Sonntag, 11. März 2018

Es geht los, Frühling bei -12°C


Torftabletten und beheiztes Zimmergewächshaus für Keimung
Nachts war es letzte Woche es mit zweistelligen Minusgraden knackig kalt, aber trotzdem spriesst und grünt es gewaltig. Vorerst auf der Fensterbank. Vor ein paar Tagen habe ich wie immer Mitte Februar Paprika, Auberginen und diverse Physalis im Zimmergewächshaus ausgesät. Die ersten Pflanzen sind Dank der guten Bedingungen darin bereits gekeimt - nur drei Tage später. Entscheidend war die Frische der Samen und ihre gute, dunkle und kellerkühle Lagerung. Die Keimquote beträgt bei Paprika und Auberginen letztjährigen Samens fast 100%, nach zwei Jahren sind es noch 80%, nach drei Jahren fällt sie ab auf 10-50% und die Keimung dauert wesentlich länger. Nach vier Jahren ist es in der Regel vorbei, nichts keimt mehr. Tomatensamen sind länger haltbar.

Keimung nach 3-5 Tagen von Paprikajungpflanzen
im Zimmergewächshaus,
Der Keimling ist unter optimalen Bedingungen bereits nach drei Tagen sichtbar. Normal sind fünf Tage. Manchmal dauert es auch deutlich länger. Optimale Bedingungen bedeuten:
  • Im Zimmergewächshaus. Beheizt, so dass Tag und Nacht 25°C herrschen. Benötigt nur 20 Watt Strom. Die Fensterbank ist tagsüber meistens auch so warm, aber nachts kühlt es dort oft unter 20°C ab, was vermieden werden sollte.
  • Feucht, aber nicht nass! Nicht überwässern. Das Wasser darf keinesfalls in den Schalen stehen. Zu nass bedeutet: Schimmel statt Keimung. Die Samen faulen statt zu keimen.
  • Kurz vor dem Umsetzen in 8cm-Töpfe
    Das richtige Substrat. Torftabletten sind meistens gut, je nach Hersteller habe ich aber auch schon Fehlschläge erlebt. Ansonsten "Aussaaterde", aber auf keinen Fall "Pflanzerde" nehmen, die ist vorgedüngt und der höhere Mineralsalzgehalt hemmt die Keimung. Kokosfasern als Torfersatz werden auch gerne als kompakte, ökologisch unbedenkliche Aussaaterde verkauft, aber auch damit sind die Praxiserfahrungen schlecht - warum das so ist, weiss ich nicht.
  • Hell. Auch wenn Paprika keine ausgesprochenen Lichtkeimer sind, benötigen sie bald und viel Licht. Tageslicht oder Licht einer starken Pflanzenlichtlampe.
Sobald das erste Blattpaar nach den Keimblättern erscheint, sollte man sie in kleine Töpfe verpflanzen. Topfgrössen mit 8cm Durchmesser reichen aus. Dort kommen sie in Pflanzerde. Nicht nervös werden, wenn sie kurz nach der Verpflanzung ein paar Stunden schlaff in den Seilen hängen. Aufgrund des höheren Salzgehalts dieser Erde entwässern die Pflänzchen kurz (der bekannte Osmoseeffekt) und werden schlaff - das gibt sich. Bis dann sollte man sie nicht direkter Sonne oder viel Wärme aussetzen, sonst gibt es Blattschäden. Im Laufe des Aprils werden die Töpfe je nach Wetterlage ins Gewächshaus gestellt. Sind die Nächte kühl, kann man sie noch in Haus holen. Auspflanzung ins Freiland im Mai. Ist die Grosswetterlage stabil, bereits Anfang Mai, ansonsten nach den Eisheiligen.
Unter der Pflanzenlichtlampe
Zimmergewächshäuser sind eine klasse Sache, einfach, billig, sehr nützlich für Keimung und Vorzucht wärmebedürftiger Pflanzen. Wir haben zwei Stück, die beheizbar sind. Die Temperatur beträgt darin gut 25°C, was das Optimum für Nachtschattengewächse wie Paprika, Auberginen, Tomaten, Physalis sowie Kürbisgewächse (Gurken, Melonen, Kürbis) darstellt.

Nach der Umpflanzung verwende ich Jahren mit lange Trübephasen trotz grossem Südfenster auch eine zusätzliche LED-Pflanzenlichtlampe. Früher andere Lampen und eine sehr leistungsfähige Version habe ich auch. Das ist einen eigenen Beitrag wert.

Nicht nur Paprika wollen sehr früh raus. Will man richtig grosse Gemüsezwiebeln, sollte man sie schon im Januar in kleine Töpfe säen - sie keimen sehr gut ohne Zimmergewächshaus.

Mittwoch, 21. Februar 2018

Perfekte Kürbisse durch den Winter

Kürbissammlung, fertig zum Einlagern
Gar nicht so wenige Kürbissorten lassen sich enorm lange lagern, genauer gesagt: Monatelang, manchmal schmecken sie noch nach einem vollen Jahr gut. Das ist einer der Gründe, wieso ich jedes Jahr kräftig Kürbisse anbaue. Der Erntesegen lässt sich den ganzen Winter und Frühling über geniessen wenn sonst nicht viel wächst. Zudem sind Kürbisse so vielseitig verwendbar, dass sie einem nicht so schnell zum Hals heraushängen. Verschenken, tauschen, ja sogar verkaufen geht ebenfalls einfach: Kürbisse kennt und schätzt mittlerweile jeder, seit es einige Sorten sogar ins Gemüseangebot der Discounter geschafft haben. Man wird sie leicht los, wenn man mal zu viele davon hat. Eine Kohlrübe zu verschenken ist definitiv schwieriger.

Man muss allerdings wissen, wie man sie lagert. Das ist nicht mehr so einfach und auch bei mir brauchte es viele Jahre und viele Fehlversuche, um das zu optimieren. In den Büchern steht so allerhand aber wenig Praxisbrauchbares, wie so oft. Zusammengefasst gibt es für eine gelingende Kürbislagerung folgende Kernpunkte:
  • Die
    Kürbislager, vier Monate Lagerdauer
    Art und die Sorte spielen natürlich eine grosse Rolle, das ist naheliegend und bekannt. Unter den Arten Cucurbita maxima (Riesenkürbis, Hokkaidokürbis, Hubbard, Buttercup, Kabocha...) und Cucurbita moschata (Butternut, Muskatkürbisse) gibt es viele langlagerfähigen Sorten, unter Cucurbita pepo (Sommerzucchini, Acorns, Patisson, Spaghettikürbis) weniger. Zu Erfahrungen mit einigen konkreten Sorten kommen ich noch. Generell sind Butternutkürbisse und auch meisten C. maxima-Arten vier Monate gut lagerfähig.
  • Beginnender Verderb am Stielansatz
    Nur ausschliesslich voll ausgereifte Kürbisse lassen sich lagern. Es macht auch nichts, wenn sie lange an den Pflanzen hängen, Überreife gibt es bei Kürbissen nicht, nur Unreife. Unreife Kürbisse werden weich und holzig, faulen früh. Verletzungen und Verfärbungen an der Schale reifer Kürbisse  führen nicht gleich zum Verderb, schränken aber die Lagerfähigkeit ein. Diese Früchte (botanisch sind es eigentlich Beeren, eine typische Besserwisserkorrektur) sollte man zuerst verbrauchen. Schalenschäden passieren meistens, wenn die Früchte im Garten bei feuchter Witterung der Reife hin auf dem Boden liegen. Holzbrettchen unterlagen!
  • Verholzte Schale an einem gelagerten Blue Hubbard
  • Ein kühler Keller ist nicht gut. Die Temperaturen sollten mindestens 10° bis Zimmertemperatur betragen. Bei diesen Temperaturen verholzt die äussere Schale leichter. Sie ist dann zwar härter und muss vor Verzehr abgeschnitten werden, aber das Kürbisfleisch darunter ist gut geschützt. Lagert man sie im Keller, sollte man sie erst einige Wochen bei Zimmertemperatur belassen, damit sich die Schale härtet. Bei Kürbissen ist es mal ausnahmsweise ein Vorteil, wenn man einen warmen trockenen Keller hat. Wer keinen hat, stellt sie auf einen Schrank im Flur.
  • Ein kalter Boden, der keine Feuchtigkeit aufnehmen kann ist tödlich. Niemals Kürbisse direkt auf dem Boden lagern! Sie werden schimmeln. Immer auf Holz ablegen. Ich nehme ein Brett, das auf Klötzchen steht oder Obstkisten mit dicken Wänden.
  • Keine Kürbisse übereinanderlegen oder sich berühren lassen. Alle schön getrennt voneinander aufreihen. Die Kontaktpunkte sind anfälliger, Schimmel greift leichter über.
"Sweet Nutty" nach einem Jahr Lagerung: Absolut einwandfrei.
Gute Samenhändler machen auch Angaben zur Lagerfähigkeit. Meine eigenen Erfahrungen sind aber davon oft sehr nach oben oder unten abgewichen. Das lag vermutlich auch am Reifezustand der Früchte. Es gibt diverse Sorten, die eigentlich in wärmeren Gegenden üblich sind und auch hier meistens ganz gute Früchte bringen, die aber in Wirklichkeit doch nicht ganz ausgereift sind. Sie schaffen die Vollreife nicht ganz und damit auch keine lange Lagerung. Dies sind Sorten wie z.B. der Butternut "Violina", eine typische Sorte für Italien. Ansonsten halten sich ausgereifte Butternuts egal welche Sorte sehr gut. Sehr gute Erfahrungen habe ich auch mit den Maxima-Moschata Hybriden "Tetsukabuto" und "Armor" gemacht. Reine Maxima-Kürbisse waren gut haltbar, wenn sie eine harte Schale entwickelten. Dazu gehört z.B. der "Blue Hubbard" und andere "Hubbards".

Verschimmelt, vorbei.
Bei Hokkaido-Kürbissen ("red kuri", C. maxima) bleibt die Schale weich, deshalb lassen sich sich meistens ungeschält zu Suppe verkochen, was den Zubereitungsaufwand vorteilhaft verkleinert. Sie sind dafür etwas weniger gut haltbar. Die alte und unsägliche Standardsorte "gelber Zentner", ein C. maxima, ist dagegen überhaupt nicht haltbar. Sofort verbrauchen. Sie taugt sowieso nichts, wurde in Frankreich als Schweinefutter verwendet.

Kaum haltbar sind Cucurbita pepo. Darunter sind neben vielen Zier- und Schnitzkürbissorten zwar sehr wohlschmeckende und edle Sorten mit einzigartigem Aroma und sie halten sich auch optisch lange gut. Das Aroma veratmet sich aber und das Fruchtfleisch wird fade, hart. Hier hat man vielleicht lange schöne Früchte, aber will sie nicht mehr verwenden.

Apropos Verwendung: Die Kerne nicht gleich wegwerfen. Geröstet mit Salz schmecken sie ja nach Samenschalendicke manchmal sehr gut. Ansonsten werfen wir sie kurz in den Mixer und geben sie den Hühnern. Sie sind mit ihrem hohen Fettgehalt ein energiereiches Futter.

Donnerstag, 1. Februar 2018

Hühner im Winter

Wir schwimmen in Eiern. Nutzgärtner mit Hühnern bekommen auch im Winter etwas. Unsere Zwerg-Wyandotten sind zwar weit entfernt von der Legeleistung heutiger Hybrid-Hochleistungslegehühner, aber nach ihrer zweimonatigen Spätherbstpause kam das erste Ei pünktlich zehn Tage nach der Wintersonnwende. Und seither legen sie stetig mehr.

Im Stall beim Eierlegen
Heute am 1. Februar gab es erstmals wieder fünf Eier pro Tag von den fünf Hühner. Es läuft wie am Fliessband. Zum Eierlegen gehen sie brav in den Stall, die Sitzung dauert Minuten bis zu ein, zwei Stunden, am häufigsten um die Mittagszeit. In dieser Zeit gibt es nichts, was das Huhn ablenken kann, die gefiederte Madame ist voll und ganz aufs Eierlegen konzentriert. Nähert man sich mit der Hand, wird man gepickt. Eine eindeutige Aufforderung, in Ruhe gelassen zu werden. Während sich die Hühner im Freien um ausgetreutes Futter streiten, bleibt das Eierlegehuhn ruhig sitzen, nicht einmal das bringt sie aus der Ruhe. Irgendwann macht es "plopp" und aufgeregtes Gegacker zeigt die Ankunft eines neuen Eis an. Der Bruttrieb geht bei dieser Rasse nicht ganz synchron mit dem Eierlegen, nur im Frühling und Frühsommer bleibt das Huhn noch auf dem Ei sitzen. Jetzt im Januar und Februar verlässt sie den Stall sofort wieder, das Ei kühlt aus.

Nasses Hühnchen
Stürme und wochenlanger Regen scheinen ihnen nicht das Geringste auszumachen. Wind mögen sie zwar nicht so gerne, aber trotzdem wird im Freigehege patroulliert, sie bleiben nicht im Stall. Bei Regen werden sie nass und bieten einen traurigen Anblick, aber sie bleiben auch deswegen nicht im Stall oder unter dem Dach. Der Regen könnte ja Regenwürmer oder Schnecken hervorlocken, so etwas lässt sich ein Huhn nicht entgehen. Solange es nicht richtig kalt ist, macht ihnen etwas Schnee ebensowenig etwas aus.

Nur das Bad vermissen sie sichtlich. Im Sommer wälzten sie sich mehrmals am Tag genüsslich im Sand und staubten sich mit den Flügeln komplett ein. Das ist eine wichtige Hygienemassnahme gegen Milben und Parasiten am Gefieder. Nun ist es zu feucht dazu, der Sand ist immer nass. Sie putzen sich dafür länger, immer alle gleichzeitig. Man steht dazu in der Gruppe und blickt immer wieder in alle Richtungen, damit sich kein Feind anschleichen kann. Doch auch baden geht im Winter: Sie dürfen ins leere Gewächshaus. Die Erde dort ist trocken. Sofort scharren sie sich Kuhlen und wälzen sich im Staub, den man sich anschliessend wieder gründlich aus dem Gefieder schüttelt. Dort haben sie auch die wenigen Tage verbracht, an denen es tiefere Temperaturen hatte. Wyandotten sind zwar kälteverträglich, aber auch sie können Erfrierungen an den Beinen bekommen, wenn sie auf blankem eisigem Grund stehen.

Ihnen jetzt Grünzeug zu beschaffen ist schwierig. Sie bekommen das Grün von Wintergemüse wie Rettichen, Gründüngungspflanzen (Gelbsenf). Was man so auf Spaziergängen findet ist mager, die geliebten Löwenzahnblätter sind jetzt leider rar. Anders als in Büchern behauptet schmecken die Eier durchaus nicht kohliger oder schwefliger, obwohl sie viel Kohlgrün bekommen. Haben sie genügend Frischgrün, sind die Dotter leuchtend dunkelgelb. Und lecker!

Sonntag, 21. Januar 2018

Sandkastenspiele: Winterlagerung in der Sandkiste

Kiste mit Sand und Wurzelgemüse
Im Winter kommt es dem Nutzgärtner in unserem Klima vor allem auf möglichst gute Lagerung der Schätze aus Sommer und Herbst an.

Seit einigen Jahren verwenden wir für Wurzelgemüse Kisten mit Spielsand. Das Gemüse wird grob im Wasser abgebürstet, in den Sand gelegt, wieder Sand drauf. Die Kiste ist eine Plastikwanne mit 90 Liter Inhalt aus dem Baumarkt. Sie war schon ein paar Jahre im Freien für verschiedene Zwecke im Gebrauch. Entsprechend grosse Holzkisten wären sicher ebenso geeignet. Der Sand sollte leicht feucht sein. Einmal etwas Wasser drübersprinkeln reicht.

Gelagert wird in der ungeheizten Aussengarage, gefüllt wird die Kiste vor den ersten kräftigen Nachtfrösten. Und das klappt prima, das Lagergut bleibt knackig und frisch bis in den März oder länger.

Geeignet dafür sind zum Beispiel: Pastinake (sehr gut!), Sellerie, gelbe Rüben (nur bedingt, treiben leicht aus), Topinambur, rote Rüben, Petersilienwurzel, schwarzer Rettich. Alles, was sich in Erde gut hält, hält sich auch in einer Sandiste gut.

Auch andere Methoden funktionieren, sind aber aufwendiger. Ich hatte auch mal eine alte Waschmaschinentrommel vergraben, die mit Würzelgemüse gefüllt war. Tolle Sache, aber dort wieder etwas herauszunehmen ist viel aufwendiger wie der Griff in die Sandkiste, für die man auch nichts eingraben muss. Dasselbe gilt für die klassischen Erdmieten. Eine Sandkiste lässt sich ausserdem leichter gegen Mäuse schützen. Lohnt sich!

Sonntag, 7. Januar 2018

Zuckerhut, rätselhaftes Mauerblümchen

Zuckerhut im Januar
Zuckerhutsalate umgeben einige Rätsel. Es sind typische Wintersalate, die so wie ihre nächsten Verwandten Radicchio, Endivien und Chicorée zu den Wegwarten gehören, botanisch Cichorium intybus. Obwohl seit langer Zeit angebaut, ist die Sorte im Supermarkt immer ein Mauerblümchen geblieben. Dort ist er selten oder nie zu haben. Andere Salate der Wegwarten-Gruppe schon: Endivien immer, Chicorée oft, Radicchio manchmal. Nur auf dem Wochenmarkt und gut geführten Bioläden hat Zuckerhut seinen Platz. Woran kann das liegen? Er bleibt länger knackig wie Endivien, ist vielfältiger verwendbar, feiner, im Anbau nicht komplizierter, ähnlich frosthart.


Zuckerhutsalat zubereiten

Zuckerhutsalat, halbiert. Sehr kompaktes Inneres.
In der Küche hat er ebenfalls Vorteile. Als Salat ist Zuckerhut viel leichter zuzubereiten wie Endivien. Da er einen geschlossenen Kopf hat, verirren sich Sand oder Schnecken kaum ins Innere. Die Blätter lassen sich leichter und schneller schneiden. Da sie härter sind, verträgt dieser Salat auch feinere Schnitte, lässt sich also besser variieren. Meinem Geschmack nach schmeckt er auch klar besser, ist etwas aromatischer, nussiger, ohne grob zu wirken. Trotzdem gibt es immer nur Endivien im Winter zu kaufen, nie Zuckerhut. Warum nur? Ein Einwand war "der schmeckt etwas bitter". Ja, das kenne ich noch manchmal von meinen Eltern, die ihn auch jedes Jahr angebaut haben. Heute nicht mehr wirklich, das hat man ihm offenbar auch weggezüchtet. Auch damals schon konnte man eventuelle leichte Bitternis durch kurzes Einlegen in lauwarmes Wasser verringern.

Der geschlossene Kopf von Zuckerhut hat noch mehr Vorteile im Vergleich zu Endivien, zum Beispiel eine deutlich verbesserte Haltbarkeit. Die Umblätter schützen den Salat vor Austrocknung und schnellem schlapp werden. Ausserdem lässt er sich Dank seiner kompakten, nicht auseinanderfallenden Form leichter in den Kühlschrank packen oder in eine kühle Kiste, wenn man ihn wegen drohender kräftiger Fröste ernten muss.

Im Anbau

Zuckerhut, frisch geerntet
Im Anbau ist er wie Endivien zu behandeln und einfacher wie Radicchio, der sich ungern verpflanzen lässt. Das macht ihn für unseren Nutzgarten zu einem äusserst beliebten Salat, denn ich baue am liebsten Sachen an die gut sind aber nicht so leicht zu kaufen sind oder deren Qualität bei Eigenanbau im Vergleich zu kommerziell Angebautem besonders hoch ist.

Sorten für Privatgärtner gibt es nicht viele. Auf den Samentütchsen steht meistens gar kein Sortenname. Entweder ist eine unbezeichnete Standardsorte zu haben oder ein paar wenige F1-Hybriden, deren Unterschied im Anbau mir aber nicht sichtbar geworden ist. Er scheint wenig im Fokus von Züchtern zu liegen. Auch pflanzfertige Jungpflanzen kann man kaufen - wieder ohne Sortenbezeichnung. Aussaat im Juli. Wegen mässiger Keimerfolge in unserem zu schweren Boden nehme ich Pflanzschalen, dort keimt er am Besten nicht zu feucht stehend im Halbschatten, z.b. unter lichten Gehölzen abgestellt. Die Jungpflanzen wegen schneller Pfahlwurzelbildung nicht lange stehen lassen, besser bald auspflanzen. Er ist eine gute Nachkultur für alles, was im Juli bereits wieder abgeerntet wird, z.B. Frühkartoffeln, Ackerbohnen, Mairüben...

Zuckerhutreihe, Januar
Die Wuchsergebnisse sind recht unterschiedlich, manche Pflanzen ergeben sehr grosse Köpfe, direkt danebenstehend kümmern sie. Darin ähnelt er Radiccchio, bei dem mir auch nie klar ist, wieso die Köpfe so unterschiedlich ausfallen. Geerntet wird er ab Mitte Oktober bis in den Januar und in milden Jahren sogar noch länger. Es ist also auch der Salat mit dem längsten Erntefenster pro Auspflanzung. Einmal eine Ladung gesetzt, drei oder mehr Monate davon gegessen.

Frostfest, Krankheitsfest?

Kohleule an Zuckerhut
Das ist etwas übertrieben. Bis -4°C am Boden macht ihm Frost noch nichts aus, darunter werden Umblätter und Spitzen geschädigt, bei -8°C ist dann Ende Gelände. Unter Vlies hält er aber deutlich mehr aus. Damit qualifiziert er sich für den gesamten Herbst und den Winter so lange, bis es nachts richtig kalt wird. Dann sollte man ihn mit der Wurzel ernten (bei feuchtem Boden kein Problem, einfach herausziehen) und frostfrei mit Blättern in einer Kiste lagern.

Aufgrund der späten Wuchszeit existieren nicht viele tierische Schädlinge. Schnecken natürlich trotzdem. Und Raupen wie die Kohl- oder Gemüseeule, die ihn auch noch im Dezember anfällt. Wer die Blätter nach Fraßspuren untersucht, merkt aber schnell, was los ist und kann gezielt nach verstecken Raupen oder Schnecken suchen.

Je nach Witterung kann er auch von Mehltau und Salatfäulen befallen werden. Dieses Jahr ist er kerngesund, das Wetter war durchgehend feucht, ohne Extreme. Verfaulende Blätter im Inneren enstehen angeblich durch unterschiedliche Wasserversorgung.

Montag, 1. Januar 2018

Was für ein Mist

Das Ende der Nutztierhaltung fand erst vor wenigen Jahrzehnten statt. Bis dahin haben den Menschen seine Nutztiere über Jahrtausende immer direkt begleitet. Heute hat man dagegen keine Nutz- sondern nur Haustiere in der Nähe. Nur ein paar spezialisierte hochkommerziell arbeitende und stark spezialisierte Betriebe produzieren in grossem bis extrem grossem Massstab für den Markt Tiere oder Tierprodukte (Eier, Milch, Fleisch). Eine kleine Ausnahme sind Biobetriebe, die von Verbänden wie Bioland, Demeter, Naturland zertifiziert sind. Wer heute noch Nutztiere hält, tut dies nur als Hobby. Bei Arten wie Rinder oder Schweine gibt es nicht einmal das. Früher war es der Standard, heute ist das zu Tode reglementiert, zu viel Platz nötig, den Leuten zu schmutzig, zu viel Zeitaufwand, Schlachtung unmöglich. Zudem sind die robusten früheren Tierrassen der Kleinbauern praktisch ausgestorben, empfindliche Hochleistungsarten mit hohen Bedürfnissen sind die Regel. Misthaufen und Mist gibts nicht mehr.

Mist heute Mangelware

Im Gartenmarkt: Trockene Pferdemistpellets
Tiere produzieren alle Mist, aber Mist ist nicht gleich Mist. Haustiere und ihre Hinterlassenschaften machen beispielsweise auch Mist, aber den will man nicht im Garten. Katzenkot ist ein übles Ärgernis, das viele Nutzgärtner kennen und hassen. Unzählige Nachbarskatzen sorgen für stetigen Nachschub. Der verhasste Hundekot im Vorgarten ebenfalls. Im Wohnzimmer hat man heute ein Schmusetier, Nachbars Garten nutzt man nebenbei als Klo, darüber wurden schon Gerichtsverfahren geführt.

Nutztiere und nicht Haustiere waren jedoch immer auch der einzige wichtige Düngerlieferanten und mit ihrem Abschied ist auch der tierische Dünger verschwunden, der nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch im Garten eine essentielle Rolle spielte, es war über tausende von Jahren sogar der einzige Dünger überhaupt. Bis vor gut hundert Jahren. Dann war es vorbei damit, anorganische Düngemittel aus Fabrik und Bergbau übernahmen das Feld. Kuhmist bekommt man heute ganz einfach nicht mehr. Kommt man trotzdem ran, sollte man sich erst einmal die Herkunft ansehen. Biobetriebe benötigen den Mist nämlich selbst und geben kaum etwas ab, denn sie setzen keinen oder nur sehr kontrolliert nichtorganischen Dünger ein. Mist aus Nicht-Bio-Grossbetrieben mit mehr Risiko von Medikamenten- und Chemikalieneinsatz ist vielleicht auch nicht das, was man im Garten will. Dabei ist Rindermist an sich ein hochwertiger Dünger und hat einen viel ausgeglicheren Mineralstoffgehalt wie Pferdemist.

Pferdemist, die Rettung

Die Pferde, die in Nebentätigkeit für unser Gartenglück sorgen
Am häufigsten zu haben ist heutzutage Pferdemist. Pferde sind zwar nirgends mehr im Einsatz. Die heutigen Zugtiere sind klimatisiert, fünf bis zehn Tonnen schwer, verbrennen für ihren Betrieb hochgepumptes Mineralöl von anderen Kontinenten und produzieren die heutige Landluft: Stickoxide und Feinstaub. Reiten ist aber nicht nur auf Motorfahrzeugen, sondern auch auf Pferden ein beliebtes Hobby und ein sehr gutes, gewinnträchtiges Geschäft, es gibt deshalb flächendeckend Pferdehöfe und auch ein paar private Hobby-Pferdehalter. Auch hier gilt: Erst mal sehen, wie die Pferde gehalten werden, denn auch über Pferdemist möchte man sich keine Medikamente in den Garten holen. Ein anderes Problem ist eine oft zu hohe Einmischung von Stroh oder Sägespänen in Pferdemist, die als Einstreu Verwendung finden. Das ist ungünstig, weil diese Zusätze bei der Verrottung viel Stickstoff brauchen, was den Hauptvorteil von Pferdemist wieder zunichte macht. Da verholzte Anteile länger zur Verrottung brauchen wie der Mist selbst, kann es vorkommen dass frischer Mist zwar für ein paar Monate Stickstoffüberschuss hat, älterer Mist aber sogar Stickstoff zehrt, also den Boden ausmagert.

Einladen und Abtransport im kleinen Anhänger, ca. 500kg
Wir hatten schon öfters Pferdemist für den Garten und seit ein paar Jahren das Glück, regelmässig Pferdemist von freundlichen Bekannten zu bekommen, die selbst ein paar Pferde in der Nachbargemeinde halten, gesunde Tiere die ganzjährig draussen sind. Der Mist hat auch nur verhältnismässig wenig Stroh/Späne. Wir holen ihn per Anhänger im Winter. Das ist für einige Nutzgärtner ein grundsätzlicher Nachteil: Man braucht einen Anhänger und ein Fahrzeug mit Anhängerkupplung. Denn direkt in den Garten zaubern lässt sich der Mist natürlich nicht. Wir verteilen einiges davon frisch auf die Baumscheiben von Jungbäumen der Obstwiese. Da wir dort so wie im Garten nur schlechten, schweren und flachgründigen Boden haben, ist das enorm positiv für die Bäume. Das ist harte Arbeit, die Obstwiese ist ein stoppeliger steiler Hang, jeder Batzen Mist will in Eimern von Hand zum Baum getragen werden. Der Unterschied im Holzzuwachs zu früher ist aber riesig, als wir noch keinen Mist zur Verfügung hatten. Die Baumscheibe bleibt Dank Mistpackung frei, das Bodenleben darunter wird aktiviert, die Auflage hält die Feuchtigkeit besser im Boden und  Düngewirkung bringt es auch, die Auswaschung durch Regen bringt wasserlösliche Stoffe Richtung Baumwurzelbereich. Es gibt noch mehr dabei zu lernen, Baumdüngung mit Mist ist ein Thema für einen eigenen Beitrag.

Vlies auf den Mist, Melonenpflanzen eingepflanzt
Ein weiterer Teil wird einfach auf einen Haufen aufgeschichtet, bekommt nach ein paar Wochen eine Vliesabdeckung, dann werden dort im Frühling Kürbisse und Melonen obendrauf gepflanzt. Die gehören zu den wenigen Pflanzen, die relativ frischen Pferdemist vertragen. Der produziert aufgrund seines Stickstoffüberschusses in seiner ersten heissen Rotte nämlich Ammoniak, was den Wurzeln der meisten Pflanzenarten sehr schadet, aber nicht denen aus der Cucurbitae-Familie. Über den Sommer wachsen und fruchten sie sehr gut. Beispielsweise Ölkürbisse, Butternutkürbisse, Gurken, Melonen aller Art. Im November werden die abgestorbenen Kürbispflanzenreste abgeräumt. Der Mist ist dann auf höchstens 15% seines früheren Volumens geschrumpft und besteht aus feinkrümeligem Humus, ähnlich zu verwenden wie Kompost.

Frischer Pferdemist zum Ablagern. Vorteil: Er riecht nicht.
Im Oktober habe ich den Frühlingsmist abgeräumt. Aus dem ehemaligen einen Meter hohen Misthaufen wurde im Laufe des Sommers eine flache kleine Erhebung mit maximal 20cm Höhe. Nun wird der abgelagerte Mist zu einem kleinen Hügel zusammengeschaufelt. Lässt man ihn flach liegen, werden die restlichen Nährstoffe stärker vom Regen ausgewaschen. Den Hügel schichtet man am Besten gleich auf das Beet um, wo der Mist später verteilt werden soll. Im Frühjahr wird er dann flach je nach Wirtschaftsweise und Bodenart eingehackt oder zerstreut obenauf liegengelassen. In unserem leicht verschlämmenden, schweren
Nach 6 Monaten schrumpft das Volumen auf einen Bruchteil
und kalten Boden lasse ich immer auch eine Schicht oben liegen. Das hat aber auch Nachteile, die Aussaat von Lichtkeimerpflanzen gelingt in diesem Substrat schlecht, das reiner Humus ist. Dann muss vorgezogen und verpflanzt werden Geraten wird zu 3kg abgelagertem Mist pro Quadratmeter. Mit Unkraut gibt es wenig Probleme, die Unkrautsamenbelastung von abgelagertem Mist ist gering und in frischem Mist mässig. Häufigste Pflanze ist dort Futterhafer, der aus unverdauten Haferkörnern aufgeht. Manchmal lasse ich ihn am Rand wachsen und füttere die Hühner mit den Haferrispen.

Die Erfahrungen mit Pferdemist

Die tatsächlich erlebten Erfahrungen mit dem Boden von Beeten, der mit diesem abgelagerten, mindestens ein Jahr altem Mist verbessert wurde:
Kürbis auf Pferdemist
  • Cucurbitae wie beispielsweise Einlegegurken, Schlangengurken, alle Kürbisarten, alle Melonenarten: Ebenso wie auf frischem Mist sind Gurkengewächse extrem dankbar für gelagerten Pferdemist, für den Anbau hier ist das sogar Voraussetzung. Anders hat es noch gar nie richtig gut geklappt. Sie wachsen fantastisch!
  • Kohlgemüse neutral bis negativ. Positiv reagierten aber alle Blattkohlarten wie zum Beispiel Chinakohl. Dazu sollte der Mist aber noch älter wie ein Jahr sein und gut umgesetzt.
  • Paprika, Auberginen sehr positiv. Bei Paprika macht sich insbesondere die erhöhte Wasserspeicherfähigkeit des humusangereicherten Bodens positiv bemerkbar.
  • Salate durchweg positiv.
  • Tomaten nur dann positiv, wenn der Mist gut eingearbeitet wurde. Oder die Jungpflanzen unterhalb des obenliegenden "Misthorizonts" gepflanzt wurden. Als Flachwurzler besteht sonst die Gefahr, dass die Wurzeln nur im Misthumus oben bleiben und dort gibts es für Tomaten zu starke Nährstoffungleichgewichte.
  • Zuckermais: Klasse. Benötigt aber als ausgesprochener Starkzehrer eventuell zusätzlich Stickstoff, je mehr je älter der Mist ist.
  • Wurzelgemüse: Positiv durch die humusverbesserte Bodenstruktur. Ausnahme Petersilienwurzel - hier gibt es andere Faktoren, die Einfluss darauf hatten, dass die nichts werden.
  • Allium-Gewächse (Zwiebeln, Lauch, Knoblauch): Sehr positiv. Knoblauch profitiert am stärksten. Grosse Knollen, schnelles Wachstum.
  • Erdbeeren: Sehr positiv.
  • Bohnen: Neutral. Ein wirklicher Vorteil war nicht eindeutig zu erkennen. 
  • Kartoffeln: Leicht positiv, wenn alles gut eingearbeitet ist. Das liegt am verbesserten Humusgehalt, durch den mehr Luft in den Boden kommt. Auf unserem schweren, dichten Lehmboden entwickeln sich vor allem in feuchteren Jahren sonst die Wurzeln schlecht. Zu hoer Humusgehalt ist allerdings auch schlecht. Das gibt zwar schönes Kartoffelgrün, aber viele kleine Knollen.
Also: Wer guten (holzarm, ohne Medikamente) Pferdemist bekommen und ihn mit vernünftigem Aufwand herschaffen und lagern kann: Zugreifen!