Blütenstand Bärlauch |
Geschichte und Botanik
Ganze Pflanze |
Allium ursinum, so lautet der botanische Name für Bärlauch, ist ein heimisches Liliengewächs aus derselben Familie wie Knoblauch, Lauchzwiebeln, Schnittlauch, Porree und vielen anderen. Er wird auch wilder Knoblauch genannt, Englisch «Bear’s garlic» oder «Ramson», Schwedisch «Ramslök». Allein in Deutschland wachsen 24 Allium-Arten wild. Obwohl er anspruchslos ist und vielerorts in Massen auftritt, wurde Bärlauch in der älteren Vergangenheit weder gross kultiviert noch besonders geschätzt. Zu Zeiten Karls des Grossen findet sich eine kurze Erwähnung, aber Hildegard von Bingen ignorierte ihn völlig. Erst 1541 wird er erstmalig als Pflanze für den Kräutergarten genannt. In Kochbüchern taucht er schließlich vor hundert Jahren vereinzelt auf. Erst als im 20. Jahrhundert die Wildgemüsesammlerszene entstand und der Run auf die wenigen verbliebenen Wildkräuter einsetzte, mutierte er zu einer Küchenzutat mit lawinenartig steigender Beliebtheit.
Wuchs
Dicht wachsender Bärlauch am Waldboden |
Bärlauch wächst in weiten Teilen Mitteleuropas wild, oft rasenartig in lichten Auwäldern, an Waldwegen, auf feuchten Hängen. Er bevorzugt tonige oder lehmige humose Böden. Unter Nadelgehölzen gedeiht er nicht. Im März treiben die ersten frischgrünen Blätter rosettenartig angeordet aus einer kleinen Zwiebel, ab Mitte April schiebt sich der Blütenstengel nach oben. Die Pflanze wird normalerweise etwa 10-30 cm hoch. Ab Mitte Mai ist es dann schon vorbei mit der Herrlichkeit: Nach der Blüte sterben die oberirdischen Pflanzenteile ab, der Bärlauch «zieht ein». Bärlauchblüte und Blattaustrieb
Samen Bärlauch |
Gefahren
Kein Bärlauch! Sondern Maiglöckchen. Wächst oft vergesellschaftet mit Bärlauch. |
Selbst Wildpflanzen, die nicht unter Naturschutz stehen, sollte man grundsätzlich wenig und nur für den direkten Eigenbedarf sammeln, niemals ausgraben. Gesammelt werden die ganzen grünen Blätter, am intensivsten schmecken sie kurz vor der Blüte. Pro Pflanze bitte nur ein Blatt ernten, damit die Pflanze nicht zu sehr geschwächt wird. Einmal geerntet halten sich Bärlauchblätter nicht lange, in feuchtem Zeitungspapier eingewickelt im Kühlschrank höchstens drei Tage lang. Am besten sofort verarbeiten! Vorsicht vor Verwechslungen mit zwei
Herbstzeitlose, ebenfalls bärlauchähnlich. Aber tödlich giftig! |
Weitere Gefahren drohen vom Fuchsbandwurm, dessen Eier unsichtbar an allen bodennahen Waldpflanzen haften können. Das Risiko wird durch sauberes Waschen der Blätter mit Essigwasser vermindert und tritt nur bei roh gegessenem Bärlauch auf. Aber nur roh schmeckt er richtig gut.
Selbst anbauen
Dolde mit fast reifen Samen |
Dass sich Bärlauch nicht kultivieren lässt, ist ein Märchen. Allerdings benötigt er einen schattigen, eher feuchten grasfreien Platz, am besten unter Laubbäumen, dicht an der Nordseite von Gebäuden, in Geländewellen. Orte, an denen Giersch und Buschwindröschen wild gedeihen, eignen sich oft auch für Bärlauch. Viele Gärtnereien bieten mittlerweile Jungpflanzen an. Man kann sein Glück auch mit im Wald abgesammelten Samen selbst versuchen. Als Frostkeimer gehen sie nicht leicht auf, benötigen eine lange Ruhezeit in der Erde, dann mindestens 4 Wochen kalte Umgebung bei -5 Grad Celsius, am besten unter einer Schneedecke. Wenn schliesslich im Frühjahr ein Pflänzchen spriesst, kann es sich in den Folgejahren schnell selbst vermehren.
Längst wird Bärlauch auch kommerziell in Gartenbaubetrieben angebaut. Er taucht dann schon einige Wochen vor dem eigentlichen Saisonbeginn zu satten Preisen auf Märkten und in Restaurants auf.
Geschmack
Rohe Blätter schmecken wie eine Mischung aus Knoblauch, Spinat und Schnittlauch. Jüngere Blätter sind mild, ältere schweflig-herbe. An zu viel Bärlauch überfrisst man sich leicht, die Auswirkungen sind ähnlich wie bei Knoblauch: Sodbrennen, anhaltender schlechter Geschmack im Mund. Die Lust auf Bärlauch ist einem denn für lange Zeit vergällt. Gekocht verliert sich das Knoblaucharoma zugunsten der «grünen» Spinatkomponente, deswegen sollte man ihn roh verwenden oder ihn direkt in heisse Gerichte mischen. Sinnvoll kann er noch als Füllung für Teigtaschen sein, weil dort das Aroma weniger schnell entweichen kann. Getrockneter Bärlauch schmeckt wie getrockneter Schnittlauch: Fade und strohartig.
Gesundheit
Allerlei Bärlauchpräparate |
Die Inhaltsstoffe ähneln denen des Knoblauchs: Enthalten sind viele verschiedene Schwefelverbindungen wie Divinylsulfid, Dimethylthiosulfonat, Methylcycteinsulfoxid und seine Abbauprodukte Methylallylthiosulfonat und Methanthiol. Ausserdem findet sich Magnesium, Mangan und Eisen in erheblicher Menge. Da das Versprechen gesundheitsfördernder Wirkungen zahlungsbereite Kunden generiert, reagierte die Industrie schnell und brachte Bärlauch-Kapseln, -Pillen und -Granulate auf den Markt. Geworben wird mit einem breiten Wirkungsspektrum: Blutzirkulationsfördernd, gegen Tinnitus, Arteriosklerose, Harmonisierung der Darmflora, zur Schadstoffentgiftung, Immunstimulation und mehr.
Verwendung in der Küche
Im Internet und in Kochbüchern kursieren unzählige Bärlauchrezepte. Viele davon zeugen von einer lieblosen und unsachgemässen Verwendung. Ähnlich wie bei Basilikum dürfen die zarten Blätter nicht lange offen gekocht werden, denn das Aroma entweicht und zurück bleibt ein grüner Brei. Wie oben erwähnt, sollte man Bärlauch nur kurz erhitzen. Wer ihn haltbar machen will, kann die Blätter hacken oder pürieren und einfrieren. Vorsicht, Kunststoffbehältnisse nehmen den Knoblauchgeschmack an. Frischer Bärlauch ist besonders für Salatsossen, Suppen, Pesto und anstatt Spinat geeignet.
Wurzeln und Zwiebelchen von Bärlauch |
Wo wächst er denn nun in unserer Region?
Blühender Bärlauch im Wald |
In den milden Lagen bewaldeter Bach- und Flusstäler muss man sich eher fragen, wo er nicht wächst. Extrem dichte Bestände finden sich zum Beispiel entlang der Schefflenz, bevor sie von Norden her in die Jagst fliesst. Eine Gemeinde hat den Bärlauch sogar seit vielen Jahren zu Thementagen erhoben, die "Eberbacher Bärlauchtage". Kleinere Standorte sind fast in jeder Gemeinde Europas (nach Norden hin wird es dünner) zu finden, in Möckmühl zum Beispiel in der Pfarrklinge, einer sehenswerten steilen Schlucht zwischen dem Ortsteil Ruchsen und Möckmühl, durch die auch ein Wanderweg führt.
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