Dienstag, 22. November 2022

Auberginen: Krankheiten, optimaler Reifezeitpunkt, Verwendung

So viele Beiträge über Auberginen im November? Ja, ich ernte und verwende sie immer noch, hier gab es im Gegensatz zum Norden immer noch keinen Frost. Grösstenteils ist das neue Sommerklima seit ein paar Jahren für den Nutzgärtner eine Katastrophe, aber Auberginen gehören zu den (wenigen) Gewinnern, mittlerweile sogar bis in den Spätherbst hinein zu ernten. Um die Beitragsserie abzuschliessen, nun noch Erfahrungen über ihre typischen Krankheiten und ihre Bekämpfung, ihr (nicht leicht zu bestimmender und oft Gegenstand von Fragen) optimaler Erntezeitpunkt und ein paar Tipps zur Verwendung der (hoffentlich) grossen Ernte.

Krankheiten

Spinnmilbenalarm!

Krankheit Nr. 1 bei Auberginen sind im Gewächshaus Spinnmilben sowie andere Milbenarten, seit ein paar Jahren auch im Freiland. Spinnmilben stechen Zellen in den Blättern an, die Pflanze vergilbt, trocknet aus, Blattverlust, die Früchte verzwergen. Schon sehr früh nach dem Pflanzen tauchen die ersten Milben auf. Manchmal schon nach der Keimung im Haus, das passiert, wenn man die Anzucht im Frühling in Räumen mit Zimmerpflanzen macht, von denen Spinnmilben es nicht weit zu den Sämlingen haben. Hauptproblem für uns Gärtner ist, den Erstbefall auch zu sehen. Doch wenn man genau hinsieht, merkt man, was los ist und kann frühzeitig gegensteuern. Reagiert man erst im Juli, wenn die Schäden deutlich werden, ist es viel zu spät für eine wirkungsvolle Bekämpfung. Im Film Spinnmilbenbefall, bitte auf Vollbild stellen.


Die ersten Schäden bestehen aus kleinen, unscheinbaren hellen Punkten in den Blättern. Dort haben die allerersten Milben ihr übles Werk begonnen und das Blatt von unten angestochen. Sieht man sie, ist bereits die zweite, viel grössere Generation in Arbeit. Richtiger Schaden entsteht etwa ab der dritten Generation. Erste Nutzgärtnerpflicht ist also die peinlich genaue Kontrolle der Blätter auf Milbenstiche, gerne auch mit einer Lupe. Wie der Erstschaden aussieht, dazu hier einige Bilder.

Gegen Milben gibt es im kommerziellen Anbau ein tolles Spektrum an Insektiziden, entsprechend oft werden Rückstände nachgewiesen, auch immer wieder Höchstmengenüberschreitungen. Häufigster gefundener Stoff: Acetamiprid, ein Insektizid, häufiger Handelsname "Careo". Gegen Spinnmilben und andere Insekten. Im Nutzgarten wird gerne eine Mischung von Schmierseife, Spiritus, Kalk empfohlen. Deren Wirksamkeit ist aber nicht sonderlich gut und führt zu einer Dauerbehandlung. Am besten bin ich nach mehreren Jahren Erfahrung mit Neemöl gefahren. Es wird dreimal behandelt: Sofort beim Auftreten der ersten Punkte, dann noch zweimal im Abstand von drei bis vier Tagen.  Denn Neemöl wirkt nur gegen Spinnmilben im Jungstadium, nicht gegen Alttiere und nicht gegen Eier. Die zweite Behandlung erwischt die zwischenzeitlich aus Eiern geschlüpften Schädlinge, die dritte neue gelegte und geschlüpfte Eier. Wichtig:

  1. Die Mischung: 5-10ml gut (dunkel und kühl) gelagertes Neemöl mit Emulgator pro Liter Wasser verwenden. Man kann Neemöl fertig gemischt mit Emulgator kaufen oder irgendein Pflanzenschutzmittel, das Neemöl enthält. Beispiel: "Schädlingsfrei Neem"
  2. Die Applikation: Gründlich von unten mit der Lanze eines Drucksprühers gegen alle Blätter sprühen, dann etwas von oben. Sehr wichtig ist die Temperatur und UV-Strahlung. Niemals bei Sonne und Hitze sprühen! In den heutigen Sommern habe ich Neemöl nur spätabends ausgebracht. Neemöl verliert sofort an Wirksamkeit, wenn die Sonne drauf scheint und es heiss ist. Windstill muss es natürlich auch sein.
  3. Die Anwendungsbreite: Nicht nur Auberginen besprühen. Angrenzende Pflanzen oder Kulturen mitbehandeln. Spinnmilben befallen viele Pflanzen, will man nicht, dass sie sofort auf die Auberginen zurückwandern, muss man auch die Pflanze an den Rändern behandeln. Unkräuter sind auch Wirte - beseitigen.
  4. Weiter beobachten. Im Gewächshaus sind meistens mehrere Sprühcluster bis Herbst nötig, im Freiland weniger, nur bei anhaltend heissem Wetter, das Spinnmilbenbefall beschleunigt.

Weitere Probleme bei Auberginen:

Beginnende Braunfäule an Auberginenblatt
  1. Verticillium-Welke. Eine Krankheit durch einen Bodenpilz. Der Pilz verstopft die Leitungsbahnen, die Pflanze wird welk, stirbt dann. Wird ein welker Trieb abgeschnitten, so sieht man, dass die Gefässleitungen braun-gelb verfärbt sind. Hier gibt es keine Rettung. Deutlich welkende Pflanzen ganz entfernen, möglichst mit der Wurzel. Müll oder in einen Eimer, kochendes Wasser drüber giessen, dann kompostieren. Gut versorgte und wachsende Pflanzen an gutem Standort werden kaum befallen.
  2. Kartoffelkäfer. Ist ein Problem, wenn Kartoffelbeete in der Nähe sind. Die Larven fressen, nicht die Käfer. Sieht man Frassschäden: Pflanzen durchgehen und absammeln.
  3. Andere Milben. Es gibt neben Spinnmilben noch andere Milbenarten, die sich an Auberginen vergehen, Weichhautmilben, Blattpockenmilben. Neemöl nehmen, siehe oben. Blattläuse, eher selten an Aubergine: Dasselbe.
  4. Schnecken. Fressen auch Früchte an, wenn runde Löcher zu sehen sind waren es höchstwahrscheinlich Schnecken. Schneckenbekämpfung starten.
  5. Grauschimmel an Blütenknospe
  6. Grauschimmel. Passiert im Gewächshaus in luftfeuchten Phasen und im Herbst fast immer, wenn die Türen immer zu sind, im Freiland bei anhaltender Feuchtigkeit. Pflanzenhygiene betreiben, Luftfeuchte senken, befallene Stellen fortschaffen. Am häufigsten trifft es Jungfrüchte, auch Blütenansätze.
  7. Zu lesen ist oft von Weisser Fliege, Kraut- und Braunfäule. Das habe ich noch nie erlebt, obwohl auch schon braunfäulebefallene Kartoffeln in der Nähe waren und Pflanzen mit weisser Fliege. Braunfäule kommt erst im Herbst, wenn die Pflanzen sowieso den Abgang machen. Die Symptome sehen anders aus als an Tomaten, es sind braune, verteilte Blattflecken.
  8. Gelbe, welke Blätter von unten. Wenn die Pflanzen grösser werden, werden die unteren, älteren Blätter gerne gelb, welk und fallen ab. Das ist normal und passiert an rundum gut belichteten Pflanzen und versorgten Pflanzen weniger.
Alte Blätter - keine Krankheit
Grauschimmel an Frucht - Krankheit


Die Sache mit dem Erntezeitpunkt

Ein Dauerthema bleibt: Wann erntet mal sie? Auberginen haben die seltene Eigenschaft, sich ab einer gewissen Fruchtgrösse optisch nur noch wenig zu ändern. Sie hängen dann scheinbar unverändert weiterhin am Strauch und bilden innen ihre Kerne aus, je nach Sorte steigt das Risiko, dass sie bitter wird und dass Kavernen (Hohlräume) in der Frucht entstehen. Das Fruchtfleisch verändert sich auf jeden Fall negativer, es wird oft wattig, am Rand fester. Der beste Zeitpunkt zur Ernte ist bei etwa drei Viertel der Endgrösse und vor Beginn der Kernausbildung. Dann sind sie homogen, haben Aroma, verwendbar für alle Zwecke. Soweit der Rat. Aber wie erkennt man nun, wie weit sie ist? Die Kerne erkennt man erst, wenn man sie aufschneidet und die Endgrösse, wenn sie wirklich nicht mehr wächst und alt geworden ist. Hinterher ist man immer klüger...

Kamo im perfekten Erntezustand, noch glänzend, sieht aus wie gebohnert

Glücklicherweise zeigen uns die Früchte einiges, wenn wir genau hinsehen. Es ist die Haut, die es uns verrät. Im Verlauf des Wachstums wird die Schale wunderschön glänzend, beim Anfassen fast klebrig, der darüber streichende Finger gleitet nicht, sondern es fühlt sich an wie eine Anti-Rutsch-Fläche. Mit der Zeit beginnt ein Strukturumschlag und die Optik wechselt zu matt. Auch die Fruchtfleischkonsistenz wird anders, was man durch drücken feststellen kann. Vorher prall, nachher wattiger, aber auch zäher. Der perfekte Erntezeitpunkt liegt VOR dem matt werden. Sind die Früchte noch glänzend, aber schon gross, dann runter damit. Man kann eine Einzelfrucht etwas weiter reifen lassen, um zu sehen, wie sich Gewicht und Grösse entwickeln. Ein Vorteil ist dabei die Ernte nach Kohorten, erntet man alle Früchte gleichzeitig, dann reift die nächste Ladung auch fast gleichzeitig. Beim matt werden der ersten Frucht erntet man wieder alle ab, bevor auch die Anderen auch matt werden. Sie sind in ihrer Reife nicht weit hinter der Ersten.

 
Ebenfalls "Kamo": Haut ist matt geworden, überreif.
Überreife: Feste Kerne, Kavernenbildung. Nicht mehr optimal.

 

Verwendungstipps

Auberginen alla parmigiana

Auberginenrezepte gibts wie Sand am Meer. Will man richtig Masse verarbeiten, eignet sich am besten der europäische absolute Klassiker, Melanzane alla parmigiana. Dafür werden viele dicke Früchte benötigt, ein bis eineinhalb Kilo sind normal für eine Vier-Personen-Vorspeise. Wir machen das mehrmals im Sommer, die grossfrüchtigen Sorten wandern in den Auflauf.

Die einfachste Rezeptversion ist genau richtig, sie besteht aus 4 mindestens mittelgrossen Auberginen, stark eingekochten Tomaten mit Basilikum, 120g geriebenem Parmesan. Die Auberginen in Scheiben werden gesalzen, trocken getupft, dann mit etwas Mehl paniert und in Olivenöl beidseitig gebraten. Wechselweise in Auflaufform einschichten, unten Auberginen, dann Tomate und Käse, nochmal Aubergine, Tomate, Käse. 15-20 Minuten bei 200°C backen, lauwarm essen als Vorspeise oder mit Sauerteig-Weizenbrot als Hauptgericht.

Ein weiterer europäischer Auberginenklassiker ist südfranzösisches Ratatouille.

Sehr simpel und immer möglich: Braten der 1cm dicken Scheiben in Olivenöl. Das ist aber eine Kunst für sich und schwieriger als es aussieht, zu leicht wird es ein Olivenölorgie oder die Auberginen sind nicht durch, dafür aussen schwarz. Dafür sind alle Arten von Auberginen verwendbar. Das Öl sollte ziemlich heiss sein, bevor man die Auberginen anbrät, ausserdem sollte man die Auberginenscheiben vorher salzen, damit sie etwas Wasser schwitzen und eventuelle Bitterkeit vermindert wird. Einfacher gehts, wenn sie von oben her im Backofen angeröstet werden.

Haltbar machen für den Winter ist leider ein Schwachpunkt dieser Fruchtgemüseart. Trocknen, einlegen, blanchiert oder gebraten einfrieren, das geht alles, aber das Ergebnis wird blass, den Aufwand kaum wert, nicht mehr gut weiterzuverarbeiten. Gewiss gibt es tolle Rezepte, eingekochte Chutneys, Tipps fürs Einfrieren - aber das bleiben meistens einmalige Aktionen, weil es sich einfach nicht lohnt. Auberginen eingelegt werden zu Füllstoff, ihr Aroma ist ohnehin nicht stark, es dominieren Gewürze und andere Zutaten. Die meisten Sorten werden recht weich.

Japan kennt viele alte und erstklassige Auberginenrezepte. Typisch sind Miso-Auberginen (Nasu Dengaku, am besten Kamo Aubergine dengaku) oder mit Teriyaki-Sosse. Die japanischen Gerichte benötigen mässig grosse, festfleischige Sorten.

In China ist sie ein typisches Sommergemüse, gerne als Pfannengericht gebraten oder geschmort. Populär sind schmale Auberginen, lange wie kurze Sorten. Typisch: Yu Xiang Quie Zi, Szechuan-Küche.

Thailand dürfte das Epizentrum der Auberginen sein. Hier gibt es sogar eine weitere verwandte Art, Solanum virginianum, kleinere Früchte, teilweise sehr stachelig. Thai-Auberginen der weltweit verbreiteten Standardart Solanum melongena sind auch sehr viele eigenständige, besondere Sorten mit ungewöhnlichen Farben und Aromen. Klassiker daraus: Viele Currygerichte mit Aubergine.

Die Arabische und Türkische Küche kennt ebenfalls viele Auberginenrezepte. In einem Baba Ganoush wandert sie in Sesampaste und wird zum Dip. Das türkische Imam Bayildi schmort sie. Dort wird sie allerdings auch gerne mit Hackfleisch zusammengebracht. Auberginen sind mir jedoch bei vielen Rezepten aus dem Nahen Osten zu sehr Füllstoff, ihnen wird zu wenig Eigenständigkeit zugetraut. Populäre Sorten von dort sind entsprechend meist eher an Ertrag und Optik, nicht an Qualität orientiert.

Eines meiner Lieblingsrezepte kommt aus Indien. Auberginen mit Kartoffeln, Baingan Aloo. Typisch gewürzt, saugut, gegessen mit Roti oder Paratha.

Guten Appetit!

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