Freitag, 3. Mai 2024

Maibeeren, Lonicera kamtschatica, frühe Strauchbeeren im Garten

Maibeere, junger Busch nach dem Austrieb

Zu den mässig erfolgreichen und erst spät eingeführten Beerenobstpflanzen gehört die Maibeere oder Kamtschatka-Heckenkirsche. Andere Namen sind blaue Heckenkirsche oder Honigbeere, Honeyberry. Das ist ein Geissblattgewächs, das zur Lonicera caerulea - Familie gehört, die weltweit verbreitet ist. Heute zur Beerenobstnutzung verkaufte Gartenpflanzen sind gezüchtete Hybriden, die von verschiedenen Lonicera caerulea Varietäten oder sogar Arten abstammen, die in Nordostasien heimisch sind. In Japan habe ich davon auf der nördlichen Insel Hokkaido fächendeckend wildwachsende Matten gesehen, die dort verbreitete Art ist etwas niedriger wie die Sibirischen Arten und nennt sich nach einem Wort der Ainu-Ureinwohner "Haskap". Sie ist als Obst in Nordjapan allgemein seit Jahrhunderten bekannt und beerntet, man kann daraus hergestellte Marmelade und andere Produkte kaufen. Die Varietäten Ostsibiriens reifen später, werden grösser und verlieren auch die Blätter später. In ihren Ursprungsgebieten bevorzugt sie leichten Boden, neutrales Bodenmilieu, Vollsonne bis Halbschatten. Man könnte glauben, dass sie ähnliche ökologische Lücken wie Heidelbeeren besetzt, aber Maibeeren sind im Gegensatz zu Heidelbeeren Flachwurzler, benötigen mehr Licht und wollen sauren Boden nicht zwingend - sie gedeihen aber darauf besser.

Maibeerenbusch mit Fruchtbehang unter Netz, ansonsten keine Früchte


Hinsichtlich ihrer Qualitäten als Beerenopstpflanze wird sie züchterisch bearbeitet vor allem in Russland, Kanada (University of Saskatchewan hauptsächlich), Polen und Japan. Weltweit gibt es 3000 Hektar Plantagen, was im Vergleich zu anderen Beerenobstpflanzen sehr wenig ist. In Europa und Deutschland blieb sie lange ziemlich unbekannt. Die ersten Pflanzen bekam ich vor einigen Jahren und konnte Erfahrungen damit sammeln, nun habe ich an die zehn Sorten.

Wie sieht sie aus?


Blattwerk der Maibeere
Die Pflanze wächst buschartig, bleibt wenig ausladend und erreicht maximal 1,5m Höhe, aber wohl nur unter sehr guten Bedingungen - meine blieben aber mit sehr wenigen Ausnahmen bei einem oder unter einem Meter. Ihr Erscheinungsbild ist etwas sparrig, die Blätter haben einen charakteristischen Blaustich und wirken samtig, so wie amerikanische Blaubeeren. Sie treibt sehr zeitig aus, man kann schon oft im Februar grüne Teile sehen. Die Blütenansätze sind ebenso früh, die weissliche Blüte folgt Ende März oder im April (manchmal gehen sogar schon im Spätherbst ein paar Blüten auf) . Die Blüten sind sagenhaft frosthaft bis -8°C, der Busch ist damit gut garniert. Oft leider nicht schon im Mai, sondern erst im Juni oder sogar erst im Juli werden die länglichen, tiefblauben Früchte reif. Dass sie ein sehr frühes Beerenobst wäre, ist teilweise eine Marketinglüge. Der Farbumschlag von grün nach blau passiert schon viel eher, in manchen Jahren schon im April und suggeriert frühe Reife, aber man muss die Früchte noch wochenlang länger hängen lassen, ehe sie auch Süsse und wenigstens ein bisschen Aroma entwickeln. Kultursorten haben einige Zentimeter lange blaue Beeren, oft krumm geformt und teilweise hohl, in der Wildnis bleiben die Beeren viel kleiner.
Blüten im März oder April, darunter sehr junge grüne Früchte

Wie schmecken die Beeren?


Junge, unreife Beeren, April

Die Beere ist saftreich, blau beduftet und schmeckt anfangs beim Farbumschlag zu blau neutralsauer. Nach einigen weiteren Wochen, erst kurz bevor sie von selbst abfällt hat sie auch ihren Geschmackshöhepunkt. Dann ist sie süsssäuerlich bis süss (je nach Sorte und Standort), aus der Haut lassen sich etwas Gerbstoffe herauskauen, eigene Aromen bleiben dagegen nur im Hintergrund. Manche Leute schmecken bei manchen Sorten Bittertöne heraus und lieben oder hassen das, je nach eigenem Geschmack. Konsistenz, Farbe und Saftreichtum erinnern an Heidelbeeren, aber die Aromen haben nicht wirklich etwas miteinander zu tun. Maibeeren sind deutlich neutraler, Viele sagen langweilig. So empfinde ich das auch. Trotzdem oder gerade deshalb sind sie ein Naschobst, das zu allem passt, weil es nichts übertönt. Der Saft ist ausgesprochen kräftig eingefärbt, die Farbe ist ein dunkles Braurot. Die Art der Säure ist angenehm, nicht spitz. Grosse Sortenunterschiede kann ich nicht feststellen. Es gibt Sorten, bei denen Verkäufer behaupten, sie hätten Eigenaromen, zum Beispiel "Fianit". Da ich angesichts der Pseudosortenflut nicht alles ausprobieren kann, ist das möglich, aber zweifelhaft, weil die bisherigen Sorten alle so aromaschwach sind, ein Sprung in mehr Eigenaromen hinein wäre ein grosser Fortschritt.

Reife Maibeeren, geerntet
Halbierte Maibeeren - teils hohl, teils eine Doppelkammer

  

Wie gelingt der Anbau, wie sind ihre Bedürfnisse?


Die Blätter lassen Wasser stark abperlen

Der Anbau gelingt scheinbar leichter wie der von Heidelbeeren, weil sind nicht ganz so zickig mit einem Bedürfnis nach einem sauren Boden sind. Aber auch Maibeeren haben ihre Grenzen, oberhalb von ph 7 sollte man nur mit Regenwasser giessen, einpflanzen in Rhododendronerde ist dann auch besser. Aber gut angewachsen klappt es auch mit höheren ph Werten. Ein erster Nachteil ist die Befruchtung: Sie ist nicht selbstfruchtbar, man benötigt verschiedene Sorten gleichzeitig blühender Büsche, damit der Fruchtansatz  gelingt.

Typischer Hitzeschaden an Maibeere

Frost verträgt sie ganz erstklassig, Sommerhitze mag sie nicht. Ihre Lichtbedürfnisse sind bei mir deutlich höher als die von Heidelbeeren, im Schatten wird sie nichts, im Halbschatten bleibt sie dünn. Das ist hierzulande schwierig, gleichzeitig Sonne und keine Hitze. Trockenheit verträgt sich auch nicht gut, grössere Pflanzen schaffen es besser. Als Flachwurzler nicht verwunderlich. Bei Hitzestress gibt es Blattverbrennungen. In den deutschen Versuchspflanzungen (z.B. das Versuchszentrum Köln-Auweiler) wird grundsätzlich bewässert. Das war auch anfangs mein Problem. Die Pflanzen wuchsen kaum und dauernd starben Triebe ab. Unser trockener, kalkreicher Boden und das Klima war tödlich. Ausserdem benötigt sie Boden mit viel organischem Material sowie gute Düngung. Gerne wird die Meinung verbreitet, sie eigne sich als Unterpflanzung unter andere lichte Gehölze, sie vertrage Halbschatten und andere Wurzeln. Nichts davon bewahrheitete sich bei mir, solche Pflanzen mickerten besonders und gingen sogar ein. Hinzu kommt bei Unterpflanzungen das Problem der Wurzelkonkurrenz.

Tote Äste im Frühjahr an Maibeere

Gefällt es ihr, wird sie sehr alt. Leider dauert es auch lange, bis sie richtig trägt. Erst nach etwa fünf Jahren erreichen die Erträge ein gutes Niveau, das dann viele Jahre lang anhält. Schneiden braucht man sie kaum. Immer wieder wird von Kiloerträgen pro Pflanze berichtet. Das habe ich noch nie erreicht, auch nach Jahren nicht, nicht einmal annähernd. Ausserdem ist die Pflückleistung schlecht. Die Beeren hängen einzeln, innen und nach unten, man sucht zu lange im Busch herum. Ist sie wirklich reif, fallen sie von selbst ab. Das ist noch einmal Mehraufwand beim ernten.

Krankheiten und Schädlinge sind selten. Läuse können vorkommen, diverse Raupen, Spinnmilben, Mehltau. Die Reife findet zudem zu einer Zeit ab, zu der die Importkatastrophe Kirschessigfliege noch nicht massenhaft auftritt und dunkle Früchte absticht, das ist also ein Pluspunkt.

Fegeschaden an Maibeere

Ein grosses Problem in den Versuchspflanzungen und ebenso bei mir sind jedoch Vögel, der Vogelschutz mit Netzen ist teuer aber unumgänglich. Meiner Erfahrung nach geht es eine Zeitlang gut und man wiegt sich in Sicherheit. Die Vögel merken lange nicht, dass unter den grünen Blättern auch Beeren sind, jedenfalls bei mässigem Behang. Und plötzlich geht es schlagartig los, schon vor der Vollreife, wer dann erst das Vogelnetz herauskramt hat schon lange nichts mehr, was er schützen könnte.

Ein eher kurios klingendes Problem sind Fegeschäden. Auf meinen Aussengrundstück ist das aber durchaus ein grosses Problem. Hirsche und Rehböcke fegen sich den Bast nachwachsendes Geweihs mit Hilfe von peitschenartigen Trieben ab. Aus irgend einem Grund bevorzugen sie bei mir dazu jährlich Maibeerensträucher. Die Rinde wird dabei abgeraspelt, der betroffene Ast strbt. Dagegen hilft nur Zugangskontrolle, Zaunschutz. Schwierig, wenn keine Zäune erlaubt sind.

Das Problem mit dem Klima

Austrieb schon im Januar

Tatsächlich ist kaum eine Sorte bei mir wirklich etwas geworden, weder am Haus, noch im Aussengarten, nicht auf gutem Boden, nicht auf flachgründigem Boden. Sortenempfehlungen kann ich deshalb mit gutem Gewissen nicht geben. Die beste Sorte war noch Docz Velikana, warum auch immer.  Das kann auch reiner Zufall sein. Unter anderem habe oder hatte ich schon die Sorten Kalinka, Wojtek, Czulymskaia, Aurora, Boreal Beauty, Amfora, Zoluschka, Morena. Die ersten Sorten in Deutschkand waren "Mailon", "Maistar" und "blue Velvet", alle nicht mehr zu empfehlen. Jüngst gibts wieder einen Schwung bisher nicht verbreiteter kanadischer Sorten. Die Sortenexplosion ist riesig, man hat den Eindruck jeder Hinterhofgärtner versucht, jeden Sämling als neue Sorte zu verkaufen. Knallhart gesagt: Die meisten Sorten haben sehr niedrigen Neuheitswert mit ständig neuen Etiketten. Bis sich das bereinigt, wird es lange dauern. Auffallend waren bei mir immer viele tote Triebe an den Pflanzen, die Pflanzen wuchsen "rückwärts". Gut wuchsen sie nur in einem feuchten und kühleren Jahr, was die gleichmässige Wasserverfügbarkeit als wichtigen Punkt nahelegt. Bei genauer Beobachtung zeigte sich auch ein Grund für die toten Äste: In den hiesigen und normal gewordenen dauernden Wärmephasen im Winter mit ganze Januarwochen über 10° C zogen Triebe Saft, sie verlor ihre hohe Frostfestigkeit, der übliche kräftige Kälterückschlag danach brachte sie um. In kontinentalerem Klima übersteht sie den Winter wesentlich besser. Hinzu kommen Sonnenbrand- und Hitzeschäden bis zum kompletten Ausfall in (den nun regelmässig auftretenden) heissen Sommern. Die Blätter verbrennen regelrecht, werden braun. Sprühregner sind mir zu viel Aufwand, das Wasser habe ich auch gar nicht.

Maibeeren zwischen anderem Beerenobst

Maibeerentaugliche Bedingungen habe ich somit nicht und damit ist sie für mich und Teile Deutschlands noch kein richtiges Frühobst. Schade! Aber die Züchtung geht weiter, die Wildbestände und damit Genressourcen sind gross, es könnte gut sein dass neuere Sorten immer interessanter werden. Potential hat sie, auch wenn sie noch lange nicht dort ist, wo sie auch in meiner Gegend Spass macht. Im Moment würde ich sie nur in Gegenden mit weniger Sommerhitzespitzen (dazu gehört auch das Rheintal, das zwar warm ist aber niemals die sehr negativen Hitzespitzen zeigt, wie wir sie haben), mehr Niederschlägen und ohne Kalkboden anpflanzen. Naschobst für feuchte Höhenlagen und mildfeuchte Gegenden mit saurem oder neutralem Boden.


Sonntag, 21. April 2024

Sterbende Äste an Steinobst: Monilia

Lichte Aprikosenkrone mit moniliabefallenen Ästen

Zweigmonilia,  Monilia-Spitzendürre, monilia laxa oder Monilinia ist in meiner und vielen anderen Lagen die beherrschende und begrenzende Pilzkrankheit an sehr vielen Steinobstarten. Am schlimmsten wütet sie an Aprikosen, Renekloden, Sauerkirschen, Koreakirschen. Stark befallen werden auch Mirabellen, viele Kirschen, Mandeln, Zwetschgen, Pfirsiche. In manchen Jahren erwischt es auch Kernobstaustriebe, dann vor allem Birnensorten. Manche Lagen sind besser, luftigsonnige Südostlagen, Höhenlagen, kontinentales Klima haben Vorteile bis hin zu dem Punkt, dass sie dort überhaupt nicht auftritt. Auch überdacht, etwa an Hauswänden mit Dachüberstand ist Steinobst moniliageschützt.

Wenige Wochen vorher

Aprikosen trifft es immer am stärksten. Dieses Jahr war der schlimmste Befallsfrühling seit langem. Ausgerechnet! Denn ausnahmsweise sind die Blüten und Jungfrüchte lange nicht abgefroren, wie es seit 2017 immer der Fall war. Stattdessen sind diesmal die Zweige samt Jungfrüchten wegen Moniliabefall sofort nach Blüte abgestorben bis hin zum Totalverlust von Bäumen. Es ist zum mäusemelken, einmal friert nichts sofort wieder ab und dann vernichtet diese Krankheit alles. Wie sieht sie aus, Diagnosebild?

Monilia laxa, das Schadbild

Monilia an Koreakirschen (prunus tomentosa)

An Aprikosen ist die Krankheit leicht zu identifizieren. Kurz nach oder schon während der Blüte sterben mindestens die letztjährigen Triebe, sie verwelken. Das kann eine Weile anhalten und auch noch später im Jahr weitergehen. Charakteristisch sind Harztropfen, die durch Saftdruck aus den Ästen austreten. Der Pilz dringt bei Feuchtigkeit (länger Tau nachts reicht) durch die offenen Blüten und Rindenverletzungen in die Äste, breitet sich dort zuerst im jungen Holz aus und blockiert die Saftbahnen. Äste ohne Blüten werden kaum befallen. Hinter der Blockade zur Astspitze hin stirbt der Ast dadurch unrettbar ab, mitsamt Blüten, Früchten, Blättern dran. Vor der Blockade staut sich Saft und Baumharz, tritt schliesslich aus. Man kann zusehen, wie der Baum rückwärts wächst.

Monilia bei einer Zwetschge

Der Harzfluss ist auch Pfirsichen und Mandeln zu sehen. An anderem Steinobst nur manchmal oder nicht. An Birnen verwelkt die ausgetriebene Knospe mit den neuen Blüten und Blättern, auch an Kirschen erwischt es zuerst die Blütenbüschel. Betroffene Austriebe welken.

Monilia in den Austriebsbüscheln von Birnen

Gerne übersehen, aber dann bitter bereut wird es, wenn Moniliapilze durch Winterschnitt in den Baum kommten Vor allem Jungpflanzen, die nach der Pflanzung einen Pflanzschnitt erhalten sind stark gefährdert. Dort dringen Moniliapilze über die offenen Astringe auch in älteres Holz und machen richtig übel Schaden. Vermeidbar! Niemals Steinobst im Winter schneiden. Das wird von selbsternannten Experten gerne in Abrede gestellt, meist weil sie es mal gemacht und haben und "nichts passierte" oder weil sie gar nicht begriffen haben, dass sich Steinobst und Kernobst in diesem Punkt stark unterscheiden. Oder pures Glück oder eine bevorzugte Lage wird dann voller Ahnungslosigkeit zur Allgemeingültigkeit erhoben. Ein Fehler. Auch ich habe dieses Jahr wieder zwei Bäume, Pfirsich und ein Aprikose, die von der Baumschule mit Pflanzschnitt geliefert wurden (auch, damit sie leichter versendet werden können) und deren Äste dann natürlich von den Schnittorten her weit hinein abgestorben sind. Das war auch die Jahre vorher so, dieser Schnitt ist selbst bei günstigem Wetter eine sehr zuverlässige Eintrittspforte in den vormals gesunden Baum.

Monilia an Früchten?

 

Monilia fructigena Fruchtmumie mit veritablem Sporenrasen. Entfernen!
Durch Baumschulen und in Unterhaltungen wird Fruchtmonilia ausserdem gerne mit Zweigmonilia durcheinandergebracht. Für die an Früchten ist ein anderer Stamm verantwortlich, Monilia fructigena. Beide sind zwar nahe verwandt, aber zeigen völlig unterschiedliche Schadorte und Schadbilder. Fruchtmonilia befällt Früchte, wie der Name schon nahelegt. Durch kleinste Verletzungen in der Schale (Insekten, Risse, Wickler, Kirschessigfliege...) gelangt der Pilz in die Frucht, die dann fault. Das passiert bei praktisch allen Baumobstarten, Kernobstfrüchten wie Steinobstfrüchten. Monilia ist massgeblich für hängenbleibende Fruchtmumien verantwortlich. Das sind im Folgejahr böse Sporenquellen direkt neben neuen Früchten und erhöhen den Befallsdruck.

Wenn also irgendjemand, eine Baumschule von "robst gegen Monilia" daherredet, wäre erst einmal zu fragen, welche Monilia eigentlich gemeint ist. Die in Ästen oder die in Früchten? Entscheidend bei Steinobst ist immer Monilia laxa, die Spitzendürre. Eine höhere Anzahl fauler Früchte kann man leichter ertragen wie sterbende Äste und "rückwärts wachsende" Bäume.

Monilia bekämpfen

Charakteristischer Harztropfen vor totem Jungholz

Vorbeugende Massnahmen gegen Zweigmonilia sind:

  • Kein Baumschnitt und keine Astverletzungen im Winter. Steinobst "grün", erst nach der Blüte schneiden, wenn es warm und trocken ist.
  • Luftfeuchte, windstille, morgenschattige Lagen meiden, wenn man anfällige Gehölze pflanzt. Morgensonne ist wichtig, weil solche Orte nach nächtlichem Tau schneller abtrocknen, die Pflanzen sind kürzer feucht. Hört sich leicht an, aber in diesem engen, sehr dicht besiedelten Land kann man sich natürlich keine Grundstücke heraussuchen, man kann schon froh sein, wenigstens einen kleinen Rest-Hausgarten zu haben. Wer Aprikosen am Haus will, sollte unbedingt einen der wertvollen Orte mit Dachüberstand dafür nehmen, am besten einen der Richtung Ost oder Südost geht - Morgensonne statt Wetterseite.
  • Auch durch Verletzungen dringt Monilia ein
    Sortenwahl: Es gibt keine resistenten Aprikosen. Jede einzelne Sorte war dieses Jahr befallen. Sortenunterschiede existieren aber. Die sollte man unbedingt nutzen, wenn man neu pflanzt. Stark anfällig ist übrigens auch alles, was als Wildaprikose und Zuckeraprikose verkauft wird, ebenso praktisch alle alten Sorten, zum Beispiel die Marmeladenaprikose "ungarische Beste". Renekloden sind auch alle anfällig. Bei Mirabellen zeigt sich die Metzer Mirabelle robuster wie die Nancymirabelle. Etwas weniger anfällig zeigt sich bei mir "Orangered", "Kioto", "Elsa", "Mia". "Congat", eine späte Sorte soll auch besser sein, das muss ich noch ausprobieren. Sehr interessant ist ihre Kombination mit einer späten Blütezeit.
  • Der "luftige Schnitt" wird gerne empfohlen. Eine lichte Krone soll weniger anfällig sein. Das halte ich für eine wertlose Formel. Die besonders betroffenen Steinobstsorten wachsen sowieso nie dicht. Und man schneidet sowieso, damit keine Fruchtäste verschattet sind, damit ist das mit erledigt. Besser eine möglichst starkwachsende Unterlage, damit überhaupt Wachstum stattfindet trotz den nötigen Rückschnitten wegen toter Äste.
  • Tote Zweige ausschneiden. Aber erst später ab Frühsommer, niemals zu Infektionszeiten, wenn es feucht und noch kalt ist! Das wird in allen Ratgebern niemals gesagt, ist aber wichtig. Missachtet man das und schneidet noch im Frühling, erreicht man genau das Gegenteil, man zerstört die Äste noch tiefer, durch die offenen Stelle dringen neue Sporen ins lebende Gewebe ein. Erst bei anhaltender Wärme und Trockenheit schneiden, bei Aprikosen schneidet man bis kurz hinter den Harztropfen, von der Astspitze her gesehen.
  • Fruchtmonilia: Fruchtmumien konsequent entfernen.
Monilia: Durch die Blüten eingedrungen

Aktive Bekämpfung: Das übliche Bild, im kommerziellen Anbau kann die volle Dröhnung von Fungiziden auf die Bäume gedonnert werden. Privatleuten wurde Stück für Stück alles entzogen. Das letzte brauchbare Mittel ist "Duaxo Universal Pilz-frei" (Wirkstoff: Difenoconazol), sicher ist das auch bald weg. "Protect Garden Curacor T Steinobst-Pilzfrei" mit Fenhexamid soll etwas wirken, an Aprikosen aber zweifelhaft. Mit diesen Mitteln muss man mehrfach behandeln, wenn die erste Blüte offen ist, wenn der Baum voll blüht und wenn er verblüht ist. Das ist utopisch und gelingt selten, denn gerade in Infektionsjahren gibt es diese Gelegenheiten gar nicht, das ist ja gerade das Problem: Es regnet und deshalb kann man nicht spritzen. Gleichzeitig ermöglicht der Regen erst die Infektionen. Zugespitzt gesagt: Korrekt spritzen geht nur, wenn es unnötig ist, weil kein Infektionswetter herrscht. 

Später Befall an Aprikose, welkende Blätter

Der kommerzielle Anbau darf sich mit ganz anderen Mitteln betrinken: Kupfermittel, Mittel mit Fludioxonil, Mefentrifluconazole, Trifloxystrobin, Pyraclostrobin + Boscalid, Tebuconazol + Fluopyram sowie interessanterweise auch Kaliumhydrogencarbonat (enthalten im Produkt "Kumar") - das ist eine Backpulverart, in Lebensmitteln als E501 zugelassen und hier im Blog schon öfter genannt.

Kaliumhydrogencarbonat kann man auch selbst ausprobieren, weil es leicht erhältlich und anmischbar ist. Verboten ist natürlich trotzdem alles. Angewendet wird es ebenfalls ab Blühbeginn. Keine Rückstände, ungefährlich für Bienen. Einziger Nachteil: Schädigt Raubmilben der Art Typhlodromus pyri (fressen Spinnmilben an Obstgehölzen) und räuberische Blumenwanzen der Art Orius laevigatus (fressen Spinnmilben und Thirpse). Auch solche einfachen und ungiftigen Grundstoffe haben Nebenwirkungen. KHCO3 wirkt immer nur präventiv und nicht kurativ (heilend). Es zerfällt in Wasser, CO2 und Pottasche (Kaliumkarbonat). Dessen Anwendung wird mein Projekt nächstes Jahr.

Dienstag, 9. April 2024

Sellerie zum Keimen bringen

Eigene Ernte Sellerie

Apium graveolens var. rapaceum, Sellerieknollen, das sind die grossen und oft langweiligen Rübenknollen. Hat man sie im Nutzgarten, dann oft als Jungpflanze in der 6er Schale gekauft, ausgepflanzt, dann wenig gepflegt und im Herbst zum Frost geerntet. Anschliessend landet er im Eintopf. Häufiger aber spart sich auch der Nutzgärtner den Anbau komplett. Er kauft stattdessen die Bollen lieber im Supermarkt, wo sie ganzjährig und sehr billig zu haben sind. Billig ist er, weil er im kommerziellen Anbau hohe Hektarerträge schafft, 35 Tonnen/ha sind keine Ausnahme. Sellerie - dröge.

Samentütchen Sellerie

Alt ist er auch und er stammt aus der alten Welt: Er wurde schon von 3000 Jahren im neuen Reich in Ägypten genutzt, auch im antiken Griechenland, woanders mit Sicherheit ebenfalls. Heutzutage ist er ein weniger beliebtes Gemüse und in Gärten ist er wirklich nicht oft zu sehen, obwohl sein Anbau nicht so schwer ist. Aber: Dröges Image, wenig Platz, billig, den lässt man lieber beiseite, lieber was anderes, lieber die tausendste Tomatensorte. Stark zu Unrecht vernachlässig meiner Meinung nach. Denn die kommerziellen Sorten sind im Anbau immer überdüngt (er ist Starkzehrer, fette Knollengrössen nur mit fettem Dünger), gezüchtet auf möglichst weisse Knollenfarbe, bei der Ernte leicht zu schneidende Wurzeln, Grösse/Ertrag. Unter die Räder kommt dabei das Aroma. Wer mal eine Knolle einer alten Sorte roh aus dem Garten probiert hat, merkt dann erst, was er versäumt hat und was da noch drin stecken kann. Zartbrechende und nie zähe oder wattige Konsistenz, eine intensive ätherische Aromatik, nussige Komponenten, Fruchtsäuren. Selllerie kann eine Aromabombe sein. Alte Sorten sind nicht immer weiss, sie sind auch mal von dunkleren Adern durchzogen wie "Magdeburger Markt" oder beige wie "Ruhm von Zwijndrecht". Kleine und hocharomatische Knollen liefert z.B. "Alba" oder "Bergers Weisse Kugel".

Jungpflanzenkauf - nicht mal die Sorte steht drauf

Über alle Kulturdetails will ich jetzt keinen Aufsatz schreiben, denn seit vielen Jahren zeigt bereits ein sehr früher Punkt nach wie vor riesige Probleme, sozusagen der Knackpunkt. Nämlich die Aussaat, die Keimung. Sellerie ist Lichtkeimer, also nur flach säen. Direktsaat im Feiland klappt bei mir nie. Er geht nicht auf. Oberfläche schnell trocken ist einer der Gründe. Tipps wie in einen Streifen mit Substraten wie Vermiculit säen halfen nicht. Also in die Pflanzschale im Haus, mit Aussaaterde. Geht mal, geht mal nicht. Dauert mal lange, mal kurz. Ich komme nicht dahinter, wie das mit mehr Zuverlässigkeit hinzubekommen ist. Am Ende kauft man dann doch wieder die Jungpflanzen. Ein paar Tricks habe ich aber gelernt und einiges geht jetzt besser, dieses Jahr stimmte erstmalig vieles in Kombination. Hier die Erfahrungen damit.

Sellerie aussäen - wie?

Selleriesamen ist winzig klein, leicht, einzelne Körner sind nicht zu säen. Pilliertes Saatgut gibt es für die kommerzielle Jungpflanzenanzucht, aber in normalen Mengen für den Hobby-Nutzgärtner habe ich es noch nicht entdeckt, vor allem nicht alte Sorten. Ein Windstoss fegt ihn von der Hand. Seine Haltbarkeit beträgt angeblich sechs Jahre, aber ich merkte schon im Jahre drei, dass kaum mehr was geht. Offenbar benötigt er auch sehr gute Lagerungsbedingungen. Durchgehend kühl, dunkel. Haben wir Samen, geht es ab Ende Februar los, geht aber auch noch bis Mitte März: 



  • Aussaat in eine Schale statt in Einzeltöpfe. Schale am Südfenster im Licht, Zimmertemperatur, 20°C.
  • Vorbereitung: Nährstoffarme Aussaaterde in die Schale füllen, festdrücken, Selleriesamen darüberstreuen, mit dem Finger auf die Erde drücken, aber nicht hineindrücken. Mit Wasser aus der Sprühflasche befeuchten. Die offenliegenden Samen so lassen. Noch einmal Sprühflasche drüber. Oft wird "mit Sand bestäuben" empfohlen, aber meiner Erfahrung nach senkt das nur die Keimrate. Keine Staunässe verursachen, nicht zu feucht.
  • Anzucht mit locker aufgelegter Folie
  • Nun ein Trick: Eine Frischhaltefolie locker auflegen. Locker, nicht festdrücken, nicht festziehen. Das sorgt für Feuchtigkeit an den Samen trotz voller Beleuchtung. Ist viel besser wie ein Deckel auf der Anzuchtschale. Gute Erde schimmelt nicht so schnell. Frischhaltefolien bestehen aus Polyethylen ohne Weichmacher, die Erde oder die Pflanzen bekommen keine unerwünschten Stoffe ab.
  • Warten, warten, warten. Sellerie lässt sich Zeit. Nicht giessen, die Folie hält genug Feuchtigkeit. Schale am Licht lassen. Zusatzheizung unnötig, Wenn mal Sonne drauf scheint, schadet das nicht. Nur Kälte mag er nicht. Beginnt die Keimung, dann Folie nicht abheben, es kommen mit der Zeit noch viele Nachkeimer, er keimt folgernd. Den bereits gekeimten Jungpflanzen schadet die Folie nicht.
  • Eben pikiert und noch etwas schwach auf der Brust
  • Hat man einen schönen Jungpflanzenrasen, lässt man sie noch zwei Wochen wachsen, dann vereinzeln, pikieren in die Vertiefungen von Anzuchtplatten.
  • Das umpflanzen stresst enorm, viele Feinwurzeln reissen ab. Also erst wieder langsam hochpäppeln. Dann auch erstmalig mit etwas Dünger im Giesswasser. Auspflanzung ins Beet des Freilands nicht vor Mai. Kältephasen führen dazu, dass er schiesst. Das Risiko erhöht sich bereits, wenn er bei der Anzucht mal kalt stand, obwohl die Pflanzen da noch sehr klein sind. Deshalb keine Anzucht an Fenstern, die man auch mal kippt. Der kühle Luftzug rächt sich später.

Hätte man pilliertes Saatgut, wäre Aussaat direkt in Anzuchtplatten noch arbeitssparender. Optimal wäre geprimtes Saatgut, das steht aber nur kommerziellen Käufern zur Verfügung, das muss man allerdings auch sofort verwenden.

Aber auch so bekommt man mit eigener Anzucht die Chance, Sorten zu entdecken, die eine ganz andere Aromaklasse darstellen wie der 79 Cent - Riesenhurgel aus dem Supermarkt.

So langsam wird er wieder. Sind aber noch Wochen bis zur Auspflanzung.

Dienstag, 26. März 2024

Schnecken im Garten: Garten-Wegschnecke Arion Hortensis gewinnt

Die beiden Hauptgewinnerarten: Kleine Gartenwegschnecke
und spanische Wegschnecke als Jungtier

Schnecken, Gärtners Lieblingsthema. Wahrscheinlich gibts kein einziges Gartenblog, Gartenforum, Gespräche über Nutzgärten, in denen das Thema Schnecken nie angesprochen wird. Gerade ist Pflanz- und Aussaatzeit, da schleimt es besonders hoch, auch bei mir. Reihen wir uns also ein in den Wirbel um die gefrässigen Gastropoden.

Aber keinen Rundumschlag. Vielmehr ist die Frage aktuell und interessant, was sich mit dem veränderten Wetter in Sachen Schnecken getan und verändert hat, wo die aktuellen Probleme liegen. Verändert hat sich nämlich durchaus sehr viel. Es gibt Gewinner, Verlierer und auch alte Probleme sind schwächer geworden, Neue sind entstanden. Im Zentrum soll die Art "Arion hortensis" stehen, die kleine Garten-Wegschnecke. Es gibt anhaltende Diskussionen um genaue Artabgrenzungen, manchmal wird Arion distinctus (gemeine Wegschnecke) dazugezählt und manchmal wird Arion hortensis in Unterarten aufgeteilt. Das soll nicht Thema sein, im folgenden wird von Garten-Wegschnecke die Rede sein, egal wie genau man die sowieso sehr ähnlichen Arten aufteilt. Dieses Viech ist nämlich Hauptgewinnerin, über Jahre hinweg immer häufiger geworden und hat am meisten vom veränderten Wettermuster profitiert. Die Populationsdichten stiegen jahrelang stetig und in den vergangenen Monaten hatte nicht nur ich einen einzigartigen Befallshöhepunkt erlebt, weil die winterliche Regenzeit besonders früh begann.


Arion hortensis, wer ist das?

Kleine Gartenwegschnecke, von oben
Kleine Gartenwegschnecke, von unten

Diese Schneckenart mit vollem Namen "kleine Garten-Wegschnecke" ist eine kleine schwarze bis graubraune Nacktschnecke, hat eine ins Orange gehende Sohle und bleibt damit von oben her farblich sehr gut getarnt. Die Art ist ausgesprochen klein, wenn sie kriecht und langgezogen ist, dann liegt sie bei 3, höchstens 4cm. Sie lebt vorwiegend unterirdisch und kommt gerne nach Regen an die Erdoberfläche. Je trockener der Boden, desto tiefer kriecht sie hinunter. Das kann sie sehr gut, denn sie ist klein und kann sich sehr schmal machen, schon ein winziger Regenwurmgang reicht ihr, grosse Schneckenarten schaffen das nicht. Gerne sitzt sie dann an unterirdischen Wurzelresten, wo noch Feuchtigkeit ist. Damit schadet sie auch Wurzelgemüse viel stärker wie andere Arten, auch in Kartoffelknollen frisst sie sich hinein. Unterirdisch ist sie nicht bekämpfbar. Ihr Riesenvorteil ist zudem, dass sie auf diese Weise auch lange Trockenphasen so gut übersteht und vor allem eines schafft: Sich 12 Monate im Jahr schnell zu vermehren, auch im Winter. Sie wird sofort aktiv, wenn die Temperaturen über Null Grad steigen. Und damit hat sie stark erweiterte Betätigungszeiträume bekommen, denn die Zahl der Frosttage hat sich mehr als halbiert und damit die Aktivitäts- und Vermehrungstage des Winterhalbjahres verdoppelt. Stattdessen ist der Winter zur Regenzeit geworden - die Schnecken jubilieren. Ihre Nahrungspflanzen sind dieselben wie die aller anderer Nacktschnecken. 

Schneckensex zwischen zwei Arion Hortensis. Es sind Zwitter, Jede legt Eier.


Warum ist sie ein Problem?

Petersilienwurzel, durchlöchert von Arion Hortensis

Kleine Schnecke, frisst nicht viel, könnte man denken. Von wegen, sie macht das mit hoher Populationsdichte und starker flächenmässiger Präsenz wieder wett. Sie ist überall. Auch durch Schneckenzäune kommt sie locker, ihre Bodengängigkeit hilft ihr dabei, sie bewegt sich wie gesagt auch unterirdisch. Nematoden auszubringen hilft bei dieser Art und auch bei der spanischen Wegschnecke nicht. 

Kartoffel und Arion Hortensis

Hauptproblem ist, dass sie im neuen Warmwinter so aktiv ist. Hinzu kommt, dass der Winter gleichzeitig eine immer wichtigere Anbauzeit geworden. Wenn die Schnecken nicht wären. Die Pflanzen wachsen langsam, in jeder milden Phase kommt die Gartenwegschnecke und gleich dazu auch die spanische Wegschnecke und wandert zu den Pflanzen. Winterblumenkohl, Winterrettiche, alle Wintersalatsorten, im Spätwinter ausgepflanzte und gekeimte Jungpflanzen, Kulturen die heute auch im Winter im Beet bleiben wie Teltower Rübchen, Wurzeln der gelben Rübe ab Herbst massiv, sie schlagen zu. Der hohe Besatz mit Arion Hortensis sorgt dann rund ums Jahr auch im Sommerhalbjahr für anhaltende Schäden, dann nicht nur ober-, sondern leider auch stark unterirdisch.


Was tun gegen die kleine Gartenwegschnecke?

So sitzen sie an Brettern

Eine wirkliche Lösung habe ich nicht gefunden, nur viele Dinge die nicht funktionieren und ein paar, die ein bisschen funktionieren.



  • Nematoden: Wirkungslos. Die sauteuren Produkte mit beispielsweise PH Nematoden (Phasmarhabditis californica) gegen Schnecken kann man sich sparen.
  • Schneckenzaun: Wenig Wirkung. Auch teuer und unbequem. Innerhalb des Zauns muss erst strikt bekämpft und dann stetig beobachtet und weiter bekämpft werden. Wirkt besser gegen grosse Arten.
  • Nützlinge: Eine Dauerlüge, die längst nur noch nervt weil sie jeder nachplappert, ohne zu wissen was er sagt. Wir haben nachweislich eine sehr hohe Igel- und Blindschleichendichte, trotzdem explodierte der Schneckenbesatz geradezu. Eine Wildkamera filmt ständig neben anderem Getier auch Igel und selbst wenn nach Regen die Schleimer offen über den Boden kriechen, laufen die Stacheltiere ausnahmslos daran vorbei. Jedenfalls an den heutigen echten Problemarten.
  • Pak Choi Jungpflanze
    Schneckenkorn half nicht
  • Schneckenkorn: "Ferramol" mit Eisen-III-phosphat ist praktisch wirkungslos ggen Arion Hortensis und gleichzeitig das teuerste Schneckenkorn, bezogen auf die empfohlene Aufwandsmenge pro Quadratmeter. Profis verwenden es nicht. Tönnchenförmiges Schneckenkorn mit Metaldehyd (=Trockenspiritus wie in "Esbit") wirkt mässig bis schlecht. Produkte mit kleinerem Granulat (z.B. "Schneckenlinsen") wirken mässig. Die Aufwandsmenge pro Quadratmeter ist identisch, aber das feinere Granulat wird dichter gestreut, so dass die winzigen Gartenwegschnecken es leichter finden. Trotzdem dünn streuen und zwar nur direkt nach Regenende. Dann aber konsequent, bevorzugt Abends.
    Generell sind diese Präparate aber viel schlechter als man hofft. Da Stück für Stück alles verboten wird, wurde vor zwei Jahren der Metaldehydgehalt per Vorschrift ganz kräftig abgesenkt, der beträgt jetzt noch 25g/kg, die Landwirte können weiterhin welches mit 59,1 g/kg Metaldehyd nehmen, weil ja schliesslich ins kommerziellen Beet keine Nützlinge gehen (Vorsicht, Ironie). Wir sollen also wie immer lieber mit Hilfe der Maximaldröhnung angebaute Produkte kaufen statt selber anbauen. Solange daran verdient wird (weniger der Anbauer verdient, mehr der Staat über Steuern und der Schneckenkornhersteller sowie Händler), ist eben alles besser. Achja, logisch: Selbstverständlich wurde das schwächere Schneckenkorn teurer, nicht billiger.
  • Unter Holz im Winter, kein Ausnahmebild.
    Die sauberste, wenn auch nicht müheärmste Methode sind Holzbretter. Alle Arten, aber ganz besonders die Gartenwegschnecke lieben glattes, feuchtes Holz, um dort drunter bei Trockenheit zu ruhen. Meine Wege zwischen den Beeten sind nicht zuletzt deshalb mit simplen, locker aufgelegten Brettern realisiert: Glattkantbretter, Fassadenholzbretter, Schalbretter, breite Holzlatten. Etwas Patina wirkt besonders anziehend, weil sie Mulm und zusätzlich Feuchtigkeit schafft. Man geht durch den Garten, dreht die Bretter um und beseitigt die daran haftenden Schnecken, guckt sich dann noch den Boden unter der Auflagefläche an. Ich habe im gesamten "Winter" regelmässig Bretter mit -zig Schnecken drunter gefunden. Wenn ich das alle zwei Tage und bei feuchter Witterung täglich mache, pendelt sich die Fundrate auf täglich ein bis drei Schnecken pro Meter Brett ein. Besonders die Zonen Richtung Nachbargrundstücke sind wichtig, auf denen nichts bekämpft wird. Von dort wandern sie stetig ein und verstärken die sowieso schon überall vorhandene Population.
  • Vorhanden und gut getarnt
  • Kombinationsmethoden waren mal gut, heute nicht mehr richtig. Typisches Beispiel: Schneckenkorn unter Holzbrett. Damit verhindert man auch, dass Schneckenkorn von anderen Tieren direkt oder indirekt aufgenommen wird, ähnlich wie Köderboxen mit grössenbegrenztem Zugang. Nur Nacktschnecken, die sich bevorzugt unter die Bretter verkriechen können kommen damit in Berührung, keine grossen Schneckenarten, keine Gehäuseschnecken, keine anderen Tiere. Diese Methode wurde uns durch die erzwungene Wirkstoffabsenkung leider versaut. Unter dem Brett ist es dauerfeucht, die Schnecken überleben dann das schwach wirkende Schneckenkorn mittlerweile oft, bleiben nur eine Zeitlang inaktiv und machen irgendwann einfach weiter. So führt in der Praxis die verordnete Wirkstoffverdünnung sogar dazu, dass wieder mehr unerwünschte Beifänge entstehen, weil man das neue schwache Zeug nun erst recht flächig und stärker ausstreut, damit es überhaupt Wirkung zeigt.

 

Andere Arten

Junge spanische Wegschnecken, Arion vulgaris.
Alt werden sie ziegelrot.

Auch die bereits genannte spanische Wegschnecke (Arion vulgaris, jung meist gelbbäunlich, nicht immer von der Gemeinen Wegschnecke Arion distinctus zu unterschieden) profitiert vom neuen Wetter, aber sie vermehrt sich nach wie vor weniger im Winter, sondern erst wieder ab Ende Februar. Dann aber auch heftig. Die Kleine Wegschnecke (Arion intermedius) blieb wie sie war häufig, alle anderen Arten haben abgenommen, etwa schwarze und andere Schnegel, Weinbergschnecken, Schnirkelschnecken. Alle diese Arten leiden eher durch die langen, heissen Trockenphasen und können das in der Winterregenzeit nicht ausgleichen. Weinbergschnecken sind deshalb nicht nur im Garten, sondern auch auf meinen Obstwiesen zur Seltenheit geworden, obwohl sie vorher dort häufig waren. Die grossen Schnegel haben ebenfalls Seltenheitswert, nur im Wald sind sie noch häufig.

Donnerstag, 7. März 2024

Der schleichende Abschied von Bienen und Hummeln


Ehemaliges Biotop gem. §33 BNatSchG

Wenn man imkert oder anders die Welt der Insekten entdeckt, sieht die Welt plötzlich anders aus. Die Perspektive verändert sich. Was man vorher im vorbeigehen unbeachtet liess, sieht man plötzlich aus Sicht von Bienen und anderen Insekten. Man erkennt Pflanzenarten und Habitate, Naturnähe, anthropogene Veränderungen statt achtlos am langweiligen "Gehölz", der "Böschung" vorbeizurauschen. Stattdessen gibts mehr Hinsehen, was wo wohnt, fliegt, krabbelt wächst - oder leidet. Das beschränkt sich auch nicht nur auf imkerliches Blüten gucken, weil sie einem vielleicht Tracht bescheren und damit den Honigeimer füllen könnten, sondern generell auf die Bedürfnisse von Insekten, ihrer reichen und vielfältigen Lebenswelt. Man kann gar nicht anders. Der Planet hat sich für den Beobachter erweitert, der Horizont ist grösser geworden. Die Pespektiverweiterung passiert fast jedem Imker, der damit selber in die faszinierende Welt der Bienen eingetaucht ist. Das bezieht sich nie nur auf Honigbienen oder einen direkten Nutzen, weil sich in einem Ökosystem sowieso niemals trennen und separieren lässt.

So gehen auch Gemeinden mit wertvollen
Insektenhabitaten in Biotopen um

Leider ging es stark abwärts mit Insektenhabitaten. Die letzten Jahrzehnte waren gekennzeichnet von einem rapiden Arten- und Populationsschwund bei fast allen Hautflüglern. Wir sind gradlinig dabei, etwa die Hälfte der Arten auszurotten, was eine Zerstörung von historischem Ausmass bedeutet. Der Abschied passiert schleichend, aber kontinuierlich. Honigbienen sind nur ein kleiner Teil der Insektenwelt und nicht abzutrennen, auch wenn sie mehr Aufmerksamkeit erhalten, weil sie vom Menschen gepflegte Insekten sind, dringend erwünschte Nutzfunktionen für den Menschen übernehmen. Aber auch bei ihnen sieht es oft trübe aus. Ihre Wohnung stellt der Mensch, natürliche Wohnungen wie Baumhöhlen hat dieser Mensch in "seinen" Wirtschaftswäldern längst beseitigt. Die Waldwirtschaft will Holz ernten. Er hat stattdessen Wald durch Wirtschaftsforst ersetzt und eine ganze Reihe neuer und absolut katastrophaler Parasiten und Fressfeinde aus anderen Kontinenten eingeführt, die Honigbienen unter Druck setzen, etwa die Varroamilbe, die asiatische Hornisse, den Beutenkäfer, vermutlich auch bald die Tropilaelaps-Milbe. Er hat sie durch Zucht genetisch verändert, Bienenrassen eingeführt die hier nie heimisch waren. Die anthropogene radikale Vernutzung tut ihr übriges: In landwirtschaftlich "normal" genutzten Gegenden können Bienen sowieso nicht überleben, die ausgeräumten Landschaften bieten weder genug Pollen noch Nektar übers Jahr. Nach der (ebenfalls landwirtschaftlich verursachten) Raps-Massentracht ist meistens schon Schluss.

Wohnung und Nahrung

Ein Jahr vorher: Wildhecken. Dann abgefräst und
als illegale Durchfahrt missbraucht. Grosse legale
Einfahrt über einen Weg nur 30m weiter.

Doch für Hummeln und Wildbienen ist direkter Nahrungsmangel noch nicht einmal das Schlimmste. Schlimmer für sie ist, keine Wohnung zu finden, keine Nistplätze. Die meisten Arten benötigen Pflanzenteile, hohle Stängel, Altholz, einige nisten im Boden, am besten ungestört und offen. Nahrung benötigen sie natürlich auch, Pollen, Nektar. Die Verfügbarkeit dieser Ressourcen für Insekten war in der Vergangenheit in innerörtlichen Gebieten manchmal besser wie auf freiem Feld. Aber nur relativ. Genauergesagt hat sich der innerörtliche Bereich schlecht entwickelt und der landwirtschaftliche Bereich sehr schlecht. Die Landwirtschaft hat wenig Wahl: Heutige Landwirtschaft muss effizient sein, wer die Felder nicht wirtschaftlich orientiert bewirtschaftet geht pleite und verschwindet selber.

Der riesige und stetig auf Kosten von noch unbebauten Flächen wachsende örtliche Bereich lässt ebenfalls stark nach. Die Gründe liegen dort natürlich nicht beim Zwang zur Effizienz industriell-maschineller Bearbeitung oder maximaler Nahrungsmittelproduktion, sie liegen in stetiger drastischer antropogener Umgestaltung. Was dort wie passiert, möchte ich am Beispiel meines Wohnorts hier in Möckmühl zeigen und damit auch dazu aufrufen, selbst hinzusehen und sich dem aktiv entgegenzustellen, so klein die Möglichkeiten auch sind. Zwei Räume sind zu unterschieden:

Privatgrundstücke

Privatgarten heute - lästig

Was Privatleute mit ihren Flächen machen, wird oft thematisiert. Dort sind die Sünden auch allgemein bekannt: Schottergarten, massive Flächenversiegelung mit Bauwerken. Der alte Garten wird abgetrennt und ein extra Bürgerpalast hineingeklotzt, damit vernichtet, fette Doppelgaragen zusätzlich hingespuckt statt Gehölz. Ein stetiger Anstieg versiegelter und damit totgemachte Flächen findet statt, rund ums Haus, überall - zupflastern, beenden. Wenn Pflanzen, dann werden einseitige Pflanzenstrukturen bevorzug, oft mit weniger insektenfreundlichen Neopythen statt heimischen Pflanzen, wichtiges Kriterium ist der vermutete Pflegeaufwand. Darüber will ich hier nicht zusätzlich lamentieren. Die Bilder kennt jeder, jeder hat sie vor der Haustüre. Besser wurde nichts, man hat immer weniger Zeit, will zwar Fläche besitzen weil das Prestige im Steinzeitgehirn bedeutet (Drang nach Reviergrösse), die aber gleichzeitig so lästig ist, dass man sie zuplaniert oder zuschottert. Das kann man, also tut man es auch. Früher mit Schaufel und Eigenarbeit wäre das richtig Arbeit gewesen und man hätte sich genau überlegt, was man macht und was nicht. Heute reicht ein Anruf, die Maschinen und LKWs kommen, eine Woche später ist der lästige Garten ein toter Steinbruch mit Belag aus chinesischem Ziermarmor oder der Hang ist einfach abgebaggert zugunsten einer Betonmauer, damit ein weiterer Parkplatz mit maximaler Maschinengewalt dorthingezwängt werden kann. 

Die Stadt selbst, die Gemeinde

Mit riesigem Abstand der grösste Flächengestalter sind aber nicht Privatbesitzer, sondern die Gemeinden. Sie kontrollieren alle Strassen und Wege samt breiter Strassenränder, Gewässerränder, Erholungsflächen, viele Gebäuse- und Freiflächen und nicht wenige Betriebsflächen. Die Planung, Pflege, Pflanzung, Bewirtschaftung passiert durch die Gemeinde oder im direkten Auftrag der Gemeinde.

So ist das selbstverständlich auch hier in Möckmühl. Und auch hier findet die volle Bandbreite zerstörerischer Massnahmen statt, die Stück für Stück wichtige Insektenhabitate unwiderbringlich vernichten. Ich habe einige Beispiele zusammengetragen, die alle im kleinen Umkreis von nur 200m stattfanden. In der gesamten Gemeinde kann man das gut und gerne um zwei oder drei Kommastellen hochrechnen.

Für sich genommen sieht jede Veränderung klein und unwichtig aus. Über Jahre, Jahrzehnte hinweg summiert es sich ungeheuerlich auf, wie man mit Hilfe alter Karten und Bilder leicht sehen könnte. Einfach den tatsächlichen Zeit- und Summenfaktor wegzulügen ist der unausgesprochene Haupt-Psychotrick. Oder Fragen danach zu diffamieren: "Hab nicht so, du Ökospinner, ist doch nicht viel, spiel nicht den Verhinderer wegen wegen ein paar komischen Käfern". Insekten sind geschützt, aber ihre Lebensräume de facto nicht. Hier nur also:

Ex-Biotop. 70m weiter existiert bereits eine
breite Strasse den Hang runter. Kosten? Egal.

1. Zerstörererischer Wegebau mitten durch ein Biotop. Unterhalb der Schule bis zum Talgrund existiert ein baum- und buschbestandener Nordhang, zu steil für grassierende Bebauung (trotzdem wurde in seinem Verlauf noch kräftig gegraben und fremder Erdaushub aufgeschüttet, um den letzten Quadratmeter für Bauprojekte herauszuholen). Dort ist der Boden ungestört, es gibt eine Trockenmauer und es wächst ein dichts Feldgehölz mit Vogelkirschen, rotem Hartriegel, Feldahorn, Pfaffenhütchen, Schlehe, Wald-Zwenke, Weissdorn, Waldrebe, Wald-Heideröschen, Goldnesseln, Rainkohl, Liguster, Leinkraut, Zwetschge, Heckenrosen, Katzbeeren, Salweiden, Arzneibaldrian... Der ganze Bereich ist gesetzlich geschütztes Biotop nach §33 BNatSchG, genau definiert in Anlage 2. Es gibt eine öffentliche Karte des Landesamts für Umwelt Baden-Württemberg, wo dies auch dort eingezeichnet ist. 
Plötzlich fahren Bagger und LKWs vor. Die Stadt hat beschlossen, unter Missachtung des Schutzstatus mit einer gigantischen Erdaufschüttung einen breiten, massiven Weg dort hoch zu bauen. Für viel Geld. Meiner Vermutung nach ging es darum, viele Kubikmeter Erde irgendwo hinkippen zu können und ein bisschen Holzernte zu treiben. Vielleicht auch um Dinge, die aus persönlichen Verbindungen von Beteiligten entspringen. Hoffentlich nicht.

Also habe ich nachgefragt. So rotzfrech bin ich noch nie angelogen und für dumm verkauft worden. Der Weg soll offiziell eine Verbindung zum Sportplatz im Tal sein. Ein Witz, denn eine richtige Strasse mit Fussgängerbereich existiert bereits und der Weg darüber ist kürzer wie über das neue Bauwerk. Behauptet wurde seitens der Gemeinde auch, der Weg liefe auf einem historischen Weg. Eine freche Lüge, detailliertes Kartenmaterial reicht 200 Jahre weit zurück, dort ist nirgends ein Weg gewesen, auch kein Pfad. So eine Querung wäre auch unmöglich gewesen, dort waren langgezogene Obstwiesengrundstücke, von oben und unten erschlossen.

Ein Jahr vorher war das die artenreichste
Wildobstfläche des Stadtteils

2. Flächenversiegelung und Hallenbau auf der grössten Wildobstfläche des Wohngebiets. Hinter dem Hallenbad liegt die artenreichste Wildobstzone des Stadtteils, die Pflanzung wurde noch von einem städtischen Mitarbeiter geplant, der damals an vielen Stellen ausnehmend hübsche, insektenfreundliche, gebietstypische, ökologisch hochwertige Arten setzte, seine "Handschrift" ist noch zu erkennen. Genau diese Wildobstdickichtareale sind reiner Zucker, Lebensraum und Wohnung, eminent wichtig auch für die flächige Vernetzung - Wildbienen fliegen nur 50m weit, auf einer "Insel" können sie nicht überleben, Inzuchteffekte lassen sie verschwinden. Wichtig auch, weil deshalb nicht mit dem LKW reingefahren werden kann, der Boden ist ungestört, die Wohnung von Wildbienen, Hummeln, Tieren.

Vormals ungestörter wärmebegünstiger ungestörter Boden
und Gehölz mit enormem Wildbienenbesatz

Das ist radikal zerstört worden. Planiert, betoniert, ein Hallenbau darauf gesetzt. Um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, dahinter ein Betonsteinpflaster auf die letzten intakten Quadratmeter gedonnert, damit zweimal im Jahr dort jemand sitzen kann. Grund: Die Stadt hat anderswo ein grosses Gelände zerstört und will dort ein Grossprojekt hochziehen lassen. Aber anstatt wieder im Grossprojekt am gewohnten Ort einen Geräteraum einzurichten, baute man woanders eine neue Halle. Nämlich mitten im Wildobst. Gratulation. Nirgendwo werden bereits zerstörte, nicht mehr gebrauchte Flächen genutzt, sondern es wird mit geradezu zwanghafter Sucht eine noch nicht zerstörte Fläche ganz zerstört, vermutlich weil man damit die Kosten spart, seine eigenen Ruinen erst abräumen zu müssen.

Die Halle ist für den DLRG und um der typischen fehlgehenden Ausrede gleich entgegenzuwirken: Es geht mir und Anderen nicht um DLRG oder Ressourcen. Das ist ein engagierter, segensreicher, wichtiger und toller Verein, der jede Unterstützung verdient. Einer aus der Familie ist Mitglied. Keiner will dem DLRG Räume verweigern, die er hatte. Es geht um planmässige Zerstörung natürlicher Grundlagen und um bodenlose, automatisch stattfindende Ignoranz gegenüber diesen Grundlagen, die fast immer gewählte "Zerstörungalternative".

"Vorbild" Gemeinde - hier standen
30 Jahre überall kleine Felsenbirnen

3. Vernichtung von Blüh- und Fruchtgehölzen an vielen Stellen, Ersatz durch gebietsfremde "Plastikgehölze" die weder Blüte und Frucht haben und minderwertig für heimische Insekten und Symbioten sind. An mehreren Stellen finden Fällaktionen statt, manchmal bei Umgestaltungen, manchmal einfach so, weil einem etwas gerade nicht passt. Die nahe Schule verlor so per Kettensäge eine Birnbaumreihe entlang der Schule, Strassenränder verloren ihre kleinen Felsenbirnen, kleine Streifen zwischen Parkplätzen verloren Kornelkirschen und Scharlachdorn, überall wurden Weissdornbäumchen abgesägt. Wenn überhaupt nachgepflanzt wird, dann aus dem Katalog des Grauens: Endlos niedrige Hainbuchenhecken, trotzdem pflegeintensiv und damit teuer weil schnittbedüftig, Sumpfeichen, Zierkastanien. Letztere haben wenigstens Blüten, der Rest keine für Insekten, die Hälfte gebietsfremd, keine Früchte, ökologischer Wert unterklassig.

Was tun?

Soweit eine kurze Umschau in allernächster Umgebung. Was man nicht tun sollte: Schlechtgelaunt durch die immer kaputtere Gegend schleichen und sich von den Zerstörungen frustrieren lassen. Besser: Sich selber dort anders verhalten, wo man es kann, wo man die Kontrolle hat. Positive Ansätze initiieren, verstärken. Auch in den Gemeinden gibt es eine Menge engagierte und bewusst handelnde Menschen. Die verbale Faust braucht man nicht immer in der Tasche lassen: Bei all diesen Zerstörungen wird gerne privat und sogar aus einem Amt heraus gegen Leute polemisiert, die das nicht gut finden. "Jaja, die Käferfreunde haben wieder was gegen ein nötiges Bauwerk". Oder die einfach rotzfrech volle Kanne gegen jeden Beweis anlügen, wie es die Stadt Möckmühl es bei mir getan hat. Enttäuschend. Trotzdem: Höflich nachfragen, nachfragen, nachfragen, zum Grund vordringen, fordern. Deutlich werden, wenn man merkt, dass man ohnehin für dumm verkauft wird. Damit zeigt man immerhin, dass es Leute gibt, die Katastrophen nicht hinnehmen. Die Gemeinde sind auch die Einwohner, fragen viele Leute, wird es auch für die Zerstörer ungemütlicher und zäher.

Vorher: Blühende Weissdornbäumchen
Jetzt: Amerikanische Säulen-Sumpfeichen
Nektarlose, traurige Plastikmöblierung