Mittwoch, 25. September 2024

Der neue Dauererfolg: Ölweiden

Wie jeden Sommer war es auch diesmal ruhig im Blog. Massenhafte Ideen, Erfahrungen, Ereignisse jagen sich, aber noch mehr Arbeit steht an, kein Nutzgartensüchtiger schafft es da, noch viel zu schreiben. Aber jetzt gehts weiter und gleich mal mit erfreulichen Erfahrungen:

Reiche Ernte bei der beschirmten Ölweide
Blüten, die duften und Bienen lieben

Zu den Dingen, die dieses Jahr viel Spass gemacht haben, gehören die Ölweiden der Gattung Elaeagnus, die schon länger im Blog ein grösseres Thema sind. Ölweiden sind meiner Ansicht nach unterschätztes Wildobst an der Grenze zum Gartenobst und vor allem sind es Pflanzen, die so hart und anpassungsfähig sind wie keine andere Obstart. Es ist eine der ganz wenigen Obstarten, die mit der stattfindenden Wetterveränderungen klar kommen, während sich ringsum Ausfälle und gigantische Probleme so häufen bis hin zum Wegall ganzer Obstarten, die nicht mehr ungeschützt anbaufähig sind. Ölweiden tragen dagegen beständig gut, bleiben gesund und sind herrlich zuverlässig. Sie kommen mit jedem Boden zurecht, holen sich Stickstoff über Symbiontenbakterien selbst aus der Luft, breiten sich nicht unkontrolliert aus, sind schnittverträglich, die Früchte lassen sich gut verarbeiten, wenn man weiss wie. Es sind Bienen- und Insektenpflanzen, sie duften, sind streusalzverträglich, hitzeverträglich, trockentolerant und wie dieses Jahr zeigt auch völlig nässetolerant. Das einzige heimische Ölweidengewächs, der Sanddorn, hat diese Vorteile leider nicht, zudem hat er die letzten Jahre durch Absterbeerscheinungen wegen einer noch nicht ganz geklärten Pilzkrankheit von sich reden gemacht. Die endemisch amerikanische Ölweidenart sind die Büffelbeeren, damit habe ich keine Erfahrungen. Sie sind aber stachelig und bilden Ausläufer, Horste, das klingt erst einmal nicht sehr angenehm.

Die Sträucher der vielblütigen Ölweide Elaeagnus Multiflora mit ihren verhältnismässig grossen und frühreifenden Beeren im Frühsommer tragen mittlerweile gut, allerdings zeigt sich auch, dass sie in unserer Gegend zwingend vor Vögeln geschützt werden müssen, die sonst schnell alles wegfressen. Der Hit dieses Jahr war aber wieder die Schirm-Ölweide Elaeagnus Umbellata, sie hat keine Vogelprobleme, aber ihre Früchte sind kleiner und spät, sie werden erst im Herbst richtig reif, rot sind sie schon vorher.

Vielblütige Ölweide mit normalem Fruchtbehang


Ernte von Schirm-Ölweiden

Ältere Sträucher haben grössere Beeren

Mittlerweile sind hängende Äste der älteren Sträucher so gut mit Früchten besetzt, dass man mit einer schnellen Erntetechnik sehr erfolgreich ist. Wartet man bis zur Vollreife (dieses Jahr 22.9.) und wird nicht nervös, weil scheinbar schon viele Beeren herabfallen (das beginnt schon Wochen vorher), kann man mit Eimer und simplem abstreifen eine enorme Pflückleistung erreichen. Ich brauchte damit für fünf Kilo keine halbe Stunde mehr. Das schafft man bei keiner Johannisbeere und auch die viel grösseren vielblütigen Ölweiden kann man nur langsamer pflücken. Eimer ans Handgelenk hängen, eine Hand hält den Ast fest, die andere streift die Früchte ab und in den Eimer. Oder alles abstreifen und mit einem Vlies auf dem Boden nachher alles zusammenschütten. Die Zeit, anschliessend Ästchen und Blätter auszusortieren, kommt aber noch hinzu, mit einem groben Stieb geht es schneller sofern man hat. Ein grösserer Einzelstrauch hatte gut und gerne zehn Kilo Fruchtbehang netto, dabei hatte ich ihn immer wieder zurückgeschnitten, frei wachsende Sträucher können noch weit mehr tragen. Mit Einzelbeeren pflücken habe ich mich dann nicht mehr abgegeben, es hängen sicher noch ein paar Kilo oben.


Verarbeitung von Ölweiden

Ein Teil der Rohware

Nach dem Durchprobieren mehrerer Ideen läuft das nun ebenfalls mittels verschiedener Methoden sehr effizient. Die kleinen Beeren sind kein Nachteil mehr, sondern haben sogar Vorteile. Dieses Jahr konzentrierte ich mich auf Saft und Gelee daraus. Dafür gibts es einen tollen Trick. Ich habe die Früchte einfach in einem grösseren Mixbecher eines Pürierstabes zur Maische verarbeitet. Der Pürierstab hat nämlich eine Geschwindigkeitseinstellung und die steht auf niedrig, sodass sofort eine herrliche rote Maische entsteht, aber die Kerne nicht mit zermust werden. Bei hoher Geschwindigkeit würden sie vom Messer zerschlagen. Alles bleibt flüssig genug, um bei leichter Schräghaltung in Bewegung zu bleiben und homogen zu werden, ohne Zellschlamm zu produzieren. Diese Maische hat die ideale Konsistenz zur Sofortpressung, ohne weitere Zwischenschritte. Mit dem Handpressbeutel bekommt man eine Ausbeute von 60-70% hin, die Maische lässt sich leicht und schnell abpressen. Grössere Mengen gehen problemlos auch in anderen Pressen, etwa einer Hydropresse. Der Saft wird rosa, bleibt er stehen, trennt er sich in eine rote und in eine beige Phase. Das ist bei Ölweiden immer so. Der natürliche Zuckergehalt liegt bei >70°OE, maximal 80°, wenn sie reif waren schmeckt der Saft im Mund kräftig, hat noch Gerbstoffe unter Rotweinniveau, angenehme Säure, das Aroma geht frisch Richtung roter Johannisbeere, wirkt aber voller, satt machender. Gelee daraus entwickelt sich geschmacklich mit Lagerung immer mehr Richtung Sanddorn, so kräftig wird es natürlich nie, aber die Aromarichtung stimmt. Eis aus Ölweiden aus der Eismaschine ist auch angenehm, gefriert aber spät.

Den Saft habe ich heisssteril in Flaschen gefüllt. Zweifellos lassen sich daraus noch weitere interessante Produkte herstellen, diesmal ging es mir jedoch um eine Effizienzsteigerung und Vereinfachung in der Herstellung. Aufgrund der grossen Erntemenge war das sehr geboten.

Der Mixbecher mit Messer des Pürierstabmotors
Beeren im Mixbecher
Nach zwei Minuten püriert, Kerne ganz geblieben
Das rohe Püree mit Kernen
Saft pressen mit dem Pressbeutel
Saft zur Abfüllung abkochen

Ausgepresster Trester. Kerne unbeschädigt.

Ölweidengelee im Durchlicht - hat was von Blutplasma. Geliert gut ohne weitere Säurezugabe.

Fast unvermeidliche Phasentrennung des Safts

Alternativwege habe ich auch beschritten, zum Beispiel die Beeren eingefroren, um so wie bei Schlehen vielleicht damit Gerbstoffe zu senken, um damit leichter eine Maische herstellen zu können weil sie nach dem Auftauen dann weich werden und schliesslich, um nach der Ernte nicht gezwungen zu sein, alles sofort zu verarbeiten. Tatsächlich werden die wieder aufgetauten Früchte sehr weich, man kann sie mit der Hand mühelos zerquetschen. Der Gerbstoffgehalt liess sich nicht weiter senken, störte auch nicht. Schlimmer war aber die Konsistenz der Maische; sie bekam eine schlammigere Struktur, die sich nicht mehr gut pressen liess. Erst nachdem ich sie einen Tag mit dem pektinabbauenden Enzym Pektinase stehen liess, klappt es problemlos. Was Schwachsinn ist, wenn ich mit dem Mixbecher eine erstklassig pressbare Maische herstellen kann, ohne vorher einzufrieren. Nicht Schwachsinn ist, die Maische statt sie zu pressen durch ein Sieb oder eine flotte Lotte (=Passiermühle) zu streichen, um die Kerne zu entfernen. Hier zeigt die Gefrierversion ein stabiles rotes Mus, das sich nicht so leicht trennen lässt, das optisch mehr hermacht wie das Mixer-Mus. 

Fassen wir zusammen: Für Saft sofort mit Mixer zermusen und pressen, für Mus/Pürree einfrieren, mixen und durch passieren. Das Mus hat auch ein etwas anderes Aroma. Mir persönlich schmeckt das Gelee besser als die Marmelade aus Mus, das noch Nebenaromen hat. In Gebäck, für Müsli und Dessert ist Fruchtmus brauchbarer.

Simpler Fruchtquark mit Ölweidenmus und Zwetschgenstücken

Ölweiden-Joghurt

Ölweideneis

 

Aussaat

Sämling, Zufallsaufgang

Direkte Aussaatexperimente habe ich noch nicht gemacht. Es tauchen aber gelegentlich einzelne Ölweidensämlinge im Garten abseits der Sträucher auf. Eher selten. Interessanterweise gibt es aber keinerlei Sämlinge um die Sträucher herum. Direkt herabgefallene und auch mit Erde bedeckte Samen keimten nie. Das beweist, dass es von grossem Vorteil ist, wenn Ölweidensamen erst durch einen Vogel hindurch gehen, um dann zu keimen. Man könnte das mit Vergären und Auswaschen teilweise simulieren, wie es auch bei anderen Pflanzen manchmal hilft. Ausserdem beweist es, dass der hiesige Winter gegenwärtig nicht zur Zerstörung der Keimfähigkeit führt, Frost also ein Stück weit ausgehalten wird, vielleicht ebenfalls nötig ist - Stratifikation.

 

Weitere Arten

Möglicherweise rückt auch die schmalblättrige Ölweide Elaeagnus Angustifolia in den Anbaubereich. Sie wächst zwar immer schon gut in Deutschland, ist eine grössere Art wie die anderen Ölweiden, aber trägt bisher selten Früchte. Allerdings ist das scbon ein kleiner Baum. Weiter im Süden ist es dagegen auch eine Obstpflanze, deren Früchte gerne getrocknet werden und geschätzt sind. Noch mehr Arten warten auf ihre Entdeckung: Die grossblättrige Ölweide Elaeagnus Macrophylla und Elaeagnus glabra könnten auch in unserem Klima wachsen. Beide blühen im Herbst mit duftenden Blüten und haben im Frühjahr rote Früchte bis 2 cm Länge. Die schon lange hier vermehrte "Wintergrüne Ölweide" ist dagegen eine Hybride mit Macrophylla-Beteiligung; wenn sie Früchte hat, sind sie nicht sehr attraktiv.

So oder so: Bereits die schon länger etablierten Ölweiden-Arten sind absolut anbauwürdig. Interessante Fruchtsorten der Vielblütigen Ölweide aus Südkorea sind noch nicht einmal in Europa verfügbar. Und wenn man mit den Früchten nichts am Hut hat, so sie sind als schöne, gesunde Hecken- und Zierpflanzen voll tauglich.

Ölweidensaft. Wer will, kann vorher dekantieren.


Ölweidensaft aus gefrorenen Früchten, mit Pektinase behandelt. Sieht aus wie Apfelsaft.



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