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Keimling von "Priamus" Ende Oktober
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Der Anbau dicker Bohnen (Ackerbohnen, Puffbohnen, Saubohnen, Pferdebohnen) über den Winter ist mittlerweile keine Besonderheit mehr, auch wenn das nach wie vor deutliche Ausfallrisiken hat. Viele Erfahrungen sind bereits in früheren Beiträgen beschrieben, siehe "Ackerbohne, dicke Bohne im Winteranbau - Teil 1" und allgemeines in Teil 2.
Ausfälle passieren vor allem durch unvorhergesehene Extremwetterlagen. Einmal war der Herbst nach knochentrockenem Sommer so heftig nass, dass die Samen im schweren Boden verfault sind. Oder zu früh ausgesät, das Wetter ist zu warm, sie wachsen weit und hoch, haben dann weniger Frosthärte. Oder frühe Kälteperioden verhindern die Keimung. Alles schlecht berechenbar. Diese Saison keimten sie sehr gut, aber wieder entwickelte sich das Wetter sehr wild: T-Shirt Wetter bis November, kein richtiger Frost bis Anfang Dezember, mit Paprika und Auberginenernte, die Bohnen wuchsen bis Dezember in die Höhe, dass es mir Angst und bange wurde.
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Puffbohnenreihen am 10. November. Danach noch vier Wochen Wachstum bis zum ersten Frost.
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Wurzelbildung früh und stark
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Und das aus gutem Grund. Wieder einmal schlagartig fielen die Temperaturen mal eben um 20°C in den Eiskeller. Eine Woche mit Dauerfrost und klare Nächte mit -11°C fegten durch den Garten. Am Boden unten bedeutet das -15°C, die dort dort so manchen hoffnungsvollen Winteranbau beendeten. Es ist jede Menge Gemüse erfroren, trotz Vlies. Das war sogar mit etwas zusätzlich isolierendem Schnee bedeckt. Irgendwann ist eben Ende Gelände.
Und die Puffbohnen? Ausgesät wurden sie Mitte Oktober, die Keimlinge waren ab Ende Oktober zu sehen. Sie keimt aber schneller. Bevor die Keimlinge einer Puffbohne sichtbar sind, bildet sie bereits eine schnurgerade, sehr schnell in grosse Bodentiefen vorstossende erst Pfahlwurzel. Eine habe ich mir angesehen, ein beeindruckendes Bild.
Sie sind dann ohne Winterschutz frei weiter gewachsen, es war ja auch immer sehr warm für die Jahrezeit. Ein Vlies war dann beim späteren Kälteeinbruch nicht mehr möglich, da die Pflanzen bereits zu hoch geworden waren, ein aufgelegtes Vlies erhöht das Umknickrisiko. Die wichtigsten Punkte:
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Puffbohne Hangdown, Frost-Totalschaden
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- Ausgesät hatte ich die Sorte Priamus. Nach wie vor ist das die einzige lieferbare Sorte für Hobbygärtner, die den Winteranbau probieren und gute, grosse Kerne ernten wollen. Dieses Jahr hatte ich aber auch Sämlinge bekannter anderer Sorten im Garten, "Hangdown" etwa. Keine dieser anderen Sorten hat den Temperatursturz auch nur teilweise überstanden. egal wie weit sie gewachsen waren. Ihre Stängel sind komplett erfroren, es gab auch keine Nachtriebe mehr. Aus und vorbei. Das bestätigte frühere Erfahrungen: Ohne spezielle, explizit für Winteranbau geeignete Sorten geht es nicht! Die Frosthärte der Sorten unterscheidet sich gravierend.
- "Priamus" hatte auch Schäden, aber 80% der Pflanzen überlebten ganz, weitere 5% teilweise, 15% gar nicht. Damit ist die Sorte selbst unter so harten Bedingungen wie dieses Jahr wirklich wintertauglich.
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Zu gross - Stängel erfroren
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- Die Totalschäden sahen im Detail so aus: 2cm über dem Boden erfror der Stängel. Das ist die kälteste Stelle bei Frost, der durch Strahlungsfrost knapp am Boden noch stärker ist. Exakt dort ist der tiefste Punkt der Temperatur. Die Grenztemperatur wurde offenbar sehr genau erreicht und liegt somit bei dieser Sorte definitiv zwischen -13°C bis -16°C. Die Wetterdiensttemperaturen beziehen sich immer auf 2m Höhe, dort waren es amtlich gemessene -11°C. Vor vorhergesagten Temperaturen dieser Kategorie sollte man kurzfristig ein Vlies auflegen, wenn das noch geht.
Erfroren sind die immer die Pflanzen, die schon am meisten Länge erreicht hatten, das waren 10cm-Pflanzen. Bei ihnen nimmt die Frostfestigkeit offenbar bereits wieder ab und sie wird nicht mehr so schnell aufgebaut. Am frostsichersten ist ein niedriges Stadium mit zwei Blattpaaren. Da lässt sich notfalls auch noch ein Vlies auflegen. Das Vierblattstadium hinzubekommen ist halt schwierig, weil es sehr stark vom Herbstwetter abhängt. Die besten Chancen bei uns hat man mit Aussaat zwischen dem 15. und 30. Oktober.
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Unten neue Knospen!
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- Die Teilschäden im Detail: Einige Pflanzen hatten noch einen gesunden Stängelrest in der Erde, dort schoben sich in den folgenden (warmen) zwei Wochen neue Knospen heraus, nachdem der obere Teil abgestorben war. "Priamus" regeneriert gut - das ist positiv.
- Alle Pflanzen zeigten zudem starken Stress. Blätter rollten sich oder hingen schlaff zum Boden, Stängel zeigten Veränderungen durch Schäden auch dann, wenn sie nicht abgestorben waren. Die Pflanzen erholten sich jedoch ganz langsam wieder, zumindest optisch. Dass danach eine vierwöchige Warmphase kam, war sicher positiv.
- Auch ein weiterer Versuch war erfolgreich: Ich hatte auch Samen "tiefergelegt", in kleine Vertiefungen hineingesät, Saattiefe darin normale 5-7cm. Diese Pflanzen überstanden die Frostwoche auffallend gesund, die Blätter wurden auch weniger schlaff. Der Stängel war da unten wohl besser geschützt. Hätte ich das bei allen Pflanzen gemacht, hätte ich auch leichter Vlies auflegen können. Da Puffbohnen ausserdem später oft Probleme mit Standfestigkeit haben, wäre die Aussaat in eine Furche generell zu empfehlen. Die lässt sich später wieder zuschieben und damit die Standfestigkeit der Pflanzen verbessern.
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Garten-Wegschnecke Arion hortensis
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- Die Warmphase danach war kein Grund zum Aufatmen. Der durch den feuchtwarmen Herbst ohnehin schlimme Befall von Arion hortensis, der kleinen schwarzen Garten-Wegschnecke ging sofort weiter. Diese Art ist schwer zu bekämpfen und gerade die regnerischen Warmphasen im Winter gefallen ihr ausnehmend gut, eine Zeit in der man nicht so sehr an Schneckenbekämpfung denkt. Ein Fehler. Günstig sind Fangbretter, damit habe ich die meisten Erfolge. Glatte alte Holzlatten auf die Erde legen - die Schnecken kriechen bei mildem und feuchtem Wetter darunter, kleben tagsüber am Brett. Regelmässig das Brett drehen, nachsehen und beseitigen. Ich hatte in dieser Saison schon einzelne Bretter mit 15 Schnecken.
Nun bleibt mir nur noch die Hoffnung, dass nicht noch einmal solche Temperatur-Abstürze kommen. Falls nichts passiert, wird es eine sehr frühe Reife geben, denn die Pflanzen sind so weit wie nie und wachsen sichtlich in der jetzigen Warmphase. Das wäre überaus positiv, weil auf diese Weise auch die winterlichen Niederschläge noch nutzbar sind. Nachdem die letzten Jahre im Winter immer Regenzeit und Sommer (in der Hälfte der Jahre sogar extreme) Trockenzeit herrschten, ist das essenziell für den Anbauerfolg. 2022 hatte ich keinen Ertrag. Bei 30°C im April und danach noch viel mehr wurden nicht einmal Schoten angesetzt, die Pflanzen waren dauerschlapp und bleiben klein. Auch Bewässerung half da nichts mehr. Puffbohnen haben nicht nur Frostgrenzen, sondern auch Hitzegrenzen.
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Puffbohne oben geschädigt durch Frost, unten spriessen neue Triebe
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Bild im Frost, Blätter wirken schlaff
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Vielen Dank für diese ausführlichen Beobachtungen!
AntwortenLöschenKönnen Sie denn Bezugsquellen für Ackerbohnen zum Winteranbau aus England nennen?
AntwortenLöschenLeider nicht, seit Grossbritannien aus der EU ausgetreten ist, gibts es kaum noch Versender, in die EU verschicken.
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