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Reifer Pfirsich am Baum - Neckarperle |
Doch der Reihe nach. Zu den Lieblingsobstarten auf unserer Obstwiese zählen Pfirsiche. Sie bieten für uns mehrere Vorteile:
- Sie kommen auf halbwegs tauglichen Unterlagen (arteigen, z.B. "Rubira" oder noch besser die leider schwer zu bekommenden Bromptonpflaume) gut mit dem armen, trockenen Boden hier klar.
- Es ist der einzige Obstbaum, dessen Blätter nicht von Frostspannern und Eulenraupen zerfressen werden.
- Sie sind hitze- und windfester als die meisten anderen Obstgehölze.
- Es gibt relativ ertragssichere Sorten, etrwas besser wie Aprikosen oder Reineclauden.
- Die verschiedenen Sorten haben eine wirklich grosse Reifespreizung, so kann man von Anfang/Mitte Juli bis Ende September Pfirsiche essen.
Pfirsichblüten eines Wildlings - die rosa Blüten sind sehr hübsch. Pfirsichbäume sind auch als Zierpflanze wertvoll.
- Jeder mag sie. Reife Pfirsiche vom Baum sind ein herrliches Obst. Ausgereift schlagen sie die niemals reif verkaufte spanische Supermarktware geschmacklich um Längen.
- der grösste Spielverderber ist die Kräuselkrankheit, wegen der Pfirsiche in Privatgärten verschwunden sind. Die Blätter kräuseln sich nach dem Austrieb, fallen dann ab. Der Baum leidet, zehrt aus und kümmert.
- Spätfröste in Kombination mit immer früherem Austrieb nach milden Wintern haben die letzten Jahre zu flächigen Ernteausfällen geführt, das betraf auch andere Obstsorten, aber leider halt auch Pfirsiche.
Gesundes Pfirsichblatt
Sorten und Probleme
Sorten habe und hatte ich bisher den frühen roten Ingelheimer, Fruteria, Harnas, Red Robin, Royal Gem, Flaming Fury Lucky 13, Neckarperle, Red Haven, Rome Star und mehrere Kernechte vom Vorgebirge. Früher hatte ich noch Benedicte und Revita. Sorten wie Red Haven schmecken wirklich gut, sind aber leider ziemlich anfällig gegen die Kräuselkrankheit. Der Anbau ist ohne Pflanzenschutz und ohne Überdachung unmöglich. Weniger anfällige Sorten leiden je nach Lage auch, aber schwächer, leider sind es meist nicht gerade die Geschmackskönige. Immer wieder werden Sorten vorgestellt, die angeblich kaum anfällig sind. Bislang entpuppten die sich immer als trügerische Versprechungen und die übliche Baumschulprosa (um nicht zu sagen Verkaufslügen), aber vielleicht gelingt es einmal wirklich, resistente Sorten zu finden. Eine ausführliche Sortendiskussion kann man erst nach mehreren Jahren Erfahrung führen.
Kupfermittel - die alte Methode
Gegen Kräuselkrankheit vorzugehen ist im privaten Bereich fast unmöglich. Die Krankheit wird von einem Pilz verursacht, der sich Taphrina deformans nennt. Empfohlen wird jährlich wiederkehrende Behandlung mit einem Kupferpräparat, dafür muss der genaue Zeitpunkt des ersten Knospenschwellens im Spätwinter exakt abgepasst und dann der Baum behandelt werden. Kupferbrühe auf der Obstwiese zu verspritzen will ich jedoch vermeiden und ich kann ohnehin nicht ständig kontrollieren, wie weit die Knospen sind. Der Zeitpunkt kann je nach Wetterlage stark differieren. Kupfermittel sind mittlerweile für private Nutzgärtner verboten - im kommerziellen Bioanbau und Ausland weiter erlaubt.
Die Biologie von Taphrina deformans
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Junge Früchte an gesundem Baum |
Essig und Wasserstoffperoxid - die neue Methode
Sporen in der Knospe oder den bereits ausgekeimten Pilz anzugreifen ist schwer möglich. Angreifbar ist aber das offen wachsende Sprossmyzel. Die Blätter müssen dafür schon abgefallen sein (die sollte man nicht schädigen, solange sie noch assimilieren), was oft Ende Oktober stattfindet, in den letzten Jahren leider auch erst Anfang Dezember. Ab dann bis zur Infektion der Knospen kann man das Sprossmyzel des Pilzes erwischen. Aber mit was? Schon vor 20 Jahren wurde dafür mit diversen Fungiziden experimentiert. Ein Stoff wirkt besonders gut, lässt sich leicht beschaffen und einfach anwenden: Peroxyessigsäure oder kürzer Peressigsäure. Das ist ein Standard-Desinfektionmittel, das gut fungizid wirkt und auch in lebensmittelverarbeitenden Betrieben
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Im Vollertrag - kein Blatt krank |
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Behandlung Pfirsich Ende November |
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Kräuselkrankheit an unbehandelter Kontrollgruppe |
Bereits in der Zeitschrift 'Obstbau' 8/2004: "Taphrina deformans - Neue Wege zur Bekämpfung" wurde die Methode mit Peressigsäure genau beschrieben. Im beschriebenen Versuch wurde das kommerzielle Desinfektionsprodukt "Wofasteril" auf 1% verdünnt verwendet. Peressigsäure ist wirksamer Bestandteil dieses und diverser anderer Desinfektionsmittel und vielfach erhältlich, häufig verwendet in der Tierhaltung, in der Lebensmittelproduktion, in Schwimmbädern und andere Bereichen. In solchen Produkten ist sie aber stabilisiert und meist sind weitere Hilfsstoffe enthalten. Das kann man ausprobieren, aber auch wenn es damit ebenfalls "funktioniert" ist deshalb eher Vorsicht angebracht, solche Mittel zu kaufen und verdünnt im Garten auszubringen. Der Vorteil ist, dass sie stabil gelagert werden können und dann sehr einfach angemischt. Man kann sie sozusagen immer parat halten.
Ach ja: Da in Deutschland alles verboten ist, was nicht von einem teuer bezahlten Juristen ausdrücklich erlaubt ist, ist die Anwendung solcher Mittel natürlich verboten. Es gibt auch keine Peressigsäurepräparate, die als Pflanzenschutzmittel oder Stärkungsmittel oder Grundstoffe zugelassen/erlaubt sind. Etwas legaler klingt es, alles "die Anwendung eines Hausmittels zur Pflanzenstärkung" zu nennen. Aber auch keine Pflanzenstärkungsmittel mit Peressigsäure sind in der offiziellen Liste des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit aufgeführt. Bekannt ist alles jedoch schon lange: Jemand hat die Anwendung von Peressigsäure an Pflanzen 2002 als Patent angemeldet, das aber schon 2009 erloschen ist, weil die Gebühren dafür nicht mehr bezahlt wurden. Es brachte wohl keine Einnahmen.
Bleibt die Frage, wie das eigentlich in den Haupt-Anbauländern für Pfirsiche läuft? Welche Mittel werden dort verwendet, was passiert dort? Die Früchte der intensiven Kulturen, die bei uns im Supermarkt und auf dem Teller landen sind ohnehin mit einer Vielzahl von Mitteln, darunter auch massivem Einsatz von Fungiziden (u.a. gegen Monilia) behandelt, dort ist der Pilz meist von vornherein schachmatt. Ausserhalb davon in privaten Gärten werden jedoch am Mittelmeer Pfirsiche ebenso von Taphrina befallen. Der Pilz selbst verträgt Hitze aber nicht gut und das Sprossmyzel ist nicht zu sofortiger Reinfektion im trockenen Sommer in der Lage. Somit treibt der unbehandelte Baum nach dem ersten Befall sofort wieder gesund aus. Die Vegetationszeit in Mittelmeerklima ist so lange, dass ein erster teilweiser Blattverlust nicht zu einer wesentlichen Schwächung des Baums führt. Die Krankheit tritt also ebenso auf, ist aber in der Praxis kein Spielverderber-Problem. Und für uns jetzt hoffentlich auch nicht mehr.