn die Sonne drauf scheint und es heiss ist. Windstill muss es natürlich auch sein.
  3. Die Anwendungsbreite: Nicht nur Auberginen besprühen. Angrenzende Pflanzen oder Kulturen mitbehandeln. Spinnmilben befallen viele Pflanzen, will man nicht, dass sie sofort auf die Auberginen zurückwandern, muss man auch die Pflanze an den Rändern behandeln. Unkräuter sind auch Wirte - beseitigen.
  4. Weiter beobachten. Im Gewächshaus sind meistens mehrere Sprühcluster bis Herbst nötig, im Freiland weniger, nur bei anhaltend heissem Wetter, das Spinnmilbenbefall beschleunigt.

Weitere Probleme bei Auberginen:

Beginnende Braunfäule an Auberginenblatt
  1. Verticillium-Welke. Eine Krankheit durch einen Bodenpilz. Der Pilz verstopft die Leitungsbahnen, die Pflanze wird welk, stirbt dann. Wird ein welker Trieb abgeschnitten, so sieht man, dass die Gefässleitungen braun-gelb verfärbt sind. Hier gibt es keine Rettung. Deutlich welkende Pflanzen ganz entfernen, möglichst mit der Wurzel. Müll oder in einen Eimer, kochendes Wasser drüber giessen, dann kompostieren. Gut versorgte und wachsende Pflanzen an gutem Standort werden kaum befallen.
  2. Kartoffelkäfer. Ist ein Problem, wenn Kartoffelbeete in der Nähe sind. Die Larven fressen, nicht die Käfer. Sieht man Frassschäden: Pflanzen durchgehen und absammeln.
  3. Andere Milben. Es gibt neben Spinnmilben noch andere Milbenarten, die sich an Auberginen vergehen, Weichhautmilben, Blattpockenmilben. Neemöl nehmen, siehe oben. Blattläuse, eher selten an Aubergine: Dasselbe.
  4. Schnecken. Fressen auch Früchte an, wenn runde Löcher zu sehen sind waren es höchstwahrscheinlich Schnecken. Schneckenbekämpfung starten.
  5. Grauschimmel an Blütenknospe
  6. Grauschimmel. Passiert im Gewächshaus in luftfeuchten Phasen und im Herbst fast immer, wenn die Türen immer zu sind, im Freiland bei anhaltender Feuchtigkeit. Pflanzenhygiene betreiben, Luftfeuchte senken, befallene Stellen fortschaffen. Am häufigsten trifft es Jungfrüchte, auch Blütenansätze.
  7. Zu lesen ist oft von Weisser Fliege, Kraut- und Braunfäule. Das habe ich noch nie erlebt, obwohl auch schon braunfäulebefallene Kartoffeln in der Nähe waren und Pflanzen mit weisser Fliege. Braunfäule kommt erst im Herbst, wenn die Pflanzen sowieso den Abgang machen. Die Symptome sehen anders aus als an Tomaten, es sind braune, verteilte Blattflecken.
  8. Gelbe, welke Blätter von unten. Wenn die Pflanzen grösser werden, werden die unteren, älteren Blätter gerne gelb, welk und fallen ab. Das ist normal und passiert an rundum gut belichteten Pflanzen und versorgten Pflanzen weniger.
Alte Blätter - keine Krankheit
Grauschimmel an Frucht - Krankheit


Die Sache mit dem Erntezeitpunkt

Ein Dauerthema bleibt: Wann erntet mal sie? Auberginen haben die seltene Eigenschaft, sich ab einer gewissen Fruchtgrösse optisch nur noch wenig zu ändern. Sie hängen dann scheinbar unverändert weiterhin am Strauch und bilden innen ihre Kerne aus, je nach Sorte steigt das Risiko, dass sie bitter wird und dass Kavernen (Hohlräume) in der Frucht entstehen. Das Fruchtfleisch verändert sich auf jeden Fall negativer, es wird oft wattig, am Rand fester. Der beste Zeitpunkt zur Ernte ist bei etwa drei Viertel der Endgrösse und vor Beginn der Kernausbildung. Dann sind sie homogen, haben Aroma, verwendbar für alle Zwecke. Soweit der Rat. Aber wie erkennt man nun, wie weit sie ist? Die Kerne erkennt man erst, wenn man sie aufschneidet und die Endgrösse, wenn sie wirklich nicht mehr wächst und alt geworden ist. Hinterher ist man immer klüger...

Kamo im perfekten Erntezustand, noch glänzend, sieht aus wie gebohnert

Glücklicherweise zeigen uns die Früchte einiges, wenn wir genau hinsehen. Es ist die Haut, die es uns verrät. Im Verlauf des Wachstums wird die Schale wunderschön glänzend, beim Anfassen fast klebrig, der darüber streichende Finger gleitet nicht, sondern es fühlt sich an wie eine Anti-Rutsch-Fläche. Mit der Zeit beginnt ein Strukturumschlag und die Optik wechselt zu matt. Auch die Fruchtfleischkonsistenz wird anders, was man durch drücken feststellen kann. Vorher prall, nachher wattiger, aber auch zäher. Der perfekte Erntezeitpunkt liegt VOR dem matt werden. Sind die Früchte noch glänzend, aber schon gross, dann runter damit. Man kann eine Einzelfrucht etwas weiter reifen lassen, um zu sehen, wie sich Gewicht und Grösse entwickeln. Ein Vorteil ist dabei die Ernte nach Kohorten, erntet man alle Früchte gleichzeitig, dann reift die nächste Ladung auch fast gleichzeitig. Beim matt werden der ersten Frucht erntet man wieder alle ab, bevor auch die Anderen auch matt werden. Sie sind in ihrer Reife nicht weit hinter der Ersten.

 
Ebenfalls "Kamo": Haut ist matt geworden, überreif.
Überreife: Feste Kerne, Kavernenbildung. Nicht mehr optimal.

 

Verwendungstipps

Auberginen alla parmigiana

Auberginenrezepte gibts wie Sand am Meer. Will man richtig Masse verarbeiten, eignet sich am besten der europäische absolute Klassiker, Melanzane alla parmigiana. Dafür werden viele dicke Früchte benötigt, ein bis eineinhalb Kilo sind normal für eine Vier-Personen-Vorspeise. Wir machen das mehrmals im Sommer, die grossfrüchtigen Sorten wandern in den Auflauf.

Die einfachste Rezeptversion ist genau richtig, sie besteht aus 4 mindestens mittelgrossen Auberginen, stark eingekochten Tomaten mit Basilikum, 120g geriebenem Parmesan. Die Auberginen in Scheiben werden gesalzen, trocken getupft, dann mit etwas Mehl paniert und in Olivenöl beidseitig gebraten. Wechselweise in Auflaufform einschichten, unten Auberginen, dann Tomate und Käse, nochmal Aubergine, Tomate, Käse. 15-20 Minuten bei 200°C backen, lauwarm essen als Vorspeise oder mit Sauerteig-Weizenbrot als Hauptgericht.

Ein weiterer europäischer Auberginenklassiker ist südfranzösisches Ratatouille.

Sehr simpel und immer möglich: Braten der 1cm dicken Scheiben in Olivenöl. Das ist aber eine Kunst für sich und schwieriger als es aussieht, zu leicht wird es ein Olivenölorgie oder die Auberginen sind nicht durch, dafür aussen schwarz. Dafür sind alle Arten von Auberginen verwendbar. Das Öl sollte ziemlich heiss sein, bevor man die Auberginen anbrät, ausserdem sollte man die Auberginenscheiben vorher salzen, damit sie etwas Wasser schwitzen und eventuelle Bitterkeit vermindert wird. Einfacher gehts, wenn sie von oben her im Backofen angeröstet werden.

Haltbar machen für den Winter ist leider ein Schwachpunkt dieser Fruchtgemüseart. Trocknen, einlegen, blanchiert oder gebraten einfrieren, das geht alles, aber das Ergebnis wird blass, den Aufwand kaum wert, nicht mehr gut weiterzuverarbeiten. Gewiss gibt es tolle Rezepte, eingekochte Chutneys, Tipps fürs Einfrieren - aber das bleiben meistens einmalige Aktionen, weil es sich einfach nicht lohnt. Auberginen eingelegt werden zu Füllstoff, ihr Aroma ist ohnehin nicht stark, es dominieren Gewürze und andere Zutaten. Die meisten Sorten werden recht weich.

Japan kennt viele alte und erstklassige Auberginenrezepte. Typisch sind Miso-Auberginen (Nasu Dengaku, am besten Kamo Aubergine dengaku) oder mit Teriyaki-Sosse. Die japanischen Gerichte benötigen mässig grosse, festfleischige Sorten.

In China ist sie ein typisches Sommergemüse, gerne als Pfannengericht gebraten oder geschmort. Populär sind schmale Auberginen, lange wie kurze Sorten. Typisch: Yu Xiang Quie Zi, Szechuan-Küche.

Thailand dürfte das Epizentrum der Auberginen sein. Hier gibt es sogar eine weitere verwandte Art, Solanum virginianum, kleinere Früchte, teilweise sehr stachelig. Thai-Auberginen der weltweit verbreiteten Standardart Solanum melongena sind auch sehr viele eigenständige, besondere Sorten mit ungewöhnlichen Farben und Aromen. Klassiker daraus: Viele Currygerichte mit Aubergine.

Die Arabische und Türkische Küche kennt ebenfalls viele Auberginenrezepte. In einem Baba Ganoush wandert sie in Sesampaste und wird zum Dip. Das türkische Imam Bayildi schmort sie. Dort wird sie allerdings auch gerne mit Hackfleisch zusammengebracht. Auberginen sind mir jedoch bei vielen Rezepten aus dem Nahen Osten zu sehr Füllstoff, ihnen wird zu wenig Eigenständigkeit zugetraut. Populäre Sorten von dort sind entsprechend meist eher an Ertrag und Optik, nicht an Qualität orientiert.

Eines meiner Lieblingsrezepte kommt aus Indien. Auberginen mit Kartoffeln, Baingan Aloo. Typisch gewürzt, saugut, gegessen mit Roti oder Paratha.

Guten Appetit!

Mittwoch, 9. November 2022

Auberginen: Anbautipps fürs Freiland

Ernte einiger Auberginen vom 3. November
Mitte: White Knight, ein Massenträger

Im ersten Beitrag über Auberginen wurde der Anbau dieser Früchte unter den neuen Wetterbedingungen schon ausgiebig vorgestellt und seither in weiteren Beiträgen immer wieder viele Sorten beschrieben. Dieses Jahr war die Ernte wieder riesig und mittlerweile erntet man sogar noch im November viel - auch aus dem Freiland. Anlässlich dieser Schwemme sollen ein paar Anbaudetails für Freilandauberginen jetzt nachgereicht werden, wie immer durch mehrjährige eigene Erfahrungen gewonnen. 

Gartenbücher sind wie bei fast allem Anderen auch bei Auberginen nicht mehr viel wert, es hat sich am Klima so viel geändert, dass Vieles ganz anders läuft wie irgendwann einmal empfohlen und dann nur noch abgeschrieben wurde. "Extreme in alle Richtungen" und "Hitze" ist das neue Stichwort. Es herrschen anhaltende Wetterlagen - 2018-2022 knochenharte Hitze- und Trockenjahre mit Jahrtausendrekorden, aber 2021 ist alles abgesoffen. Es spricht viel dafür, dass das Wetter nicht wieder in frühere Muster zurückkehrt.

"White Knight" im November, Freiland - gesund



Vorteil für Auberginen

Auberginenblüte - hübsch sind sie ebenfalls

Stand früher die bange Frage im Mittelpunkt, ob sie in unseren Breiten genug Wärme, Sonne, Vegetationsdauer bekommen und ob man sie ausserhalb des Gewächshauses anbauen kann, stellte sich die letzten Jahre mehr die Frage, wie sie mit mehrwöchigen Trockenphasen, Temperaturen bis zu 40°C bei gleichzeitig hoher UV-Einstrahlung, mit nächtlicher Taubildung in schwülen Wetterlagen zurechtkommen. Die Frage kann ich beantworten: Sie kommen erstklassig damit klar. Nichts gedeiht in regenarmen Hitzesommern so gut wie Auberginen. Wo mir Paprikafrüchte, Tomaten und Tafeltrauben von Sonnenbrand angesengt oder zerstört werden, haben Auberginen trotz der dunklen Fruchtfarbe keine Schäden an Frucht oder Blatt. Auch die wochenlangen Taunächte des Sommers 2021 mit drückender Schwüle haben sie wieder einmal erstklassig ohne Pilzkrankheiten überstanden, während die beiden nachtschattenverwandten Tomaten und Kartoffeln den frühen Braunfäuletod gestorben sind. 2021 sind unter den Nachtschattengewächsen nicht einmal Frühkartoffeln zur Reife gelangt und alle Tafeltrauben verfaulten wegen verschiedenen Mehltaukrankheiten. Blattschäden beginnen bei Auberginen aber erst mit kalten Nächten und oft nicht einmal dann. Unter den häufiger gewordenen Gewitter- und Starkwindböen, die leider auch vermehrt Pflanzen umreissen, leiden sie kaum, die sind zäh und nicht bruchgefährdet. Höchstens, dass Riesenfrüchte hohe Triebe herunterziehen.

Scheinbar kühle Jahre wie 2021 überstehen sie ebenfalls gut. Die Tagestemperaturen waren zwar nicht so heiss, aber wichtiger sind ohnehin die Nächte. Die reichten 2021 absolut aus, um gute Kulturen zu erhalten. Der längst ungewohnte wirkende sommerliche Regen, von dem wir schon ganz entwöhnt waren, hat keine Schäden verursacht. Die Früchte bleiben nur kleiner, der Fruchtansatz schwächer, das ist auszuhalten.

Nun wieder ein Sommer ohne Regen und Hitze über tropischen Werten, da war wieder aus dem Vollen zu schöpfen, wenn man keine Anbaufehler machte. Das galt für fast ganz Deutschland, etwas weniger an den Küsten und ganz im Norden. Das Verhältnis hat sich umgedreht, wo früher nur in ein Sommerwärmelagen Freilandauberginen gute Erträge brachten, sind es heute nur ein paar sommerkühlere Lagen, in denen das nicht der Fall ist. Vor allem am Alpenrand, den Mittelgebirgen hat sich alles grundlegend geändert.

Anzucht

Juli: Gut entwickelte Pflanzen,
viele Fruchtansätze, Freiland

Beginnen wir mit der Anzucht: Mit den Tomaten säe ich sie ab Mitte/Ende März im Zimmergewächshaus aus. Sie benötigen von Anfang an viel Licht, was ich in dunklen Wochen mit einer LED-Pflanzenlichtlampe verbessere. Allerdings stiegen auch im Frühjahr die Sonnenscheinsummen, so dass das heute selten nötig ist. Bald in 8cm-Plastiktöpfchen gesetzt kommen sie ins Gewächshaus, wenn die Nächte warm sind. In Kälteperioden sollten sie wieder ins Haus geholt werden. Auberginen haben dasselbe Problem wie Paprika: Nachtkälte unter 5°C (am Boden, nicht die Lufttemperaturen in 2m Höhe, die der Wetterdienst angibt!) führen zu nicht sichtbaren Schäden, die in eine anhaltende Wachstumsdepression münden. Wird es wieder warm, wachsen sie nur sehr zögerlich weiter und bleiben auch später kleiner. Deshalb erst Auspflanzung im Freiland im Mai, wenn die Wettervorhersage stabile warme Nächte vorhersagt. Wenn nicht, sollte man noch zuwarten, notfalls bis in den Juni hinein. Sie werden auch nicht so leicht überständig im Topf. Dann aber raus in den Garten. Auspflanzen vertragen sie gut. Pflanzabstand 40 cm, festbinden an Pflanzstäben.

Was sie natürlich wollen, ist Sonne, volle Sonne und wie schon erwähnt warme Nächte. Sonne am Tag und Standort an wärmespeichernden Plätzen hilft am meisten, während Düngergaben nicht so unumgänglich sind. Ich würde sie sowieso höchstens als Mittelzehrer bezeichnen. Sie lieben aber humusreichen Boden. Es gab je nach Boden ziemlich drastische Unterschiede in Erntemenge und Wachstum. Wir haben schweren Boden, der zudem leicht verschlämmt, das mögen sie überhaupt nicht. Sie bleiben klein, zeigen früh Welkeerscheinungen, erhöhtes Risiko von Wurzelkrankheiten. Das verbesserte sich enorm durch gründliches Einbringen von gut eingehacktem altem Pferdemist. Der enthält nicht mehr viel Nährstoffe, aber speichert in Verbindung mit dem lehmig-tonigen Boden besser Wasser, schliesst Bodennährstoffe auf, bringt Luft in den Boden. Eine mässige frühe Stickstoffgabe in Form eines Depotdüngers, der Stickstoff nur langsam gibt ist sinnvoll, denn wenn das organische Material im Boden abgebaut wird, wird dabei gebundener Stickstoff verbraucht. Beispiel für Düngung: Bedarf 10g Reinstickstoff pro Quadratmeter für Mittelzehrer wie Auberginen. Hornspäne enthalten 14% Stickstoff. Das macht 70g Hornspäne pro Quadratmeter. Andere Nährstoffe wie Phosphor, Kalium, Magnesium sind in Gartenböden meistens sowieso genügend vorhanden, wenn man unsicher ist schafft eine Bodenanalyse Klarheit. Alter Pferdemist oder Kompost haben meistens gute Gehalte von Kalium und vor allem Phosphor, Zudüngung dieser Elemente vermeiden. Auch in Hochbeeten gelingen Auberginen toll, dort nimmt man sowieso humusreiche Substrate.

Erste Früchte schnell ernten

Idealblattfarbe, Adern violett, Blätter violetter Schimmer

Ist es warm, vor allem nachts, dann werden sie wachsen. Beginnt die Blüte und bildet sich ein Fruchtansatz, dann diese Früchte keinesfalls gross werden lassen, auch wenn die Versuchung dazu stark ist. Lieber früh ernten. Nur so wächst die Pflanze sofort weiter und bildet mehr Blattmasse. Reife Früchte bilden ohnehin nicht mehr Aroma, sondern nur feste Kerne und manchmal Bitterkeit aus, die wir nicht wollen. Und nur mit vielen Blättern kann sie in der entscheidenden Hochsommerzeit viele und grosse Früchte liefern. Hat sie genug Sonne? Das zeigt sich an den Blattadern oder später den kleinen oberen Blättern: Die Adern sollten kräftig violett sein, die Blätter sollten einen Violettschimmer aufweisen. Die Pflanze reagiert damit auf UV-Strahlung. Die Farbe wird stärker ausgebildet bei grösseren Temperaturunterschieden von Tagen zu Nächten, deshalb verstärkt sich die Farbe in einem sonnenreichen Herbst, wenn die Nächte kühler werden. So ist das auch bei den Früchten. Was im Gewächshaus weiss oder grün bleibt, kann im gut besonnten Freiland tiefviolett werden.

Blätterbildung noch im sonnigen Herbst

 

Das liebe Wasser

Ihr Wasserbedarf wirkt niedriger als der von Paprika, weil sie nach einem guten Regen viel länger durchhalten, aber das täuscht. Sie haben längere Wurzeln, ähnlich wie Tomaten, können Wasser aus mehr Bodenfläche holen, so halten sie länger durch. Tatsächlich schlucken sie aber einiges, über die grossen Blattflächen verdunstet viel, sobald der Boden ausgetrocknet ist, brauchen sie kräftig Nachschub. Giessen und Perlschlauchbewässerung machen den Boden dabei immer nur stellenweise feucht. Nur an der Pflanze zu giessen verursacht schnell wieder Hitzeschlappheit. Ab und zu eine kräftige, flächige Überkopfberegnung bringt ihnen am meisten, im Gegensatz zu Tomaten rafft sie dann auch keine Pilzkrankheit darin. Beregnen trotzdem immer nur dann, wenn anschliessend die Blätter gut abtrocknen können und er Boden warm bleibt. Nur luftwarmes Wasser nehmen. Ich habe auch schon in der Hitze mit voller Sonne beregnet, das vertragen sie, jedoch verdunstet dann viel Wasser sofort wieder. Ideal wäre eng verlegter Perlschlauch, dann aber kontrollieren wie viel Wasser da wirklich rauskommt.


Haupternte

Das liefern zehn Pflanzen jede Woche

Nach den ersten Einzelfrüchten gehen die Pflanzen am Ende Juli in die Haupterntephase über. Sie fruchten oft in Wellen, mehrere Früchte reifen gleichzeitig. Man erntet sie ab, die Nächsten werden sofort angesetzt. Der Höhepunkt findet im August und Anfang September statt. Es gibt Sorten mit kleineren Früchten, die schaffen in der Spitzenphase alle paar Tage zehn Auberginen. "White Knight" ist so eine Sorte, zudem enorm robust - gut für einen Anfangsversuch.


Topfanbau

"Kamo" im Topf, Südseite, Juni, sehr heiss

Überraschend gut gelingt der Topfanbau von Auberginen. Im Topf hatte ich sogar Ernterekorde. Eine "Kamo", ohnehin eine empfindliche und kleiner bleibende Sorte brachte fünf Wellen mit jeweils fünf Früchten a 250g aus dem Topf, das sind sechs Kilo erstklassiger Auberginen von einer einzigen Pflanze in einem 12 Liter Topf. Sie stand auf der Südterrasse, hinter sich die weisse Hauswand, dort stieg die Temperatur noch deutlich höher als die 40°C des Sommers und die Sonne brannte unbarmherzig. Davor standen Feigen, die Sonnenbrandschäden erlitten. Die Auberginen nicht. Sie brauchten zwar zwei- bis dreimal täglich kräftige Wassergaben, zeigten aber keinerlei Schäden. Ende September war es vorbei, die Pflanzen wirkten ausgebrannt nach den ständigen Riesenerträgen, während die Gartenauberginen noch weiter fruchteten.

Wer im Garten Probleme hat oder keine guten Plätze, sollte erst einmal mit Topfkultur beginnen, das ist die sicherste Miete. Bei Pflanzung im Topf einen Langzeitdünger verwenden. Klein bleibende Sorten sind im Topf von Vorteil, sie werden nicht umgerissen und das Verhältnis von Pflanze zu Substratmenge ist günstiger. Welche das sind, erfährt man aber meist erst, wenn man sie hat. Die Angaben der Saatgutverkäufer stimmen oft nicht. Ich hatte schon 2 Meter Pflanzen, die mit 50-80cm beschrieben waren. Kamo ist aber definitiv klein bleibende Pflanze, ideal für Töpfe geeignet. Und auch eine Qualitäts- und Aromakönigin.

"Kamo" im Topf in voller Höhe von 1m ab Stammbeginn, viel für diese Sorte

Billigdünger vom Discounter - reicht völlig


Das Ende

Mitte September: Alles noch grün und fruchtbehangen,
aber Blattschäden beginnen

Kommt der Herbst und sinken die Nachttemperaturen, wachsen die Pflanzen nicht mehr in die Höhe, fruchten aber in Zeitlupe weiter, Früchte reifen, bleiben jedoch kleiner. Alles geht langsamer, aber fruchten kann sie bis in den Oktober und reifen bis in den November hinein. Je nach Jahr beginnen früher oder später Blattschäden an alten Blättern. Zu beachten gibt es nicht viel. Lange schrägstehende Triebe sollte man anbinden. 

 

Und sonst?

Ganz ohne Krankheiten und Probleme ist diese Kultur leider auch nicht. Darüber mehr in einem weiteren Beitrag und auch zur detaillierten Klärung der Frage, wann die Früchte reif sind, was nicht einfach zu bestimmen ist sowie einige Hinweise zur Verarbeitung des Auberginensegens.

Sorten: https://gartenzone.blogspot.com/search/label/Auberginensorten