Sonntag, 26. Januar 2025

Die letzten Gärten

So wars zuletzt, bereits geschrumpft

...sind weg. Kürzlich schrieb ich über die aufsummierten Kleinigkeiten gegen Insekten, Natur, ökologischen Wert, die die Gemeinden selber vollbringen. Nun ist eine Großigkeit dran: Mittlerweile wurde der letzte Rest eines Gartengebietes mit Nutzgärten (keine unsäglichen "Freizeitgrundstücke"!) auf fruchtbarem, gut gelegenem Gebiet zwischen zwei Flüssen durch die Gemeinde radikal abgebaggert und vernichtet. Dort entstehen anschliessend massive Bauwerke mit einer Flächenversiegelungsquote von de facto 95%.

Dann so

Es war das letzte kleine Gartengebiet der Gemeinde, an dem vorher schon unter Regie der Gemeinde stetig gefressen wurde und nun überbaut wird. Andere Gärten flussabwärts entlang dem Tal wurden bereits bis auf einen winzigen, fast zugemauerten Rest Stück für Stück, Garten für Garten über zwei Jahrzehnte zugebaut, oder zubetoniert. Sie lagen ebenfalls in der erweiterten Hochwasserzone. Heute ist das Flusstal mit Flutmauern verengt. Flächen versiegelt, so dass weniger versickert und Niederschläge weniger aufgenommen werden. Das nennen die Verantwortlichen "Entwicklung". Ihr bekommt geliefert, was ihr bestellt habt - das sollten wir antworten, wenn Bürgermeister und Bürger über Überflutungen plärren.

Ausgeräumt, abgebaggert.

Die neue Grundsteuer macht solche Ortsgärten übrigens seit diesem Jahr auch teuer. Es spielt keine Rolle, ob Garten oder Hochhaus, es zählt nur ein einheitlicher Bodenrichtwert für einen grossen Bereich, Quadratmeter und der einheitliche Hebesatz. Damit nimmt der Baubauungsdruck weiter zu. Wer keinen Umsatz mit Fläche macht, bekommt um so mehr Druck, Einnahmen zu erzeugen. Mit Hühnern, Gras und Kürbissen ist das nicht zu erreichen - nur mit Beton.



Fehlen noch 10000 Tonnen Beton, die kommen noch.


Freitag, 3. Januar 2025

Regenfleckenkrankheit am Kernobst, unvermeidlich?


Apfel am Baum mit Russtaukrankheiten

Wer Apfelbäume hat, kennt sie höchstwahrscheinlich gut und sie verfolgt uns auch durch die gesamte Lagerdauer - also auch jetzt mitten im Winter. Wer Äpfel nur kauft, kennt sie nicht: Die Regenfleckenkrankheit oder Russfleckenkrankheit und die Fliegenschmutzkrankheit. Es sind Schalenkrankheiten von Apfel und Birne, sehr einfach zu beschreiben und zu sehen. Die Früchte sehen schmutzig und russig aus, dunkle Wolken sitzen auf der Schale, schwarze Sprenkel. Das alles lässt sich anders als Russ oder Schmutz nicht so einfach flott mit kaltem Wasser abwaschen, die Äpfel werden so nicht sauber. Besonders stark sind die Flecken an grün- und gelbschaligen Sorten zu sehen. Berostete und rotschalige Sorten sind optisch weniger befallen. All diesen Wolken ist gemein, dass sie nur auf der Schale sitzen, sie dringen nicht durch die Schale ins Fruchtfleisch ein. In feuchten Jahren können auch Äpfeln und Birnen aus guten Lagen befallen sein, ansonsten trifft es vor allem Tallagen, nicht ganz windoffene Lagen, Frühnebellagen, Senken, Bäume die hinter zeitweiligen Schattenwerfern stehen oder dicht beieinander. Die Grundregel: Je luftiger und je trockener, desto weniger Regenflecken.

So leicht man die Krankheit sieht und erkennt, so schwierig ist die Biologie dahinter. Vieles wurde lange nicht verstanden und bis heute gibts es neue Erkenntnisse.

Biologie der Erreger

Kräftiger Befall Fliegenschmutzkrankheit

Die ist komplex und sehr breit. Der Haupterreger wurde erst in den letzten Jahren identifiziert: Der Pilz "Peltaster cerophilus" ist hauptverantwortlich für Regenflecken und "Schizothyrium pomi" für die Fliegenschmutzkrankheit. Aber nur in Mitteleuropa, anderswo geben andere Pilze den Ton an. Leider gibt es noch hunderte weitere Erregerpilze, die bei Regenflecken mitmischen, es handelt sich immer um einen Pilzkomplex. Die Infektion kann zwischen Blüte und Ernte immer passieren. Es gibt keine Hauptinfektionszeiträume, es reicht eine bestimmte Zahl von Studen mit feuchter Schale und mässige Temperaturen. Sichtbar wird der Befall aber erst viel später. Man hat also lange noch optisch schöne Äpfel, die aber längst befallen sind. Die Pilze überwintern auf anderen Wirtspflanzen, je nach Pilzart bevorzugt werden Brombeerblätter, Hundsrose, Schlehe sowie 40 weitere Pflanzen. Stark zur Überwinterung genutzt werden auch Fruchtmumien. Aber auch bereits befallene Früchte sporen aus und sind infektiös, damit können die Pilze mehrfach im Jahr das Obst infizieren.

Makroaufnahme der Fliegenschmutzkrankheit

Gibts das auch in Obstplantagen?

Mässiger Befall im Makro: Die Pilzstrukturen sind sichtbar

Im konventionellen Obstbau existiert so gut wie keine Regenflecken oder Fliegenschmutzkrankheit. Es interessiert sich auch niemand dafür. 20-40mal wird mit Pestiziden jede Saison durch die Plantage gefahren, im Extremfall 50mal - das war zum Beispiel im Vinschgau der Fall, nachgewiesen 2017 über Betriebshefte von 681 Bauern. Darunter sind auch viele Fungizidspritzungen und die meisten der Profifungizide haben eine Nebenwirkung auf die Schalenpilze, sorgen so dafür dass sie gar nicht erst Fuss fassen.

Anders im Bioanbau, vor allem in eigentlich wenig geeigneten Regionen wie dem Bodensee. Dort und anderswo kommt es vermehrt zur Regenflecken. Auch dort gibt es Mittel für den Profieinsatz gegen allerlei Pilzkrankeiten, vor allem Apfelschorf, die Wirksamkeit der im Ökolandbau zugelassenen Stoffe und Methoden ist weniger breit und stark. 

Starker Befall im Makro, mehre Pilzarten mischen sich

 

Folgen von Regenflecken oder Fliegenschmutzkrankheit

Optische Mischformen zwischen Regenflecken und Fliegenschmutz.
Es gibt alles und es wechselt von Jahr zu Jahr.

Die wichtigsten negativen Folgen sind:

  • Wer Äpfel oder Birnen verkaufen will, kann das bei befallenem Obst vergessen. Deutlich mit Regenflecken besetztes Obst ist nicht vermarktungsfähig. Im Gegensatz zu inneren Problemen wie mangelnder Reife, Kernhausschimmel, Kavernen wegen Lagerfehlern etc. erkennt der Kunde Regenflecken optisch schon von weitem und sofort. Ein sehr gut schmeckender Apfel mit Regenflecken wird nicht gekauft, Obst das wie Müll schmeckt aber gut aussieht wird gekauft. Man ärgert sich vielleicht hinterher, aber der Kauf ist schon getätigt, das Geld geflossen.
  • Die meisten Leute lehnen derartiges Obst auch privat ab. Kinder wollen es nicht. Es sieht einfach schmutzig aus, russig, ungesund. Man muss sich die Mühe machen, es stückweise zu reichen, geschält oder verarbeitet zu Kuchen, Apfelmus, Apfelküchle etc.
  • Meiner eigenen Erfahrung nach hat es durchaus negativen Einfluss auf Eigenschaften des Obsts, nämlich seine Lagerfähigkeit. Die glattschaligen Sorten, die besonders gerne befallen werden bilden alle eine mehr oder wenige kräftige natürlich Wachsschicht aus, die meist erst bei Reife und Lagerung deutlich spürbar wird. Die gleichmässige Bildung von Apfelschalenwachs wird aber durch die Schalenkrankheiten behindert, in der Folge fehlt die Schutzschicht, trocknen die Äpfel schneller aus, werden weich und bauen schneller ab. In einem Profilager mit perfekter Temperatur und Luftfeuchte wäre das egal, aber in unseren Hobbylagern, Garagen, Kellern, Lichtschächten, Holzsteigen in der negative Einfluss deutlich.
  • Früh sichtbarer Befall am Baum erhöht auch das Sonnenbrandrisiko - schwärzliche Äpfel heizen sich stärker auf als rein grüne Äpfel. Auch Ausfärbung und Ausreife sind gestört, wenn die Schale wegen der Pilzauflage schlechter belichtet ist.

Was tun dagegen?

Für uns Nutzgärtner die wichtigste Frage - was können wir gegen Regenflecken und Fliegenschmutzkrankheit tun? Dazu können wir uns am Bioanbau orientieren, dessen Methoden teilweise auch im Hausgarten und der Obstwiese umsetzbar sind, wenn auch nicht der technische Aufwand möglich ist, den der Profianbau treiben kann.

Behandeln. Die Hoffnung auf "spritzen" trügt bei Regenflecken. Höhere Bäume kann man sowieso nicht gut behandeln, das ist etwas für Zwergbäume und sorgfältig durch Schnitte höhenbegrenzte Bäume und ein gutes Handspritzgerät. Mittel der Wahl bei behandelbaren Bäumen wäre Kaliumbikarbonat, der altbekannte Bruder von Küchenbackpulver, Natriumbikarbonat. Das wird auch gegen Apfelschorf verwendet, fast schon ein mildes Breitbandfungizid. Ein bekanntes kommerzielles Produkt ist "Kumar", das enthält neben Kaliumbikarbonat auch Netz- und Haftmittel und es vermindert im Profianbau tatsächlich auch nachweisbar Regenflecken, aber trotz optimaler Formulierung nur teilweise. In der Praxis des Hobbygärtners ist reines Kaliumbikarbonat wenig wert. Bei jedem Regen und sogar stärkerem Nachttau wird es sofort abgewaschen, aufgrund der Verschiedenheit der riesigen Pilzfamilie die unter dem Namen "Regenfleckenkrankheit" läuft gibt es ständig Infektionstage in der Vegetationszeit für irgend eine Version der Pilze. Die Sporen fliegen ganzjährig, man müsste dauernd behandeln. Ich bin damit nicht klar gekommen und auch im Bioanbau schafft Kumar nur eine Verbesserung, aber keine zuverlässige Verhinderung.

Apfel, frisch gewaschen

Waschen nach Ernte. Dazu gibts viele Versuche im Bioanbau und das ist auch die Methode, die beim Nutzgärtner einige negative Folgen zumindest verbessert, die ich auch mache. Und so geht es: Äpfel in einen Eimer mit Wasser füllen, das auf 40°C erwärmt wurde. Durch die hineingelegten Äpfel kühlt es sich auf unter 30°C ab, also lauwarm. Zehn Minuten stehen lassen, das ist wichtig. Äpfel einzeln herausnehmen und den "Schmutz" mit einem Schwamm abreiben. Ideal geeignet sind dafür Küchenschwämme mit fester Unterseite, kratzfreie Topfschwämme. Mit etwas Übung verletzt man die Schale nicht und beseitigt 80% der Regenfleckenpilze, jedoch nur 20% der (weniger störenden) Fliegenschmutzpunkte. In die Stielgrube kommt man leider nicht und in die Wellen einer Kelchgrube nicht immer. Für die Profis gibt es dafür direkt nach der Ernte Waschstrassen mit Bürsten, das Wasser ist heisser und die Temperatur wird exakt gehalten. Damit verbessert man gleichzeitig auch das Problemrisiko einiger anderer Lagerkrankheiten, wodurch sich der Kostenaufwand wieder mehr lohnt. Ich lagere Äpfel und Birnen ungewaschen und reinige immer nur einen Wochenbedarf, da ich bei der Ernte nicht kistenweise Äpfel abbürsten kann, sondern voll mit der Ernte beschäftigt bin. Infiziert werden können Äpfel übrigens auch nach der Ernte. Niemals Kisten offen stehen lassen, so dass Tau oder gar Regen die Äpfel benetzen können. Sichtbar wird auch das erst später im Lager, dann aber drastisch.

Standort. Siehe oben. Windoffen, luftig, sonnig. Dies ist ein weitgehend theoretischer Ratschlag und typisches Ratgebergeschwätz, denn man kann mit seinen Bäumen weder umziehen noch sich in diesem erstickend engen und vernutzten Land ein passendes Grundstück heraussuchen. Was besser geht, ist luftiger Schnitt, Beseitigung von nahen Windhemmern und Schattenwerfern, auch Unterwuchs sollte kurz gehalten werden. Das sind keine leeren Allerweltsratschläge, sondern hilft tatsächlich ein Stück weit. Die Profis überdachen in Kombination mit Hagelschutz, unten Bewässerung, damit sind die Äpfel trocken, Problem gelöst, Invetitionen aber hoch.

Gelbe Sorten - optisch stärkster Befall

Sorten. Neupflanzungen an Problemstandorten sollten rote Äpfel und vor allem Äpfel mit Berostung berücksichtigen. Regenflecken sind auch ein guter Grund, sich endlich wieder an die erstklassigen berosteten "goldenen" Sorten zu wagen, die schon sehr lange aus dem kommerziellen Anbau geflogen sind, weil man sie dem Kunden nicht zutraute. Das sind Sorten wie Parkers Pepping, auch die alten Klone von Boskoop, Zabergäu Renette, graue Herbstrenette, Osnabrücker Renette, graue französische Renette. Schorfwiderstandsfähige Sorten, insbesondere Neuzüchtungen haben keinerlei Vorteile. Einer der anfälligsten Sorten ist die schorfresistente Neuzüchtung "Topaz".

Hygiene. Wie oben genannt spielen Zwischenwirte und sporenverbreitende Formen der Pilze eine grosse Rolle. Wichtig ist, Fruchtmumien zu beseitigen. Bei Brombeerblättern geht jedoch nicht viel, die habe ich auch massiv in der Nähe, aber ich kann nicht das Gestrüpp in der der Nähe in Grasland umwandeln oder Steinriegel regelmässig mähen. Die Fruchtmumien verursachen jedoch am meisten Schaden, bei ihnen sollte man konsequent sein, weil sie auch für viele anderen Katastrophen wichtige Initialkeimverbreiter darstellen, Schorf, Monilia, Marssonina etwa. Sie befinden sich bereits sehr nahe dort, wo die Sporen sowieso hinwollen, an neue Früchte, an neues Laub. Eine Hygienemassnahme an anderer Stelle ist Eintüten von Früchten. Das lohnt sich nur bei sehr exklusiven Sorten an kleinen Bäumen. Das hat man früher tatsächlich gemacht - an Sorten, deren Äpfel einzeln verkauft wurden und weit exportiert, etwas dem weissen Winterkalvill.

Und so bleiben all diese Russtau- und Regelfleckenpilze Dinge, die wir verbessern, aber nicht mit vernünftigem Aufwand verhindern können.