Sonntag, 16. Januar 2022

Das Polenta-Abenteuer Teil 2: Verarbeitung und Zubereiten

Nachdem in Teil 1 des Polentaabenteuers Sorten und Anbau zur Sprache kamen, folgt nun in Teil 2 die Verarbeitung der Ernte und einige Zubereitungserfahrungen.

Trocknen

Hüllblätter entfernt

Die geernteten Kolben haben in unseren Breiten noch zu hohen Wassergehalt und müssen sofort von den Hüllblättern (den Lieschen) befreit, auf Schimmel geprüft und getrocknet werden, sonst schimmeln sie böse weiter. Ich habe das an einem grossen Südfenster auf einer Holzunterlage gemacht und trotz tagelang voller Sonne schimmelte es an manchen Unterseiten weiter. Wenn man das probiert, sollte man die Kolben nur einlagig legen und immer wieder umdrehen. Oder aufhängen. Ansonsten wäre auch ein Trockner gut, da geht es schneller und vor allem die Anfangszeit mit hohem Schimmelrisiko wird fix erledigt.

Was schimmelt, fliegt raus, bestenfalls wird fragliches zu Hühnerfutter. Teilweiser Befall kann meist entfernt werden, um den Rest des Kolbens zu retten. Der Schimmel ist gut zu sehen.

Trocknung in der Sonne. besser nicht mehrlagig wie hier!
An der Pflanze verschimmelter Kolben. Auch kein Hühnerfutter mehr.

Kerne von Kolben trennen

Abrebeln der Kolbem

Die Kerne lassen sich von Hand von den Kolben abrebeln. Dazu wird der Kolben leicht gedreht. Ausprobieren, dann hat man den Dreh schnell raus. Es gibt auch einfache gusseiserne Handgeräte, die aussehen wie in süamerikanischen Favelas gefertigt. Man findet sie unter den Suchbegriffen Maisentkörner, Maisrebler, Maisentkorngerät, Maisentkerner. Genutzt wird so etwas auch gerne für Jäger und Geflügelhalter, um billigen Futtermais zum verfüttern vorzubereiten.

Die leeren Kolben sind als Brennstoff brauchbar oder kleingehäckselt und sterilisiert auch als Substrat für Pilzbruten.  

Teilweise entkörnter Polentamaiskolben

 

Mahlen

Das teilverarbeitete Ernteergebnis

Die Maiskörner liegen jetzt im Eimer. Es sieht toll aus, solche vollen Eimer zu sehen, der Lohn der Mühe. In diesem Zustand sind die Körner lange haltbar, aber um Vorratsschädlinge zu verhindern muss man sie in dichtschliessenden Gefässen aufbewahren. Nun konnte ich auch den Ertrag messen. Umgerechnet auf den Quadratmeter Anbau kam ich auf respektable 700g Maiskörner. Für einen nicht ertragsoptimierten Hobbyanbau bei grenzwertigem Sommerwetter nicht schlecht. Jeder Quadratmeter brachte also eine Polentabeilage für 8 Personen. Insgesamt waren es 15 Kilo. Das ist ziemlich genau eine tägliche Beilagen-Polentaportion für ein halbes Jahr - 50000 Kalorien. Immerhin!

Mahlen erwies sich zunächst als schwierig. Die Getreidemühle mit Steinmahlwerk macht es nicht recht mit und das Ergebnis war stotternde Vermahlung und eine recht weite Streuung aus Mehl, Griess und groben Teilen. Steinmahlwerke sind an sich auch bei Polentamais nicht schlecht, aber da wären wohl grössere Dimensionen nötig gewesen. Also besorgte ich mir eine alte gebrauchte Mühle mit Keramikmahlwerk, lustigerweise genau das Modell der allerersten Mühle, die ich mal besessen habe. Keramikmahlwerke schneiden mehr statt wollig zu reiben und zu vermahlen, ähnlich machen es Stahlmahlwerke. Das Mahlergebnis war auf Anhieb viel besser, mehr Griessanteil, weniger wollig. Vielleicht hätte auch eine Handmühle gereicht.

Mahlversuch 1 mit Steinmahlwerkmühle.
Nur gelbe Körner verwendet.

Die kommerziellen Profis entfernen den Keimling mit eigenen Maisentkeimungsmaschinen, mahlen, sieben das Ergebnis mittels grosser Siebe in absteigender Maschengrösse oder Windsichtung aus. Grobe Teile und der Keimling sind hochwertige Futtermittel, das feine Mehl ist als Maisstärke für andere Verwendungen geschätzt. Der für Polenta verwendete Griessanteil liegt nur bei rund 50%. Ich habe nur das feinen Mehl mit einem feinmaschigen Küchensieb abgesiebt, damit die Polenta keinen zu gelatinösen Stärkebrei ergibt, die gröberen Teile blieben in den ersten Versuchen drin. Die Mengen: Aus 500g frisch gemahlener Polenta habe ich 100g feines Mehl abgesiebt, den Rest komplett verwendet. Vorsicht, wir haben jetzt im Gegensatz zur Supermarktware trotzdem das ganze Korn im Griess, also ein Vollkornprodukt! Darin enthalten ist auch der Keimling des Maiskorns mit seinem hohen Fettgehalt, insgesamt enthält Körnermais fast 5% Fett. Damit ist unser Mahlergebnis nicht lange haltbar, denn das Fett oxydiert an der Luft, wird ranzig, man sollte also nach dem mahlen gleich verkochen.

Mühle mit Keramikmahlwerk

Mahlergebnis Keramikmahlwerk, feine Teilchen abgesiebt

Abgesiebter feiner Maisgriess und -Mehl

Polenta zubereiten

In Deutschland kann man Polentagriess mittlerweile endlich auch in den Discountern kaufen, aber das Produkt wird immer in vorgegartem Zustand und dann erneut getrocknet angeboten, es ist immer eine Schnellpolenta. Optisch macht das keinen Unterschied, aber die Zubereitung wird wesentlich einfacher und schneller. Wasser / Milch / Tomatensaft kochen, Maisgriess einrühren, kurz aufkochen, ziehen lassen, fertig.

Griess, ungesiebt, vor dem Kochen

Unser eigener Polentagriess lässt sich natürlich mit Haushaltsmitteln nicht vorgaren. Ihn muss man nach klassischer Methode zubereiten. Die ist leider zeitaufwendig. Die Polenta wird mindestens eine Stunde in der mindestens dreifachen Menge Flüssigkeit gegart, dazu muss sie auch noch ständig umgerührt werden. Man kann auch eine Show draus machen, im offenen Kupferkessel auf Feuer. Tatsächlich muss man aber nur rühren, weil der dicke Brei sonst anbrennt. Mit einer guten Temperaturregelung ist diese Mühe überflüssig, auch wenn ein bisschen Röstaroma nicht schlecht ist. Es dauert zwar genauso lange, aber es brennt nichts an und muss nicht gerührt werden. Wer einen dicken Topf hat, einen Herd mit enger Temperaturregelung und mit Milch gart, kann 60-90 Minuten bei geringer Hitzezufuhr im Topf garen und muss nur gelegentlich, aber nicht dauernd rühren. Ansonsten wäre die Ofenmethode zu versuchen, die ich auch mit gutem Ergebnis ausprobiert habe. Die geht so:

Polenta im Ofen zubereitet aus 400g Rohgriess

Pro Person rechnet man mit 80g Polentagriess. Auf 100g Polentagriess werden 300 bis 400ml Wasser genommen, wieviel genau hängt vom Griess ab. Salz zugeben (ein Esslöffel auf 500g Polentagriess), Wasser kochen, Hitze ausschalten, Griess sofort einrühren. Ein paar Minuten stehen lassen und dann eine Stunde oder weniger bei Ober- und Unterhitze und 90°C garen. Keine Umluft, sonst trocknet die Oberfläche aus. Je grober der Griess geraten ist, desto länger die Garzeit, es kann auch länger als eine Stunde gehen. Das Ergebnis ist durch die Schalenanteile und die unterschiedlich grossen Griess-Stücke strukturierter als von gekaufter Ware, aber sehr viel aromatischer. Es schmeckt frischer, mehr nach Mais. Die ungewohnten Schalenanteile stören aber Manchen, sie bleiben immer fest. Noch besser wäre es, nicht nur den Feingriess, sondern auch Grobteile abzutrennen, unter denen sich die meisten Schalenstückchen befinden. Verkocht werden dann nur die mittleren Korngrössen. Raum für Experimente gibt es noch genügend.

Servierte Polenta mit roten Schalenanteilen

Es gibt massenhaft gute Gerichte mit Polenta. Toc' in braide ist so eine hochklassige Variation. Aber fast jede Weltgegend hat ihre Spezialitäten. Grits in den USA, Katschamak in weiten Teilen des Balkans, Mămăliga im ganzen Osten, Mealie-Pap in Namibia, Ugali in anderen Gegenden Afrikas, Puliszka oder Palukes in Rumänien, Rheintaler Ribel in Schweiz und Vorarlberg, die edle venezianische weisse Polenta...

Das Abenteuer hat sich jedenfalls gelohnt. Es erbrachte gute Erträge, keine unlösbaren Schwierigkeiten, ein gutes Ergebnis, viel Spass dabei gehabt.

Reste, leere Kolben

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen