![]() |
Einige reife "Jupiter" Trauben am Stock |
"Jupiter" ist eine Tafeltraube, die ich mir schon Jahre früher gesetzt hätte, wenn mir klar gewesen wäre, was sie kann. Leider waren einige Jahre osteuropäische Sorten aus Russland und der Ukraine in Mode und wurden auch von einigen Protagonisten fleissig angepriesen. Davon bin ich zu 75% wieder weg, viel gerodet, ersetzt. Viele hatten schwere Qualitätsprobleme, waren weit anfälliger wie versprochen, brachten Fehlschläge und wirkten in der Praxis vom Niveau her wie von Hobbyzüchtern, die sich wild aufgegangene Reben zusammensuchen und mit Sortennamen versehen. Seit ich wieder Sorten anderer Herkunft pflanze, auch wenn sie schon älter sind, merkte ich erst was ich verpasst habe.
![]() |
Jupiter etwas vor der Vollreife, noch violett |
Das Musterbeispiel für so eine Sorte ist Jupiter. Eine alte Sorte ist sie aber nicht, sie entstand vermutlich 1985 an der Universität von Arkansas und ist seit 1998 als Sorte bekannt. Von dort stammen viele Tafeltrauben, darunter mehrere mit Planetennamen: Venus (auch hier im Tafeltraubentest), Mars, Saturn, Neptun und Reliance. Verantwortlich war Dr. James N. Moore und der hatte offenbar einiges drauf. Gezüchtet hat er klassisch, produzierte 300 000 Sämlinge. Seine Arbeit wird weitergeführt, jüngere Züchtungen sind z.B. "Compassion". Der Aromastil ist häufig eine Kombination der besten Vitis Vinifera und Vitis Labrusca Varianten - Muskat mit blumigen Fruchtaromen. Alle Sorten sind aussergewöhnlich krankheitsfest, in deutschem Klima weit besser wie 98% der Osteuropa-Züchtungen. Das muss jedoch nicht so bleiben, Resistenzdurchbrüche können immer passieren, bei "Venus" ist das vielleicht schon passiert.
Wuchs und Krankheiten
![]() |
Gesundes Laub noch im Spätsommer, wo andere Sorten längst versagen |
Verkäufer schreiben von starkem Wuchs, was ich nicht so ganz bestätigen kann. Stark wächst sie nur unter besten Bedingungen. Ihre Blätter sind kleiner wie die von Schwester "Venus", sie verzweigt auch nicht stark. Für eine Pergola würde ich sie nicht nehmen. Aber die eignet sich sehr gut für lange, eintriebige Erziehungsformen wie zum Beispiel oben an einem Zaun entlang. Auch deshalb, weil ihre Trauben nicht sehr gross sind. Sie reisst sich deshalb nicht selbst von Fruchtgewichten herunter, auch ohne grosses Festbinden. Jungtriebe haben keine Neigung, bei Wind abzureissen.
Wie Venus hat sie eine schöne rote Herbstfäbrung der Blätter, dekorativ ist sie.
Ihre Krankheitsfestigkeit ist nach ein paar Jahren immer noch spektakulär. Das gilt für alles. Ich habe sie noch nie mit echtem oder falschen Mehltau gesehen, noch nie mit Stiellähme, keine Botrytis, sie platzen nicht bei Starkregen, sie war immer so gesund wie kaum eine andere Sorte. Das Laub blieb sattgrün bis zum herbstlichen Farbwunder und dann Blattfall, es ist auch fester und dicker wie die meisten anderen Sorten, glänzt immer leicht. Vielleicht lässt es sich deshalb nicht so gut für eingelegte Weinblätter verwenden. Diese strotzende Gesundheit muss nicht immer so bleiben, ist aber derzeit so. Als blaue Traube wird sie wie jedes Obst von der Kirschessigfliege befallen, aber nicht einmal das passiert übermässig und die Beeren faulen auch nicht so schnell. Auch Wespenfrass ist gering. Das lässt sich durch die gesunden Beeren erklären. Erst Fäulnis und offene Frucht zieht die Fresser an.
Ertrag und Pflege
Jupiter zählt zu den Idealträgern mit mittlerem Ertrag, gerade so gut dass man keine Mühe mit Ausdünnen hat. Ihre Kiloerträge liegen eher im unteren Bereich, aber nicht schwach. Eine pflegeleichte Sorte, die auch keine übermässigen Laubarbeiten benötigt.
Trauben und Beeren
![]() |
Gewicht guter Beeren um die 5 Gramm |
Die Trauben beginnen Mitte bis Ende August zu reifen, was als "früh" zählt. Sie sind klein und locker aufgebaut, hängen gut am Stielgerüst aber ohne beim pflücken zu zerreissen. Mit den kleinen Trauben wird "Jupiter" niemals eine Schautraube sein, sie wirkt optisch unscheinbar und wenig prächtig, was in einigen Ländern zweifellos ein Hindernis für ihre Vermarktung darstellt, weil dort grosse Optik gefragt ist.
Ihre Beeren sind kernlos, Kernrudimente sind aber vorhanden, sie stören beim essen nicht. Die Form ist länglich bis oval, eher klein bis mittelgross, ältere Pflanzen mit guter Wasserversorgung bekommen grösseren Beeren. Ihr Gewicht liegt bei etwa 5 Gramm, was für eine kernlose Sorte sehr, sehr gut ist, für Sorten mit Kernen wäre es untere Mitte. Die Schalen sind im Gegenssatz zu vielen Internetfotos nur unreif violett oder rotblau, vollreif werden sie tiefbau. Einige Wochen bleiben die Beeren fleischig, knackig und fest, auch die Schale, ab Mitte September wird alles flüssiger und weicher.
Inhaltsstoffe, Aroma und Verwendung
![]() |
Reife Beeren und halbierte Beeren von "Jupiter" |
Ab Mitte August wird die Sorte hocharomatisch, was enorm lange sechs bis acht Wochen bis weit in den Oktober hinein anhält. Ihr Erntefenster ist also sehr lange. Zunächst sind auch noch kräftig Gerbstoffe in der Schale, was mir persönlich sehr gut schmeckt und eine grosse Seltenheit bei Tafeltrauben geworden ist. Im Hintergrund lauert aber auch eine gewisse Bitterkeit und die Gerbstoffe können ein papierartiges Gefühl im Mund verursachen, das wird nicht jedem schmecken. Mit zunehmender Reife schwächsen sie sich ab. Je nach persönlichen Geschmacksvorliebenkann man sich über die Erntezeit das Optimum heraussuchen.
An Aromatik ist Jupiter kaum zu überbieten. Sie beginnt mit einem Feuerwerk von Fruchtaromen und kräftigem Muskatgeschmack. Dieser Stil ist mittlerweile etwas bekannter geworden von ein paar SunWorld Züchtungen, die im kommerziellen Anbau einen Riesenerfolg haben, etwa Sugra 16 von Sunworld oder BRS Vitória aus Brasilien. Mit den fortschreitenden Reifewochen tritt die Muskatkomponente langsam zurück und ab Mitte September bleibt noch das Erdbeer-Fruchtbonbon von Venus übrig, das dann in den folgenden Wochen ebenfalls langsam verblasst, während es bei "Venus" nur kurz anhält. Insgesamt ist es eine Sorte, deren starke Aromatik ein so langes Erntefenster hat wie keine andere. Für mich erstklassig, ein Erlebnis, meine Lieblingssorte.
Schon Mitte August erreichten die Zuckerwerte dieses Jahr 90°OE. Ihre Säurewerte sind angenehm, mittelhoch, tragen das Aroma gut mit. Es ist eine Sorte für den Frischgenuss oder ein aromatisches Gelee, aufgrund der kräftigen Schalen und fleischigen Struktur aber mit erhöhtem Verarbeitungsaufwand. Saft habe ich noch keinen draus gemacht, dürfte aber auch aufwendiger sein. Sie ist ohnehin zu gut für Saft, man isst sie bereits vorher weg. Rosinen könnten gut funktionieren, wie bei allen Kernlosen.
Hintergrundinformationen zum Standort
Zwei Standorte, einer im Halbschatten einer Kirsche, wo andere Sorten schnell krank werden würden. Der zweite Standort ist vollsonnig an einem Zaun, heiss. Die Gegend hat milde
Winter, aber manchmal harte Temperaturstürze. Früher Austrieb, deshalb
immer Spätfrostgefahr. Keine oder wenig Düngung. Bei Jupiter bisher kein
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, war einfach nicht nötig.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen