Nutzgärtner, die über viele Erfolge berichten und schöne Bilder zeigen, sind verdächtig. Es gibt keinen Nutzgarten, in dem alles gelingt und gut aussieht. Von den Kulturen, die ich im Garten stehen habe, dürfte regelmässig ein Viertel so viel Probleme haben, dass sie als ziemlich gescheitert angesehen werden müssen. Und wenn ganz neue Nutzpflanzen ausprobiert werden, dürfte die Quote sogar bei 50% liegen. Dicke Ernten sind schön, aber direkt daneben läuft immer einiges schief. Leute, die kaum Probleme haben, haben immer eine Kombination aus vielen seltenen Ressourcen oder sie lügen. Sehr viel Zeit, Gunstlage, Glück mit dem Wetter. Da gibt es dann auch Jahre, die man vorzeigen kann. Aber schon ein Jahr später kann es wieder ganz anders aussehen und es stellt sich heraus: Ausnahme, nur mal Glück gehabt.
Auch dieses Jahr gab es einen Strauss alter und neuer Reinfälle bei mir. Manchmal lässt sich ergründen, woran es lag, manchmal bleibt es ein Rätsel. Meistens bleibt es bei Vermutungen, die mit Indizien unterlegt sind. Stellen wir also die Hitliste der Gartenversager 2019 auf.
Platz 4: Yakon
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Yaconpflänzchen im Oktober - nach 5 Monaten Entwicklung |
Hatte ich schon 2018 und konnte da mit viel Bewässerung ein paar Knollen ernten. Dieses Jahr blieben die Pflanzen winzig klein oder gingen sogar kaputt. So langsam schält sich aus heraus, warum das so ist. Wie alle diese "Neuentdeckungen" stammt sie aus Hochlagen der südamerikanischen Tropen. Das Klima dort unterscheidet sich signifikant von dem Mitteleuropas. Die Vegetationszeit ist viel länger, keine Hitzespitzen, warme Nächte, gleichmässige Niederschläge. In unserer trockenen Sommerhitze bleiben die Pflanzen im Wachstum stehen, um dann viel zu früh im Oktober oder sogar September vom Frost erwischt zu werden.
Die Yacon dieses Jahr stand sonniger wie letztes Jahr und auf flacherem Boden. Beides mag sie nicht. Tief und feucht sowie Nachmittagsschatten gefallen ihr viel besser. Und keine Monate mit >30°C, um dann früh in den ersten Bodenfrost zu stürzen, nach dem sie sofort ihr Grün einbüsst.
Platz 3: Ulluco
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Ulluco am Ende der Vegetationsperiode |
Noch so eine südamerikanische Knolle. Gepflanzt, versagt. In der Sommerhitze zeitweise so sehr, dass man den Eindruck hatte, sie geht ganz drauf. Aber sie überlebte, fing erst im September zart zu wachsen an, im Oktober erreicht sie wieder den Pflanzzustand, wenigstens verträgt sie leichten Frost, wächst aber nicht mehr richtig. Die Knollen blieben winzig, eigentlich sollen sie grösser sein und lustig punktiert aussehen. In Südamerika ist sie eine Pflanze der Höhenlage zwischen 3000 und 4000 Meter in der Tropenzone. Bei uns das übliche: Viel zu heiss, viel zu kurze Phasen mit normalen Temperaturen, zu trocken. Ihr fehlen mehrere Vegetationsmonate mit Temperaturen von 10-20°C.
Platz 2: Maca
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Macapflanze, trauriger Rest |
Die nächste Knolle, die versagt, eigentlich eine Rübe). Und sie treibt es noch schlimmer. Im Ursprungskontinent Südamerika wächst sie auf bis zu 4500 Meter und hält einiges an Frost aus. Angeblich schafft sie das Wachstum auch unter extremen Bedingungen. Immerhin ging sie bei mir auf und wuchs auch eine Zeitlang, wenn auch sehr langsam. Es ist ein Kreuzblütler und gehört zur Gattung der Kressen. Dann passierte das, was allen Kreuzblütlern hier mittlerweile passiert: Massenhaft Kohlerdflöhe machen sie nieder, dazu kamen noch Bodenläuse. Man konnte die von den Erdflöhen abgefressenen Reste recht leicht aus dem Boden ziehen, unten waren noch andere Lauskolonien dran. Totalschaden durch Schädlinge. Dass sie angeblich auch von Schnecken abgefressen wird, spielte bereits keine Rolle mehr, die anderen Schädlinge waren schneller. Daran wird sich auch nichts ändern, die Schädlinge sind ohne intensiven Einsatz der Agrochemie nicht zu beherrschen. In den Anden gibts die hiesigen Schädlinge in grossen Höhen nicht.
Platz 1: Eissalat
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Eissalat: Schlechter Start |
Mal etwas, das nicht aus Südamerika stammt, dafür um so trauriger. Und früher durchaus erfolgreich im Garten angebaut. Doch diese Zeiten sind vorbei. Nicht nur bei mir, auch andere Nutzgärtner in warmen Lagen wie meiner berichten dasselbe: Totalschaden bei den gut schmeckenden alten Sorten wie "Laibacher Eis" oder "Grazer Krauthäuptel". Schade, einer meiner Lieblingssalate ist damit dahingegangen.
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Eissalat: Baldiger Hitzetod |
Es handelt sich damit beileibe nicht nur um den Sommeranbau. Bereits im Frühjahr klappt es nicht mehr. Der ausgepflanzte Salat verbrannte, so wie 2018 und mehrfach in den Jahren vorher. Im Juni, in seiner Hauptwachstumszeit steigen die Temperaturen bereits weit über 30°, früher war das die absolute Ausnahme und heute die Regel. Der Salat stellt das Wachstum ein, die Blätter sind ab Mittag schlaff. Viel giessen hilft da nichts mehr. Sie nehmen von den äusseren Rändern her eine rote Färbung an, dann gehen die Pflanzen Stück für Stück ein oder schliessen ohne Kopfbildung. Wahrscheinlich geht es noch mit Sprühwasserkühlung, aber Nebeldüsenkonstruktionen und Wasserverbrauch übersteigen meine Möglichkeiten. Wenn ich schon im Juni mit Wasser kühlen muss, ist mein Wassertank im Juli leer und ich kann den Rest des Gartens stillegen. Oder muss Leitungswasser nutzen, das grösstenteils vom Bodensee hergepumpt wird und das ich teuerst bezahlen muss.
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Eissalat im Wetterwandel |
Herbstanbau geht genauso wenig. Ich muss dafür im August pflanzen, da ist es zu heiss. Schon die Keimung ist schwierig, Direktsaat unmöglich. Seit Jahren bekommt man ihn nur noch in einer Pflanzplatte zum keimen, die im kühlen Keller steht. Auch der Vollschatten im August ist zu heiss für eine Keimung. Der kommerzielle Profianbau hat ebenfalls Ausfälle von über 50%, nutzt spezielle moderne Sorten. Neuzüchtungen schön und gut, aber ich habe nur welche mit starken Abstrichen beim Geschmack erlebt. Grün gefärbtes Knitterpapier, süsslich, optimiert auf Konsistenz, Optik und automatisierte Feldtechnik, Geschmack irrelevant. Die Salatklassiker sind nicht süsslich, sondern säuerlich mit einer Spur Herbheit, im Aroma eine Kombination aus Butter und grünem Blatt. Wozu Knitterpapier anbauen? So etwas kann ich auch billig kaufen. Laibacher Eis und den Grazer Krauthäuptel nicht.
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