Sonntag, 1. Oktober 2017

Tafeltrauben für jedermann

Gesunde Hausweinrebe am 1. Oktober
Schon seit Anfang August essen wir sie aus unserem Garten, das wird bis Anfang November so weitergehen. Jetzt Anfang Oktober ist der Höhepunkt eben überschritten: Tafeltrauben. Sie gehören zu den dankbarsten Obstsorten für jeden Garten, sei er auch noch so klein. Tafeltrauben passen wirklich überall hin, weil sie so wachsen wie man sie wachsen lässt: Im Vorgarten die Hauswand hinauf, in der dunklen Ecke gepflanzt und ins Licht nach oben geführt, an der Balkonbrüstung oder der Zaunkrone entlang, über der Terrasse als Rebenlaube... wer sonst nichts essbares im Garten hat, Tafeltrauben sollte er haben. Es gibt keine Entschuldigung, Keine zu haben.


Wenig Ärger mit späten Frösten


Weinblätter, in der Küche ebenfalls beliebt
Nicht einmal der Extremfrost Ende April dieses Jahres, der fast sämtliche andere Obstsortenblüten zerstört hat brachte Totalausfälle, nur Ernteeinbussen. Sogar ganz abgefrorene neue Tafeltraubentriebe können aus Reserveknospen noch einmal kleinere Gescheine (=Blüten) schieben, so dass es auch in schlimmsten Katastrophenjahren noch eine kleine Ernte gibt. Manche Sorten schaffen das ganz gut, zum Beispiel "Garant" oder auch "Druschba".


Enorm vielseitig


Kaum ein Obst ist so vielfältig verwendbar wie Tafeltrauben. Frisch gegessen kennt sie jeder, dass man leckeren Saft damit machen kann weiss man auch, wie leicht dies auch ohne Presse zu bewerkstelligen ist schon weniger und auch wie gut Rosinen aus kernlosen Sorten schmecken. Der Saft schmeckt pur, kann aber auch eine Zwischenstufe für Gelee, Wein, Weinessig, eingekochtem Sirup sein. Kaum mehr bekannt und leider völlig zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist ein Produkt aus unreifen grünen Trauben: Agrest oder Verjus, ein saurer Würzsaft über den es mittlerweile einen eigenen Beitrag gibt, weil ich damit schon sehr gute Erfahrungen gemacht habe. Verwendbar ist von der Rebe noch mehr, vor allem die Blätter und junge Triebe.


Sorten und Züchtungsarbeit


Boskoop Glory - meine Erste
Eine Tafeltraube war das erste Obst, das ich gepflanzt habe, noch als Stundent in Mietwohnungen. Die Rebe wuchs zwei Stockwerke hoch zu meinem WG-Zimmer und dann am Dachtrauf entlang, es war die Sorte "Boskoop Glory". Damals gut, heute gibt es Besseres. Überall wo ich danach wohnte hinterliess ich gepflanzte Tafeltraubenstöcke, einige existieren noch. Bei den Sorten tut sich enorm viel, es gibt sehr frostfeste Züchtungen die bis 800m Höhe wachsen, immer besser schmeckende aber wenig krankheitsanfällige interspezifische Züchtungen aus Vitis-Arten verschiedener Kontinente, sehr grossbeerige Sorten, eine Vielzahl kernloser Sorten. Für Privatgärten interessante Sorten werden in den letzten Jahren vor allem in Russland, der Ukraine, Moldavien gezüchtet. Mittlerweile stehen wir in der dritten Generation wenig anfälliger Tafeltrauben, die die Robustheit einiger Vitis-Arten gegen die im 19. Jahrhundert eingeschleppten fatalen Pilzkrankheiten (man fürchtete zeitweise, der gesamte europäische Weinbau wäre komplett am Ende) mit dem guten Geschmack der Europäerreben Vitis vinifera kombiniert.

Viele Sorten habe und hatte ich selber, eine sehr vielfältige Mischung aus älteren und ganz neuen Sorten: Besagte Boskoop Glory, Lakemont, Sirius, Johanniter, Olimpiada, Venus, Kodrianka, Frumoasa Alba, Palatina, Ramtes, Theresa, Charli, Druschba, Jakobsberger, Muskat Blau, Vera, Canadice, Suffolk Red, Elegant Sverhranny, Straschinski, Galahad, Kischmisch Zitroni, AmetNow, Solotoi Don, Rote Victoria, Galbena Nou, Pleven Ustojcivij, Lilla. Sicher habe ich ein paar vergessen.

...oder reicht kaufen?


Schlagzeile Rückstände Tafeltrauben
Für eigenen Anbau gibt es mehrere gute primäre und sekundäre Gründe. Im Supermarkt liegt nur Importware, die bestenfalls süsslich schmeckt, nie ganz reif ist, häufig überlagert, kein Aroma hat. Zudem gehören Tafeltrauben aus kommerziellem Anbau zu den am meisten belasteten Obstarten überhaupt. In jährlichen Untersuchungen finden sich eine Vielzahl von Pflanzenschutzmitteln, Mehrfachbelastungen,  auch Grenzwertüberschreitungen. Auch mehr als Hälfte von Bio-Trauben weisen Rückstände auf. Auf solche "Cocktails" sollte man verzichten. Lange Transportwege sind die Regel: Heimischen kommerziellen Anbau in Deutschland hat die EU jahrzehntelang verunmöglicht und so haben heimische Produzenten einen hohen Kenntnisrückstand. Geeigente Anbausysteme und Sorten sind wenig bekannt, Tafeltrauben gibt es bestenfalls von Weinbauern als Nebenhobby, die auf diese Weise schlechtere Flächen verwerten und Wochenmärkte beliefern. In der Schweiz, die sich bei Tafeltrauben nichts von einer EU-Bürokratie vorschreiben lassen muss konnte man früher beginnen, den eigenen Anbau zu entwickeln. Dort liegt der Marktanteil von Trauben aus dem Land bei über 50%. Die Meisten als Bioware.

Leckere Sorten gibt es im Supermarkt nicht zu kaufen, nur neutralen Einheitsschliff. Gute blaue Sorten sind zum Beispiel nie zu finden, nur mit heruntergedimmtem Inhalt - die Gerbstoffe aus der Schale könnten stören, sagt das Marketing. Sorten mit Muskat- oder anderen Aromen kommen nicht vor oder das schwache Aroma ist veratmet, bis die Trauben im heimischen Obstteller liegen. Stattdessen werden mittels Pflanzenhormonen die prinzipiell kleinbeerigen kernlose Sorten zu grossen wässrigen Beeren aufgebläht. Viel Kilo, viel Einnahme.

Das brauchen wir nicht. Die für den häuslichen Nutzgarten im mitteleuropäischen Klima besonders geeigneten Sorten werden Stück für Stück bebildert in der Gartenzone vorgestellt, so dass man abschätzen kann ob man die auch selbst pflanzen könnte. Die Erfahrungen beruhen auf eigenem Anbau, nicht abgeschrieben, kein Bücherwissen. Pflanzt Tafeltrauben!

Freitag, 29. September 2017

Herbstaussaaten: Was im Sommer nicht gelingt

Die letzten Jahre waren geprägt von erstaunlich warmen Phasen in den Herbstmonaten und überhaupt mässigen Tiefsttemperaturen im Winter. Gut für Herbstaussaaten und gut für Gemüsejungpflanzen, die auf dem Beet überwintern. Bis Oktober sind meine Beete deshalb immer alle voll besetzt, was leergeerntet ist bekommt sofort neue Einsaaten oder Jungpflanzen. Manes, was in Gartenbücher nempfohlen wird, klappt aber auch nach mehreren Jahren Versuchen einfach nicht. Ein kurzer Gang durch den heutigen Septembergarten mit jungem Grün im Herbst:

Winterbutterkopf - vor einer Woche aufgegangen, der Klassiker. Gut schmeckender Kopfsalat (es gibt noch ein paar andere so frostfeste Sorten wie z.B. Maikönig, Maiwunder, Attraktion), überwintert ohne Schutz oder nur mit Vlies. Überstand schon zweistellige Minustemepraturen problemlos. Im zeitigen Frühling wächst er ungerührt weiter, bringt im Mai leckeren Kopfsalat pünktlich zu den ersten Kräutern für eine Kräutervinaigrette. Wird folgernd reif, was im kommerziellen Anbau unerwünscht ist, im Haus-Nutzgarten höchst erwünscht.

Winterblumenkohl, bei mir bewährt Sorte "Burt" - Aussaat schon im August, Überwinterung unter Vlies im Freiland, da hat er schon -15°C ausgehalten. Gibt im Mai wunderschöne grosse Blumenkohlköpfe, zu einer Zeit zu der sonst nicht viel frisches Gemüse da ist. Und noch besser: Er wächst grösstenteils ausserhalb der ellenlangen Liste von Kohlschädlingen. Ich setze ihn Hausnah nach Westen hin, dass er vormittags beschattet ist, so taut er bei Frost langsamer auf, pralle Sonne nach einer Frostnacht würde ihn schädigen.

Radieschen - braucht man fast nicht zu nennen, hat fast jeder der einen Garten hat. Was wenige wissen ist die Tatsache, dass sie in früheren Zeiten auch im Januar ausgesät wurden. In einem Mistbeet, das von unten durch die Zerfallswärme von Pferdemist erhitzt wird und von oben mit einer Glasplatte geschützt. Da hiessen sie noch "Monatsrettiche" und waren mitten im Winter hochgeschätzte und teuer bezahlte Frischware. Mittlerweise werden auch im September ausgesäte Radies oft schnell holzig, weil Wärme- oder sogar Hitzephase herrschen.

Junger Feldsalat Holländischer Breitblättriger
Ackersalat - auch ein Klassiker, für den eigenen Garten. Man kann bis Oktober aussäen. Lohnend ist die Herbstaussaat Anfang September mit grossen, gut schmeckenden Sorten wie "holländischer Breitblättriger". Der ist nicht ganz winterfest, aber bis Dezember hatte es nie mehr als leichte Fröste.

Kerbelrübe - noch kein Bild, keimt sehr langsam und nur im Winter, benötigt Kälte. Ein seltenes und edles Gemüse, in Frankreich etwas beliebter, aber teuer. Säe ich erst Ende Oktober aus.

Knoblauchzehen des Sommers, Vorbereitung
Knoblauch - wieder ein Klassiker für milde Gegenden, auch da ist mittlerweile in fast ganz Deutschland Herbstpflanzung möglich. Im Herbst ab Ende September gesetzte Zehen bringen im Jahr darauf grössere Knollen als die im Spätwinter gesteckten. Er wird auch früher reif, so dass das Beet schneller für eine Nachkultur genutzt werden kann. Habe ihn noch nie abgedeckt, hat den Winter trotzdem immer überstanden. Er mag fetten, humusreichen Boden. Die dicksten Knollen bekommt man auf altem Pferdemist.


Knoblauch stecken
Ackerbohnen - auch kein Bild, funktioniert bei mir nämlich nicht, auch nicht mit Sorten die als dafür geeignet verkauft werden. In England klappt es besser. Aussaat Herbst, das gekeimte Laub hält mindestens -8°C aus und ist leider zu instabil, um ein Vlies drüberzuziehen, Ernte Mai bis Juni. Was klappt: Im Februar, sobald der Boden nicht gefroren ist etwa 8cm tief aussäen. Dann kann ab Ende Juni geerntet werden. Eine sehr dankbare und problemlose Hülsenfrucht, wenn sie genug Wasser hat. Ist es trocken, bleiben die Pflanzen klein. Die Nachkultur freut sich, denn Ackerbohnen bilden Wuzelknöllchen und fixieren damit Stickstoff. Bei Reife nur abschneiden, nicht die Wurzeln aus dem Boden reissen!

Spinat - auch der funktioniert bei mir nicht, vielleicht liegt es am schweren Boden. Herbstaussaaten keimen schlecht, viele Sorten werden schnell von Mehltau befallen, der sich in gelben Blättern zeigt. Offenbar sind die Winter schon zu warm dafür.

Mittwoch, 27. September 2017

Auch Ende September rollt es an

Ende September und es geht noch was im Freiland. Sogar recht viel. Von heute:
Bruchteil einer Tagesernte 27.9.2017
Dazu noch mehr Tomaten plus Salat, gelbe Rüben, roten Rüben, Radies, Physalis, Gurken. Vor 40 Jahren wären das norditalienische Zustände gewesen. Heute bekommt man auch im Südwesten Deutschlands pfundschwere Auberginen an der Schwelle zum Oktober:

Grosse Aubergine Ronde de
 Valence
Das ist keine Ausnahme. Wer am Klimawandel zweifelt, sollte einfach mal ein paar Jahre Gemüse anbauen und die Probleme und Ergebnisse mit älterer Literatur vergleichen.

Montag, 25. September 2017

Eine Wagenladung voller Ölkürbisse

Ölkürbistaxi
Am Wochenende stand die Ölkürbisernte an. Sie wuchsen in einem Garten des Gemeindeortsteils Korb, den ich momentan mitnutzen darf, der Besitzer ist weggezogen und nutzt nur noch einen Teil selbst. Der Garten hat brauchbaren und ebenen Boden, auch feucht, die Kürbisse lieben es. Da wir dort nicht so oft hinkommen, pflanze ich Sachen die nicht viel Pflege brauchen. Zum Beispiel besagte Ölkürbisse, die mit ihrem kräftigen Wachstum auch das Unkraut gut unterdrücken, denn der Garten ist sehr verunkrautet mit lauter Problempflanzen. Davon gibts da eine tolle Sammlung: Giersch, Kompasslattich, Franzosenkraut, verschiedene Grasarten, Ackerwinde, Ringelblume, Topinambur (vom Vorgänger gepflanzt und seither nicht wieder loszuwerden), aufrechter Sauerklee, Gänsedisteln, Berufkraut - eine heftige Mischung. Das ist noch eigene Betrachtungen wert, einige dieser Kräuter kann man essen.

Ölkürbisernte
Nachdem der Mehltau für weitgehenden Blattverlust gesorgt hatte und der Farbumschlag der meisten Früchte Reife anzeigt, mussten sie geholt werden. Die Dinger passten nicht mehr alle ins Auto. 25 grosse Früchte mit 20-40cm Durchmesser, da war auch gestapelt das Ende erreicht. Es wären noch mehr gewesen, aber liebe Korber Zeitgenossen haben uns Früchte am Zaun gestohlen. Die Grossen. Kleine hingen noch dran. Auch wenn ein Nutzgarten als vorgestriges Rentnerhobby gilt, sich an den Früchten bedienen wird ganz offensichtlich immer noch gerne getan, von allein fortgeflogen sind sie sicher nicht.

Fruchtfleisch mit den wertvollen Kernen
Mit den Früchten konnten die Diebe vielleicht gar nichts anfangen. In der Küche ist das Fleisch dieser Sortengruppe fast nutzlos. Das Fruchtfleisch schmeckt wie eine überalterte, faserige Zucchni. Früher hat man solche Kürbisse an die Schweine verfüttert, auch die Massenträgersorten wie den berüchtigten "gelber Zentner". Das Wert liegt in den Kernen, die aber nach dem herauspulen verarbeitet werden müssen, sonst schimmeln sie sofort. Um die geht es mir. Sie sind grün, dick, enthalten noch mit viel Feuchtigkeit. Grün sind sie, weil ihre Samenhülle fehlt - deshalb sind sie ohne Schälen essbar und sehr gut zur Ölgewinnung pressbar.

Ölkürbisse anbauen

Flächendeckend Kürbisse
Ölkürbisse benötigen wie alle Kürbisse viel Energie: Viele Nährstoffe, viel Sonne, am Anfang viel Wasser, viel Platz. Sie ranken fünf Meter weit, wenn ihnen der Platz gefällt. Lieblingssubstrat von Kürbissen ist Mist, sogar frischer Pferdemist wird vertragen, der aufgrund seiner Ammoniakbildung für fast alle Pflanzen zu scharf ist. In Österreich wurden für den Ölkürbisanbau früher grosse Löcher in den Boden gedreht, viel gelagerter Rindermist hinein und drei Kürbissetzlinge obendrauf. Heute nutzt man genau angepasste mineralische Düngung nach Bodenuntersuchungswerten.
Wer Zugang zu Pferdemist hat, sollte den verwenden. Mist aufschichten im Winter oder Frühling, mit schwarzem Vlies überdecken, Aussaat der Kürbissamen in Töpfe auf der sonnigen Fensterbank Mitte April, Kürbisspflänzchen im Mai hineinpflanzen. Das hat den grossen Vorteil, dass auf diesem Substrat die Wasserversorgung bis in den Spätsommer hinein sehr gut ist, der Mist hält das Wasser erstklassig. Die zwei grössten Plagen am Anfang: Schnecken und böiger Starkwind. Schnecken weghalten oder bekämpfen, gegen Windböen (werden oft unterschätzt) hilft es, die Ranken mit Holzstäben oder Klammern zu fixieren. Gefährlich sind auch kalte Näche und hohe UV-Strahlungswerte tagsüber. Sind die Pflanzen nicht abgehärtet, erleiden sie Stengelnekrosen. Wer vor hat, fünf Pflanzen zu setzen, sollte zehn ziehen. Irgend etwas passiert immer und zum Schluss steht man ohne Pflanzgut da. Wenn nicht: Übermengen verschenken.

Der Mehltau kam, Erntezeit Ende September
Und dann? Wachsen lassen. Nichts schneiden, höchstens mal in falsche Richtungen wachsende Ranken woanders hin ziehen. Ab Ende Juli kommen die Früchte, die gegen Ende September geerntet werden. Nach dem ersten grösseren Fruchtansatz hören die Pflanzen wie alle Kürbisgewächse erst einmal auf zu wachsen, die Pflanze benötigt ihre Energie für die Samenbildung.

Sorten

Angebaut haben ich schon "Lady Godiva", "Olga" und den "Gleisdorfer Ölkürbis". An Lady Godiva blieben die Früchte kleiner, dafür war das Fruchtfleisch orange und fast schon küchentauglich und er scheint sehr robust zu sein, benötigt aber lange zum Ausreifen. Die Früchte sollten ganz orange sein, das kann bis Oktober dauern. Die anderen beiden Sorten bildeten teilweise sehr grosse Früchte, die auch gut fürs Kürbisgeister schnitzen verwendet werden können. Farbumschlag der Schale Richtung Orange zeigt Reife an. Meine Kürbisse verschenke ich für die Geister an den Kindergarten, die Kerne nehme ich.
Die Sorten sind insgesamt gesehen robust, der unvermeidliche Mehltau kommt erst zur Reife hin und verdirbt dann nicht mehr viel. Eine Gefahr ist Hagel - das ist leider Pech. Die Erträge liegen pro Pflanze selten höher wie fünf Kürbisse auf Mist, ohne Extradüngung kann man mit zwei Früchten schon froh sein. Aus einem Kürbis sind nach Trocknung nur rund 100-200g Kerne gewinnbar. Nicht viel.

Kürbiskerne verarbeiten

Frucht (ja, ich weiss, es ist eigenlich eine Beere) aufschneiden, die grünen Kerne mit dem lockeren Innengewebe herauskratzen. Kerne trennen, von Fruchtfleischresten säubern und sofort verwenden.
Frische Ölkürbiskerne
  1. Frisch essen. Schmecken toll. Oder als Zutat für Salate, Gebäck, allerlei Gerichte.
  2. Trocknen. Locker verteilt auf einem Sieb in einem Gebläsetrockner mit genau einstellbarer Temperatur bei max. 40 °C. Es dauert zwei Tage! In der Sonne getrocknet steigt das Schimmelrisiko schnell an. Vorsicht im Freien, Mäuse und Vögel lieben die Kerne ebenfalls sehr. Anschliessend luftdicht verpackt und kühl gelagert sind die Kerne ein halbes Jahr haltbar. Vakuumieren soll besonders gut
    Kürbiskerne Gesamternte getrocknet und abgefüllt.
    funktioneren. Oder eingepackt tiefgefroren lagern. Verwendung als Naschzeug oder wie oben. Nachdem es mittlerweile sogar kleine elektrische Ölmühlen für Privatleute gibt, kann man auch versuchen, selbst Öl zu pressen. Ich habe es mangels Gerät (so billig sind die dann auch nicht) noch nicht ausprobiert. Der Ölgehalt der Kerne liegt aber bei satten 45%, wenn die Geräte nicht völlig Murks sind, sollte etwas Öl dabei herauskommen, eventuell kann man die Kerne vorher etwas anrösten. Viel Öl kann es aber nicht sein. Meine zwei Autoladungen voll Ölkürbisse auf 50qm gewachsen könnten im Optimalfall rechnerisch höchstens gut einen Liter Öl liefern. Direkte Verwendung der Kerne scheint da doch wesentlich attraktiver. Frische getrocknete Kerne sind sehr lecker. Kürbiskerne aus dem Supermarkt schmecken vergleichsweise ranzig und vergilbt.
  3. Oder: Gar nicht erst trocknen und sofort einfrieren. Verwendung wie Frischware. Sie bleiben so weicher, grösser und aromatischer.
Reife Kürbisse haben Kerne, die bei Trocknung auf ziemlich genau 62-64% des Ursprungsgewichts schrumpfen, ich habe dazu die Gewichte vieler Früchte nachgemessen.
Wer Platz und Dünger hat, sich an den dekorativen Früchten mit den leckeren Kernen erfreuen will - Ölkürbis anbauen.

Samstag, 23. September 2017

Auberginen ohne Ende, Kohl am Ende

Es ist Ende September geworden und die ganze Familie isst seit Juli immer noch wöchentlich Parmigiana di Melanzane, eines der bekanntesten Gemüsegerichte der italienischen Küche. Ein seltenes Wunder: Alle mögen es. Hauptzutat: Auberginen, Auberginen, Auberginen. Weiter Parmesan, Tomaten, der Rest ist fakultativ. Beliebt sind Basilikum, Zwiebeln, Knoblauch, Mozzarella. Rezepte dazu liefert jede Suchmaschine tonnenweise.

Kohl am Ende

Auberginenblüte - sehr dekorativ und sehr
nachtschattengewächstypisch
Und zwar wie für Nutzgartenfans zu erwarten unter Verwendung von selbstgezogenen Auberginen mit Aroma, nicht die holländischen Wattekeulen mit schwarzer Schale. Seit Jahren bauen wir Auberginen in Freiland und Gewächshaus an, nur ein paar Sorten aber konsequent. Dieses Jahr auch erstmals eine Vielzahl von Sorten. Der Witz dabei ist, dass dieses Gemüse im Hausgarten mittlerweile sogar wesentlich einfacher und problemloser im Freiland anzubauen ist wie ganz gewöhnliches Kohlgemüse. Jawohl, popeliger Kohl ist am Ende. Verändertes Klima, aggressive Schädlinge, viel zu lange hitzige Trockenperioden - es geht nicht mehr. Exemplarisch mein Rosenkohl, Weisskraut, Spitzkraut, Blaukraut: Erst wird der Keimling von Kohlerdflöhen zerlöchert, dann Welke durch Kohlfliege, dann kam die Kohldrehherzmücke und zerstörte den Wachstumspunkt, mühevoll bewässert, schliesslich kamen die Pflanzen endlich hoch,
Vorsicht, einige Auberginensorten haben
deftige Stacheln am Fruchtansatz!
um im September durch drei Tage Windböen in Sturmstärke umgerissen zu werden. Vielen herzlichen Undank. Kleinigkeiten wie Raupen von Weisslingen und Eulenfaltern, weisse Fliege, Schnecken gar nicht zu nennen. Das war früher anders, aber heute stehe ich damit nicht alleine, wie mir Berichte anderer Gartenfreunde aus wärmeren Gegenden seit Jahren bestätigen. Kohlgemüse (egal welche Sorte) geht nicht mehr ohne massiven Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Bewässerung und engmaschine Netze. Manche Arten nicht einmal damit. Chinakohl: Dreimal ausgesät, dreimal Dank vieler Temperaturextreme in beiden Richtungen ohne gute Kopfbildung geschossen.

Auberginen ohne Ende

Mitte, oben links: Barbarella.
Unten Obsidian und Ronde de Valance.
Unten rechts: Dnipropetrowsk.
Was längst geht, sind Sachen wie Auberginen, zu deren Anbau man lange Zeit nur südlich der Alpen riet oder bestenfalls für Gewächshausversuche tauglich. Man muss sie zwar wie Tomaten vorziehen, danach wachsen sie ohne viel Aufwand und ohne Pflanzenschutz im sonnigen Freiland, bringen eine kontinuierliche und reiche Ernte. Pflanzen und Früchte sind ausserdem sehr dekorativ, würden optisch auch in einen Vorgarten oder Blumenkasten passen.

Bereits Anfang Juli rollten die ersten grossen Früchte im Freiland an. Von da an rollte es weiter bis jetzt im September. Über Anbaudetails und Reifeanzeichen (nicht einfach!) berichte ich in weiteren Beiträgen, jetzt im Herbst sollen nur ein paar Sortenportraits vorgestellt werden, um ein Gefühl für dieses Gemüse zu bekommen.

Sorte: Laura

Reife Auberginen - oben links "Laura", grünlich
Beliebte Sorte mit breitovalen Früchten. Das Saatgut ist im normalen Samenhandel ohne allzuviele Verrenkungen zu finden. Habe sie schon mehrere Jahre und sie ist mein unangefochtener Geschmacksfavorit. Warum? Weil sie sowohl eine herrliche Konsistenz als auch einen ebenso herrlichen Geschmack bringt. Sie ist sehr schwer und fest, gebacken oder gebraten schmilzt sie fast auf der Zunge. Das Aroma ist Auberginenkonzentrat, dazu ganz leicht bitter, genau richtig. Die Pflanze ist sehr robust, gedeiht in Freiland wie Gewächshaus.
Nachteile: Wuchs relativ niedrig, Erträge mässig, Frucht nur in voller Sonne violett, ansonsten mit mehr oder weniger grossen Anteilen eines unreif aussehendes Grüns, obwohl sie längst reif ist. Im Gewächshaus manchmal vollkommen grünbleibend. Leute, die Auberginen nur violett kennen, irritiert das Anfangs. Die Früchte werden nur manchmal grösser, bleiben ansonsten bei 200g. Je weniger Licht und Wärme, desto kleiner.
Fruchtqualität Note 1-, Optik Frucht Note 3+, Pflanze 2-.


Sorte: Obsidian

Eine samenfeste Sorte, keine F1-Hybride. Die Frucht ist ebenfalls sehr fest und spezifisch schwer, wie es sein soll, bleibt ebenfalls bei 200g. Pflanze etwas grösser wie "Laura". Frucht stärker gefärbt wie "Laura", ausserdem noch breiter, bekommt gerne einen Nabel am Ende. Robust.
Fruchtqualität Note 1-2, Optik Frucht Note 2, Pflanze 2.


Sorte: Ronde de Valence

Auberginensorte Ronde de Valence
Optisch und geschmacklich sehr gut. Kugelrund ist sie tatsächlich - und ausgesprochen hübsch, glänzt stark bis zur Reife. Gut besonnd in edlem Violett, bei weniger Sonne sowohl mit grünen als auch weissen Zonen. Vorsicht, Fruchtstiel hat etwas mehr Stacheln. Die Pflanze wird bis zu 80cm hoch und die Früchte variierten sehr in der Grösse, werden aber oft bis zu sagenhaften 500g schwer. Benötigt Wärme, im Zweifel ins Gewächshaus.
Fruchtqualität Note 1-2, Optik Frucht Note 1, Pflanze 2.


Sorte: Dnjpropetrowsk

Aubergine Dnjpropetrowsk
Der Namen legt eine russische Sorte nahe :-) Vom ersten Aussehen her ähnelt sie holländicher Gewächshausware. Aber nur auf den ersten Blick. Sie ähnelt vielmehr der Sorte "Frühviolette", ist fest, spezifisch sehr schwer, hat grüne Streifen hinter der violetten Deckfarbe. Die Pflanze bleibt bei 60cm, brachte aber auch am weniger sonnigen Platz gute und grosse Früchte. Dank der Fruchtform leichter zu braten wie runde Sorten.
Fruchtqualität Note 1-2, Optik Frucht Note 2, Pflanze 2.


Sorte: Barbarella

Auberginensorte Barbarella Detail
Wer denkt sich solche Namen aus? Hochwachsene Pflanze (Freiland 80cm, Gewächshaus noch ein wenig mehr) mit herrlichen Früchten. Zeigt sich ertragsstark. Die Früchte sind vom norditalienischen Typ, beutelartig. Sie können sehr gross werden und wiegen dann bis zu 500g. Im gut besonnten Freiland färbt sie fast ganz in ein knallig leuchtendes Violett, im Gewächshaus und unter Blättern überwiegt porzellanfarbenes Weiss. Die Früchte sind nicht ganz so dicht, schwer und hart wie die anderen Sorten, aber immer noch weit über Supermarkt-Niveau. Sie bildet schneller Kavernen und sollte auch deshalb schnell geerntet werden.
Fruchtqualität Note 2-3, Optik Frucht Note 1-2, Pflanze 1-2.

Der Reifebeginn der ersten Früchte aller Sorten unterschied sich dieses Jahr kaum voneinander.

Mittwoch, 20. September 2017

Schirm-Ölweide, Elaeagnus Umbellata, Teil 2: Früchte und Verarbeitung

Gepflückte Früchte der Schirm-Ölweide
In Teil 1 über Ölweiden ging es mehr um die Pflanzen, nun geht es mehr um die Erträge und was man damit machen kann.
Sträucher, die 2m erreicht haben (was schon nach 2-3 Jahren passiert) und einen Befruchter haben tragen gewöhnlich sehr reichlich. Probiert man die eben erst rot gewordenen kleinen Beeren der Schirm-Ölweide Anfang September, schmecken sie herbsauer und im Aroma leicht mit dem verwandten Sanddorn verbunden. Sie wirken "wildobstig" und kaum brauchbar, zumal die kleinen Dinger nach viel Arbeit beim pflücken aussehen.
Etwas leichter pflückt sich die Vielblütige Ölweide Dank grösserer Früchte und längerer Fruchtstiele, da sich Geschmack und Verarbeitung aber sonst nicht unterscheiden lohnt es sich nicht, auf die beiden Arten getrennt einzugehen.

Pflücken


Zerquetschte und dann ausgepresste Früchte
Aber schon zwei Wochen später kommt Süsse hinzu und die Gerbstoffe bauen sich etwas ab, ohne allerdings je ganz zu verschwinden. Die Beeren lassen sich auch leichter lösen, man kann sie flott von den Zweigen abstreifen und erreicht so deutlich über 2kg Pflückleistung pro Stunde. 2kg Ertrag brachte eine meiner Schirm-Ölweiden nach drei Jahren. Nicht schlecht für den Anfang.
Lässt man sie weiter hängen, werden sie noch leicht grösser, aber ändern sich geschmacklich nicht mehr sehr, wenig Säure/Gerbstoffabbau. Ab Anfang Oktober fallen sie so langsam ab. Das Erntefenster kann also ganz schön lang sein.

Verarbeiten, Pressen


Kalt gepresster Saft
Die Beeren sind weich mit grossem Kern. Sie lassen sich leicht zerquetschen und anschliessend mit dem Handpressbeutel aus Nylon abpressen. Alles ganz low-tech. Das Ergebnis überrascht: Es gibt viel Saft, die Ausbeute liegt bei 50%. Der Saft hat 60-80° ÖE (15-20% Brix), ist sehr hell, transparent bis milchig. Bei später geernteten Früchte erhöhte sich der Zuckergehalt nicht mehr. Von der schönen roten Farbe der Beeren ist kaum etwas zu sehen, nur Flocken und ein leichter Rosaton, die Farbe sitzt offenbar nur in den Schalen und löst sich kaum im Saft. Er schmeckt in Süsse, Säure und Aroma nach rotem Johannisbeersaft mit einem weiteren besonderern Nebenton, der kaum zu beschreiben ist. Nicht unangenehm, nur ungewohnt. Pur gut trinkbar. Die gepresste Maische ist knetbar wie Knetmasse, klebt kaum, enthält die vielen grünlichen Kerne, die in der Konsistenz Fenchelsamen ähneln. Richtig hart sind sie nicht, mit dem Fingernagel zerteilbar.
Einen weiteren Teil habe ich mit einem Beerenpressenaufsatz verarbeitet. Das ging auch gut, das Fruchtmus enthielt viel mehr Zellen und war durchgängig rot. Saft war es nicht mehr, eher ein Pürree. Für Kleinmengen lohnt sich das nicht, dann ist der Aufwand fürs Reinigen des Geräts höher.

Verwenden


Gelee aus den Früchten der Vielblütigen Ölweide
Aus dem Saft habe ich Gelee zubereitet, das aufs Brot und ins Joghurt kommt. Es gelierte problemlos. Es sieht etwas wild aus, wie ein Geist im Glas oder verdünntes Blut, das einen Wirbel bildet. Die rote Farbe ballt sich von selbst in der Mitte zusammen. Der Geschmack kommt nun weniger johannisbeerartig, dafür nach Fruchtbonbon, auch der Nebenton bleibt vorhanden. Interessanterweise verstärkt der sich mit Lagerung und bekommt dann Aromen wie in Sanddorn, der mit dem Ölweiden tatsächlich verwandt sind. Ich finde die Aromatik insgesamt sehr lecker, aber man kann auch anderer Meinung sein. Geschmack ist eben Geschmackssache... Auf jeden Fall eine eigenständige Aromatik.

Der Saft hätte auch heisssteril abgefüllt werden können, um ihn haltbar zu machen und zu trinken. Unsere Hühner lieben die Beeren ebenfalls und picken eifrig auf, was herunterfällt, ein Huhn flattert sogar nach oben, um die Beeren zu erwischen. Das pürreeartige Fruchtmus haben wir eingefroren und später zu Eis und in Fruchtquark verarbeitet. Das Eis ging Richtung rote Johannisbeeren, der Fruchtquark sehr deutlich nach Sanddorn. Mit der nächsten Ernte probieren wir gekochtes aus und Kuchenbeläge. Wer hat noch Ideen?

Teil 1: Schirm-Ölweide, Elaeagnus Umbellata im Garten
Teil 3: Vielblütige Ölweide