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Maibeere, junger Busch nach dem Austrieb |
Zu den mässig erfolgreichen und erst spät eingeführten Beerenobstpflanzen gehört die Maibeere oder Kamtschatka-Heckenkirsche. Andere Namen sind blaue Heckenkirsche oder Honigbeere, Honeyberry. Das ist ein Geissblattgewächs, das zur Lonicera caerulea - Familie gehört, die weltweit verbreitet ist. Heute zur Beerenobstnutzung verkaufte Gartenpflanzen sind gezüchtete Hybriden, die von verschiedenen Lonicera caerulea Varietäten oder sogar Arten abstammen, die in Nordostasien heimisch sind. In Japan habe ich davon auf der nördlichen Insel Hokkaido fächendeckend wildwachsende Matten gesehen, die dort verbreitete Art ist etwas niedriger wie die Sibirischen Arten und nennt sich nach einem Wort der Ainu-Ureinwohner "Haskap". Sie ist als Obst in Nordjapan allgemein seit Jahrhunderten bekannt und beerntet, man kann daraus hergestellte Marmelade und andere Produkte kaufen. Die Varietäten Ostsibiriens reifen später, werden grösser und verlieren auch die Blätter später. In ihren Ursprungsgebieten bevorzugt sie leichten Boden, neutrales Bodenmilieu, Vollsonne bis Halbschatten. Man könnte glauben, dass sie ähnliche ökologische Lücken wie Heidelbeeren besetzt, aber Maibeeren sind im Gegensatz zu Heidelbeeren Flachwurzler, benötigen mehr Licht und wollen sauren Boden nicht zwingend - sie gedeihen aber darauf besser.
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Maibeerenbusch mit Fruchtbehang unter Netz, ansonsten keine Früchte
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Hinsichtlich ihrer Qualitäten als Beerenopstpflanze wird sie züchterisch bearbeitet vor allem in Russland, Kanada (University of Saskatchewan hauptsächlich), Polen und Japan. Weltweit gibt es 3000 Hektar Plantagen, was im Vergleich zu anderen Beerenobstpflanzen sehr wenig ist. In Europa und Deutschland blieb sie lange ziemlich unbekannt. Die ersten Pflanzen bekam ich vor einigen Jahren und konnte Erfahrungen damit sammeln, nun habe ich an die zehn Sorten.
Wie sieht sie aus?
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Blattwerk der Maibeere |
Die Pflanze wächst buschartig, bleibt wenig ausladend und erreicht maximal 1,5m Höhe, aber wohl nur unter sehr guten Bedingungen - meine blieben aber mit sehr wenigen Ausnahmen bei einem oder unter einem Meter. Ihr Erscheinungsbild ist etwas sparrig, die Blätter haben einen charakteristischen Blaustich und wirken samtig, so wie amerikanische Blaubeeren. Sie treibt sehr zeitig aus, man kann schon oft im Februar grüne Teile sehen. Die Blütenansätze sind ebenso früh, die weissliche Blüte folgt Ende März oder im April (manchmal gehen sogar schon im Spätherbst ein paar Blüten auf) . Die Blüten sind sagenhaft frosthaft bis -8°C, der Busch ist damit gut garniert. Oft leider nicht schon im Mai, sondern erst im Juni oder sogar erst im Juli werden die länglichen, tiefblauben Früchte reif. Dass sie ein sehr frühes Beerenobst wäre, ist teilweise eine Marketinglüge. Der Farbumschlag von grün nach blau passiert schon viel eher, in manchen Jahren schon im April und suggeriert frühe Reife, aber man muss die Früchte noch wochenlang länger hängen lassen, ehe sie auch Süsse und wenigstens ein bisschen Aroma entwickeln. Kultursorten haben einige Zentimeter lange blaue Beeren, oft krumm geformt und teilweise hohl, in der Wildnis bleiben die Beeren viel kleiner.
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Blüten im März oder April, darunter sehr junge grüne Früchte |
Wie schmecken die Beeren?
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Junge, unreife Beeren, April |
Die Beere ist saftreich, blau beduftet und schmeckt anfangs beim Farbumschlag zu blau neutralsauer. Nach einigen weiteren Wochen, erst kurz bevor sie von selbst abfällt hat sie auch ihren Geschmackshöhepunkt. Dann ist sie süsssäuerlich bis süss (je nach Sorte und Standort), aus der Haut lassen sich etwas Gerbstoffe herauskauen, eigene Aromen bleiben dagegen nur im Hintergrund. Manche Leute schmecken bei manchen Sorten Bittertöne heraus und lieben oder hassen das, je nach eigenem Geschmack. Konsistenz, Farbe und Saftreichtum erinnern an Heidelbeeren, aber die Aromen haben nicht wirklich etwas miteinander zu tun. Maibeeren sind deutlich neutraler, Viele sagen langweilig. So empfinde ich das auch. Trotzdem oder gerade deshalb sind sie ein Naschobst, das zu allem passt, weil es nichts übertönt. Der Saft ist ausgesprochen kräftig eingefärbt, die Farbe ist ein dunkles Braurot. Die Art der Säure ist angenehm, nicht spitz. Grosse Sortenunterschiede kann ich nicht feststellen. Es gibt Sorten, bei denen Verkäufer behaupten, sie hätten Eigenaromen, zum Beispiel "Fianit". Da ich angesichts der Pseudosortenflut nicht alles ausprobieren kann, ist das möglich, aber zweifelhaft, weil die bisherigen Sorten alle so aromaschwach sind, ein Sprung in mehr Eigenaromen hinein wäre ein grosser Fortschritt.
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Reife Maibeeren, geerntet
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Halbierte Maibeeren - teils hohl, teils eine Doppelkammer
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Wie gelingt der Anbau, wie sind ihre Bedürfnisse?
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Die Blätter lassen Wasser stark abperlen
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Der Anbau gelingt scheinbar leichter wie der von Heidelbeeren, weil sind nicht ganz so zickig mit einem Bedürfnis nach einem sauren Boden sind. Aber auch Maibeeren haben ihre Grenzen, oberhalb von ph 7 sollte man nur mit Regenwasser giessen, einpflanzen in Rhododendronerde ist dann auch besser. Aber gut angewachsen klappt es auch mit höheren ph Werten. Ein erster Nachteil ist die Befruchtung: Sie ist nicht selbstfruchtbar, man benötigt verschiedene Sorten gleichzeitig blühender Büsche, damit der Fruchtansatz gelingt.
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Typischer Hitzeschaden an Maibeere
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Frost verträgt sie ganz erstklassig, Sommerhitze mag sie nicht. Ihre Lichtbedürfnisse sind bei mir deutlich höher als die von Heidelbeeren, im Schatten wird sie nichts, im Halbschatten bleibt sie dünn. Das ist hierzulande schwierig, gleichzeitig Sonne und keine Hitze. Trockenheit verträgt sich auch nicht gut, grössere Pflanzen schaffen es besser. Als Flachwurzler nicht verwunderlich. Bei Hitzestress gibt es Blattverbrennungen. In den deutschen Versuchspflanzungen (z.B. das Versuchszentrum Köln-Auweiler) wird grundsätzlich bewässert. Das war auch anfangs mein Problem. Die Pflanzen wuchsen kaum und dauernd starben Triebe ab. Unser trockener, kalkreicher Boden und das Klima war tödlich. Ausserdem benötigt sie Boden mit viel organischem Material sowie gute Düngung. Gerne wird die Meinung verbreitet, sie eigne sich als Unterpflanzung unter andere lichte Gehölze, sie vertrage Halbschatten und andere Wurzeln. Nichts davon bewahrheitete sich bei mir, solche Pflanzen mickerten besonders und gingen sogar ein. Hinzu kommt bei Unterpflanzungen das Problem der Wurzelkonkurrenz.
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Tote Äste im Frühjahr an Maibeere
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Gefällt es ihr, wird sie sehr alt. Leider dauert es auch lange, bis sie richtig trägt. Erst nach etwa fünf Jahren erreichen die Erträge ein gutes Niveau, das dann viele Jahre lang anhält. Schneiden braucht man sie kaum. Immer wieder wird von Kiloerträgen pro Pflanze berichtet. Das habe ich noch nie erreicht, auch nach Jahren nicht, nicht einmal annähernd. Ausserdem ist die Pflückleistung schlecht. Die Beeren hängen einzeln, innen und nach unten, man sucht zu lange im Busch herum. Ist sie wirklich reif, fallen sie von selbst ab. Das ist noch einmal Mehraufwand beim ernten.
Krankheiten und Schädlinge sind selten. Läuse können vorkommen, diverse Raupen, Spinnmilben, Mehltau. Die Reife findet zudem zu einer Zeit ab, zu der die Importkatastrophe Kirschessigfliege noch nicht massenhaft auftritt und dunkle Früchte absticht, das ist also ein Pluspunkt.
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Fegeschaden an Maibeere
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Ein grosses Problem in den Versuchspflanzungen und ebenso bei mir sind jedoch Vögel, der Vogelschutz mit Netzen ist teuer aber unumgänglich. Meiner Erfahrung nach geht es eine Zeitlang gut und man wiegt sich in Sicherheit. Die Vögel merken lange nicht, dass unter den grünen Blättern auch Beeren sind, jedenfalls bei mässigem Behang. Und plötzlich geht es schlagartig los, schon vor der Vollreife, wer dann erst das Vogelnetz herauskramt hat schon lange nichts mehr, was er schützen könnte.
Ein eher kurios klingendes Problem sind Fegeschäden. Auf meinen Aussengrundstück ist das aber durchaus ein grosses Problem. Hirsche und Rehböcke fegen sich den Bast nachwachsendes Geweihs mit Hilfe von peitschenartigen Trieben ab. Aus irgend einem Grund bevorzugen sie bei mir dazu jährlich Maibeerensträucher. Die Rinde wird dabei abgeraspelt, der betroffene Ast strbt. Dagegen hilft nur Zugangskontrolle, Zaunschutz. Schwierig, wenn keine Zäune erlaubt sind.
Das Problem mit dem Klima
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Austrieb schon im Januar
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Tatsächlich ist kaum eine Sorte bei mir wirklich etwas geworden, weder am Haus, noch
im Aussengarten, nicht auf gutem
Boden, nicht auf flachgründigem Boden. Sortenempfehlungen kann ich deshalb mit gutem Gewissen nicht geben. Die beste Sorte war noch Docz Velikana, warum auch immer. Das kann auch reiner Zufall sein. Unter anderem habe oder hatte ich schon die Sorten Kalinka, Wojtek, Czulymskaia, Aurora, Boreal Beauty, Amfora, Zoluschka, Morena. Die ersten Sorten in Deutschkand waren "Mailon", "Maistar" und "blue Velvet", alle nicht mehr zu empfehlen. Jüngst gibts wieder einen Schwung bisher nicht verbreiteter kanadischer Sorten. Die Sortenexplosion ist riesig, man hat den Eindruck jeder Hinterhofgärtner versucht, jeden Sämling als neue Sorte zu verkaufen. Knallhart gesagt: Die meisten Sorten haben sehr niedrigen Neuheitswert mit ständig neuen Etiketten. Bis sich das bereinigt, wird es lange dauern. Auffallend waren bei mir immer viele tote
Triebe an den Pflanzen, die Pflanzen wuchsen "rückwärts". Gut wuchsen sie nur in einem feuchten und kühleren Jahr, was die gleichmässige Wasserverfügbarkeit als wichtigen Punkt nahelegt. Bei genauer Beobachtung
zeigte sich auch ein Grund für die toten Äste: In den hiesigen und normal gewordenen
dauernden Wärmephasen im Winter mit ganze Januarwochen über 10° C zogen Triebe
Saft, sie verlor ihre hohe Frostfestigkeit, der übliche kräftige
Kälterückschlag danach brachte sie um. In kontinentalerem Klima übersteht sie den Winter wesentlich besser. Hinzu kommen Sonnenbrand- und Hitzeschäden bis zum kompletten Ausfall in (den nun regelmässig auftretenden) heissen Sommern. Die Blätter verbrennen regelrecht, werden braun. Sprühregner sind mir zu viel Aufwand, das Wasser habe ich auch gar nicht.
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Maibeeren zwischen anderem Beerenobst
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Maibeerentaugliche Bedingungen habe ich somit nicht und damit ist sie für
mich und Teile Deutschlands noch kein richtiges Frühobst. Schade! Aber die Züchtung geht weiter, die Wildbestände und damit Genressourcen sind gross, es könnte gut sein dass neuere Sorten immer interessanter werden. Potential hat sie, auch wenn sie noch lange nicht dort ist, wo sie auch in meiner Gegend Spass macht. Im Moment würde ich sie nur in Gegenden mit weniger Sommerhitzespitzen (dazu gehört auch das Rheintal, das zwar warm ist aber niemals die sehr negativen Hitzespitzen zeigt, wie wir sie haben), mehr Niederschlägen und ohne Kalkboden anpflanzen. Naschobst für feuchte Höhenlagen und mildfeuchte Gegenden mit saurem oder neutralem Boden.