Samstag, 9. Oktober 2021

Sugar, Sugar

"Sugar, Sugar" ist eine Hymne der Bubblegum-Musik betitelt. Gesungen in "The Archie Comedy Hour" von CBS-TV, https://www.youtube.com/watch?v=h9nE2spOw_o - der erfolgreichste Hit des Jahres 1969:

 

Das ist Lied ist so künstlich wie raffinierter Kristallzucker, die Band gab es gar nicht, es war eine Studioproduktion aus der Retorte mit einzeln engagierten Musikern. 

Um Zucker geht es sehr oft. Am Zucker hängts, am Zucker drängts. Auch beim Obst dreht sich immer sehr viel, zuweilen auch alles um den Zucker - jedes Jahr von Neuem. Die Süsse des Obsts ist entscheidend, saure Äpfel und Birnen sind kein Hit. Von einigen Obstsorten messe ich regelmässig den Zuckergehalt, das sagt viel aus über den Reifezustand, wie das Sommerwetter gelaufen ist und er hilft manchmal, unklare Sortenzuweisungen zu klären. Warme Jahre mit langem Herbst und genug Feuchtigkeit, aber keine Pilzkrankheiten sind das Optimum beim Kernobst, sie bringen viel Zucker in die Früchte. Sugar, sugar. Auch dieses Jahr habe ich einige Sorten gemessen.

Wie messen?

Refraktometer für Zuckerbestimmung von Früchten

Anfangs nutzte ich ein Aerometer, das ist eine Spindel aus Glas, die man bei 20°C im Saft schwimmen lässt. Je nach dem wie tief sie eintaucht, kann man damit das Mostgewicht des Safts messen und daraus den Zuckergehalt ableiten. Je mehr Zucker gelöst ist, desto schwerer der Saft. Diese alte und aufwendige Methode nutzt keiner mehr, seit Refraktometer sehr billig geworden sind.

Ein Refraktometer ist ein optisches Gerät, das Zuckergehalte aufgrund der Lichtbrechung messen kann. Ein Tropfen Saft reicht, der kommt aufs Objektiv und dann hält man das Gerät ins Licht. 

Skalen Brix, Öchsle, KMW/Babo
im Refraktometer

Zucker im Saft verändert die Lichtbrechung, was sich auf einer Skala abtragen lässt. Dort ist dann der Zuckergehalt abzulesen, die gebräuchlichsten Einheiten sind Öchsle, Brix, KMW (Klosterneuburger Mostwaage), Beaume. Grad Öchsle sind in Deutschland für Most sehr verbreitet und immer mehr auch Grad Brix. Da in englischsprachigen Ländern Brix verwendet wird, setzt sich diese Einheit durch, wie alles von dort, ob sinnvoll oder nicht. Öchsle sagt aus, wieviel Gramm der Liter Most wegen des Zuckergehalts mehr wiegt wie der Liter Wasser. Brix macht Aussagen über die Flüssigkeitsdichte von Saccharose in Wasser. Zehn Grad Bix beschreiben eine Dichte wie sie zehn Gramm Saccharose in 100g Saccharose-Wasser-Lösung machen, also einer zehnprozentigen Saccharose-Lösung. Der Zuckergehalt ist mit diesen Einheiten nur ungefähr bestimmbar, weil auch andere Inhaltsstoffe die Messung beeinflussen, auch die Temperatur, die genauen Arten des Zuckers - Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide? Egal wie die Skala aussieht, relative Aussagen lassen sich damit recht gut machen.

Ergebnisse

Die Ergebnisse der Messung am 9.10.2021 in Grad Öchsle, Umrechnung in Brix siehe hier.

Brettacher, Schnitz entnommen zur
Zuckerbestimmung

Äpfel

  • 64° OE Roter von Simonffi. Essreif, Rosenaroma, herrlicher Herbstapfel.
  • 58° OE Rebella. Schon etwas abgebaut, mehrfachresistenter Herbstapfel.
  • 65-70° OE. Zabergäu Renette. Reift etwas folgernd. Lagerfähige Renette, pflückreif aber muss noch liegen.
  • 49° OE Glockenapfel. Ausgesprochen sauer. Wirkt unreif trotz gelber Fruchtschale. Brr.
  • 56° OE Bionda Patricia. Sehr saftig, essreif.
  • 72° OE Gala. Vollsüss, vollsaftig. Heftig. Viel Aroma, essreif.
  • 66° OE Schöner von Boskoop. Fast essbar. Eine rotschalige Mutante. Sortentypisch. Starker Behang.
  • 71° OE Parkers Pepping. Hat noch viel Säure, muss lagern. Fruchtfleisch sämig.
  • 96° OE Pilot. Verstehe ich nicht. Mehrfache Messungen, der Wert stimmt. Direkt am Kernhaus hatte das Fruchtfleisch auch 92° OE. Sorte stimmt, alles typisch. Wieso hat der so viel Zucker?
  • 55° OE Idared. Der Schneewittchenapfel, aussen rot, innen schneeweiss. Essreif, jetzt gut, kann aber noch hängen.
  • 65° OE Jonagold. Immer noch Hauptmarktsorte, süss, essreif, Golden Delicious-Würze. Verursacht bei mir Allergie, wunden Mund - wie der Golden, eine Elternsorte.
  • 66° OE Pomgold. Säulenbaum, schwacher Behang dieses Jahr, reif. Bei starkem Behang viel weniger Zucker.
  • 66° OE Orleans Renette. Fruchtfleisch vom Boskoop-Typ, aber mehr Aroma, schon essbar.
  • 90° OE Red Obelisk Zierapfel. Bröseliges Fruchtfleisch, wenig Saft, bitter.
  • 76° OE Goldparmäne. Reif, edel, letzter Baum, die Sorte stirbt an Rindenbrand.
  • 54° OE Kiku, ein Fuji-Klon. Geklaut von der benachbarten Plantage. Süsslich-leer, Kernhaus glasig. Verursacht Allergische Reaktion im Mund.
  • 61° OE Brettacher. Muss noch lagern, die spritzige Langlagersorte, meine Hauptsorte.

Birnen

  • 57° OE Boscs Flaschenbirne. Essreif, gross, etwas langweilig. Zimtfarbene Berostung.
  • 75° OE Madame Verte. Noch viele unreife Aromen. Lagerbirne.
  • 43° OE Conference. Früher Blattverlust, nicht gesund.
  • 56° OE Josefine von Mechelen. Lagersorte, aber durchaus schon essbar, Optik aber sehr unreif.
  • 80° OE Gräfin von Paris. Sehr süss, aber noch fest.

Quitten

  • 60° OE Unbekannte Apfelquitte. Vielleicht ein Sämlingsbaum. Quitten reissen leicht auf.
  • 56° OE Riesenquitte von Lescovac. Hat noch deutlich Gerbstoffe, Überbehang.
  • 68° OE Zitronenquitte. Lecker, roh essbar.
  • 69° OE Cydopom. Nicht ganz reif, noch viel Säure aber nicht mehr viel Gerbstoffe.
  • 59° OE Cydora. Sollte noch hängen, nicht ganz reif.

Alle vorhandenen Sorten sind es nicht. Einige Äpfel von Jungbäumen mit wenig Ernte wie z.B. der rote Bellefleur, Zuccalmaglio fehlen, sehr späte Birnen auch, Sommersorten wie der Gravensteiner, Piros, Schöner von Bath, Klarapfel, Georg Caves sowieso und auch einige Quitten.

Fazit

Äpfel Sorte Pilot

Die Überraschungen sind die ungewöhnlich hohen Zuckergehalte des Apfels "Pilot", eine DDR-Züchtung aus Pillnitz von 1962. Die Sorte hat sehr zähes und hartes Fruchtfleisch, lässt sich aber sehr lange lagern und schmeckt ab etwa März, da wird er weicher und gefälliger. Überraschend auch die Zitronenquitte (Limon Ayvasi), die sogar roh ganz gut kommt und auch viel Zucker hat. Die Früchte waren allerdings alle etwas deformiert, vielleicht eine Frostfolge, so wie Frostzungen bei Äpfeln. Auch Cydopom schaffte gute Werte, der schwache Behang begünstigte das.

Andere Sorten lagen fast alle etwas besser wie im langjährigen Mittel Dank ausnahmsweise genug Niederschlägen und warmen aber nicht heissen Temperaturen. Die Lubera-Züchtung Bionda Patricia enttäuschte etwas, für einen Lagerapfel etwas leichte Früchte mit nicht viel Zucker. Sorten mit wenig Behang hatten noch zusätzlich Zucker, wenn der Baum wenig Früchte versorgen muss werden sie süsser.

Zuckergehalte sagen nichts über Reife, Lagerfähigkeit, Aroma aus. Der Süsseindruck wird nicht nur von Zucker, sondern vor allem vom Säuregehalt bestimmt. Da Säuren aber mit der Lagerdauer abgebaut werden, werden zuckerreiche Äpfel schliesslich süss bis sehr süss. Und haben viel Energie eingelagert, von der sie zehren können. Die Äpfel leben ja nach der Ernte weiter und veratmen den Zucker. Oder wir veratmen ihn, wenn wir ihn essen.

Auch nächstes Jahr wird es wieder heissen "sugar, sugar" - aber für den Nutzgärtner nicht für die Suche nach Bonbons aus Rübenzucker, sondern zur Skala des Refraktometers. Und küssen darf man die prallen, rotbackigen Äpfel auch. 

Nachtrag

Von einigen noch am Baum hängenden Früchten habe ich zehn Tage später nochmal den Zuckergehalt gemessen: Parkers Pepping lag jetzt bei 84° OE und entwickelte mehr Aroma; Zabergäu Renette 77° OE, Cydora liegt jetzt deutlich über 62°. Im ruhigen Herbstwetter wurde weiter kräftig Zucker eingelagert.

Sonntag, 3. Oktober 2021

Tafeltraubentest: Sorte Suffolk Red

Suffolk Red

Die Tafeltraube "Suffolk Red" ist eine alte amerikanische Sorte, gezüchtet von John Einset an der Cornell Universität New York. Dieser Züchter erschuf eine Vielzahl interessanter Sorten, darunter auch "Lakemont", die bis heute sehr populär ist und kernlos, so wie Suffolk Red. Entstanden ist Suffolk Red bereits 1935 aus einer Kreuzung von Fredonia mit Russian Seedless 136 (Black Monukka), die ersten Früchte konnten 1941 verkostet werden. Einen Namen bekam sie erst 1972. In den USA scheiterte sie, weil sie für das kontinentale Klima jenseits der Küste zu wenig frostfest war.

Seit vielen Jahren wächst sie auch in unserem Garten. Es ist eine unserer leckersten Trauben, leider auch mit gewaltigen Nachteilen ausgestattet. Die Kurzübersicht der Testwertung:


Wuchs und Krankheiten

Laub von Suffolk Red

Suffolk Red wächst sehr stark. Nach deutlichem Rückschnitt schafft sie problemlos mehrere Meter Neutrieb. Die Äste sind kräftig, für eine grosse Pergola wäre sie das richtige grüne Dach. Auch ihre Blätter werden recht gross. Hat man nur wenig Platz, ist sie nicht zu empfehlen. Der nötige Dauerschnitt ist mühsam und die Erträge sind gering.

Früher Oidium-Befall

Krankheiten und Probleme hat sie leider auch einige. Ihre Anfälligkeit auf echten Mehltau ist deutlich, vor allem wenn sie nicht windoffen steht. Stehende Luft, Wärme, das begünstigt Mehltauinfektionen sehr und Suffolk Red leidet darunter. Falschen Mehltau hat sie seltener. Ihr zweites grosses Problem ist Stiellähme und ein schwaches Traubengerüst. Die Trauben brechen sehr leicht auseinander, schon ein kräftiger Wind kann sie abreissen, vor allem die grossen, schönen und deshalb schweren Trauben. Auch junge grüne Triebe reissen leicht bei Wind ab - anbinden! Teile des Traubengerüsts sterben häufig ab, die Beeren werden dann schlaff, klein und bleiben sauer. Dagegen kan man nichts machen. Ihre Frostfestigkeit könnte auch besser sein, absterbende Triebe sind aber bei einer so stark treibenden Sorte nicht schlimm, sie schiebt sofort neue lange Ranken.

Obwohl es eine rote Sorte ist, habe ich wenig Kirschessigfliegenbefall beobachtet. Auch die Platzfestigkeit und Wespenfrass sind nicht sonderlich problematisch, da liegt sie auf der günstigen Seite. Wie alle Sorten mit kleinen, handlichen Beeren sind Vögel sehr scharf auf sie. Also doch wieder Organzabeutel, sondern sorgt der Vogelfrass für schnellen Totalverlust. 

Geschüzt sind sie gut haltbar

Ertrag und Pflege

Behang eher locker

Insgesamt hat sie wegen der Probleme keine hohe Ertragssicherheit. Der Fruchtansatz ist mittelmässig, Ausdünnungsarbeiten selten nötig. Optisch sieht es erst anders aus, viele Gescheine, viel Fruchtansatz. Aber Gescheine, die ungünstig stehen verrieseln oft ganz oder teilweise. Dann hängen nur ein paar Beeren an den Trauben. Ausserdem sind die Beeren klein und hängen locker. Ihre Kiloerträge sind ebenso mässig. 

Schnittpflege ist sowieso immer nötig weil sie sonst davonwächst, Behandlung gegen echten Mehltau ist angeraten.

Suffolk Red, verhältnismässig grosse Traube

Trauben und Beeren

Kernlose Beeren

Wenn die kleinen Beeren rosa werden, wird sie sofort essreif, was je nach Klima von Ende August bis Mitte oder sogar Ende September eintreten kann. Süss sind sie sogar schon vor dem umfärben. Die Beerenhaut ist weich, gut. Innen sind sie fleischig, aber ebenfalls weich, angenehm in der Struktur. Und natürlich kernlos. Theoretisch können die Trauben sehr lange hängen, praktisch bricht das Traubengerüst irgendwann.

Inhaltsstoffe, Aroma und Verwendung

Hängen sie eine Weile, erreicht sie sehr hohe Zuckerwerte, ich habe schon über 110° OE gemessen. Zucker, Säure, Aroma sind allesamt kräftig vorhanden, was sie zu einem wirklich guten Geschmackserlebnis macht. Da sie so gehaltvoll ist, kann man auch nicht viel davon essen, hätte sie grössere Beeren würde sie sehr schnell satt machen.

Getrocknet werden sie zu Rosinen

Ihr Aroma hat einen leichten, sehr angenehmen Labrusca-Ton, wie Fruchteis oder etwas Erdbeere. Das sticht aber nicht hervor, zusammen mit leckerer Säure und viel Zucker schmeckt sie Jedem. Besonders Kindern, die häufig auf kernlose Trauben in fruchtigsüssem Stil stehen und die rosa Farbe toll finden.

Frisch gegessen macht sie viel Spass. Saft lohnt sich nicht, dafür hat sie zu wenig Masse. Getrocknet sind die Beeren ein Hit, das ergibt erstklassige Rosinen. Nebenbei kann man damit alle Übermengen sehr gut haltbar machen. Von Suffolk Red verdirbt nie etwas. Essen oder Trocknen.

Hintergrundinformationen zum Standort

Wächst an einem Schuppen auf flachgründigem, schweren Boden. Milde Winter, aber manchmal harte Temperaturstürze. Früher Austrieb, deshalb immer Spätfrostgefahr. Keine oder wenig Düngung. Gegen echten Mehltau behandle ich mehrmals zur Blütezeit. 



Sonntag, 26. September 2021

Fehlschläge des Jahres

Seine dicksten Melonen, die buntesten Tomaten, die längsten Bohnen, sein trickreich gezogenes exotisches Obst, das stellt jeder Gartenfreund gerne vor. Zu den Fehlschlägen und Reinfällen hält man sich gerne deutlich bedeckter, obwohl so mancher Nutzgärtner Jahr für Jahr mehr Fehlschläge wie Erfolge erlebt. Aber da muss man durch: Was waren die grössten Reinfälle dieses Jahr? Hier meine Jammerliste:

 

Lügende Rüben: Teltower Rübchen gefälscht

Richtiges Bild, falsches Gemüse

Ich hätte es wissen müssen, schon die Beschreibung war nicht ganz koscher. Das Bild auf dem Samentütchen zeigte aber ganz eindeutig Teltower Rübchen. Die Rückseite der Tütchens beschrieb allerdings den Anbau von Gurken. Leider war der Inhalt auch Gurke. Das stellte sich dann heraus, als ich mein Lieblings-Wurzelgemüse "Teltower Rübchen" auch dieses Jahr im August auf extra grossem Beet ausgesät hatte. Die Pflanzen wuchsen kräftig, grosse Freude. Bis ich merkte, was unten dran war: Gewöhnliche rundovale weisse Mairüben. Die sind geschmacklich was völlig anderes, auch viel schlechter haltbar und hätten mit mehr Abstand gesät gehört, diese Sorten sind zudem weit billiger. Keine Teltower Rübchen für mich dieses Jahr, das ist bitter. Für eine erneute Einsaat war es zu spät. Und sowas wird in Raiffeisenmärkten verkauft... liebe Firma Dürr: Nie wieder. Traurig ist auch, dass selbst in Saatgutfirmen die Kompetenz von Gemüse und Gemüsesorten so weit abgesoffen ist, dass es offenbar nicht mehr auffällt. 

Gurken? In der Tat.

 

Tomaten: Das Ende der schönen Tomatenzeit

Tomaten, nix wars. Braunfäule, das wars.

Die letzten Jahre waren ausnahmslos trocken und heiss. So viele Nachteile das hatte, ein Vorteil davon war: Plötzlich gelang jede Tomatensorte. Tomatenanbau für Dummies im Freiland, alles klappte. Man gewöhnte sich sehr schnell daran. Dieses Jahr kam der Rücksturz in alte Zeiten, viel Blattfeuchte sorgte in unserer Region für den kompletten Zusammenbruch der Freiland-Tomatenkulturen bereits Mitte Juli. Flächendeckend. Königin Braunfäule regierte wie eh und je und frass sich durch Früchte wie Pflanzen. Wie gut hatten wir diese früher häufige Entwicklung verdrängt, wie bitter war der Zusammenbruch nun. Ein böses Erwachen. Die letzten Jahre hatten wir wenig anfällige Sorten nicht mehr ernst genommen, es klappte auch so. Behandlungsmittel gegen Braunfäule haben wir ignoriert, braucht man nicht. Wer sich dieses Jahr  angesichts mühevoll gezogener und dann abgefaulter Pflanzen des Pflanzenschutzes erinnerte, stellte obendrein fest, dass eine wichtige Mittelgruppe nicht mehr verfügbar und nicht mehr zugelassen war.

So ähnlich lief es übrigens auch beim Wein: Totalschaden durch Echten und falschen Mehltau nach vielen Jahren, in denen auch empfindliche Sorten was wurden.

 

Feigen: Es klappt einfach nicht

Raupe, Gespinst, Kot, Löcher in Feige

Feigen sind Mode, viele Leute glauben "Klimawandel = Jetzt kann man Feigen pflanzen". Discounter verkaufen Jungpflanzen, in Foren hat man manchmal den Eindruck, es gäbe kein anderes Obst mehr, so viel wird drüber diskutiert.

Die Praxis ist weit ernüchternder, jedenfalls an vielen Orten. Feigenbäume wachsen zwar tendentiell besser als früher und schaffen es auch öfter, etwas Grösse zu erreichen, aber ausserhalb geschützter Zonen wie Kübel, direkt an Hauswand, in Innenhöfen, grossen Städten, Gunstlagen sind die Erfahrungen mit reifen Früchten anhaltend frustrierend. Obendrein hat sich in ganz Deutschland auch noch ein Schädling verbreitet, der Feigenspreizflügelfalter. Dessen Raupen fressen sich fast den ganze Sommer durch die Feigenblätter und legen Gespinste an. Keine Früchte, dafür ein Extraschädling, das frustriert.

Was passiert? Sie setzen gut an, stehen durch die warmen Winter schnell im Saft und dann beenden die üblichen Frostnächte zu den üblichen Terminen Ende April die Ernte gründlich. Feigen tragen zwar theoretisch mehrmals im Jahr, aber die erneut im Sommer angesetzten Früchte werden so wie früher grösstenteils nicht mehr reif. Ein paar Leute mit Gunstlagen und Kübelkultur schreiben aber endlos in Foren inclusive beeindruckender Bilder, so dass der Eindruck entsteht, nun ginge überall was. Tut es nicht. Auch dieses Jahr sind meine 2,5m - Feigen voller schöner Früchte. Und auch dieses Jahr wird es nur ein paar Probierfrüchte im Oktober geben, der Rest krepiert und mumifiziert im Winter, weil er nicht reif wird. Die Sommerernte starb im Winter und der Rest im April den Frosttod. Letztlich sind es wieder nur raupenzerfressene Platzverschwender gewesen.

 

Frostschäden: Schlimmer denn je

Junge Kirschen nach Frostnacht. Aus.

Baumobst war generell ein Fehlschlag, auch dieses hoffnungsvolle Jahr und leider nicht nur bei Feigen. Das letzte gute Erntejahr ist über fünf Jahre her, aber schon davor wurden die Ausfälle zur Regel. Danach kam ein Jahr mit Jahrhundertfrost, zwei Jahre mit Jahrtausendtrockenheit und faulenden Trockenfrüchten am Baum, dann nochmal Frost. Mittlerweile ist es amtlich: Alle Winter wurden ausnahmslos wärmer, der Austrieb begann früher, frühere Blüte - und Frostnächste pflügen sich unverändert wie eh und je im April und oft auch Mai durch Blüten und Jungfrüchte. Damit sind zerstörende Frostschäden nicht mehr Ausnahme, sondern Norm geworden. Bestes Beispiel sind Kiwis: Die sind dreimal abgefroren. Austrieb, Frost, Austrieb, Frost, Austrieb, Frost. Die kommerzielle Kiwiplantage in der Gegend hier hat so massiv und dauerhaft frostschutzberegnen müssen, dass danach das Wasser tagelang in der Anlage stand, das sah aus wie ein neuer grosser See. Die entstandene Staunässe schädigte schliesslich auch die Wurzeln.

Und so endete viel Arbeit, Pflege und Mühe auch 2021 wie so viele vorigen Jahre schon im April: Steinobst 95% Schaden, auch die sehr robusten Sorten. Nur eine Handvoll Pfirsiche, Zwetschgen, Mirabellen, Kirschen, Renekloden. Keine Mandeln und Aprikosen, daran haben wir uns aber schon als Dauerzustand gewöhnt. Birnen Ausfall bis sehr schwach, Äpfel Totalschaden an frühblühenden Sorten, spätblühende Sorten mit besserem Ansatz. Wenigstens das, sonst wäre es wieder einmal ein Komplettausfalljahr geworden.

Montag, 20. September 2021

Melonen: Mehr Sorten und Schwemme trotz Kaltjahr

Reife Melonen dieses Jahr

Schon wieder Melonen. Die Gartenzone ist teilweise ein Melonenblog geworden. Aber die Dinger sind einfach zu lecker und es macht zu viel Spass, sie auszuprobieren, sie anzubauen. Gekaufte Ware wird unter viel besseren klimatischen Bedingungen angebaut, trotzdem macht die perfekte Ausreife und Frische der eigenen Melonen diesen Vorteil mehr als wett.

Eigentlich war es ein denkbar ungünstiges Jahr für Freilandmelonen. Eiskalt wars bis Anfang Juni, bis dahin keine Auspflanzung möglich. Dann zwei Wochen extrem heiss, was die jungen Pflanzen stark stresste oder ganz verbrannte. Dann Kälte und Regen bis zur Reife - was soll da aus den Mimosen des Nutzgartens werden?

Melonenbeet 14. September

Es wurde was, auch wenn ein heftiger Kampf gegen Krankheiten geführt werden musste. Die mit den Jahren immer weiter optimierte und auch in der Gartenzone hier beschriebenen Anbautechniken haben das stetig verbessert. Verluste gab es natürlich. Schalenschäden durch lange Regenphasen waren häufig, Krankheiten. Die erste Melone wurde erst Anfang-Mitte August reif, ab Mitte August vereinzelt weitere und erst ab Ende August kam die Haupternte. Die kam mit Wucht, zeitweise habe ich sechs Melonen täglich geerntet. Das kann man nicht mehr essen und muss verschenkt werden. Kinder und Familie waren auch nicht mit dreimal täglich Melone zu begeistern. Haltbar machen kann man Melonen leider nicht. Die Schwemme ging ab Mitte September in einen vertröpfelnden Strom über. Krankheiten erfassten zwei der drei Beete, Nachtkälte bewirkten Mehltau und schwächere Zucker- sowie Aromabildung. Immerhin schafften es manche Sorten bis jetzt und liefern weiter. Andere Jahre lagen bei der Reife drei Wochen früher. Auch der Zuckergehalt erreichte dieses Jahr keine Rekordwerte, blieb aber mit 10-15% niedrigeren Werten im Rahmen. Melonenkrankheiten nahmen von Anfang an kräftigen Anlauf, waren aber so weit zurückzudrängen dass die Haupternte noch gut durchging. In solchen Jahren zeigt sich auch, welche Sorten trotzdem Aroma und Erntemengen bringen. Die Erfahrungen damit und auch einigen erstmals angepflanzten Sorten:

Charentais

Melone "Charentais" bereits mit Schalenrissen

"Charentais" ist sowohl eine Sorte als auch ein Typ von Melonen, vermutlich die Urmutter der Charentaismelonen. In den meisten Jahren kommt sie in unseren Garten, auch dieses Jahr. Im Aroma halten sie Viele für ungeschlagen, zur Spitzengruppe gehört sie auf jeden Fall. Im Duft hat sie etwas kräftig erdbeerartiges, wenn sie reif ist, sie duftet überhaupt sehr stark und schmeckt auf dem Höhepunkt intensiv, hat Umami, Moschus, Gartenbeeren. Gekühlt kommt Vanille stärker. Ich merke beim Gang durch den Garten schon am Duft von weitem, wenn welche reif werden. Gut ausgereift liegt sie bei bis zu 65° OE Zuckergehalt (15,9° Brix). Hier die Beschreibung aus früherem Anbau. In der Konsistenz liegt sie im Idealbereich, zart, aber gleichzeitig fest genug um sich kauen zu lassen. Gewicht dieses Jahr 600-1000g, fünf Melonen pro Pflanze wenn gut versorgt. 

Schäden nach nur einem kräftigen Regenguss

Nachteile: Sehr regenempfindliche Sorte. Die Schale im Stielbereich bekommt nach Regenfällen glasiggrüne Zonen, was dieses Jahr sogar als Regel passiert ist weil es oft regnete. Sehr kurzes Fenster zwischen Vollreif und beginnender Gärung (Pattexgeschmackston) und eine ärgerliche gleichzeitige Reife der meisten Früchte. Man wartet ein Jahr, hat dann einen Stapel reife Charentais auf einmal die man nicht mehr essen kann. Oder es regnet und sie platzen, gären alle miteinander. Dann wieder ein Jahr Pause. Mittlerweile weiss ich: Ernten bei beginnendem Farbumschlag, nicht erst wenn der Stiel von selbst löst oder gar grössere Risse auftreten. Das ist zu spät. 

Die Schale von "Charentais" ist sehr empfindlich

Als sehr alte samenfeste Sorte gibt es eine grosse Bandbreite innerhalb der Sorte. Dieses Jahr waren meine Charentais alle sehr glattschalig und noch empfindlicher. Samen aus anderer Quelle erbrachten Melonen mit leichtem Netzmuster und mehr Grössenvariation. Welche Variante man bekommt, ist leider Zufall. Es lohnt sich sicher, gute Kultivare selbst zu vermehren. Vorsicht, Melonen verkreuzen sich sehr leicht.

Melone "Charentais" - bleibt etwas kleiner

 

Petit Gris de Rennes

Beet mit vielen Melonen Petit Gris de Rennes
Stücke Petit Gris de Rennes. Hochklassig.

Ebenso ein Klassiker der Charentais-Melonengruppe, gehört zusammen mit der Sorte "Charentais" zu meinem Standardprogramm. Zuckergehalt einen Tick niedriger wie der Sorte Charentais, um die 60° OE (14,7° Brix) Melonen in der Grösse variabler, stärker folgernd reifend. Im Aroma kommt sie fast so gut wie Charentais, ist saftiger, aber auch weicher. Der Duft ebenfalls stark, aber nicht ganz so heftig kräftig. Sie ist nach einigen Jahren Anbauerfahrung für den Nutzgärtner ganz klar wertvoller. Die Ernte ist einfacher, denn der Farbumschlag korreliert besser mit der optimalen Reife, sie ist auch regenfester, robuster (das ist aber nur relativ zu sehen!). Umgekehrt kann man auch sagen: Wer schon mit der Petit Gris de Rennes nicht klarkommt, sollte sich an der Charentais gar nicht erst versuchen. Empfindlich reagiert sie wie die meisten Sorten auf eine feuchte Auflagefläche. Früchte auf Holzbrettchen legen. Oft schafft sie nochmal einen weiteren späteren Fruchtansatz, falls sie gesund bleibt. Anfälligkeiten ansonsten wie Charentais. Im Schnitt bringt sie auf gutversorgtem Boden ebenfalls fünf Melonen pro Pflanze, hält sie länger durch kommen noch mehr Früchte dazu.

Typisch für die Petit Gris de Rennes: Wenn sie schon Schalenschäden hat, vielleicht angefressen ist,  Risse hat, dann schmeckt sie immer noch erstklassig, wenn man schlechte Stellen abgeschnitten hat. Sie ist auch im Kühlschrank besser haltbar.

Typisch für Charentais: Auch wenn sie noch gut aussieht, ist sie innerlich bei Vollreife oft bereits verdorben, schmeckt gärig. Ihre Haltbarkeit ist weit schlechter, auch im Kühlschrank.

Schafft auch über 1kg, kann auch gross werden.


Bimbo

"Bimbo" im Melonenbeet, reif und unreif

Eine ungarische Züchtung, der Name "Bimbo" ist auch ungarisch und bedeutet "Knospe" oder Kugel. Von aussen optisch eine gelbe, fast runde und gefurchte Honigmelone, innerlich ist sie aber eine Zuckermelone. Das Fruchtfleisch ist grünlich, etwas glasig und hat optisch Fasern, zur Vollreife hin weicher und leicht rosa. In diesem Jahr wurde sie nicht so wirklich süss, auch das Aroma geht auch Richtung Zuckermelone, wirkte etwas grasig und blieb eher einfach. Hatte dieses Jahr aber eine herausragende Pflanzengesundheit und hohe Flächenträge. Gesunde Blätter, überraschend kompakt wachsend. Vier Melonen pro Pflanze, die Erste mit fast 3kg, die danach mit 1,5 bis 2kg Gewicht. Folgernde Reife. Ein, zwei Wochen später wie Charentais.

Vollreife "Bimbo", aufgeschnitten und entkernt
Schale bekommt Furchen, ist vollreif

Der Reifezustand dieser Sorte nicht leicht zu bestimmen. Sie liegt sehr lange gelb und reif aussehend im Beet, darf aber noch nicht geerntet werden. Plötzlich überschreitet sie die Kante, wird überreif und fault, oft unbemerkt von unten her. Man sollt auf die Stengel achten, leichte Verkorkung ist ein Reifezeichen und auf Vertiefung der Schalenfurchen, die dann unerwartet schnell in Risse übergehen. Braucht unbedingt volle Sonne, sonst bleibt sie geschmacklich minderwertig. Hat sie das ein paar Wochen lang, kommt sie auf über 65° OE Zuckergehalt (15,9° Brix) und bekommt einen rosa Schimmer um den Kernbereich herum, dann ist sie vollsüss, dieses Jahr schafften das nur wenige Früchte. Eine Pflanze pro Jahr reicht im Garten. Das Schwergewicht liegt bei dieser Sorte auf Pflanzengesundheit, insoweit eine gute Wahl für Neu-Melonengärtner mit warmem Klima, die nicht gleich den empfindlichen Aromakönigen nachhecheln.


Stengel einer reifen Melone "Bimbo"


Die Erstfrucht hatte fast 3kg

Dreimal Bimbo, gesund und munter.


Melba

Melone "Melba", halbiert und Stück

Cantaloupe-Melone im amerikanischen Stil. "Orange Sherbet" hat auch diesen Stil. Das sind bevorzugt länglichrunde Früchte, die aussen genetzt, grau und nicht farbstark sind, innen orange, sehr süss. So viel Zucker hat sie aber gar nicht, dafür so wenig Säure dass sie so süss wirkt. Werde ich nicht mehr anbauen, die Blätter sind jedes Jahr klein geblieben und hatten früh Probleme. Die Pflanze wirkt immer licht. In kalifornischem Klima und mit viel Kunstdünger eine gute Wahl, aber nicht meine Wahl in Deutschland. Drei bis fünf Früchte, oval oder bananenförmig, waren immer sehr unterschiedlich gross. Faulen leicht bei Reife. Geschmacklich vom einfachen Cantaloupe-Typ, süss und gut, aber nicht diese irren Süssobst- und Moschusaromen der Charentais-Melonen. 

Dreimal Melba im Melonenbeet. Blätter nicht gross, früh krank.


Melba hat auch grosse Blüten, hier im Gewächshaus wachsend


Chamoe-Melonen

Rechts vorne Chamoe-Melonen

Immer im Anbau, immer dieselben Vorteile und Probleme. Ihnen ist ein eigener Blogbeitrag gewidmet. Dieses Jahr zeigte sich wieder ihre Anfäligkeit auf Wurzelpilze, kein Wunder bei dem kalten nassen Wetter. Auch die Triebe lieben keinen Regen, sind besonders anfällig auf Stängelbrand. Davon erholt sie sich, wenn es rechtzeitig wieder trocken wird. Schäden gibts schon ab zwei Tagen Regen. Wächst sie gut ein, ist sie zuverlässig und liefert, liefert, liefert. Die Melonen kommen erfreulichweise ziemlich folgernd zur Reife. Die meisten Pflanzen gingen aber nach der Auspflanzung dieses Jahr in den Mickermodus - Wurzelpilze. Erst pflanzen, wenn der Boden wirklich warm ist.

Model

Melone "Model", reif - Stielansatz beachten

Habe ich auch jedes Jahr. Die sichere Miete. Nicht hübsch, aussen Gelbgraugrün, innen Grün wie wenn sie unreif wären, aber ein schönes spezielles Aroma (Anis, Banane, "grüne Melone" zwischen Galia und Charentais). Zuckergehalt dieses Jahr 55-60° OE. Fruchtet lange in den Herbst hinein. Leicht zu ernten, deutliche Risse um den Stiel und drei Tage Farbumschlag zeigen die Reife an. Dann ist sie gut, noch ohne Pattexgeschmack. Hält sich im Kühlschrank ein bisschen. Reift grösstenteils folgernd. Oft die Erste und die Letzte, die Früchte liefert. Eine bequeme Sorte ohne besondere Anfälligkeiten mit gutem, ansprechenden Geschmack, der allerdings auch leicht penetrant werden kann wenn man viele davon hat. 

Melone "Model", halbiert. Sehr aromatisch.

 

Ja, Wassermelonen gibts auch noch. Waren auch gut, Pflanzengesundheit oft besser wie bei den Cantaloupe-Melonen. Auch sie wurden nicht ganz so süss, 45° OE und 4kg - Früchte waren die Regel. Da Wassermelonen sowieso relativ haltbar, überall in guter Qualität zu kaufen sind, verwende ich meinen wertvollen Gartenplatz in der Regel lieber für Cantaloupe-Melonen aller Art. Die bekommt man im Laden nur mit heftigen Aromaeinbussen.

Gut ausgereifte Wassermelone mit 4,3kg

Wassermelone halbiert

In Stücken - vollreif, Samen ausgebildet aber noch keine Kavernen. Perfekt.

Melonen: Mehr Sorten und Schwemme trotz Kaltjahr
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Melonen, was brauchen sie?
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Melonen im Nutzgarten: Sortenerfahrungen und Sortenempfehlungen
Melonen: Koreanische Chamoe-Melonen

Sonntag, 29. August 2021

Und wieder neue Auberginensorten

Einige der diesjährigen Auberginensorten

Melonen, Paprika, spezielle Kürbisse und Auberginen sind meine Lieblingskulturen im Garten. Bei ihnen besteht eine ganz besonders grosse Differenz zu gekaufter Ware in Sachen Qualität, Aromen und Vielfalt. Auberginen traut man das zunächst gar nicht zu, aber von Jahr zu Jahr erlebt man spannendere und immer noch mehr leckere Sorten, wenn man viel ausprobiert.

So auch dieses Jahr. Ein gutes Auberginenjahr im Freiland ist es aber nicht so recht, das Frühjahr war viel zu kalt, dann viel Regen und mässige Temperaturen. Aber im Gewächshaus sind sie dafür so stark wie nie, während in den anderen Jahren die Hitze dort so gross ist dass sie bereits leiden. Und natürlich habe ich neben bekannt guten Sorten auch wieder nach neuen Sorten gefischt, immer eine Pflanze je Sorte im Gewächshaus und die übrigen im Freiland, um zu sehen wo was gelingt.



White Knight

Aubergine White Knight Früchte

Der weisse Ritter mit dem kleinen Schwert, das ist White Knight. Sie ist ein Massenträger, so wie "White Egg" und ähnelt ihr auch in den Wuchseigenschaften. Sie kann kontinuierlich fruchten, man erntet praktisch dauernd. Dabei kommt trotz der kleinen, langgezogen und manchmal keulenförmigen Früchte durchaus was zusammen. Das schafft sie auch im Freiland, wo aber die Früchte und Pflanze kleiner bleiben. Die Pflanzen sind sehr gesund. Grössere Pflanzen schaffen auch grössere Früchte bis etwa Bananengrösse. Generell ist die Fruchtgrösse ziemlich unterschiedlich. Aber alle bleiben weiss, im Freiland mehr beige, zeigen ein dekoratives Aussehen. Wahrscheinlich auch gut für Topfkultur geeignet. Gebraten sind sie sehr gut, mit etwas Aroma, aber aufgrund der Form für einige andere Gerichte wie Aufläufe nicht so gut verwendbar und innen etwas weich, obwohl sie nicht zerfallen. Man erntet sie unabsichtlich oft zu spät, der Reifezustand ist nicht gut zu erkennen. Dann haben sie unangenehme Kerne. Ideale Anfängersorte.
Fruchtqualität Note 3+, Optik Frucht Note 2+, Pflanze 1-2

Pyatachok

Aubergine Pyatachok überreif

Ein lustiger Name für ein lustiges Pflänzchen mit exzellenter Fruchtqualität und guten, frühen Erträgen. "Pyatachok" ist russisch und bedeutet "Schweinchen" oder "Ferkel". Irgendwie erinnern die Früchte auch daran. Es sind Viele. Grössere Pflanzen ernähren problemlos 10 und mehr Auberginenfrüchte. Die Fruchtgrösse und -Form ist ein Mittelding zwischen einigen asiatischen und europäischen Sorten: Oval bis rund, eher klein, aber alle einander recht ähnlich gross, wenig Differenzen.

Sie wächst im Freiland wie im Gewächshaus gut und setzt zuverlässig Früchte an. Der Wuchs ist mittel bist stark, im Gewächshaus können die Pflanzen auch hoch werden. Ein Nachteil ist ihre Grauschimmelanfälligkeit im Gewächshaus, auch im Freiland ist die Blattgesundheit nicht allzu hoch. Gegen Grauschimmel hilft Luftfeuchte senken. Trotzdem können beispielsweise herabgefallene Blütenreste auf Blätter Grauschimmel-Löcher "hineinbrennen".

Die Früchte bekommen im Gewächshaus einen vornehmen hellvioletten Schimmer auf weissem Grund, im Freiland werden sie kräftig violett. Das Fruchtfleisch ist ausgesprochen fest, kompakt und bleibt beim braten stabil. Aromatisch ist ist auch, aber nicht bitter. Hängen die Früchte zu lange, bildet sich eine sternförmige Kaverne innen. Für Aufläufe ist sie erste Wahl, auch wenn die Fruchtscheiben klein sind und mehr Arbeit beim braten machen. Eine schöne Sorten, sehr anbauwürdig.
Fruchtqualität Note 1, Optik Frucht Note 1-, Pflanze 3

Pyatachok ohne Überreife brät sich sehr gut, bleibt fester

 

Kamo

Aubergine Kamo, Scheiben

"Kamo" ist ein Spezialfall von Aubergine. Die Sorte ist sehr alt, kommt aus Kamikamo und Nishikamo bei Kyoto / Japan und hat dort einen sehr guten Ruf. Es gibt einige Spezialitätenrezepte, die nur mit diesem Typ Aubergine gelingen, der in Europa unbekannt ist.

Ihr Wuchs ist bei mir zögerlich, auch der Fruchtansatz, aber sie scheint gesund zu sein. Ihre erste Besonderheit fällt sofort auf und ist fühlbar: Sie hat üble Stacheln, auch an Stellen an denen andere Kultursorten niemals welche haben. So sind sogar die Blätter bestachelt. Greift man an den Fruchtstiel, so greift man in böse Stacheln hinein. Vorsicht also beim anfassen, mit Kamo ist nicht zu spassen. Im Gewächshaus gedieh sie besser wie im Freiland, sie braucht aber viel Licht und erreicht nicht viel Höhe, man sollte sie nicht hinter höhere Pflanzen setzen. Kann sein, dass das in anderen Jahren anders läuft, mehrjährige Erfahrungen habe ich mit dieser Sorte noch nicht, werde sie aber bekommen, denn sie bleibt im Anbauprogramm.

Kamo unten, Pyatachok oben

Ihre Früchte sind mittelgross, einige bleiben auch kleiner. Die Form ist rund bis breit tropfenförmig, wie eine volle Tüte. Nur im Freiland wird sie flächig violett, im Gewächshaus bleibt die Grundfarbe grün mit einer mehr oder weniger starken violetten Auflage. Das sieht immer unreif aus. Rauhe Stellen hatte sie bei mir auch, offenbar hat sich die Frucht an den eigenen Stacheln anderer Pflanzenteile verletzt. Schön regelmässig sind die Früchte selten. Nimmt man sie aber (vor den Stacheln geschützt) in die Hand, spürt man sofort ihre zweite Besonderheit: Sie sind schwer! Ihre Konsistenz ähnelt eher einem Apfel wie einer der weichen europäischen Sorten. Sie ist richtig fest, hat sehr dichtes aber saftiges Fruchtfleisch, bricht auch leichter. Ihr Aroma hat eine süsse Komponente, wirkt fruchtig, kräftig, es ist die reine Auberginenessenz und stärker als bei jeder anderen Sorte. Brät man die Stücke, so bleiben sie auch formstabil, noch besser wie Pyatachok. Im Mund ist sie markig bis sämig, man kann sie mit der Zunge zerreiben. Die Kerne sind vorhanden, aber klein und lange weichbleibend. Richtig störende Kerne habe ich nie festgestellt, was bei andern Sorten ab einem gewisse Reifezustand die Regel ist. In Japan wird sie gerne mit Miso zubereitet, auch süsslich. Sehr gut für Topfkultur geeignet, ausgepflanzt im Freiland oft geringer Ertrag.
Fruchtqualität Note 1+, Optik Frucht Note 3, Pflanze 3-4

Vorsicht, brutale Aubergine. Kamo hat Stacheln.


Snake of Mugla

Aubergine Snake of Mugla

Ein lustiges Pflänzchen, idiotischerweise amerikanisch benannt nach einer türkischen Stadt, aber dieser Typ Aubergine ist weiter im Osten schon lange verbreitet. Aus irgendeinem Grund keimten die Samen aus zwei verschiedenen Quellen schlecht, ich hatte dann weniger Pflanzen wie ich wollte.

Blätter zwischen steil und lappig

Auffallend ist ihr seltsamer Wuchs, immer wieder ragen ihre Blätter steil nach oben und knicken dann lappig hängend wieder nach unten. Aber sie wächst stark, eine hoch wachsende Sorte, fast zu stark fürs Gewächshaus, wo sie bei 1,80m an der Dachschräge angestossen ist. Im Gewächshaus war sie leider auch die Sorte, die alle Krankheiten am stärksten angezogen hat, Spinnmilben, Kräuselmilben, dann kamen Läuse. Bis zum Fruchtansatz dauert es lange. Sie hatte auch Probleme beim Ausreifen, denn ab und zu faulten die Früchte vom Fruchtkelch her, von oben. Das passierte durchgängig während der gesamten Vegetationszeit, unabhängig davon ob es feucht oder trocken, kühl oder heiss war. Letztlich waren es relativ zur grossen Pflanze nur wenige Früchte, die erntefähig waren. 

Wenn man sie anbaut, dann wegen der Fruchtform, tiefviolett, schlangenartig und sehr lang und schmal, bis zu einem halben Meter bei mir. Spektakulär. Aber nicht alle Früchte werden so, manche "verhocken" krumm und kurz. Ihr Geschmack und die Kocheigenschaften sind aber nur einfach, so wie viele in der Türkei populäre Sorten. Brauchbar ist sie schon, sozusagen Auberginen-Standardware. Späte Früchte können auch dicker und kürzer bleiben.
Fruchtqualität Note 2-3, Optik Frucht Note 1-, Pflanze 2-3

Links: Frucht und Faulstellen. Rechts: Lappige Steilblätter

 

Noch eine Krankheit

Kräuselmilben an Aubergine

Nicht nur Sorten sind überraschend, sondern auch Krankheiten. Dieses Jahr haben sich die Auberginen im Gewächshaus erstmalig eine Art Kräuselmilbe eingefangen, die Blätter in pockennarbige Kraterlandschaften verwandelt hat. Aber ich konnte auch mit der Lupe keine Tiere finden. Es gab zwei Befallswellen, die Erste bereits Anfang Juli. Glücklicherweise wurden die Schädlinge aber von der Behandlung gegen Spinnmilben mit Neemöl mit erfasst und der Blattbefall stoppte.

Die Spinnmilbenbehandlung ist sowieso obligatorisch. Kühle Jahre wie dieses Jahr sind da von Vorteil, erstens vermehren sie sich nicht so schnell und zweitens gelingt die Behandlung mit Neemöl besser. Neemöl verliert die Wirkung oberhalb 25°C und in Sonne. In den letzten Hitzejahren musste man sich Nachts ins Gewächshaus schleichen, um Neemöl anzuwenden, in diesem Jahr ist kein Mangel an trüben, kühlen Tagen.

Sorten und Erfahrungen der letzten Auberginenjahre:
https://gartenzone.blogspot.com/2019/08/noch-mehr-auberginensorten.html
https://gartenzone.blogspot.com/2017/09/auberginen-ohne-ende-kohl-am-ende.html

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Auberginenblüte