Actinidia Arguta, Minikiwi. Früchte der Sorte "Kens Red" |
Herkunft
Blätter von a. kolomikta, auch als Zierpflanze beliebt |
Spross A. deliciosa |
Dieses Jahr konnte ich bei meinen Pflanzen eine Rekordernte einfahren. Die letzten habe ich erst vor ein paar Tagen gepflückt. Kiwis ohne Ende! Grund genug, mal was drüber zu schreiben.
Pluspunkte der Minikiwis
Reicher Blütenansatz an "Maki" |
- Wenn alles gut geht, kann sie sehr hohe Erträge liefern. Die Pflanzen haben dann mehr Früchte wie Blätter. Die Kiloerträge sind mit Wein an der Überlastungsgrenze vergleichbar.
- Die Früchte schmecken gut und sind auch etwas haltbar, wenn man früh pflückt. Sie reifen nach, einige Sorten jedenfalls. Das Aroma ist aber nicht stark. Etwas fruchtig, etwas Stachelbeere, etwas Heidelbeere. Sie enthält aber mehr Zucker und mehr Säure wie die grossfrüchtigen Kiwis. Fast jeder mag sie. Einige Sorten entwickeln besondere Aromen, es gibt also durchaus eine gute Geschmacksbandbreite. Da ist züchterisch noch viel möglich, weil sich viele der kleineren Kiwiarten kreuzen lassen.
Kiwifrüchte - Mitte November! - Krankheiten gibt es weniger. Pilzkrankheiten sind unbekannt, es gibt auch keine blattfressenden Insekten. Pflanzenschutz wegen spezieller Kiwikrankheiten ist unnötig. Da wird sicher noch einiges kommen, aber bis jetzt ist Ruhe. Eine Pilz-Wurzelkrankheit breitet sich bereits von Italien her aus.
- Im Wuchs gleicht sie Schlingknöterich, sogar die Blätter sind ähnlich. Sehr wild, sehr schlingend und sehr dicht. Sie ist gut geeignet, wenn man unter einem grünen Blätterdach sitzen will.
Nachteile
Die Nachteile sind leider mindestens so zahlreich. Es hat schon seinen Grund, dass sie lange nur zögerlich gepflanzt wurde.
- Die meisten Beschreibungen und Gartenbücher handeln es nur mit einem Halbsatz ab, aber in vielen Gegenden Mitteleuropas, auch in meiner, herrscht jedes zweite Jahr ein kompletter Ernteausfall wegen Frostschäden im Frühling. Dieses Gewächs hat nämlich die üble Angewohnheit, verdammt früh auszutreiben, schon Mitte April kann viel Grün zu sehen sein. Die Blüten kommen zwar erst Anfang Juni, aber wenn es ab Austrieb noch einmal Nachtfrost gibt, dann sterben alle ausgetriebenen Teile ab und mit ihnen die Bütenknospen. Ende, aus, vorbei. Die Ersatzknospen haben keine Blüten mehr. Nächste Chance nächstes Jahr. Das äusserst unstete Wetter Mitteleuropas mit sehr grossen und plötzlichen Temperaturspüngen ist eine Katastrophe für solche Obstarten. Wir hatten die letzten Jahre lange und starke Warmphasen im Winter, frühen Austrieb und dann knallte im Mai immer wieder ein Wintereinbruch auf uns herunter, der sich gewaschen hatte. Besser: Kontinentaleres Klima, höhere Lagen.
- Die Hitzetoleranz von Actinidia Arguta ist gering. Blattschäden durch starke Sonneneinstrahlung kombiniert mit Hitze gibt es jedes Jahr bei mir. Auch das konnte man sich vor ein paar Jahren noch nicht vorstellen, aber mittlerweile haben wir Junitage mit an die 40°C im Garten, wo Gebäude und Windbremsen die ohnehin schon hohe Temperatur weiter nach oben bringen. Ich habe sie auf einer Nordseite gepflanzt, das geht gerade so. Freunde vor Ort probierten es auf einer Südseite, neben Wein. Das ist trotz viel Pflege misslungen. Andere Pflanzen wachsen auf 450m und 700m, letztere Pflanze wird nicht immer reif, aber die 450m in Süddeutschland samt etwas mehr Regen lässt sie gut und pflegearm wachsen.
- Ihr Wasserbedarf ist hoch und sie ist auch noch Flachwurzler. Da die oberen Bodenschichten immer schnell austrockenen, muss in der Regel im Sommer generell in Trockenphasen breitflächig Wasser zugeführt werden. Auch hier sind feuchtere, kühlere Höhenlagen im Vorteil. Im kommerziellen Anbau ist Bewässerung Pflicht.
- Die Ranken wuchern wie Schlingknöterich, sie ist schwierig zu erziehen und an Rankhilfen zu führen, schwieriger wie Wein. Triebe hören plötzlich auf zu wachsen, irgendwo von unten kommen wieder Langtriebe, nichts ist berechenbar.
- Ein überraschender Hauptnachteil existiert erst seit ein paar Jahren, aber er ist gravierend. Kiwis werden trotz ihrer grünen Farbe radikal und vollständig von der Kirschessigfliege abgestochen. Die Früchte faulen innerhalb von Tagen, nachdem sie der Schädling angestochen hat um darin Eier abzulegen. Aus den Früchten mit dem langen Erntefenster wird stinkender, gärender Matsch und lange Naschzeit ist Geschichte. Nachdem der Mensch in seiner wahnsinnigen Gewinngier nach sofortigem und grenzenlosen Schnellstfreihandel alles unternimmt, um katastrophale Schädlinge von allen Kontinenten zu importieren, sind damit Minikiwis auch fertiggemacht worden. Hier sind Hitzsommer mal ein Vorteil: Eine Woche mit durchgängig mehr als 30°C bremst die Kirschessigfliege, oft auch bis in den Herbst hinein. Ansonsten bleibt nur, die Beeren unreif zu ernten und im Haus geschützt nachreifen zu lassen. So machen es auch die Plantagen, bei der Ernte sind sie noch hart. Dieser Punkt hat mir weitere Anbauversuche mit mehr Sorten verleidet, mit dem Qualitätsnachteil der Frühernte wird die Frucht weniger attraktiv für mich. Gegen die Kirschessigfliege hilft die beste Sorte nichts. Schutznetze kann man bei Schlingpflanzen vergessen.
- Katzen lieben sie, sie wetzen ihre Krallen am Stamm, kratzen am Wurzelraum herum, kauen auf Blättern. eventuell ist ein Schutz nötig.
- Die Verwendung der Früchte ist nicht so universell wie man sich erst erhofft. Trocknen gibt kein gutes Ergebnis, Saftherstellung ist mühsam und zu wenig interessant. Die Marmelade wird etwas langweilig. Mit Joghurt oder Quark schmeckt sie nicht, darin wird sie bitter weil sie das Enzym Actinidin enthält, das die Caseine der Milch spaltet. Ihre Stärke ist nur der Frischgenuss.
Kiwi, männliche Blüten
Sorten
Eigene Erfahrungen habe ich mit Ananasnaya, Weiki, Maki, Kens Red, Issai und einer männlichen Befruchtersorte. Bis auf Kens Red und Issai sind das auch Plantagensorten, weil sie gute Erträge bringen und vor allem ein gutes Nachreifeverhalten zeigen. Der Eigentümer unserer örtlichen Plantage probiert auch viele neue Sorten versuchsweise aus, bleibt aber weiterhin bei den genannten, deren Vorteile immer noch überwiegen. Mittlerweile gibt es grossfrüchtigere Züchtungen, die aber wieder andere Nachteile haben.
Reiche Ernte von "Ananasnaya" |
Minikiwi-Sorte Kens Red an der Pflanze |
"Issai" hat nur einen einzigen Vorteil, sie setzt Früchte ohne männlichen Befruchter an. Dann bleiben sie aber klein und spärlich, fallen auch gerne von selbst ab. Aber man kann sie ohne zweite Pflanze ausprobieren. Ihren Geschmack finde ich unterdurchschnittlich, sie hat einen gemüsigen Ton, den andere Sorten nicht haben. Ausserdem ist sie nicht ganz so frosthart wie die anderen Sorten. Eingekreuzt ist actinidia rufa, die nicht richtig frosthart ist.
Weiki ist die älteste deutsche Züchtung, ebenfalls problemlos, ganz ähnlich wie Maki und Ananasnaja. Auch sie zeigt gut gutes Nachreifeverhalten. Etwas kleine Früchte bei mir.
Die Ernte erfolgt am besten so, wie sie reif werden. Dass es folgernd reifende Früchte sind, erfreut den Nutzgärtner, erreicht er doch damit eine lange Phase, in der ihm die Früchte frisch zur Verfügung stehen.
Verwendung
Kiwimarmelade - naja. |
In den nächsten Beiträgen wird es um Pflanzung und Anbau gehen, dann wird die Kiwiplantage der Region vorgestellt und genauer auf die beiden Geschlechter der Art eingegangen.
Gute Zusammenfassung. Spätfrost kann ich bestätigen und die KEF haben wir bei uns noch nicht. Früchte konnte ich noch nicht ernten. VG Hans
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